Erich Bitter, der unbekannte Autobauer
Sonderschau im Auto und Uhrenmuseum in Schramberg

Eine große Schar von Oldtimerfreunden und insbesondere „Bitter-Enthusiasten“ hat Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr am Freitagabend begrüßt. Im Auto- und Uhrenmuseum startet eine Sonderausstellung: „Erich Bitter – Ein Auto mit Liebe gebaut“.
Schramberg. Doch bevor Eisenlohr zu Wort kam, waren Alona Negrich und Arno Haas dran. Die beiden interpretierten „Your Heart is as black as night“ von Melody Gardot.

Beziehungen
Zustande gekommen war die Ausstellung im Zusammenhang mit einer anderen Sonderschau im Museum zum Opel Kadett, so Eisenlohr. Damals sei der Bitter-Sammler Thomas Plehn aus Stuttgart ebenfalls beteiligt gewesen und habe den Vorschlag zur Bitter-Ausstellung gemacht. Eisenlohr freute sich auch über Gäste aus der Familie von Erich Bitter, Freunde, Sammler, Stammgäste und Gemeinderäte.

Bitter habe eine ungewöhnliche Karriere vom Rad- und Motorsportler zum Autobauer und Unternehmer hingelegt. „Damit passt er bestens in die H.A.U. und die Unternehmer- und Industriestadt Schramberg.“ Sie erinnerte daran, dass Bitter auch einen feuerfesten Rennanzug entworfen habe, der Niki Lauda bei dem schlimmen Unfall 1976 wohl das Leben gerettet habe.

Nach einer weiteren Ballade mit Alona Negrich und Arno Haas lobte Thomas Plehn das „wunderbare Museum“, das den Zeitgeist der Nachkriegsjahre transportiere und nicht nur Autos zeige. Er selbst sei von kleinauf auf alles fixiert gewesen, „was vier Räder hat“. Als Autofan stehe er „zu 100 Prozent auf Opel, aber zu 1000 Prozent auf Bitter.“
Dieser sei fast 90 Jahre alt geworden und habe einen Meilenstein in der Automobilgeschichte gesetzt. „Er war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit den richtigen Leuten“, fasste Plehn die Bitter-Geschichte zusammen.

Fortschrittsglaube
In den späten 60er Jahren habe der Fortschrittsglaube auch die Automobilindustrie erfasst, Mercedes präsentierte eine Sportwagen mit Wankelmotor, den C 111, Opel hatte einen Sportwagen auch für „normale“ Kunden im Angebot, den Opel GT. Der damalige Opel Chef Bob Lutz wollte weg vom Hosenträgerimage, das den Autos aus Rüsselsheim anhaftete. Bitter war Werksrennfahrer bei Opel. Nach einigen Umwegen kamen die beiden zusammen, um eine „deutsche Corvette“ zu bauen.
Atemberaubend
Bitter war damals auch Importeur eines italienischen Sportwagens. „Die sahen atemberaubend aus“, so Plehn. Aber auch die Qualität sei „atemberaubend schlecht“ gewesen. So entschieden Lutz und Bitter, selbst ein Sportauto auf Opel-Basis zu entwickelt.
Weil die Konzernmutter dagegen war, wurden die Flitzer unter dem Namen Bitter verkauft. „Der Beginn einer Erfolgsgeschichte.“ Gebaut hat die Autos auf der Basis eines Opel Diplomat eine renommierte Stuttgarter Karosseriebaufirma.

Etliche bekannte Fußballer wie Erich Ribbeck oder Paul Breitner, Karlheinz Rummenigge oder Gerd Hölzenbein kauften sich damals einen Bitter CD. Aber auch Stars wie Heino und Howard Carpendale hatten einen Bitter CD in der Garage. Selbst der berüchtigte Titelhändler Konsul Weyer besaß einen. „Doch statt des Bitter-Emblems ließ Weyer sein Familienwappen auf der Kühlerhaube montieren“, wie Plehn wusste.

Marketing-Genie
Erich Bitter sei auch beim Marketing seiner Zeit voraus gewesen. Er habe seine Autos vor teuren Restaurants und luxuriösen Hotels platziert – lange bevor man „product placement“ gekannt habe. Eine Ausdehnung des Geschäfts auf die USA war geplant. In der besten Gegend von Beverly Hills in Los Angeles hatte Bitter eine Niederlassung.
Es folgte ein Cabriolet und später sogar eine Limousine. Beide aber gingen nie in Großserie, das Cabrio wurde in niedrigen Stückzahlen gebaut, der Sedan gerade fünf Mal. Nur ein einziges Exemplar ließ Bitter von einer Sparversion, dem Rallye GT Roadster, fertigen. Dann kam die erste Insolvenz.

Mit dem Louis Armstrong-Klassiker „What a wonderful world“ begeisterten Alona Negrich und Arno Haas das Publikum. Anneliese Müller als Museumsleiterin drückte ihren Dank mit Blumen und Geschenkkörben beim Leihgeber, seinen Freunden, der Grafikerin und allen anderen Helferinnen und Helfern aus.

Beim Rundgang durch die Ausstellung sah man viele erstaunte Gesichter. Eine – natürlich nicht repräsentative – Umfrage ergab: die meisten langjährigen Museumsfreunde hatten von Erich Bitter noch nie etwas gehört. Diese Bildungslücke ist nun gefüllt.

Info: Wer die Bitter-Autos einschließlich des einzigen Roadsters sehen möchte: Sie stehen nun in der Sonderausstellung. Sie ist zu sehen bis 5. Oktober täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr im Auto- und Uhrenmuseum ErfinderZeiten, Gewerbepark H.A.U. 3/5, 78713 Schramberg. Telefon: +49 (0) 74 22 – 29 300 info@auto-uhren-museum.de