Villa Junghans bleibt zu

Verwaltungsausschuss lehnt Vorschlag als "unausgegoren" ab / Heftige Debatte im Gremium

Für NRWZ.de+ Abonnenten: 

Mit knapper Mehrheit hat der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats den Vorschlag der Verwaltung abgelehnt, die Villa Junghans an Vereine und Gruppierungen aus Schramberg zu überlassen. Der Mehrheit der Ausschussmitglieder waren zu viele Fragen, etwa zur Haftung, ungeklärt. Außerdem sahen sie den Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. Bereits im Januar 2025 sollen die Handwerker anrücken, um die Villa für eine gastronomische Nutzung fit zu machen.

Schramberg. Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr hatte an den Antrag der SPD-Buntspechtfraktion in der Haushaltsrede im Januar erinnert, die Stadt möge in der Übergangszeit die Villa den Vereinen zur Nutzung überlassen. „Wir können Ihnen jetzt eine gute Lösung vorschlagen“, warb Eisenlohr für den Verwaltungsvorschlag.

Freundeskreis sollte übernehmen

Der kürzlich gegründete „Freundeskreis Villa Junghans“ wäre bereit, die Hausübergabe und den Schlüsseldienst ehrenamtlich zu übernehmen. Die Vereine müssten die Reinigung selbst übernehmen oder 50 Euro dafür bezahlen.

Wirtschaftsförderer Ralf Heinzelmann meinte, die vorbereiteten Nutzungsordnung müsse man noch an einigen Stellen „redaktionell überarbeiten“, etwa bei der Frage einer Kaution, der Haftpflicht und einem Buchungskalender.  Er sei auf den Wunsch der SPD-Buntspechtfraktion „lösungsorientiert“ herangegangen.

Viele offene Fragen

Hilmar Bühler („Aktive Bürger) meinte als Mitglied im Freundeskreis, das Putzen sollte man den Vereinen nicht überlassen, die Böden in der Villa dürften nicht falsch behandelt werden.

Ralf Rückert (Freie Liste) lehnte den Plan entschieden ab. Zum einen monierte er, dass der Vorschlag im Januar gemacht worden sei: „Jetzt haben wir Juli.“  Zugleich wolle die Stadt die Villa bereits ab 2026 wieder verpachten.

Bisher habe es viele Gründe gegeben, die die Nutzung verhinderten. „Jetzt lassen wir die Vereine rein“, wunderte er sich. Als Stadtverbandsvorsitzender sei er immer für die Vereine, aber er sehe keinen Nutzen, aber auch keinen Bedarf für die Vereine beider Freigabe der Villa, so Rückert.

Ihn beschäftigte die Haftungsfrage. Wer ist in der Haftung? Was sind Gruppierungen, wer ist da verantwortlich? „30 Leute dürfen maximal rein, dann sind es plötzlich doch 80?“ Für 50 Euro könne niemand eine professionelle Reinigung machen.

Es sei der „komplett falsche Weg“, polterte Rückert, „und die komplett falsche Zeit, nun auch noch der Gastronomie in der Stadt Konkurrenz zu machen.“

Eisenlohr: Es geht nur um die zweite Jahreshälfte

Eisenlohr versuchte zu beschwichtigen. Auch die Stadt habe das Ziel, die Gastronomie in der Villa so bald als möglich wieder zu ermöglichen. Sie erinnerte an den Bauzeitenplan, der für 2024 die Planung, Ausschreibung und Vergabe der Arbeiten vorsehe. Ab Januar werde in der Villa gearbeitet. Es gehe nur um eine „Übergangsnutzung, die nichts verhindern darf“.

Heinzelmann erläuterte, bei der Nutzung gebe es einen Unterschied, ob es eine öffentliche Nutzung sei, oder eine geschlossene Gesellschaft. Da würden weniger strenge Regeln gelten. Das sei mit der Baurechtsbehörde abgeklärt.

Witkowski: „Leben reinbringen“

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) sprach von einem „Diskussionsansatz“, den sie in ihrer Haushaltsrede im Januar gemacht habe. Sie sei von kleineren Sitzungen ausgegangen. „Ein leerstehendes Gebäude ist immer schlecht“, so Witkowski auch mit Blick auf den Vandalismus. „Wir wollten mehr Leben reinbringen.“

Die Haftungsfrage sah sie nicht als Problem, da jeder Verein eine Haftpflichtversicherung habe. Die Lösung mit dem Freundeskreis fand sie „charmant“, weil für die Stadt keine Personalkoste anfallen.

Es müsse aber klar sein, dass es keine Veranstaltungen geben könne, bei denen die Leute „die Bude rocken“. Sie fand, man solle es einfach mal probieren. Wenn es nicht angenommen werde, könne man es ja wieder lassen.

Winter: „Wozu das Ganze?“

Für Jürgen Winter (CDU) gab es mehr Fragen als Antworten. Er fürchte, durch die Zwischenlösung komme der Gedanke auf, es werde „ewig verzögert“. Er frage sich, welchen Zweck die Zwischennutzung für die wenigen Monate erfüllen soll. Und: „Wer kontrolliert, dass die Bedingungen eingehalten werden?“

Heinzelmann meinte, die Verwaltung sei eben „lösungsorientiert“ an das Thema herangegangen. Dank des Freundeskreises sei der Verwaltungsaufwand gering. Die Kontrolle übernehme ebenfalls der Freundeskreis.

Eisenlohr: Kritiker einbinden

Eisenlohr sah den Zweck der Vereinsnutzung, dass das Haus belebt werde. Es gehe nur um die zweite Jahreshälfte 2024. Einen zweiten Zweck sah sie darin, die Mitglieder des Freundeskreises einzubinden, die die Verwaltung „manchmal konstruktiv, manchmal kritisch bergleiten“.

Hier könnten sie sich konstruktiv einbringen. Bei den vielen Aufrufen zum bürgerschaftlichen Engagement sei das doch gut. Sie fügte augenzwinkernd hinzu: „Wenn einer Schlüssel übergibt, schreibt er schon keinen Mist auf Facebook.“

Hoffnung auf Gastrostart 2026

Stadtarchitekt Müller erläuterte den Bauzeitenplan, der erst ab Frühjahr 2025 Baumaßnahmen vorsehe. „Dann müssen wir gucken, was unter der Oberfläche rauskommt.“ Für Ende 2025, Anfang 2026 sieht er den Abschluss der Arbeiten.

Bühler warb für das Konzept und verwies auf die Schwierigkeiten der Vereine in Schramberg ein Nebenzimmer in einer Gaststätte für Vereinssitzungen zu erhalten. Auch dem Freundeskreis sei daran gelegen, dass so bald als möglich wieder Gastronomie in der Villa einziehe.

Brugger „Webfehler“

Thomas Brugger (CDU) sah in dem Konzept einen „Webfehler“, nämlich die Übergabe der Verantwortung an einen Freundeskreis, der kein Verein sei. „Die können die Verantwortung gar nicht übernehmen“, so Brugger, „wenn was passiert, ist der Verantwortliche arm.“

Eisenlohr fand, man könne den Begriff Gruppierungen streichen und nur Vereine berücksichtigen. Die Überlassung werde nur bis Ende 2024 laufen, danach seien die Handwerker dran.

Rückert war nicht überzeugt, das Ganze sei „unausgegoren, das zeigt die lange Diskussion“. Er verwies in Punkto Vandalismus darauf, dass ein Mieter in der Villa wohne. Schließlich betonte Rückert, er sei gewählt, um nach sachlichen Gesichtspunkten zum Wohle der Stadt zu entscheiden. „Ich lasse mich nicht von jemandem leiten, der irgendwas auf Facebook postet.“

Witkowski brach eine Lanze für die Vereine, denen man Vertrauen entgegen bringen könne. Auch sie verwies auf die Probleme, ein Nebenzimmer zu bekommen. Die Villa solle keine Konkurrenz für die Gaststätten sein.

Rapp: Viele Gefahren, wenig Nutzen

Oskar Rapp (Freie Liste) beklagte die lange Diskussion und fragte, wem denn geholfen sei mit der vier Monate langen Öffnung? Er sah „so viele Gefahren und so wenig Nutzen“, weshalb er den Vorschlag ablehnen werde.

Bei fünf Nein-Stimmen (CDU und Freie Liste) hat der Ausschuss den Vorschlag abgelehnt. Für die Öffnung stimmten Oberbürgermeisterin Eisenlohr, Hilmar Bühler, Thomas Koch (ÖDP) und Tanja Witkowski. Gertrud Nöhre (SPD-Buntspecht) enthielt sich.

image_pdfPDF öffnenimage_printArtikel ausdrucken
Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.