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    NRWZ.deRottweil"Muss daran denken, bei Abstimmungen auch die Hand zu heben"

    „Muss daran denken, bei Abstimmungen auch die Hand zu heben“

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    ROTTWEIL. Dieser frisch Gewählte ist ein alter Hase: Bei Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf sind nur die ersten vier Buchstaben seines Amtstitels neu, den Mann kennt man, und er kennt sich im Rathaus und in Rottweil aus. Das ist auch das Bild, das er beim Neujahrsempfang der Stadt von sich zeichnete: das desjenigen, der „im Grund nichts anderes mache“ als früher, als Bürgermeister. Jetzt müsse er allerdings auch daran denken, bei Abstimmungen im Gemeinderat selbst die Hand zu heben, sagte er lächelnd. Seine Rede hatte hohen Informationswert und Tiefgang, wir bringen sie im Wortlaut. Sie hatte aber auch Witz, der Mann amüsierte unaufgeregt mit feinem Humor. Und die Stadtkapelle wurde bei all der guten Stimmung sogar zu einer Zugabe verführt.

    Zum Anfassen

    Dr. Christian Ruf ist ein Oberbürgermeister so ziemlich zum Anfassen. Wer möchte, trifft den Mann samstags auch weiterhin auf dem Wochenmarkt, in seiner blauen Lieblingsjacke, die er mal aus einem Urlaub mitgebracht hat und die angeblich günstiger gewesen sein soll, als sie aussieht. Auch bei Nieselregen oder der bekannten Rottweiler Zugluft hat er ein Lächeln und ein offenes Ohr für alle, die mit ihm reden wollen. Engelsgeduldig. Der Mann scheint in seinem Traumjob angekommen zu sein. Am Sonntagabend, beim Neujahrsempfang in der Stadthalle Rottweil, schüttelte er eingangs Hände schier ohne Unterlass.

    Oberbürgermeister D. Christian Ruf bei seiner ersten Neujahrsansprache. Foto: gg

    In seinem mutmaßlichen Traumjob beabsichtigt er Veränderungen vorzunehmen. So hatte sein Vorgänger im Amt, von der Herkunft her Wirtschaftsförderer, die Position desselben überraschend nicht in seinem eigenen Verantwortungsbereich angesiedelt. Das wird Ruf ändern – und die Stelle zunächst überhaupt erst neu besetzen. Außerdem möchte er für „Kultur, Jugend und Sport“ unmittelbar selbst zuständig sein. Und „Stadtmarketing und Tourismus“ vom Fachbereich „Bauen und Stadtentwicklung“ herauslösen und seiner Kultur zuordnen.

    Ruf verwendete in seiner Rede Worte wie „Schwung“ und „Dynamik“, „Optimismus“ und „Zuversicht“, die ihm gut zu Gesicht stehen. Zugleich sprach er „Herausforderungen“ an, die es zu „bewältigen“ gelte. Etwa Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen. 478 von ihnen lebten bereits im Landkreis, 100 allein im Alten Spital in der Unteren Hauptstraße in Rottweil. Sie gut zu integrieren, sei eine „zusätzliche Belastung“, man befinde sich in einer Ausnahmesituation. Ruf mündete in diesem Teil seiner Rede direkt in ein Lob für die ehrenamtlich Engagierten. Deren Engagement mache deutlich, „dass wir uns als Gesellschaft nicht von einem Einzelnen in die Knie zwingen lassen.“ Für diese Notiz an Wladimir Putin erntete er spontanen Applaus.

    Vor Megathemen und mit Narrenmarsch

    Ruf sprach natürlich auch die ganz lokalen Probleme und Megathemen an: ABG-Halle, Innenstadt samt Quartiersgesprächen und Bürgerbeirat, Verkehr, das 65-Millionen-Euro-Projekt Landesgartenschau, das 35-Leitz-Ordner-Projekt Justizvollzugsanstalt. Mehr dazu: siehe unten.

    Das Interesse an seinem, am Neujahrsempfang der Stadt Rottweil, war groß. So groß, dass kurz vor Beginn noch dutzendweise Stühle in die bis dahin nur zu drei Vierteln bestuhlte Stadthalle gekarrt werden mussten. Was in Stadt und Landkreis Rang und Namen hat, aber auch, wer sich für den neuen Oberbürgermeister interessierte, war da. Die Stadtkapelle Rottweil umrahmte den Abend gekonnt und festlich unter der Leitung von Johannes Nikol. „Gut gespielt, schön!“, lautete ein individueller, aber vermutlich mehrheitsfähiger Kommentar im Publikum. Nikol und seine Musikerinnen und Musiker brachten das Publikum sogar dazu, „Verdamp lang her“ zu singen und mitzuklatschen. Und zu jubeln. Und eine Zugabe zu verlangen – es wurde der Narrenmarsch, laut Nikol anlässlich des Kindernachmittags der Narrenzunft Rottweil, der am gleichen Tag stattgefunden hat. Sehr zur Freude zur Anwesenden.

    Ruf, der über die Wahlkampfzeit und während der beruflichen Doppelbelastung als Ober- und Bürgermeister abgenommen hat, trat in einem schwarzen Anzug mit bordeaux-farbener, leicht gemusterter Krawatte vor sein Publikum. Mit fester, klarer Stimme, fast ohne Versprecher, oft mit einem Lächeln, manchmal einem Strahlen, sprach er rund eine Dreiviertelstunde lang. Er erntete bisweilen Zwischenapplaus und vereinzelte Lacher. Zeigte sich als Mann, der den gesamten Bereich zwischen Späßchen und Ernst auszufüllen vermag. Zu den Lauschenden gehörten etwa auch seine Amtsvorgänger Ralf Broß und Thomas J. Engeser, der Bürgermeister a.D. Franz Albrecht.

     

    Die Rede von Dr. Christian Ruf, Oberbürgermeister von Rottweil, im vorab veröffentlichten Wortlaut

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, verehrte Gäste,

    es ist noch nicht allzu lange her, da stand ich genau an dieser Stelle als Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters unserer schönen Stadt. Heute stehe ich hier und darf Sie als Ihr neuer Oberbürgermeister ganz herzlich zum Bürgerempfang 2023 begrüßen.

    Ich freue mich, dass Sie in so großer Zahl meiner Einladung zu diesem Bürgerempfang gefolgt sind. Dies zeigt Ihr Interesse an unserer Stadtgemeinschaft und ist für mich auch der Beleg für ein gut funktionierendes Gemeinwesen.

    Mein Dank gilt vorneweg der Stadtkapelle unter der Leitung von Johannes Nikol, die uns musikalisch hier in der Stadthalle willkommen geheißen und den Abend klangvoll eröffnet hat. Sie wird uns im Verlauf der Veranstaltung noch mit weiteren Beiträgen erfreuen.

    Nach einer coronabedingten Zwangspause können wir heute Abend wieder gemeinsam und in diesem großen Rahmen auf das neue Jahr anstoßen. Der Bürgerempfang bietet ja immer auch die schöne Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch, zum Kennenlernen und zu Gesprächen in einer angenehmen Atmosphäre. An dieser Stelle schon mal ein herzliches Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung, die nach dem offiziellen Teil für unser leibliches Wohl sorgen werden. Ebenso danke ich dem Ensemble um Sándor Varga von der Musikschule der Stadt Rottweil für die musikalische Begleitung im Foyer.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    aus dem großen Kreis der Gäste hier im Saal möchte ich gerne einige persönlich begrüßen:
    • Gemeinderäte, Ortschaftsräte und Ortsvorsteher
    • Meine Vorgänger im Amt: OB a.D. Broß, OB a.D. Engeser und BM a.D. Albrecht
    • Frau Neßler
    • Meinen Kollegin BMin Merz für die Kolleginnen und Kollegen
    • die Landtagsabgeordneten Herrn Stefan Teufel von der CDU und Herrn Daniel Karrais von der FDP, zugleich ja auch Mitglied im Stadtrat.
    • Maria Lena Weiss MdB
    • Landrat Dr. Michel und ELB Kopp
    • Pfr. Weber. Hr. Keskinsoy, Hr. Schanz für die Glaubensgemeinschaften
    • Hauptgeschäftsführer IHK Hr. Albietz
    • Präsident HWK Hr. Rottler
    • Geschäftsführer ENRW Hr. Ranzinger
    • Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse und Volksbank, Herrn Reiser und Herrn Rauner
    • Fr. Guhl und Dr. Lang für Kulturottweil
    • Hr. Trescher für den Stadtverband für Sport
    • Hr. Gulde als Geschäftsführender Schulleiter
    • ….

    Meine sehr geehrten Damen und Herren,

    vor genau 46 Tagen habe ich mein neues Amt als Oberbürgermeister von Rottweil angetreten. Seitdem ist mein bisheriges Amt des Bürgermeisters vakant, und das wird noch für eine gewisse Zeit so bleiben. In der Zeit, in der ich beide Aufgaben wahrnehme, bin ich sehr dankbar für die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen im Hause, insbesondere der Fachbereichsleiter. Ich weiß, dass ich mich auf ein sehr gut eingespieltes und kompetentes Team verlassen kann, um dieses größere Arbeits- und Verantwortungspensum zu meistern.

    Nicht neu, aber doch zunächst etwas ungewohnt, waren für mich die Sitzungen des Gemeinderats und der Ausschüsse. Ich habe diese ja schon als Bürgermeister
    immer wieder geleitet, so manche Diskussion moderiert – im Grunde also nichts anderes. Und doch fühlt es sich irgendwie anders an. Was nicht nur daran liegt, dass ich daran denken muss, bei Abstimmungen jetzt auch die Hand zu heben.

    Auch als Oberbürgermeister ist es mir weiterhin ein Anliegen, möglichst häufig in der Stadt und bei Veranstaltungen präsent sein. Zuhören, miteinander sprechen, Wünsche und Anregungen aufnehmen, das halte ich für außerordentlich wichtig. Die große Offenheit und die Wertschätzung, mit der mir die Menschen dabei begegnen, bestätigt mich in meiner Auffassung. Bürgernähe darf sich nicht in Worten erschöpfen. Und so freut es mich außerordentlich, dass beispielsweise das Angebot der Landesgartenschau-Rundgänge auf großes Interesse stößt. In diesem Jahr werden wir diese gerne fortsetzen.

    Diese Form des direkten Austauschs hat sehr viel Kreativität freigesetzt. Als Oberbürgermeister möchte ich diese positive Energie, diesen Schwung und diese Dynamik nutzen, um unsere Stadt weiter voranzubringen. Hierin steckt viel Potential weit über das Jahr 2023 hinaus.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    Rottweil bekommt einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin. Bis es so weit ist, werden noch einige Monate vergehen. In den ersten beiden Sitzungen dieses Jahres werde ich dem Gemeinderat die Ausschreibung der Stelle zur Beschlussfassung vorlegen. Unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist von 6 Wochen, einem guten Auswahlverfahren, dem Wahltermin Mitte April und der Verfügbarkeit des Gewählten erscheint ein Dienstantritt Mitte des Jahres realistisch. Die Zeit bis dahin müssen wir verwaltungsintern noch überbrücken.

    Mit der Stellenbesetzung einhergehen wird auch die Verteilung der Geschäftskreise von Oberbürgermeister und Bürgermeister im Rathaus. Als Oberbürgermeister werde ich den Fachbereich 1 Haupt- und Finanzverwaltung verantworten. Der Bereich Finanzen als Querschnittsaufgabe einschließlich der Personalverwaltung ist für mich ein wesentliches Steuerungsinstrument über alle Fachbereiche hinweg.

    Eine deutliche Aufwertung soll die Wirtschaftsförderung als Stabsstelle direkt beim Oberbürgermeister erfahren. Aktuell ist die Stelle des Wirtschaftsförderers nicht besetzt. Nachdem die Zuordnung zum Oberbürgermeister dann feststeht, schreiben wir diese unverzüglich öffentlich aus und hoffen natürlich auf interessante, fachlich qualifizierte Bewerbungen.

    Neben dem Bereich des Personals und der Finanzen sowie der ENRW werde ich einen weiteren Fachbereich übernehmen: Das wird der Fachbereich 3 für Kultur, Jugend und Sport sein. Diesen werde ich nun ebenfalls unmittelbar verantworten.

    In diesem Zusammenhang werde ich dem Gemeinderat vorschlagen, das Stadtmarketing und den Tourismus, die seither gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung dem Fachbereich „Bauen und Stadtentwicklung“ zugeordnet sind, als eigene Abteilung im Kultur-Fachbereich anzusiedeln. Gerade in diesem Zusammenspiel sehe ich spannende Entwicklungsmöglichkeiten, an denen ich sehr gerne aktiv mitwirken möchte.

    Was bedeutet das nun für meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin, der nun Klarheit hat, auf welches Stellenprofil er oder sie sich bewirbt? Dem Geschäftskreis des Bürgermeisters sind dann der Fachbereich 2 „Bürgeramt sowie Ordnungs- und Schulverwaltung“, der Fachbereich 4 „Bauen und Stadtentwicklung“ und der Fachbereich 5 „Hochbau und Gebäudemanagement“ zugeordnet.

    Nachdem ich bislang für diese Fachbereiche selbst unmittelbar verantwortlich war, ermöglicht mir dies einen fachlichen Dialog auf Augenhöhe mit dem neuen Bürgermeister oder der neuen Bürgermeisterin. Ich bin überzeugt, dass dieser Austausch wichtig und zielführend sein wird. Dabei lege ich großen Wert auf ein unvoreingenommenes, wertschätzendes Miteinander – sowohl im Interesse der erfolgreichen Zusammenarbeit im Rathaus als auch im Interesse unserer Stadt.

    Liebe Gäste,

    ohne lange Einarbeitungszeit möchte ich sofort die anstehenden Aufgaben anpacken, diesen Satz habe ich im vergangenen Jahr immer wieder gesagt. Beim Wechsel vom Neuen ins Alte Rathaus bin ich von ganz großen, unerwarteten Überraschungen bislang verschont geblieben. Das Tagesgeschäft konnte ich also bereits vor dem offiziellen Dienstantritt uneingeschränkt und mit ganzer Kraft übernehmen. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte: Es gibt tatsächlich städtische Gebäude, die noch schlechter isoliert sind als das Neue Rathaus. Je nach Witterung ist die Heizung im Alten Rathaus bei einer Zieltemperatur von 19 Grad
    manchmal schlichtweg überfordert. Wenn ich also hin und wieder mit der Jacke am Schreibtisch sitze, dann bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass der OB gerade erst ins Büro gekommen ist.

    Das mag jetzt vielleicht lustig klingen, hat aber durchaus einen sehr ernsten Hintergrund. Der Krieg in der Ukraine, die daraus resultierende Energiekrise mit dramatisch gestiegenen Energiepreisen und die hohe Inflation treffen uns als Stadtverwaltung ebenso wie alle Bürgerinnen und Bürger. Die russische Invasion hat unmittelbaren Einfluss auf unser aller Leben, die Auswirkungen werden uns auch in diesem Jahr weiter beschäftigen. Wir werden weiterhin mit Einschränkungen leben müssen – als Beispiele möchte ich die Wassertemperatur im Aquasol nennen oder niedrigere Raumtemperaturen in Büros und Betrieben. Diese neue Realität setzt sich nahtlos im privaten Umfeld fort, indem wir zuhause möglichst viel Energie sparen. Wir können dies daran erkennen, dass auch in Rottweil ist der Gasverbrauch im vergangenen Jahr spürbar gesunken ist.

    Ich werte dies einerseits als Zeichen der Solidarität und eines wachsenden Verantwortungsbewusstseins, andererseits ist diese Entwicklung natürlich auch den gestiegenen Preisen geschuldet. Höhere Nebenkosten und eine dramatisch steigende Inflation, das trifft uns alle. Auch die Kommune muss Ausgaben noch gezielter prüfen und noch stärker Prioritäten setzen, wenn es um finanzielle Entscheidungen geht.

    Hier sind wir allerdings nicht immer ganz frei in unserem Handeln. Ich denke beispielsweise an Pflichtaufgaben wie etwa den Rechtsanspruch im Bereich der Kindergärten und Kinderkrippen oder den Rechtsanspruch einer verlässlichen Ganztagesbetreuung im Grundschulbereich, der ab 2026 sukzessive eingeführt wird. Um Missverständnissen vorzubeugen. Ich halte diese Angebote für elementar, nicht zuletzt mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aber: Ich möchte das Land hier nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Es ist nicht solidarisch, etwas zu beschließen und die Last dann auf die Städte und Gemeinden abzuwälzen. Hier erwarte ich eine angemessene Unterstützung, schließlich handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und: Ich erwarte in den Parlamenten zukünftig ein Verständnis dahin gehend, dass Leistungen erst dann als Rechtsanspruch zugesagt werden können, wenn auch deren Umsetzbarkeit an der Basis, nämlich in den Kommunen, geprüft und abgestimmt ist. Es kann nicht angehen, dass unser finanzieller Handlungsspielraum durch die Zuweisung immer neuer Aufgaben derart eingeschränkt wird, dass unser verfassungsmäßiges Recht auf kommunale Selbstverwaltung – wir sind eben nicht bloß untere staatliche Verwaltungsbehörde – faktisch konterkariert wird. Hier müssen im Gegenzug Städte und Gemeinden mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Wird diese Schrittfolge nicht eingehalten, führt dies zu maximalem Frust bei Bürgerinnen und Bürgern.

    Und dennoch: In Rottweil ist es uns in den vergangenen Jahren erfreulicherweise gelungen, erheblich in den Bereich Bildung und Betreuung zu investieren: Allein 16 Millionen Euro für das Leibniz-Gymnasium und für die Eichendorff-Schule, 24 Millionen Euro in die Achert-Schule und das Droste-Hülshoff-Gymnasium, hinzu kommen noch Investitionen in die Verbesserung der schulischen Ausstattung. Uns allen ist bewusst, dass es eine dauerhafte Aufgabe darstellt, die bauliche Infrastruktur weiterzuentwickeln und in Schuss zu halten. Konkret geplant ist bereits die Sanierung des Albertus-Magnus-Gymnasiums, hier rechnen wir ab dem Jahr 2024 mit Gesamtkosten von 8,2 Millionen Euro.

    Nicht allein in die Schulen, sondern auch im Bereich der Kindergärten haben wir in der Kernstadt sowie in allen Stadtteilen und Teilorten erheblich investiert. Beispielhaft möchte ich den Kindergarten Zepfenhan, die Krippe Göllsdorf, den Kindergarten Bonaventura, die Krippe in Hausen, die Krippe in Neukirch, den Kindergarten Hochmauren und den Kindergarten St. Maria Magdalena nennen – und weitere Maßnahmen werden folgen. Die Herausforderung wird aber in der Zukunft nicht nur darin bestehen, dass wir in Steine investieren. Beim Ausbau der Räumlichkeiten und der Betreuungszeiten liegt ein besonderes Augenmerk auf der Erweiterung der personellen Kapazitäten. Die Herausforderung, fachlich qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher zu finden, wächst seit Jahren. Unter anderem durch ein Stipendium für Auszubildende, das im neuen Haushaltsplan vorgesehen ist, wollen wir unsere Attraktivität als Arbeitgeber in diesem Bereich weiter steigern.

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

    wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass es unter den veränderten Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren ungleich schwieriger sein wird, alle Anforderungen zu erfüllen. Von den vielfach berechtigten Wünschen einmal ganz abgesehen. Denn der Krieg in der Ukraine hat, neben den bereits genannten Auswirkungen, noch eine weitere Dimension – eine große Zahl an Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer haben ihr Land verlassen, suchen Zuflucht auch in Deutschland. Mit diesen Menschen bekommt dieser sinnlose Krieg auch in unserer Stadt ein Gesicht: Frauen, Kinder, Junge und Ältere, sie alle kommen zu uns, um in Sicherheit leben zu können. Um sich vor diesem Wahnsinn in ihrem Land zu schützen. Diese Menschen haben nahezu alles zurückgelassen und es ist auch unsere Aufgabe, ihnen hier bei uns eine Perspektive zu bieten.

    Wir als Stadt sind in der Pflicht, für Aufnahmekapazitäten zu sorgen, den Menschen das Ankommen zu ermöglichen. Dazu gehören vor allen Dingen Wohnraum. In den vergangenen Monaten haben wir hier Großes vollbracht und – wie in den Jahren 2015 und 2016 – bewiesen, dass wir in der Lage sind, auch unerwartete Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Beispielsweise haben im Alten Spital insgesamt über 150 Flüchtlinge eine erste Bleibe gefunden. Die Stadt Rottweil leistet damit einen enormen Beitrag zur Unterbringung der Menschen, die in unseren Landkreis gekommen sind. Stand heute leben 478 Ukrainerinnen und Ukrainer bei uns in Rottweil.

    Wir alle wissen aber auch: Mit einem Dach über dem Kopf ist es nicht getan. Es geht vielmehr darum, die Menschen in unserer Stadt, in unserem Leben zu integrieren. Im vergangenen Jahr habe ich unter anderem bei Besuchen in unseren Kindergärten und Schulen immer wieder mit den Fachkräften über diese zusätzliche Belastung gesprochen. Es ist uns gelungen, insgesamt 120 ukrainische Kinder sozusagen von heute auf morgen in den Grund- und weiterführenden Schulen aufzunehmen. In dieser Ausnahmesituation ist eine solide Schulplanung über Nacht Makulatur, hier geht es einfach nur ums Machen.

    Besonders berührt hat mich, wie offenherzig die Buben und Mädchen in den Kindergärten aufgenommen werden. Wie schnell sie dort spielerisch mit Gleichaltrigen unsere Sprache lernen. Das ist Integration, wie man sie in keiner Verordnung festschreiben und in keinem Lehrbuch vorgeben kann. Hier sind die Kleinen ein ganz großes Vorbild.

    Mit Stolz erfüllt mich auch, wie sich viele Rottweilerinnen und Rottweiler in dieser aktuellen Situation verhalten. Das ehrenamtliche Engagement, die persönliche
    Begleitung und Unterstützung der Flüchtlinge in unserer Stadt, die überwältigende Spendenbereitschaft, das alles ist außerordentlich beeindruckend. Diese Zeichen der Menschlichkeit machen deutlich, dass wir uns als Gesellschaft von einem Einzelnen nicht in die Knie zwingen lassen. Dass wir in schwierigen Zeiten zusammenstehen, Optimismus und Zuversicht behalten. Solidarität kennt keine Grenzen. Diese Botschaft soll auch von Rottweil ausgehen.

    An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer für ihren unschätzbar wichtigen, unbezahlbaren Dienst in der Gemeinschaft. Auch das zeichnet unsere Solidar- und Wertegemeinschaft aus.

    In den Medien hören und lesen wir nahezu täglich über Menschen, die aus der Ukraine flüchten. Wir stellen aber gleichzeitig fest, dass die Flüchtlingsströme aus Ländern wie Afghanistan oder Syrien ebenfalls wieder ansteigen. Darauf müssen wir uns in diesem Jahr ebenfalls einstellen.

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

    diese für Millionen Menschen so schwierige Situation führt uns gleichzeitig vor Augen, dass es uns – bei allen Problemen, die ich nicht kleinreden möchte – immer noch gut geht. Wir können in Sicherheit und selbstbestimmt leben, dürfen unsere Meinung frei äußern, müssen uns nicht vor Willkür und Unterdrückung fürchten. Lassen Sie uns deshalb den Blick nach vorne richten, voller Optimismus und Zuversicht. Unter dieser Prämisse gilt es gerade jetzt, in die Zukunft zu investieren. Damit wir gut aufgestellt sind, wenn die Zeiten für uns alle wieder leichter werden. Bei meiner ersten Haushaltsrede im Gemeinderat im Dezember vergangenen Jahres habe ich zahlreiche große Projekte und Vorhaben aufgezeigt, die uns in den kommenden Jahren begleiten werden. Mit einem Investitionsvolumen von gewaltigen 116 Millionen Euro im Finanzplanungszeitraum können wir viel bewegen.

    Lassen Sie mich an dieser Stelle auf einige herausgehobene Vorhaben des vor uns liegenden Jahres etwas detaillierter eingehen. Die ABG-Halle ist, das wissen wir alle, in einem besorgniserregenden Zustand. Das Gebäude befindet sich im Eigentum des Landes, das hier keine weiteren Investitionen plant. Deshalb werden wir als Stadt für einen Ersatzbau sorgen, damit weiterhin Schul- und Vereinssport gewährleistet werden kann. Im Oktober hat sich der Gemeinderat für den Bau einer 2-Feld-Halle ausgesprochen. Wir als Stadtverwaltung haben nun zwei Prüfaufträge. Zum einen geht es darum, zwei Flächen hinsichtlich Kosten, Planrecht und Zeitschiene weiter zu untersuchen. Zur Debatte stehen ein Gelände zwischen der ABG-Halle und dem Hauptgebäude der Konrad-Witz-Schule sowie eine Fläche beim Albertus-Magnus- Gymnasium. Beim zweiten Prüfauftrag geht es darum, ob an beiden Standorten ein Hallenanbau für Turngerätesport möglich wäre. Im ersten Halbjahr 2023 sollen die Ergebnisse vorliegen, bis 2025 hat der Gemeinderat insgesamt 7,4 Millionen Euro für den Neubau bereitgestellt. Ich erwarte schnelle Entscheidungen, damit wir zeitnah in die konkrete Planung eintreten können. Wir müssen unbedingt verhindern, dass die ABG-Halle nicht mehr und die neue Halle noch nicht genutzt werden kann.

    Ein weiteres Vorhaben mit großer Tragweite ist die Attraktivierung unserer Innenstadt. Hier spielen viele Aspekte, kreative Ideen und verschiedene Projekte eine Rolle. Beispielsweise lebt die Innenstadt von einem attraktiven Einzelhandelsangebot. Ich habe dem Gemeinderat vorgeschlagen, im Haushalt Mittel einzuplanen, damit die Stadt Geschäftsgründungen etwa durch einen Mietzuschuss für einen bestimmten Zeitraum fördert. Die Lösung der Parkierungsfrage ist ebenfalls elementar für eine attraktive Innenstadt. Mit dem Bau des Parkhauses auf der Groß‘schen Wiese, der für 2023 geplant ist, wollen wir deutliche Verbesserungen erreichen. Während der Bauphase werden auf der Groß‘schen Wiese Parkplätze entfallen, die im Bereich des Stadions kompensiert werden sollen. Deshalb möchte ich auch an meiner Idee für einen kostenlosen Shuttle-Bus festhalten, der regelmäßig zwischen Stadthalle und Nägelesgraben verkehrt, um die Innenstadt von Autos zu entlasten.

    Für den Verkehrsversuch der einseitigen Sperrung des Friedrichsplatzes, also einer Einbahnregelung, sind im Haushaltsplan bereits Mittel eingestellt. Davon versprechen wir uns wichtige Erkenntnisse für das weitere Vorgehen.

    Eile geboten ist bei der Frage der Weichenstellungen für die Attraktivierung des Friedrichsplatzes. Diese ist erst dann möglich, wenn eine Alternative für die Linienbusse gefunden wurde. Eine Entscheidung ist mit Blick auf das Zieljahr 2028 in den nächsten Monaten erforderlich, sonst wird eine rechtzeitige Umsetzung mehr als fraglich werden.

    Kurz vor Weihnachten hat der Landtag von Baden-Württemberg eine für unsere Stadt sehr wichtige Entscheidung getroffen und die neue Justizvollzugsanstalt auf dem Esch in den Staatshaushalt 2023/24 des Landes aufgenommen. Nach vielen Jahren der Diskussion und Planung geht das Projekt damit in seine entscheidende Phase. Im Rathaus sind alle Unterlagen für die Baugenehmigung eingegangen – ich habe mal durchgezählt, insgesamt 35 Leitz-Ordner. Allein daran lässt sich die Dimension dieses Neubaus ablesen. Wir werden diese Unterlagen zügig bearbeiten, sodass einem Baubeginn im Herbst dieses Jahres nichts mehr im Wege steht. Ich freue mich, dass dieses Vorhaben jetzt endlich realisiert werden kann, auch hinsichtlich der Bedeutung für die Arbeitsplätze und den Justizstandort in unserer Stadt.

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

    an anderer Stelle habe ich sie bereits kurz erwähnt: unsere Landesgartenschau. Sie stellt eine einmalige Chance für unsere Stadtentwicklung dar und steht in einem direkten Zusammenhang mit den gerade genannten Punkten unter dem Oberbegriff Attraktivität der Innenstadt. 65 Millionen Euro für dieses Projekt sind eine gewaltige Summe. Leider führt diese Zahl hin und wieder jedoch zu Fehlinterpretationen. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen und die prognostizierten Kosten etwas näher beleuchten.

    Für das Kerngelände der Landesgartenschau sind 20 Millionen Euro veranschlagt. Die weiteren 45 Millionen Euro beinhalten Investitionen, die wir als Stadt unabhängig von der Landesgartenschau angehen müssen. Wir sprechen hier von „Sowieso-Maßnahmen“ wie Radwegen, Brücken und vieles mehr in unserer Stadt. Als Ausrichter einer Landesgartenschau kommen wir in den Genuss von Zuschüssen, die wir ansonsten nicht oder zumindest nicht in diesem Umfang erhalten würden. Aktuell rechnen wir mit einer Förderung von rund 50 Prozent, also etwa 22,5 Millionen Euro – und das, wie gesagt, für Maßnahmen, die wir sowieso angehen müssten. Die Landesgartenschau lohnt sich also in jedem Fall.

    Gleichzeitig, und das ist mir wichtig, müssen wir die Kostenentwicklung aber stetig im Blick behalten und – wenn erforderlich – gegebenenfalls nachsteuern und etwaige Reduzierungen prüfen.

    Damit genug der Zahlenspiele. Auch wenn das Jahr 2028 noch weit entfernt scheint, müssen wir jetzt die Weichen für die Landesgartenschau stellen. Nachdem wir den landschaftsarchitektonischen Wettbewerb im vergangenen Jahr abschließen konnten, wird der Plan nun kontinuierlich fortgeschrieben und konkretisiert.
    Die Landesgartenschau besitzt für Rottweil eine Tragweite, die uns immer mehr und immer deutlicher bewusst wird. Ich möchte es zu einem Projekt machen, für das sich alle Bürgerinnen und Bürger begeistern. Ich möchte, dass sich möglichst viele Rottweilerinnen und Rottweiler mit ihren Ideen einbringen und sich weit über das Jahr 2028 hinaus über das Ergebnis freuen. Weil es unsere Innenstadt nachhaltig verändern wird. Weil es die Attraktivität unserer Innenstadt entscheidend verbessern wird. Weil es die Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer Stadt steigern wird.

    Die bürgerschaftliche Beteiligung ist mir insgesamt weiterhin ein wichtiges Anliegen. Das gilt für alle Bereiche und alle Stadt- und Ortsteile, insbesondere aber auch für unsere historische Innenstadt, die hier im gesamten Kontext doch eine herausgehobene Stellung einnimmt. Die Bewohner und die Gebäudeeigentümer der Innenstadt wurden bisher zu wenig mit einbezogen, das möchte ich ändern. Ein erster Schritt sind die bereits konkret geplanten Quartiersgespräche, in die ich große Hoffnungen setze. Aus diesen Gesprächen könnte sich im nächsten Schritt dann der von mir im vergangenen Jahr immer wieder angesprochene Innenstadtbeirat entwickeln.

    Liebe Rottweilerinnen, liebe Rottweiler,

    ein Jahreswechsel bietet immer auch die Gelegenheit, kurz innezuhalten und auf das vergangene Jahr zurückzublicken. Nun sind seit dem letzten Bürgerempfang drei Jahre vergangen, deshalb möchte ich an dieser Stelle etwas weiter ausholen. Ich möchte sozusagen den Bogen spannen von Aschermittwoch 2020, als in Rottweil der erste Corona-Fall bekannt wurde, zur Fasnet 2022, als wir trotz vieler Bedenken den Mut hatten, eine Fasnet zu feiern. Und das, wie Sie wissen, erfreulicherweise mit einem positiven Ausgang. Positiv in dem Sinne, dass sich Narren wie Besucher an die Regeln gehalten haben. Uns allen war bewusst, dass dies ein großes Wagnis darstellt. Dass wir am Ende gemeinsam eine andere, nicht minder attraktive Fasnet feiern konnten, bestätigt im Nachhinein die Richtigkeit dieser Entscheidung. Da kann ich auch heute nur den Hut vor der Narrenzunft ziehen.

    Überschattet wurde diese Freude allerdings durch den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am Schmotzigen Donnerstag, die Folgen dieses Krieges habe ich bereits erwähnt.

    Um in der Chronologie der Ereignisse zu bleiben: Nach der Fasnet wartete auf uns in Rottweil die nächste Überraschung. Weniger als 14 Tage nach Aschermittwoch informierte mich mein Amtsvorgänger, dass er Rottweil zumindest beruflich verlassen und eine neue Aufgabe beim Städtetag übernehmen werde. Eine Nachricht, mit der ich nicht gerechnet hatte. Die bei mir aber sehr schnell einen intensiven Überlegungsprozess ausgelöst hat, an dessen Ende ich an Fronleichnam meine Bewerbung um das Amt des Oberbürgermeisters unserer Stadt bekanntgegeben habe und am 16. Oktober zum neuen OB gewählt wurde.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    Corona war eine Herausforderung für alle gesellschaftlichen Gruppierungen, für Unternehmen, Vereine, Institutionen, Schulen, Kindergärten und auch für unsere Stadtverwaltung. Im Umgang mit Corona gab es keine Blaupause, auch wir mussten immer wieder situativ nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden und handeln. Die Kolleginnen und Kollegen im Rathaus waren insofern besonders stark gefordert, weil wir als Verwaltung für viele Bereiche der Daseinsvorsorge in der Verantwortung sind. Und vielfach auch für Ansprechpartner für Bereiche, die gar nicht in unserer Zuständigkeit liegen. Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang aber – weil es keine Selbstverständlichkeit ist –, dass unsere städtischen Baumaßnahmen wie Brücken, Straßen oder Gebäude ohne coronabedingte Verzögerungen abgewickelt werden konnten.

    In der Rückschau finde ich es nach wie vor beeindruckend, wie wir in Rottweil mit der bis dahin unbekannten Situation umgegangen sind. Hier setzt sich ein Handlungsmuster fort, das unsere Stadt seit jeher auszeichnet. Wir versuchen, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen, selbst unter schwierigen Bedingungen nach vorne zu blicken. Vielleicht ist es uns gerade dadurch gelungen, die Herausforderungen immer etwas besser zu meistern. Nicht immer waren die Regeln für jedermann verständlich und nachvollziehbar – und doch hat sich die große Mehrheit daran gehalten. Corona hat uns viel abverlangt, keine Frage. Aber Corona hat auch den Zusammenhalt in unserer Stadt gestärkt. Ich denke beispielsweise daran, wie ehrenamtlich engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger Stoffmasken als Mund- und Nasenschutz genäht haben. Wie gastronomische Betriebe eben nicht die Hände in den Schoß gelegt und auf staatliche Hilfe gewartet, sondern kreative Ideen entwickelt und Lieferdienste ins Leben gerufen haben. Oder als Reiseunternehmen – nichts ging mehr – eine Impf- und Teststation eröffneten.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    ich habe es gesagt: Corona hat unser Leben verändert. Insbesondere Kinder und Jugendliche mussten in dieser Zeit auf vieles verzichten, was ein normales Leben und Zusammenleben kennzeichnet. Sozialisierung, Gemeinschaft, Zusammenhalt – all dies war auf eine harte Probe gestellt. Im Nachhinein muss man feststellen, dass die Entscheidungen der Politik zur flächendeckenden Schließung von Schulen und Kindergärten nicht der richtige Weg waren. Die soziale Komponente der Arbeit in Schulen und Kindergärten wurde zu wenig berücksichtigt – die Folgen spüren wir heute an vielen Stellen. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Gemeinderat zusätzliche Stellen im Bereich der Schulsozialarbeit genehmigt hat.

    Ein großes Dankeschön möchte ich heute auch an die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten richten. Nur wenige Berufsgruppen waren durch ihre Arbeit so unmittelbar mit den Auswirkungen der Pandemie konfrontiert. Sie haben ihr Bestes gegeben, um den Betrieb im Rahmen der geltenden Regelungen aufrecht zu erhalten. Wir als Stadt haben immer versucht, diese Regelungen so familienfreundlich und kindgerecht wie nur möglich umzusetzen – ohne das überragende Engagement der Erzieherinnen und Erzieher wäre das nicht realisierbar gewesen.

    Erlauben Sie mir beim Stichwort Regelungen auch einen Satz in Richtung Stuttgart und Berlin. Manchmal konnten wir uns in der Stadtverwaltung des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass ausgerechnet am Freitagabend noch eine neue Verordnung, die nur vermeintlich inhaltlich gut durchdacht, aber immerhin zwischen allen Ressorts auf jeweils allen Ebenen in einer Laufmappe ihre ministerielle Karriere gemacht hatte, veröffentlicht wird – und bei der es manchmal am Wichtigsten gewesen zu sein schien, dass sie gendergerecht formuliert ist. Und die dann vor Ort bis Montagmorgen umgesetzt werden musste. So haben unsere Kolleginnen und Kollegen viele Wochenenden mindestens zum Teil im Büro statt zuhause bei der Familie verbracht und an der Umsetzung gearbeitet. In der Rückschau gilt aber auch hier der Satz, dass man in Stuttgart oder Berlin eben auch keine Blaupause hatte.

    Eines aber hat uns Corona deutlich vor Augen geführt: Bei der Digitalisierung ist Deutschland tatsächlich Entwicklungsland. Hier wurde eine große Schwachstelle aufgezeigt, die es dringend zu beseitigen gilt. Ein Anfang ist an vielen Stellen gemacht, aber hier ist nach wie vor noch Luft nach oben. In der Kommunikation, insbesondere im geschäftlichen Umfeld, hat sich einiges bereits verbessert. Videokonferenzen, virtuelle Messen haben einen echten Schub erhalten – und zugleich die Erkenntnis gebracht, dass der persönliche Kontakt eben doch nicht zu ersetzen ist. Der heutige Bürgerempfang ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung dieser Feststellung. Was mich in der Hoffnung bestärkt, dass persönliche Kontakte wieder eine höhere Wertschätzung gegenüber dem virtuellen Austausch erfahren.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    inzwischen konnten wir im Alltag zu einer Art der Normalität zurückkehren, die uns kaum noch Einschränkungen auferlegt. Das sehr gelungene Stadtfest im September oder der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt sind dafür beste Beispiele.

    Ein besonderes Ereignis im vergangenen Jahr war sicherlich die Ortszeit unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hier in unserer schönen Stadt. Wir haben ein Staatsoberhaupt kennengelernt, dem der direkte Kontakt zu den Menschen besonders am Herzen liegt. Der zuhören, diskutieren, die Sorgen und Anliegen aufnehmen möchte. Bei vielen Gesprächen standen nicht die großen politischen Themen im Vordergrund. Vielmehr waren es auch alltägliche Dinge, die uns Rottweilerinnen und Rottweiler beschäftigen. Wenn wir es schaffen, einiges vom Geist dieser Tage zu bewahren, freue ich mich auf das vor uns liegende Jahr.
    Liebe Rottweilerinnen, liebe Rottweiler, wir haben uns für die kommenden Monate und Jahre viel vorgenommen. Ich habe heute lediglich die großen Projekte angesprochen. Darüber hinaus warten noch viele weitere Aufgaben auf uns, auf die Stadtverwaltung und auf mich als Oberbürgermeister. Ein OB allein kann das nicht leisten, auch ein Gemeinderat und meine Kolleginnen und Kollegen auf dem Rathaus können das nicht allein leisten. Wir brauchen das Hauptamt, aber wir brauchen genauso das Ehrenamt in unserer Stadtgemeinschaft. Bürgerschaftliches, ehrenamtliches Engagement ist in unserer Gesellschaft jedoch bei weitem keine Selbstverständlichkeit.

    Deshalb ist es mir eine besondere Freude und eine große Ehre, im Verlauf des heutigen Abends noch drei ehrenamtlich besonders aktive Persönlichkeiten aus unserer Stadt mit der Bürgermedaille auszuzeichnen. Sie stehen stellvertretend für die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihrer Freizeit zum Wohle der Gemeinschaft einbringen.

    Ich möchte Sie alle an dieser Stelle dazu ermuntern, sich weiterhin für unsere Gemeinschaft einzusetzen. Mit kreativen Ideen, mit Ihrer wertvollen Zeit, mit Ihren vielfältigen Potenzialen und Fähigkeiten. Lassen Sie uns optimistisch nach vorn blicken. Lassen Sie uns nicht in Problemen, sondern in Lösungen denken. Diesen Weg gemeinsam zu gehen, darauf freue ich mich!

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes, glückliches und friedliches neues Jahr 2023.

    Alles Gute, vielen Dank und Gottes Segen!

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    Peter Arnegger (gg)
    Peter Arnegger (gg)
    … ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

    Beiträge

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    Das interessiert diese Woche

    ROTTWEIL. Dieser frisch Gewählte ist ein alter Hase: Bei Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf sind nur die ersten vier Buchstaben seines Amtstitels neu, den Mann kennt man, und er kennt sich im Rathaus und in Rottweil aus. Das ist auch das Bild, das er beim Neujahrsempfang der Stadt von sich zeichnete: das desjenigen, der „im Grund nichts anderes mache“ als früher, als Bürgermeister. Jetzt müsse er allerdings auch daran denken, bei Abstimmungen im Gemeinderat selbst die Hand zu heben, sagte er lächelnd. Seine Rede hatte hohen Informationswert und Tiefgang, wir bringen sie im Wortlaut. Sie hatte aber auch Witz, der Mann amüsierte unaufgeregt mit feinem Humor. Und die Stadtkapelle wurde bei all der guten Stimmung sogar zu einer Zugabe verführt.

    Zum Anfassen

    Dr. Christian Ruf ist ein Oberbürgermeister so ziemlich zum Anfassen. Wer möchte, trifft den Mann samstags auch weiterhin auf dem Wochenmarkt, in seiner blauen Lieblingsjacke, die er mal aus einem Urlaub mitgebracht hat und die angeblich günstiger gewesen sein soll, als sie aussieht. Auch bei Nieselregen oder der bekannten Rottweiler Zugluft hat er ein Lächeln und ein offenes Ohr für alle, die mit ihm reden wollen. Engelsgeduldig. Der Mann scheint in seinem Traumjob angekommen zu sein. Am Sonntagabend, beim Neujahrsempfang in der Stadthalle Rottweil, schüttelte er eingangs Hände schier ohne Unterlass.

    Oberbürgermeister D. Christian Ruf bei seiner ersten Neujahrsansprache. Foto: gg

    In seinem mutmaßlichen Traumjob beabsichtigt er Veränderungen vorzunehmen. So hatte sein Vorgänger im Amt, von der Herkunft her Wirtschaftsförderer, die Position desselben überraschend nicht in seinem eigenen Verantwortungsbereich angesiedelt. Das wird Ruf ändern – und die Stelle zunächst überhaupt erst neu besetzen. Außerdem möchte er für „Kultur, Jugend und Sport“ unmittelbar selbst zuständig sein. Und „Stadtmarketing und Tourismus“ vom Fachbereich „Bauen und Stadtentwicklung“ herauslösen und seiner Kultur zuordnen.

    Ruf verwendete in seiner Rede Worte wie „Schwung“ und „Dynamik“, „Optimismus“ und „Zuversicht“, die ihm gut zu Gesicht stehen. Zugleich sprach er „Herausforderungen“ an, die es zu „bewältigen“ gelte. Etwa Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen. 478 von ihnen lebten bereits im Landkreis, 100 allein im Alten Spital in der Unteren Hauptstraße in Rottweil. Sie gut zu integrieren, sei eine „zusätzliche Belastung“, man befinde sich in einer Ausnahmesituation. Ruf mündete in diesem Teil seiner Rede direkt in ein Lob für die ehrenamtlich Engagierten. Deren Engagement mache deutlich, „dass wir uns als Gesellschaft nicht von einem Einzelnen in die Knie zwingen lassen.“ Für diese Notiz an Wladimir Putin erntete er spontanen Applaus.

    Vor Megathemen und mit Narrenmarsch

    Ruf sprach natürlich auch die ganz lokalen Probleme und Megathemen an: ABG-Halle, Innenstadt samt Quartiersgesprächen und Bürgerbeirat, Verkehr, das 65-Millionen-Euro-Projekt Landesgartenschau, das 35-Leitz-Ordner-Projekt Justizvollzugsanstalt. Mehr dazu: siehe unten.

    Das Interesse an seinem, am Neujahrsempfang der Stadt Rottweil, war groß. So groß, dass kurz vor Beginn noch dutzendweise Stühle in die bis dahin nur zu drei Vierteln bestuhlte Stadthalle gekarrt werden mussten. Was in Stadt und Landkreis Rang und Namen hat, aber auch, wer sich für den neuen Oberbürgermeister interessierte, war da. Die Stadtkapelle Rottweil umrahmte den Abend gekonnt und festlich unter der Leitung von Johannes Nikol. „Gut gespielt, schön!“, lautete ein individueller, aber vermutlich mehrheitsfähiger Kommentar im Publikum. Nikol und seine Musikerinnen und Musiker brachten das Publikum sogar dazu, „Verdamp lang her“ zu singen und mitzuklatschen. Und zu jubeln. Und eine Zugabe zu verlangen – es wurde der Narrenmarsch, laut Nikol anlässlich des Kindernachmittags der Narrenzunft Rottweil, der am gleichen Tag stattgefunden hat. Sehr zur Freude zur Anwesenden.

    Ruf, der über die Wahlkampfzeit und während der beruflichen Doppelbelastung als Ober- und Bürgermeister abgenommen hat, trat in einem schwarzen Anzug mit bordeaux-farbener, leicht gemusterter Krawatte vor sein Publikum. Mit fester, klarer Stimme, fast ohne Versprecher, oft mit einem Lächeln, manchmal einem Strahlen, sprach er rund eine Dreiviertelstunde lang. Er erntete bisweilen Zwischenapplaus und vereinzelte Lacher. Zeigte sich als Mann, der den gesamten Bereich zwischen Späßchen und Ernst auszufüllen vermag. Zu den Lauschenden gehörten etwa auch seine Amtsvorgänger Ralf Broß und Thomas J. Engeser, der Bürgermeister a.D. Franz Albrecht.

     

    Die Rede von Dr. Christian Ruf, Oberbürgermeister von Rottweil, im vorab veröffentlichten Wortlaut

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, verehrte Gäste,

    es ist noch nicht allzu lange her, da stand ich genau an dieser Stelle als Bewerber um das Amt des Oberbürgermeisters unserer schönen Stadt. Heute stehe ich hier und darf Sie als Ihr neuer Oberbürgermeister ganz herzlich zum Bürgerempfang 2023 begrüßen.

    Ich freue mich, dass Sie in so großer Zahl meiner Einladung zu diesem Bürgerempfang gefolgt sind. Dies zeigt Ihr Interesse an unserer Stadtgemeinschaft und ist für mich auch der Beleg für ein gut funktionierendes Gemeinwesen.

    Mein Dank gilt vorneweg der Stadtkapelle unter der Leitung von Johannes Nikol, die uns musikalisch hier in der Stadthalle willkommen geheißen und den Abend klangvoll eröffnet hat. Sie wird uns im Verlauf der Veranstaltung noch mit weiteren Beiträgen erfreuen.

    Nach einer coronabedingten Zwangspause können wir heute Abend wieder gemeinsam und in diesem großen Rahmen auf das neue Jahr anstoßen. Der Bürgerempfang bietet ja immer auch die schöne Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch, zum Kennenlernen und zu Gesprächen in einer angenehmen Atmosphäre. An dieser Stelle schon mal ein herzliches Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung, die nach dem offiziellen Teil für unser leibliches Wohl sorgen werden. Ebenso danke ich dem Ensemble um Sándor Varga von der Musikschule der Stadt Rottweil für die musikalische Begleitung im Foyer.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    aus dem großen Kreis der Gäste hier im Saal möchte ich gerne einige persönlich begrüßen:
    • Gemeinderäte, Ortschaftsräte und Ortsvorsteher
    • Meine Vorgänger im Amt: OB a.D. Broß, OB a.D. Engeser und BM a.D. Albrecht
    • Frau Neßler
    • Meinen Kollegin BMin Merz für die Kolleginnen und Kollegen
    • die Landtagsabgeordneten Herrn Stefan Teufel von der CDU und Herrn Daniel Karrais von der FDP, zugleich ja auch Mitglied im Stadtrat.
    • Maria Lena Weiss MdB
    • Landrat Dr. Michel und ELB Kopp
    • Pfr. Weber. Hr. Keskinsoy, Hr. Schanz für die Glaubensgemeinschaften
    • Hauptgeschäftsführer IHK Hr. Albietz
    • Präsident HWK Hr. Rottler
    • Geschäftsführer ENRW Hr. Ranzinger
    • Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse und Volksbank, Herrn Reiser und Herrn Rauner
    • Fr. Guhl und Dr. Lang für Kulturottweil
    • Hr. Trescher für den Stadtverband für Sport
    • Hr. Gulde als Geschäftsführender Schulleiter
    • ….

    Meine sehr geehrten Damen und Herren,

    vor genau 46 Tagen habe ich mein neues Amt als Oberbürgermeister von Rottweil angetreten. Seitdem ist mein bisheriges Amt des Bürgermeisters vakant, und das wird noch für eine gewisse Zeit so bleiben. In der Zeit, in der ich beide Aufgaben wahrnehme, bin ich sehr dankbar für die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen im Hause, insbesondere der Fachbereichsleiter. Ich weiß, dass ich mich auf ein sehr gut eingespieltes und kompetentes Team verlassen kann, um dieses größere Arbeits- und Verantwortungspensum zu meistern.

    Nicht neu, aber doch zunächst etwas ungewohnt, waren für mich die Sitzungen des Gemeinderats und der Ausschüsse. Ich habe diese ja schon als Bürgermeister
    immer wieder geleitet, so manche Diskussion moderiert – im Grunde also nichts anderes. Und doch fühlt es sich irgendwie anders an. Was nicht nur daran liegt, dass ich daran denken muss, bei Abstimmungen jetzt auch die Hand zu heben.

    Auch als Oberbürgermeister ist es mir weiterhin ein Anliegen, möglichst häufig in der Stadt und bei Veranstaltungen präsent sein. Zuhören, miteinander sprechen, Wünsche und Anregungen aufnehmen, das halte ich für außerordentlich wichtig. Die große Offenheit und die Wertschätzung, mit der mir die Menschen dabei begegnen, bestätigt mich in meiner Auffassung. Bürgernähe darf sich nicht in Worten erschöpfen. Und so freut es mich außerordentlich, dass beispielsweise das Angebot der Landesgartenschau-Rundgänge auf großes Interesse stößt. In diesem Jahr werden wir diese gerne fortsetzen.

    Diese Form des direkten Austauschs hat sehr viel Kreativität freigesetzt. Als Oberbürgermeister möchte ich diese positive Energie, diesen Schwung und diese Dynamik nutzen, um unsere Stadt weiter voranzubringen. Hierin steckt viel Potential weit über das Jahr 2023 hinaus.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    Rottweil bekommt einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin. Bis es so weit ist, werden noch einige Monate vergehen. In den ersten beiden Sitzungen dieses Jahres werde ich dem Gemeinderat die Ausschreibung der Stelle zur Beschlussfassung vorlegen. Unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist von 6 Wochen, einem guten Auswahlverfahren, dem Wahltermin Mitte April und der Verfügbarkeit des Gewählten erscheint ein Dienstantritt Mitte des Jahres realistisch. Die Zeit bis dahin müssen wir verwaltungsintern noch überbrücken.

    Mit der Stellenbesetzung einhergehen wird auch die Verteilung der Geschäftskreise von Oberbürgermeister und Bürgermeister im Rathaus. Als Oberbürgermeister werde ich den Fachbereich 1 Haupt- und Finanzverwaltung verantworten. Der Bereich Finanzen als Querschnittsaufgabe einschließlich der Personalverwaltung ist für mich ein wesentliches Steuerungsinstrument über alle Fachbereiche hinweg.

    Eine deutliche Aufwertung soll die Wirtschaftsförderung als Stabsstelle direkt beim Oberbürgermeister erfahren. Aktuell ist die Stelle des Wirtschaftsförderers nicht besetzt. Nachdem die Zuordnung zum Oberbürgermeister dann feststeht, schreiben wir diese unverzüglich öffentlich aus und hoffen natürlich auf interessante, fachlich qualifizierte Bewerbungen.

    Neben dem Bereich des Personals und der Finanzen sowie der ENRW werde ich einen weiteren Fachbereich übernehmen: Das wird der Fachbereich 3 für Kultur, Jugend und Sport sein. Diesen werde ich nun ebenfalls unmittelbar verantworten.

    In diesem Zusammenhang werde ich dem Gemeinderat vorschlagen, das Stadtmarketing und den Tourismus, die seither gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung dem Fachbereich „Bauen und Stadtentwicklung“ zugeordnet sind, als eigene Abteilung im Kultur-Fachbereich anzusiedeln. Gerade in diesem Zusammenspiel sehe ich spannende Entwicklungsmöglichkeiten, an denen ich sehr gerne aktiv mitwirken möchte.

    Was bedeutet das nun für meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin, der nun Klarheit hat, auf welches Stellenprofil er oder sie sich bewirbt? Dem Geschäftskreis des Bürgermeisters sind dann der Fachbereich 2 „Bürgeramt sowie Ordnungs- und Schulverwaltung“, der Fachbereich 4 „Bauen und Stadtentwicklung“ und der Fachbereich 5 „Hochbau und Gebäudemanagement“ zugeordnet.

    Nachdem ich bislang für diese Fachbereiche selbst unmittelbar verantwortlich war, ermöglicht mir dies einen fachlichen Dialog auf Augenhöhe mit dem neuen Bürgermeister oder der neuen Bürgermeisterin. Ich bin überzeugt, dass dieser Austausch wichtig und zielführend sein wird. Dabei lege ich großen Wert auf ein unvoreingenommenes, wertschätzendes Miteinander – sowohl im Interesse der erfolgreichen Zusammenarbeit im Rathaus als auch im Interesse unserer Stadt.

    Liebe Gäste,

    ohne lange Einarbeitungszeit möchte ich sofort die anstehenden Aufgaben anpacken, diesen Satz habe ich im vergangenen Jahr immer wieder gesagt. Beim Wechsel vom Neuen ins Alte Rathaus bin ich von ganz großen, unerwarteten Überraschungen bislang verschont geblieben. Das Tagesgeschäft konnte ich also bereits vor dem offiziellen Dienstantritt uneingeschränkt und mit ganzer Kraft übernehmen. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte: Es gibt tatsächlich städtische Gebäude, die noch schlechter isoliert sind als das Neue Rathaus. Je nach Witterung ist die Heizung im Alten Rathaus bei einer Zieltemperatur von 19 Grad
    manchmal schlichtweg überfordert. Wenn ich also hin und wieder mit der Jacke am Schreibtisch sitze, dann bedeutet das im Umkehrschluss nicht, dass der OB gerade erst ins Büro gekommen ist.

    Das mag jetzt vielleicht lustig klingen, hat aber durchaus einen sehr ernsten Hintergrund. Der Krieg in der Ukraine, die daraus resultierende Energiekrise mit dramatisch gestiegenen Energiepreisen und die hohe Inflation treffen uns als Stadtverwaltung ebenso wie alle Bürgerinnen und Bürger. Die russische Invasion hat unmittelbaren Einfluss auf unser aller Leben, die Auswirkungen werden uns auch in diesem Jahr weiter beschäftigen. Wir werden weiterhin mit Einschränkungen leben müssen – als Beispiele möchte ich die Wassertemperatur im Aquasol nennen oder niedrigere Raumtemperaturen in Büros und Betrieben. Diese neue Realität setzt sich nahtlos im privaten Umfeld fort, indem wir zuhause möglichst viel Energie sparen. Wir können dies daran erkennen, dass auch in Rottweil ist der Gasverbrauch im vergangenen Jahr spürbar gesunken ist.

    Ich werte dies einerseits als Zeichen der Solidarität und eines wachsenden Verantwortungsbewusstseins, andererseits ist diese Entwicklung natürlich auch den gestiegenen Preisen geschuldet. Höhere Nebenkosten und eine dramatisch steigende Inflation, das trifft uns alle. Auch die Kommune muss Ausgaben noch gezielter prüfen und noch stärker Prioritäten setzen, wenn es um finanzielle Entscheidungen geht.

    Hier sind wir allerdings nicht immer ganz frei in unserem Handeln. Ich denke beispielsweise an Pflichtaufgaben wie etwa den Rechtsanspruch im Bereich der Kindergärten und Kinderkrippen oder den Rechtsanspruch einer verlässlichen Ganztagesbetreuung im Grundschulbereich, der ab 2026 sukzessive eingeführt wird. Um Missverständnissen vorzubeugen. Ich halte diese Angebote für elementar, nicht zuletzt mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aber: Ich möchte das Land hier nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Es ist nicht solidarisch, etwas zu beschließen und die Last dann auf die Städte und Gemeinden abzuwälzen. Hier erwarte ich eine angemessene Unterstützung, schließlich handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und: Ich erwarte in den Parlamenten zukünftig ein Verständnis dahin gehend, dass Leistungen erst dann als Rechtsanspruch zugesagt werden können, wenn auch deren Umsetzbarkeit an der Basis, nämlich in den Kommunen, geprüft und abgestimmt ist. Es kann nicht angehen, dass unser finanzieller Handlungsspielraum durch die Zuweisung immer neuer Aufgaben derart eingeschränkt wird, dass unser verfassungsmäßiges Recht auf kommunale Selbstverwaltung – wir sind eben nicht bloß untere staatliche Verwaltungsbehörde – faktisch konterkariert wird. Hier müssen im Gegenzug Städte und Gemeinden mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Wird diese Schrittfolge nicht eingehalten, führt dies zu maximalem Frust bei Bürgerinnen und Bürgern.

    Und dennoch: In Rottweil ist es uns in den vergangenen Jahren erfreulicherweise gelungen, erheblich in den Bereich Bildung und Betreuung zu investieren: Allein 16 Millionen Euro für das Leibniz-Gymnasium und für die Eichendorff-Schule, 24 Millionen Euro in die Achert-Schule und das Droste-Hülshoff-Gymnasium, hinzu kommen noch Investitionen in die Verbesserung der schulischen Ausstattung. Uns allen ist bewusst, dass es eine dauerhafte Aufgabe darstellt, die bauliche Infrastruktur weiterzuentwickeln und in Schuss zu halten. Konkret geplant ist bereits die Sanierung des Albertus-Magnus-Gymnasiums, hier rechnen wir ab dem Jahr 2024 mit Gesamtkosten von 8,2 Millionen Euro.

    Nicht allein in die Schulen, sondern auch im Bereich der Kindergärten haben wir in der Kernstadt sowie in allen Stadtteilen und Teilorten erheblich investiert. Beispielhaft möchte ich den Kindergarten Zepfenhan, die Krippe Göllsdorf, den Kindergarten Bonaventura, die Krippe in Hausen, die Krippe in Neukirch, den Kindergarten Hochmauren und den Kindergarten St. Maria Magdalena nennen – und weitere Maßnahmen werden folgen. Die Herausforderung wird aber in der Zukunft nicht nur darin bestehen, dass wir in Steine investieren. Beim Ausbau der Räumlichkeiten und der Betreuungszeiten liegt ein besonderes Augenmerk auf der Erweiterung der personellen Kapazitäten. Die Herausforderung, fachlich qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher zu finden, wächst seit Jahren. Unter anderem durch ein Stipendium für Auszubildende, das im neuen Haushaltsplan vorgesehen ist, wollen wir unsere Attraktivität als Arbeitgeber in diesem Bereich weiter steigern.

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

    wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass es unter den veränderten Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren ungleich schwieriger sein wird, alle Anforderungen zu erfüllen. Von den vielfach berechtigten Wünschen einmal ganz abgesehen. Denn der Krieg in der Ukraine hat, neben den bereits genannten Auswirkungen, noch eine weitere Dimension – eine große Zahl an Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer haben ihr Land verlassen, suchen Zuflucht auch in Deutschland. Mit diesen Menschen bekommt dieser sinnlose Krieg auch in unserer Stadt ein Gesicht: Frauen, Kinder, Junge und Ältere, sie alle kommen zu uns, um in Sicherheit leben zu können. Um sich vor diesem Wahnsinn in ihrem Land zu schützen. Diese Menschen haben nahezu alles zurückgelassen und es ist auch unsere Aufgabe, ihnen hier bei uns eine Perspektive zu bieten.

    Wir als Stadt sind in der Pflicht, für Aufnahmekapazitäten zu sorgen, den Menschen das Ankommen zu ermöglichen. Dazu gehören vor allen Dingen Wohnraum. In den vergangenen Monaten haben wir hier Großes vollbracht und – wie in den Jahren 2015 und 2016 – bewiesen, dass wir in der Lage sind, auch unerwartete Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Beispielsweise haben im Alten Spital insgesamt über 150 Flüchtlinge eine erste Bleibe gefunden. Die Stadt Rottweil leistet damit einen enormen Beitrag zur Unterbringung der Menschen, die in unseren Landkreis gekommen sind. Stand heute leben 478 Ukrainerinnen und Ukrainer bei uns in Rottweil.

    Wir alle wissen aber auch: Mit einem Dach über dem Kopf ist es nicht getan. Es geht vielmehr darum, die Menschen in unserer Stadt, in unserem Leben zu integrieren. Im vergangenen Jahr habe ich unter anderem bei Besuchen in unseren Kindergärten und Schulen immer wieder mit den Fachkräften über diese zusätzliche Belastung gesprochen. Es ist uns gelungen, insgesamt 120 ukrainische Kinder sozusagen von heute auf morgen in den Grund- und weiterführenden Schulen aufzunehmen. In dieser Ausnahmesituation ist eine solide Schulplanung über Nacht Makulatur, hier geht es einfach nur ums Machen.

    Besonders berührt hat mich, wie offenherzig die Buben und Mädchen in den Kindergärten aufgenommen werden. Wie schnell sie dort spielerisch mit Gleichaltrigen unsere Sprache lernen. Das ist Integration, wie man sie in keiner Verordnung festschreiben und in keinem Lehrbuch vorgeben kann. Hier sind die Kleinen ein ganz großes Vorbild.

    Mit Stolz erfüllt mich auch, wie sich viele Rottweilerinnen und Rottweiler in dieser aktuellen Situation verhalten. Das ehrenamtliche Engagement, die persönliche
    Begleitung und Unterstützung der Flüchtlinge in unserer Stadt, die überwältigende Spendenbereitschaft, das alles ist außerordentlich beeindruckend. Diese Zeichen der Menschlichkeit machen deutlich, dass wir uns als Gesellschaft von einem Einzelnen nicht in die Knie zwingen lassen. Dass wir in schwierigen Zeiten zusammenstehen, Optimismus und Zuversicht behalten. Solidarität kennt keine Grenzen. Diese Botschaft soll auch von Rottweil ausgehen.

    An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer für ihren unschätzbar wichtigen, unbezahlbaren Dienst in der Gemeinschaft. Auch das zeichnet unsere Solidar- und Wertegemeinschaft aus.

    In den Medien hören und lesen wir nahezu täglich über Menschen, die aus der Ukraine flüchten. Wir stellen aber gleichzeitig fest, dass die Flüchtlingsströme aus Ländern wie Afghanistan oder Syrien ebenfalls wieder ansteigen. Darauf müssen wir uns in diesem Jahr ebenfalls einstellen.

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

    diese für Millionen Menschen so schwierige Situation führt uns gleichzeitig vor Augen, dass es uns – bei allen Problemen, die ich nicht kleinreden möchte – immer noch gut geht. Wir können in Sicherheit und selbstbestimmt leben, dürfen unsere Meinung frei äußern, müssen uns nicht vor Willkür und Unterdrückung fürchten. Lassen Sie uns deshalb den Blick nach vorne richten, voller Optimismus und Zuversicht. Unter dieser Prämisse gilt es gerade jetzt, in die Zukunft zu investieren. Damit wir gut aufgestellt sind, wenn die Zeiten für uns alle wieder leichter werden. Bei meiner ersten Haushaltsrede im Gemeinderat im Dezember vergangenen Jahres habe ich zahlreiche große Projekte und Vorhaben aufgezeigt, die uns in den kommenden Jahren begleiten werden. Mit einem Investitionsvolumen von gewaltigen 116 Millionen Euro im Finanzplanungszeitraum können wir viel bewegen.

    Lassen Sie mich an dieser Stelle auf einige herausgehobene Vorhaben des vor uns liegenden Jahres etwas detaillierter eingehen. Die ABG-Halle ist, das wissen wir alle, in einem besorgniserregenden Zustand. Das Gebäude befindet sich im Eigentum des Landes, das hier keine weiteren Investitionen plant. Deshalb werden wir als Stadt für einen Ersatzbau sorgen, damit weiterhin Schul- und Vereinssport gewährleistet werden kann. Im Oktober hat sich der Gemeinderat für den Bau einer 2-Feld-Halle ausgesprochen. Wir als Stadtverwaltung haben nun zwei Prüfaufträge. Zum einen geht es darum, zwei Flächen hinsichtlich Kosten, Planrecht und Zeitschiene weiter zu untersuchen. Zur Debatte stehen ein Gelände zwischen der ABG-Halle und dem Hauptgebäude der Konrad-Witz-Schule sowie eine Fläche beim Albertus-Magnus- Gymnasium. Beim zweiten Prüfauftrag geht es darum, ob an beiden Standorten ein Hallenanbau für Turngerätesport möglich wäre. Im ersten Halbjahr 2023 sollen die Ergebnisse vorliegen, bis 2025 hat der Gemeinderat insgesamt 7,4 Millionen Euro für den Neubau bereitgestellt. Ich erwarte schnelle Entscheidungen, damit wir zeitnah in die konkrete Planung eintreten können. Wir müssen unbedingt verhindern, dass die ABG-Halle nicht mehr und die neue Halle noch nicht genutzt werden kann.

    Ein weiteres Vorhaben mit großer Tragweite ist die Attraktivierung unserer Innenstadt. Hier spielen viele Aspekte, kreative Ideen und verschiedene Projekte eine Rolle. Beispielsweise lebt die Innenstadt von einem attraktiven Einzelhandelsangebot. Ich habe dem Gemeinderat vorgeschlagen, im Haushalt Mittel einzuplanen, damit die Stadt Geschäftsgründungen etwa durch einen Mietzuschuss für einen bestimmten Zeitraum fördert. Die Lösung der Parkierungsfrage ist ebenfalls elementar für eine attraktive Innenstadt. Mit dem Bau des Parkhauses auf der Groß‘schen Wiese, der für 2023 geplant ist, wollen wir deutliche Verbesserungen erreichen. Während der Bauphase werden auf der Groß‘schen Wiese Parkplätze entfallen, die im Bereich des Stadions kompensiert werden sollen. Deshalb möchte ich auch an meiner Idee für einen kostenlosen Shuttle-Bus festhalten, der regelmäßig zwischen Stadthalle und Nägelesgraben verkehrt, um die Innenstadt von Autos zu entlasten.

    Für den Verkehrsversuch der einseitigen Sperrung des Friedrichsplatzes, also einer Einbahnregelung, sind im Haushaltsplan bereits Mittel eingestellt. Davon versprechen wir uns wichtige Erkenntnisse für das weitere Vorgehen.

    Eile geboten ist bei der Frage der Weichenstellungen für die Attraktivierung des Friedrichsplatzes. Diese ist erst dann möglich, wenn eine Alternative für die Linienbusse gefunden wurde. Eine Entscheidung ist mit Blick auf das Zieljahr 2028 in den nächsten Monaten erforderlich, sonst wird eine rechtzeitige Umsetzung mehr als fraglich werden.

    Kurz vor Weihnachten hat der Landtag von Baden-Württemberg eine für unsere Stadt sehr wichtige Entscheidung getroffen und die neue Justizvollzugsanstalt auf dem Esch in den Staatshaushalt 2023/24 des Landes aufgenommen. Nach vielen Jahren der Diskussion und Planung geht das Projekt damit in seine entscheidende Phase. Im Rathaus sind alle Unterlagen für die Baugenehmigung eingegangen – ich habe mal durchgezählt, insgesamt 35 Leitz-Ordner. Allein daran lässt sich die Dimension dieses Neubaus ablesen. Wir werden diese Unterlagen zügig bearbeiten, sodass einem Baubeginn im Herbst dieses Jahres nichts mehr im Wege steht. Ich freue mich, dass dieses Vorhaben jetzt endlich realisiert werden kann, auch hinsichtlich der Bedeutung für die Arbeitsplätze und den Justizstandort in unserer Stadt.

    Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger,

    an anderer Stelle habe ich sie bereits kurz erwähnt: unsere Landesgartenschau. Sie stellt eine einmalige Chance für unsere Stadtentwicklung dar und steht in einem direkten Zusammenhang mit den gerade genannten Punkten unter dem Oberbegriff Attraktivität der Innenstadt. 65 Millionen Euro für dieses Projekt sind eine gewaltige Summe. Leider führt diese Zahl hin und wieder jedoch zu Fehlinterpretationen. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen und die prognostizierten Kosten etwas näher beleuchten.

    Für das Kerngelände der Landesgartenschau sind 20 Millionen Euro veranschlagt. Die weiteren 45 Millionen Euro beinhalten Investitionen, die wir als Stadt unabhängig von der Landesgartenschau angehen müssen. Wir sprechen hier von „Sowieso-Maßnahmen“ wie Radwegen, Brücken und vieles mehr in unserer Stadt. Als Ausrichter einer Landesgartenschau kommen wir in den Genuss von Zuschüssen, die wir ansonsten nicht oder zumindest nicht in diesem Umfang erhalten würden. Aktuell rechnen wir mit einer Förderung von rund 50 Prozent, also etwa 22,5 Millionen Euro – und das, wie gesagt, für Maßnahmen, die wir sowieso angehen müssten. Die Landesgartenschau lohnt sich also in jedem Fall.

    Gleichzeitig, und das ist mir wichtig, müssen wir die Kostenentwicklung aber stetig im Blick behalten und – wenn erforderlich – gegebenenfalls nachsteuern und etwaige Reduzierungen prüfen.

    Damit genug der Zahlenspiele. Auch wenn das Jahr 2028 noch weit entfernt scheint, müssen wir jetzt die Weichen für die Landesgartenschau stellen. Nachdem wir den landschaftsarchitektonischen Wettbewerb im vergangenen Jahr abschließen konnten, wird der Plan nun kontinuierlich fortgeschrieben und konkretisiert.
    Die Landesgartenschau besitzt für Rottweil eine Tragweite, die uns immer mehr und immer deutlicher bewusst wird. Ich möchte es zu einem Projekt machen, für das sich alle Bürgerinnen und Bürger begeistern. Ich möchte, dass sich möglichst viele Rottweilerinnen und Rottweiler mit ihren Ideen einbringen und sich weit über das Jahr 2028 hinaus über das Ergebnis freuen. Weil es unsere Innenstadt nachhaltig verändern wird. Weil es die Attraktivität unserer Innenstadt entscheidend verbessern wird. Weil es die Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserer Stadt steigern wird.

    Die bürgerschaftliche Beteiligung ist mir insgesamt weiterhin ein wichtiges Anliegen. Das gilt für alle Bereiche und alle Stadt- und Ortsteile, insbesondere aber auch für unsere historische Innenstadt, die hier im gesamten Kontext doch eine herausgehobene Stellung einnimmt. Die Bewohner und die Gebäudeeigentümer der Innenstadt wurden bisher zu wenig mit einbezogen, das möchte ich ändern. Ein erster Schritt sind die bereits konkret geplanten Quartiersgespräche, in die ich große Hoffnungen setze. Aus diesen Gesprächen könnte sich im nächsten Schritt dann der von mir im vergangenen Jahr immer wieder angesprochene Innenstadtbeirat entwickeln.

    Liebe Rottweilerinnen, liebe Rottweiler,

    ein Jahreswechsel bietet immer auch die Gelegenheit, kurz innezuhalten und auf das vergangene Jahr zurückzublicken. Nun sind seit dem letzten Bürgerempfang drei Jahre vergangen, deshalb möchte ich an dieser Stelle etwas weiter ausholen. Ich möchte sozusagen den Bogen spannen von Aschermittwoch 2020, als in Rottweil der erste Corona-Fall bekannt wurde, zur Fasnet 2022, als wir trotz vieler Bedenken den Mut hatten, eine Fasnet zu feiern. Und das, wie Sie wissen, erfreulicherweise mit einem positiven Ausgang. Positiv in dem Sinne, dass sich Narren wie Besucher an die Regeln gehalten haben. Uns allen war bewusst, dass dies ein großes Wagnis darstellt. Dass wir am Ende gemeinsam eine andere, nicht minder attraktive Fasnet feiern konnten, bestätigt im Nachhinein die Richtigkeit dieser Entscheidung. Da kann ich auch heute nur den Hut vor der Narrenzunft ziehen.

    Überschattet wurde diese Freude allerdings durch den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am Schmotzigen Donnerstag, die Folgen dieses Krieges habe ich bereits erwähnt.

    Um in der Chronologie der Ereignisse zu bleiben: Nach der Fasnet wartete auf uns in Rottweil die nächste Überraschung. Weniger als 14 Tage nach Aschermittwoch informierte mich mein Amtsvorgänger, dass er Rottweil zumindest beruflich verlassen und eine neue Aufgabe beim Städtetag übernehmen werde. Eine Nachricht, mit der ich nicht gerechnet hatte. Die bei mir aber sehr schnell einen intensiven Überlegungsprozess ausgelöst hat, an dessen Ende ich an Fronleichnam meine Bewerbung um das Amt des Oberbürgermeisters unserer Stadt bekanntgegeben habe und am 16. Oktober zum neuen OB gewählt wurde.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    Corona war eine Herausforderung für alle gesellschaftlichen Gruppierungen, für Unternehmen, Vereine, Institutionen, Schulen, Kindergärten und auch für unsere Stadtverwaltung. Im Umgang mit Corona gab es keine Blaupause, auch wir mussten immer wieder situativ nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden und handeln. Die Kolleginnen und Kollegen im Rathaus waren insofern besonders stark gefordert, weil wir als Verwaltung für viele Bereiche der Daseinsvorsorge in der Verantwortung sind. Und vielfach auch für Ansprechpartner für Bereiche, die gar nicht in unserer Zuständigkeit liegen. Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang aber – weil es keine Selbstverständlichkeit ist –, dass unsere städtischen Baumaßnahmen wie Brücken, Straßen oder Gebäude ohne coronabedingte Verzögerungen abgewickelt werden konnten.

    In der Rückschau finde ich es nach wie vor beeindruckend, wie wir in Rottweil mit der bis dahin unbekannten Situation umgegangen sind. Hier setzt sich ein Handlungsmuster fort, das unsere Stadt seit jeher auszeichnet. Wir versuchen, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen, selbst unter schwierigen Bedingungen nach vorne zu blicken. Vielleicht ist es uns gerade dadurch gelungen, die Herausforderungen immer etwas besser zu meistern. Nicht immer waren die Regeln für jedermann verständlich und nachvollziehbar – und doch hat sich die große Mehrheit daran gehalten. Corona hat uns viel abverlangt, keine Frage. Aber Corona hat auch den Zusammenhalt in unserer Stadt gestärkt. Ich denke beispielsweise daran, wie ehrenamtlich engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger Stoffmasken als Mund- und Nasenschutz genäht haben. Wie gastronomische Betriebe eben nicht die Hände in den Schoß gelegt und auf staatliche Hilfe gewartet, sondern kreative Ideen entwickelt und Lieferdienste ins Leben gerufen haben. Oder als Reiseunternehmen – nichts ging mehr – eine Impf- und Teststation eröffneten.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    ich habe es gesagt: Corona hat unser Leben verändert. Insbesondere Kinder und Jugendliche mussten in dieser Zeit auf vieles verzichten, was ein normales Leben und Zusammenleben kennzeichnet. Sozialisierung, Gemeinschaft, Zusammenhalt – all dies war auf eine harte Probe gestellt. Im Nachhinein muss man feststellen, dass die Entscheidungen der Politik zur flächendeckenden Schließung von Schulen und Kindergärten nicht der richtige Weg waren. Die soziale Komponente der Arbeit in Schulen und Kindergärten wurde zu wenig berücksichtigt – die Folgen spüren wir heute an vielen Stellen. Deshalb bin ich sehr froh, dass der Gemeinderat zusätzliche Stellen im Bereich der Schulsozialarbeit genehmigt hat.

    Ein großes Dankeschön möchte ich heute auch an die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten richten. Nur wenige Berufsgruppen waren durch ihre Arbeit so unmittelbar mit den Auswirkungen der Pandemie konfrontiert. Sie haben ihr Bestes gegeben, um den Betrieb im Rahmen der geltenden Regelungen aufrecht zu erhalten. Wir als Stadt haben immer versucht, diese Regelungen so familienfreundlich und kindgerecht wie nur möglich umzusetzen – ohne das überragende Engagement der Erzieherinnen und Erzieher wäre das nicht realisierbar gewesen.

    Erlauben Sie mir beim Stichwort Regelungen auch einen Satz in Richtung Stuttgart und Berlin. Manchmal konnten wir uns in der Stadtverwaltung des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass ausgerechnet am Freitagabend noch eine neue Verordnung, die nur vermeintlich inhaltlich gut durchdacht, aber immerhin zwischen allen Ressorts auf jeweils allen Ebenen in einer Laufmappe ihre ministerielle Karriere gemacht hatte, veröffentlicht wird – und bei der es manchmal am Wichtigsten gewesen zu sein schien, dass sie gendergerecht formuliert ist. Und die dann vor Ort bis Montagmorgen umgesetzt werden musste. So haben unsere Kolleginnen und Kollegen viele Wochenenden mindestens zum Teil im Büro statt zuhause bei der Familie verbracht und an der Umsetzung gearbeitet. In der Rückschau gilt aber auch hier der Satz, dass man in Stuttgart oder Berlin eben auch keine Blaupause hatte.

    Eines aber hat uns Corona deutlich vor Augen geführt: Bei der Digitalisierung ist Deutschland tatsächlich Entwicklungsland. Hier wurde eine große Schwachstelle aufgezeigt, die es dringend zu beseitigen gilt. Ein Anfang ist an vielen Stellen gemacht, aber hier ist nach wie vor noch Luft nach oben. In der Kommunikation, insbesondere im geschäftlichen Umfeld, hat sich einiges bereits verbessert. Videokonferenzen, virtuelle Messen haben einen echten Schub erhalten – und zugleich die Erkenntnis gebracht, dass der persönliche Kontakt eben doch nicht zu ersetzen ist. Der heutige Bürgerempfang ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung dieser Feststellung. Was mich in der Hoffnung bestärkt, dass persönliche Kontakte wieder eine höhere Wertschätzung gegenüber dem virtuellen Austausch erfahren.

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

    inzwischen konnten wir im Alltag zu einer Art der Normalität zurückkehren, die uns kaum noch Einschränkungen auferlegt. Das sehr gelungene Stadtfest im September oder der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt sind dafür beste Beispiele.

    Ein besonderes Ereignis im vergangenen Jahr war sicherlich die Ortszeit unseres Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hier in unserer schönen Stadt. Wir haben ein Staatsoberhaupt kennengelernt, dem der direkte Kontakt zu den Menschen besonders am Herzen liegt. Der zuhören, diskutieren, die Sorgen und Anliegen aufnehmen möchte. Bei vielen Gesprächen standen nicht die großen politischen Themen im Vordergrund. Vielmehr waren es auch alltägliche Dinge, die uns Rottweilerinnen und Rottweiler beschäftigen. Wenn wir es schaffen, einiges vom Geist dieser Tage zu bewahren, freue ich mich auf das vor uns liegende Jahr.
    Liebe Rottweilerinnen, liebe Rottweiler, wir haben uns für die kommenden Monate und Jahre viel vorgenommen. Ich habe heute lediglich die großen Projekte angesprochen. Darüber hinaus warten noch viele weitere Aufgaben auf uns, auf die Stadtverwaltung und auf mich als Oberbürgermeister. Ein OB allein kann das nicht leisten, auch ein Gemeinderat und meine Kolleginnen und Kollegen auf dem Rathaus können das nicht allein leisten. Wir brauchen das Hauptamt, aber wir brauchen genauso das Ehrenamt in unserer Stadtgemeinschaft. Bürgerschaftliches, ehrenamtliches Engagement ist in unserer Gesellschaft jedoch bei weitem keine Selbstverständlichkeit.

    Deshalb ist es mir eine besondere Freude und eine große Ehre, im Verlauf des heutigen Abends noch drei ehrenamtlich besonders aktive Persönlichkeiten aus unserer Stadt mit der Bürgermedaille auszuzeichnen. Sie stehen stellvertretend für die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihrer Freizeit zum Wohle der Gemeinschaft einbringen.

    Ich möchte Sie alle an dieser Stelle dazu ermuntern, sich weiterhin für unsere Gemeinschaft einzusetzen. Mit kreativen Ideen, mit Ihrer wertvollen Zeit, mit Ihren vielfältigen Potenzialen und Fähigkeiten. Lassen Sie uns optimistisch nach vorn blicken. Lassen Sie uns nicht in Problemen, sondern in Lösungen denken. Diesen Weg gemeinsam zu gehen, darauf freue ich mich!

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes, glückliches und friedliches neues Jahr 2023.

    Alles Gute, vielen Dank und Gottes Segen!

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