Sparbuch für die Umwelt: Ökokonten

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Wenn eine Kommune neue Wohn- und Gewerbegebiete ausweisen will, dann muss sie für einen ökologischen Ausgleich sorgen. Was an der einen Stelle der Natur weggenommen wird, das soll sie an anderer Stelle dazu bekommen. Besser ist es natürlich, wenn solche Eingriffe vermieden werden oder im betroffenen Gebiet die Schäden ausgeglichen werden können.

Schramberg. Weil das aber nicht immer geht, schaffen Kommunen Flächen, in denen der Ausgleich stattfinden kann. Da werden bisher ökologisch weniger wertvolle Flächen aufgewertet, in dem beispielsweise Teiche angelegt, Bäche renaturiert oder Äcker aus der intensiven Landwirtschaft herausgenommen werden. Für solche Maßnahmen gibt es genau festgelegte Punkte.

Grafik: Stadt Schramberg

Ökokonto-Punkte

Diese Punkte kann die Kommune auf ein Ökokonto buchen. Wird dann in einem Baugebiet beispielsweise Fläche versiegelt, kostet das eine bestimmte Anzahl von Ökopunkten, die dann vom Ökokonto „wie von einem Sparbuch abgebucht“ werden.

Die Stadt Schramberg besitzt derzeit sieben Ökokonto-Flächen, wovon fünf umgesetzt sind. Ein Ökokonto „Lienberg“ werde derzeit umgeplant, ein weiteres „Gründlesee“ befinde sich in Planung, berichtete in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik Sachbearbeiterin Susan Sauerbrey.

Sieben Ausgleichsflächen im Stadtgebiet

Auf Wunsch des Gemeinderates hatte sie eine Übersicht der Ökokonten mit den generierten und noch verfügbaren Ökopunkten sowie den bisher entstandenen Kosten ausgearbeitet. Die eigenen Flächen hätten den Vorteil, dass der Eingriff „in direkter Nähe“ geschehe. Die Kommune profitiere damit auch direkt.

Außerdem habe „die Stadt die Hand drauf“, sie könne die für die dauerhafte Pflege der Ausgleichsflächen örtliche Landwirte einbinden und der Bevölkerung stünden die Ausgleichsflächen als Naherholungsgebiete zur Verfügung, so Sauerbrey auf.

Auf der großen grün-beigen Wiese beim Hotel „Drei König“ soll eine Streuobstwiese entstehen – gesehen vom Wasserturm Sulgen aus. Foto: him

Sie erläuterte im Detail, was in den einzelnen Ausgleichsflächen geschehen sei, welche Kosten entstanden sind und wie viele Ökopunkte so geschaffen wurden. Auf dem Sulgen nannte sie die Gebiete Weihermoos und Birkenhof, hinzu kommen Sommermoos in Tennenbronn und in Waldmössingen Pferschelwiesen und Brunnen. Bei diesen fünf Flächen stünden noch etwa zwei Millionen Ökopunkte zur Verfügung.

Die Umplanung des Ökokontos Lienberg in Sulgen und das neue Gebiet Gründlesee in Schönbronn brächten weitere Ökopunkte hinzu.

Punkte werden gebraucht

Diese würden nicht lange auf dem Konto bleiben, sondern für Projekte wie die Erweiterung des Wohngebiets Haldenhof, der Sporthalle Tennenbronn und den Innovationspark Schießacker gebraucht, „kurz- und mittelfristig schätzungsweise drei Millionen Ökopunkte“, so Sauerbrey in ihrer Vorlage.

Um den Grübndlesee soll ein weiteres Ökokonto-Gebiet entstehen. Archiv-Foto: him

Sie hat auch dargestellt, wie hoch die Kosten je Ökopunkt sind. Beim Ökokonto Weihermoos liegen die Kosten bei etwa 33 Cent, bei Pferschelwiesen bei 30 Cent, beim viel kleineren Ökokonto Brunnen bei 1,65 Euro je Ökopunkt. Ihr Fazit: je größer die Fläche, desto günstiger werden die Punkte.

Viele Detailfragen noch zu klären

Thomas Brugger (CDU) wollte wissen, wie viele Ökopunkte beim Gründlesee entstünden und wie der Ausgleich bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen erfolge. Sauerbrey berichtete, beim Gründlesse werde man „Punkte im Millionenbereich“ generieren. Bei vorhabengezogenen Bebauungsplänen von Prtivaten müssten diese selbst für den Ausgleich sorgen. Die Stadt führe dazu eine Liste mit Anbietern von Ökopunkten. „Das können die dann untereinander klären.“

Oskar Rapp (Freie Liste) fragte, weshalb das Monitoring, also das Überprüfen, ob die Maßnahmen auch gemacht werden, bei großen und kleinen Flächen gleich viel koste. Da verfüge man noch über wenig Erfahrung, so Sauerbrey, deshalb habe sie pauschal 10.000 Euro pro Jahr eingesetzt.

Kröten sitzen auf einem Brett in einem Regenüberlaufbecken im Weihermoos. Archiv-Foto: him

Jürgen Kaupp (CDU) wollt wissen, was beim Monitoring genau geschehe. Fachleute überprüften den Zustand der Ausgleichsfläche. Es komme auch vor, dass es mehr Punkte gebe, etwa weil in einem Gebiet die Kreuzkröte sich angesiedelt habe. „Das gab 100.000 Punkte obendrauf.“

Ökopunkte auch auswärts kaufen

Kaupp störte sich am Beschlussvorschlag, dass der ökologische Ausgleich weiterhin auf städtischen Flächen erfolgen sollte. „Wir sollten offen für einen Zukauf von Ökopunkten sein.“ Für die Stadt spiele es keine Rolle, wo sie die Punkte einkaufe. Er denke die Kosten für Ökopunkte würden sinken, wenn es dafür einen Markt gebe.

 

Kindergartenkuinder aus dem nahegelegenen Kindergarten Oberreute erkunden das Weihermoos. Archiv-Foto: him

Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) fand, man müsse auch in Nachbarkommunen Ökopunkte einkaufen können, etwa wenn für den Schießacker die Punkte ausgehen.

Oberbürgermeisterin Eisenlohr gab zu bedenken, dass bei zugekauften Ökopunkten die Verträge eine Laufzeit von 25 Jahren haben. „Danach müssen wir die Punkte zu teureren Preisen erneut kaufen, wenn der Landwirt den Vertrag nicht verlängert.“

Beschluss erst im Gemeinderat

Ein weiteres Thema war die neue Berechnungsart der Ökopunkte. Bisher werden die Ökopunkte nach dem „Hessischen Modell“ berechnet. Künftig soll eine Baden-Württembergische Berechnungsmethode gelten.

Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) schlug vor, festzulegen, dass in der Regel der ökologische Ausgleich da erfolgen soll, wo er anfällt. Über die Konsequenzen müsse man sich im Klaren sein. Die Verwaltung sollte die offenen Fragen klären und dann im Gemeinderat vorstellen.
Diesem Vorschlag folgte der Ausschuss einstimmig.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.