Bekommt Rottweil ein neues Impfzentrum? Der Landkreis jedenfalls steht sozusagen Gewehr (besser: Nadel) bei Fuß und könnte noch in dieser Woche ein solches Zentrum in der Marienstraße, gleich gegenüber vom Landratsamt, einrichten. Vorausgesetzt, das Land macht mit.
„Das vollständige Herunterfahren des Kreisimpfzentrums war falsch“, kritisierte der Erste Landesbeamte Hermann Kopp bei der telefonischen Pressekonferenz des Landratsamts die Entscheidung des Sozialministeriums. Zwar war im September die Nachfrage nach Impfungen stark rückläufig. Aber „jeder, der auf fünf zählen kann, der hätte sehen können, dass im Herbst die Zahlen wieder nach oben gehen und das Interesse vor allem an Booster-Impfungen wieder zunimmt.“ Stattdessen habe das Ministerium auf den Rat der Kassenärztlichen Vereinigung gehört. „Und die Strategie des Landes, ausschließlich auf die Hausärzte zu setzen, ist krachend gescheitert.“ Was er nicht den Ärzten anlasten wolle, vor denen habe er „Riesen-Respekt“, aber diese könnten die große Nachfrage nicht meistern.
„Wir haben den Raum, wir haben das Personal, wir könnten sofort loslegen“, kündigte Kopp an. Das Haus in der Marienstraße stehe dem Kreis schon zur Verfügung. Das Personal sei da und bisher in der Kontaktnachverfolgung eingesetzt. Was fehle, sei die EDV-Infrastruktur, die das Land wieder abgeräumt habe. Diese müsse bald wieder hergebracht werden. Außerdem natürlich der Impfstoff in ausreichender Menge. Letzteres könne auch über das Schwarzwald-Baar-Klinikum erfolgen.
Dieses sei nach der Schließung der Kreisimpfzentren als eines von zwölf regionalen Impfzentren nun zuständig für die Impfung in den Landkreisen Schwarzwald-Baar, Zollernalb und Rottweil. Dort seien neben den schon bisher tätigen zwei Mobilen Impfteams (MIT) noch fünf weitere zugesagt. Zwei davon sollten im Kreis Rottweil tätig sein. Und eines dieser beiden soll nach Vorstellung der Landkreisverwaltung im stationären Impfzentrum in der Marienstraße impfen. Aber das Land müsse die entsprechenden Stellen genehmigen.
Die Öffnungszeiten des neuen Impfzentrums sollen so festgelegt werden, dass viele Bürger kommen können – also auch in den Abendstunden und samstags, an Sonntagen eher nicht, sagten Kopp und Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel.
Krankenhäuser
„Es ist schon fünf Minuten nach zwölf“, beschrieb Dr. Andor Toth, Geschäftsführer der SRH-Klinik in Oberndorf, die Situation der Krankenhäuser im Kreis. Allein von Freitag bis Montag habe sich die Zahl der Corona-Patienten in Oberndorfer verdoppelt. Und sein Kollege der Rottweiler Helios-Klinik, Tobias Grundmann, berichtete, dass planbare Operationen, soweit vertretbar, verschoben würden. Die Corona-Patienten lägen länger in den Intensivstationen als andere Patienten, berichteten beide. Dass es weniger Intensivplätze gebe, liege nicht an den Betten oder Einrichtungen, sondern am Mangel an Personal. Ein Corona-Patient brauche viel Arbeitskraft, fast eine 1:1-Betreuung.
Inzidenz bei 600
„Die große Politik hat wenig zur Entschärfung der Situation beigetragen“, hatte zuvor Landrat Michel die telefonische Pressekonferenz eingeleitet. Die Sieben-Tage-Inzidenz habe beim Zeitpunkt der Meldung ans Landesgesundheitsamt 580 betragen, es seien aber danach noch weitere Fälle gemeldet worden, so dass sie nun bei 600 liege. Spitzenreiter sei Bösingen mit einer sechsmal größeren Inzidenz wie ähnlich große Kommunen.
Die Gemeinde Aichhalden liegt laut Übersicht mit 75 Infizierten im vorderen Feld. Ein Ansteckungs-Ereignis sei nicht festzustellen, sagte Dr. Heinz-Joachim Adam, der Leiter des Gesundheitsamts, dazu. Es sei oft so, dass Kinder die Viren aus der Schule nach Hause brächten und dann ihre Eltern anstecken. Eine Impfung sei für die Eltern auch aus diesem Grund wichtig.
Einrichtungen
In den Einrichtungen der Behindertenhilfe sei en seit 1. November acht Menschen mit Corona infiziert worden, davon fünf Beschäftigte, berichtete Thomas Seeger, der Leiter des Ordnungsamts. In den Altenpflegeheimen im Kreis, in denen mehr Personen leben, seien vier Mitarbeiter und ein Bewohner angesteckt worden. Seeger schreibt das der rechtzeitigen Impfung vor Schließung des KIZ zu.