Schramberg. Sie geben nicht auf: Armin Fenske und Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) versuchen mit allen Mitteln doch noch eine Machbarkeitsstudie für die Reaktivierung der Bahnstrecke Schiltach Schramberg aufs Gleis zu setzen. Dabei operieren die beiden auch mit Falschinformationen und Druck.
Druck auf die IHK
So hat sich Jürgen Reuter vor einigen Wochen an die Industrie und Handelskammer gewandt und diese aufgefordert, sich für die Machbarkeitsstudie einzusetzen. Nach einer Absage wegen Nichtzuständigkeit wandte Reuter sich an Fenske: „Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg (Herr Hilsenbek) sieht keine Vorteile in einem Schienenanschluss Schrambergs und wird sich NICHT für die Anbindung Schrambergs an das Schienennetz einsetzen.“
Das sei „eine unmissverständliche Positionierung der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg gegen eine qualitative und quantitative Aufwertung des Standorts Schramberg“, schreibt Reuter. Die Würfel seien gefallen.
Machbarkeitsstudie nachträglich genehmigt? Dementi wird ignoriert
Doch Fenske hatte inzwischen ein andres Fass aufgemacht. Er hatte gehört, ein Vertreter der Nahverkehrsgesellschaft Baden Württemberg (NVBW) habe erklärt, das Land habe im Raum Mannheim „nachträglich noch die Machbarkeitsstudie für eine Reaktivierung in das Programm aufgenommen“. Er fragte deshalb die NVBW am 9. Februar, ob das zutreffe und um welche Strecken es sich handle.
Die Antwort kam am 27. Februar. „Entgegen der Aussage von Herrn Maier… wurde die Förderung noch Ende 2021 beantragt und anschließend bewilligt.“ Es handle sich um die Strecken Wiesloch – Wiesloch Stadt und Seckenheim-Neckarhausen-Endingen. „Die Aufnahme dieser beiden Strecken konnte erfolgen, weil der Antragsteller nachweisen konnte, dass die erforderlichen Kriterien zur Förderung erfüllt werden“, schreibt die NVBW an Fenske.
Appell an Eisenlohr
Dieses Schreiben nutzt Fenske in einer Mail vom 28. Februar an Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, im CC unter anderem Jürgen Reuter, und schreibt: „Im Raum Mannheim wurden Machbarkeitsstudien nachträglich bewilligt, weil nachgewiesen wurde, dass die Kriterien dafür erfüllt wurden.“
Diese seien ja auch im Fall Schramberg erfüllt gewesen, sonst hätte es keinen Förderbescheid gegeben, so Fenske. Er bittet Eisenlohr, „ebenso einen ‚neuen‘ Antrag zu stellen. Wenn ihm für Mannheim stattgegeben wurde, darf die Bewilligung Schramberg nicht vorenthalten werden, sonst wäre dies eine Diskriminierung.“
Reuter: „Auf wessen Lohnliste steht OB Eisenlohr?“
Reuter antwortet Fenske begeistert: „Das ist jetzt mal eine richtig gute Nachricht. Kompliment und herzlichen Dank. Beharrlichkeit und Kompetenz sind i.d.R. eine erfolgreiche Kombination.“ Weiter schreibt Reuter über die Bedeutung harter Standortfaktoren, das “starke kräftige Herz Europas“ und kritisiert dann Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr. Sie sei „wider besseren Wissens Gegnerin einer Schienenanbindung Schrambergs“.
Wie er Eisenlohr einschätze, werde sie weiterhin versuchen, die Schienenanbindung zu verhindern, „wobei man sich inzwischen fragen muss, auf wessen Lohnliste sie steht.“ Man dürfe vor dem Hintergrund der globalen Umbrüche „auf die politische Zukunft irgendwelcher austauschbarer Einzelpersonen … keine Rücksicht nehmen“, schreibt Reuter.
(Einen Antrag der „Aktiven Bürger“, einen weiteren Anlauf für eine Machbarkeitsstudie zu unternehmen, hatte Eisenlohr allerdings befürwortet.)
Reuter wird in seiner Mail an Fenske schließlich grundsätzlich: Für die Demokratie brauche man „eine freie Presse, die deshalb nicht nur Rechte sondern auch Pflichten hat“.
Faktencheck: Es gab keine nachträgliche Bewilligung
Das sieht die NRWZ genauso und betrachtet es als ihre Pflicht, solche Geschichten zu überprüfen. Das Landesverkehrsministerium hat eine NRWZ-Anfrage rasch beantwortet. Wir wollten wissen, ob die beiden Machbarkeitsstudien für die Bahnstrecken im Raum Mannheim, wie von Fenske behauptet, nachträglich genehmigt wurden.
Klare Antwort – wie schon von der NVBW im Übrigen: „Entgegen der Aussage, die bei einer Veranstaltung von Herrn Maier irrtümlich getroffen wurde, wurde die Förderung fristgerecht im Dezember 2021 beantragt und anschließend bewilligt. Eine nachträgliche Bewilligung erfolgte also nicht“, schreibt die stellvertretende Leiterin der Pressestelle Wenke Böhm.
Die Erstellung des Bewilligungsbescheids sei nur mit größeren zeitlichen Abstand zum fristgerechten Antrag erfolgt, weil zuvor fachliche Fragen im Zusammenhang mit der Prüfung des Antrags geklärt werden mussten. Somit habe rein zeitlich der Eindruck einer „nachträglichen Genehmigung“ entstehen können.
Böhm betont außerdem, dass die Strecke Schramberg – Schiltach „nicht von Anfang an den Kriterien für eine Machbarkeitsstudie“ entsprochen habe. Sie sei deshalb vom Landkreis Rottweil für die Potenzialanalyse 2020 nicht angemeldet worden.
Erst als der Kreis nachträglich mittels eines eigenen Gutachtens nachweisen konnte, dass das erforderliche Fahrgastpotenzial für eine landesgeförderte Studie erreicht würde, habe das Land die Strecke in das Förderprogramm aufgenommen. „Ein Landesinteresse an einer Machbarkeitsstudie konnte damit bejaht werden, die Kriterien wurden erfüllt“, so Böhm.
Förderantrag nicht mehr möglich
Sie erklärt zum wiederholten Mal, dass der Zug inzwischen abgefahren ist und ein nachträglicher Antrag keinen Sinn macht: „Die Stadt Schramberg kann keinen Antrag mehr stellen, weil gemäß Förderrichtlinien (Ziffer 2.5) eine Antragstellung nur bis zum 31.12.2021 möglich war. Das damalige Förderprogramm für Machbarkeitsstudien für Reaktivierungen im Rahmen der landesweiten Reaktivierungsstrategie des Landes ist daher abgelaufen.
Ein „Übertrag“ der Förderung vom Landkreis Rottweil auf andere Städte/Gemeinden ist rechtlich nicht möglich. Der damalige – mittlerweile widerrufene – Zuwendungsbescheid war ausschließlich an den Landkreis Rottweil gerichtet.
Die Stadt Schramberg kann selbstverständlich eine eigene Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, dann aber ohne Landesförderung. Nach den uns vorliegenden Informationen hat sie dazu ja bereits auch Mittel in den Haushalt eingestellt. Die Expertinnen und Experten der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) könnten eine solche Studie dann fachlich begleiten.“