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    Bauarbeiten beim Johanniterbad: ein Verstoß gegen den Denkmalschutz?

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    Im Kameralamtsgarten in Rottweil wird gebaut. Aber werden dabei auch die historischen Spuren ausreichend erforscht? Dr. Winfried Hecht hat Bedenken. Das Landesamt für Denkmalpflege hingegen sieht keine Versäumnisse: Es gebe strenge Vorgaben und die würden eingehalten, heißt es.

    Der Platz lässt die Herzen von Geschichtsbewussten höher schlagen: Im bislang ummauerten Teil des Johannitergartens stand einst eine im spätgotischen Stil reich ausgestattete Kirche – das Herzstück der 1274 erstmal urkundlich bezeugten Rottweiler Niederlassung des Johanniterordens.

    Auf dem berühmten Stich mit der Rottweiler Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahr 1643 (Bild oben) ist das Gotteshaus gut zu erkennen: An der Südostecke der Stadt über dem Neckartal ragt es mit einem zierlichen Türmchen heraus. Nach der Aufhebung der Kommende 1809 wurde die Kirche 1826 abgebrochen.

    An dieser Stelle war in den vergangenen Tagen ein Bagger zugange, das Erdreich ist großflächig abgetragen. Denn das bislang freie Areal wird im Zuge der Erweiterung des Johanniterbads überbaut.

    Die archäologischen Funde, die dabei zutage traten, wurden, wie es im Fachjargon heißt, „baubegleitend“ gesichert. Das heißt: Die Erdarbeiten wurden von Mitarbeitern des Landesamt für Denkmalpflege beaufsichtigt. Schicht für Schicht sei abgetragen worden, heißt es. Und dabei hervortretende Funde wurden dokumentiert.

    Der frühere Stadtarchivar Dr. Winfried Hecht hält das für zu wenig. „Dieser Platz ist ein spätmittelalterlicher Hochkaräter“, betont er im Gespräch mit der NRWZ. Dieser müsste, bevor er für Jahrzehnte unter einem Gebäude verschwindet, „sehr sorgfältig untersucht“, also in einer wissenschaftlichen Grabung systematisch erkundet werden, argumentiert der Historiker. Hecht, der seine erste Publikation als Stadtarchivar 1971 zur Johanniterkommende verfasst hat, fürchtet, dass ansonsten die Spuren verloren sein könnten.

    Ganz anders sieht es das Landesamt für Denkmalpflege. Schon im Herbst 2019 habe es Untersuchungen im Bereich der ehemaligen Johanniterkommende gegeben, teilte deren Pressesprecherin Julia Kässer auf Anfrage der NRWZ mit. Dabei seien Teile der Kirche erfasst worden.

    Zur Sicherung der historischen Substanz gibt es eine Vorgabe: Die Baumaßnahmen dürfen nicht tiefer als einen Meter ins Erdreich eingreifen. Denn die Experten rechneten mit Mauern und Bestattungen. Genau das habe sich nun bewahrheitet, erklärt Kässer: Bei den Baumaßnahmen, ist man auf Mauern und ein Skelett gestoßen. Nähere Erkenntnisse gibt es hierzu noch nicht.

    Vonseiten der Denkmalpflege wird betont, dass die Baumaßnahme im Kameralamtsgarten nicht weiter in die Tiefe gehen. Historisch ältere Schichten seien daher nicht betroffen. Zutage getreten sei vor allem Abbruchschutt.

    Ob man dieses Vorgehen nun für angemessen hält oder denkt, es werde dem Ort nicht gerecht, hängt wohl wesentlich davon ab, welche Art der Denkmalpflege man will: Dr. Winfried Hecht würde die Chance gerne nutzen, vor der Bebauung diesen wichtigen Ort der Rottweiler Geschichte intensiv zu erforschen.

    Die Denkmalpfleger sehen sich durch knappe Budgets und den gesetzlichen Auftrag gebunden: Sie sichern nur, was zerstört werden würde. Was ohnehin im Boden verbleibt, wird in der Regel nicht ergraben – auch, wenn dies spannende Erkenntnisse verspräche. Selbst was unter einer Bebauung liege, sei ja nicht verloren, argumentieren die Denkmalpfleger.

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    Im Kameralamtsgarten in Rottweil wird gebaut. Aber werden dabei auch die historischen Spuren ausreichend erforscht? Dr. Winfried Hecht hat Bedenken. Das Landesamt für Denkmalpflege hingegen sieht keine Versäumnisse: Es gebe strenge Vorgaben und die würden eingehalten, heißt es.

    Der Platz lässt die Herzen von Geschichtsbewussten höher schlagen: Im bislang ummauerten Teil des Johannitergartens stand einst eine im spätgotischen Stil reich ausgestattete Kirche – das Herzstück der 1274 erstmal urkundlich bezeugten Rottweiler Niederlassung des Johanniterordens.

    Auf dem berühmten Stich mit der Rottweiler Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahr 1643 (Bild oben) ist das Gotteshaus gut zu erkennen: An der Südostecke der Stadt über dem Neckartal ragt es mit einem zierlichen Türmchen heraus. Nach der Aufhebung der Kommende 1809 wurde die Kirche 1826 abgebrochen.

    An dieser Stelle war in den vergangenen Tagen ein Bagger zugange, das Erdreich ist großflächig abgetragen. Denn das bislang freie Areal wird im Zuge der Erweiterung des Johanniterbads überbaut.

    Die archäologischen Funde, die dabei zutage traten, wurden, wie es im Fachjargon heißt, „baubegleitend“ gesichert. Das heißt: Die Erdarbeiten wurden von Mitarbeitern des Landesamt für Denkmalpflege beaufsichtigt. Schicht für Schicht sei abgetragen worden, heißt es. Und dabei hervortretende Funde wurden dokumentiert.

    Der frühere Stadtarchivar Dr. Winfried Hecht hält das für zu wenig. „Dieser Platz ist ein spätmittelalterlicher Hochkaräter“, betont er im Gespräch mit der NRWZ. Dieser müsste, bevor er für Jahrzehnte unter einem Gebäude verschwindet, „sehr sorgfältig untersucht“, also in einer wissenschaftlichen Grabung systematisch erkundet werden, argumentiert der Historiker. Hecht, der seine erste Publikation als Stadtarchivar 1971 zur Johanniterkommende verfasst hat, fürchtet, dass ansonsten die Spuren verloren sein könnten.

    Ganz anders sieht es das Landesamt für Denkmalpflege. Schon im Herbst 2019 habe es Untersuchungen im Bereich der ehemaligen Johanniterkommende gegeben, teilte deren Pressesprecherin Julia Kässer auf Anfrage der NRWZ mit. Dabei seien Teile der Kirche erfasst worden.

    Zur Sicherung der historischen Substanz gibt es eine Vorgabe: Die Baumaßnahmen dürfen nicht tiefer als einen Meter ins Erdreich eingreifen. Denn die Experten rechneten mit Mauern und Bestattungen. Genau das habe sich nun bewahrheitet, erklärt Kässer: Bei den Baumaßnahmen, ist man auf Mauern und ein Skelett gestoßen. Nähere Erkenntnisse gibt es hierzu noch nicht.

    Vonseiten der Denkmalpflege wird betont, dass die Baumaßnahme im Kameralamtsgarten nicht weiter in die Tiefe gehen. Historisch ältere Schichten seien daher nicht betroffen. Zutage getreten sei vor allem Abbruchschutt.

    Ob man dieses Vorgehen nun für angemessen hält oder denkt, es werde dem Ort nicht gerecht, hängt wohl wesentlich davon ab, welche Art der Denkmalpflege man will: Dr. Winfried Hecht würde die Chance gerne nutzen, vor der Bebauung diesen wichtigen Ort der Rottweiler Geschichte intensiv zu erforschen.

    Die Denkmalpfleger sehen sich durch knappe Budgets und den gesetzlichen Auftrag gebunden: Sie sichern nur, was zerstört werden würde. Was ohnehin im Boden verbleibt, wird in der Regel nicht ergraben – auch, wenn dies spannende Erkenntnisse verspräche. Selbst was unter einer Bebauung liege, sei ja nicht verloren, argumentieren die Denkmalpfleger.

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