Für die OneCoin-Verkäufer wird es eng: Juristisch zumindest. Diesseits und jenseits des Atlantiks kommen die Justizbehörden in Fahrt. Während in Münster heute der Mammutprozess gegen drei mutmaßlich führende Köpfe der OneCoin-Szene in Deutschland beginnt, muss sich in New York Konstantin Ignatov um seine kleine Freiheit unter Hausarrest sorgen: Arlo Devlin-Brown, der Rechtsanwalt des verurteilten OneCoin-Geldwäschers Mark Scott hat in einem Brief an Richter Ramos Edgardo bestätigt, dass es tatsächlich Konstantin Ignatov war, der im Verfahren gegen Scott einen Meineid geschworen habe soll.
Die Grevener IMS-ler
Unterdessen hat vor dem Landgericht Münster ein erster OneCoin-Prozess in Deutschland begonnen. Dabei müssen sich eine Ehepaar aus Greven und ein Münchner Rechtsanwalt wegen verschiedener Straftaten verantworten. Das Gericht sieht den Verdacht auf Betrug und Beihilfe zur Geldwäsche im Raum stehen. Das Ehepaar betrieb eine Firma IMS International Marketing Services, die Gelder von OneCoin-Kunden für „Bildungspakete“ entgegengenommen und an Ruja Ignatova weitergeleitet haben soll. Insgesamt sollen die Grevener 320 Millionen Euro von etwa 60.000 „Kunden entgegen genommen und weiter geleitet haben.
Dafür hätte es aber eine entsprechende Erlaubnis der Finanzaufsicht gebraucht. Weil das Paar die nicht hatte, steht ein Verstoß gegen ein entsprechendes Gesetz in der Anklage. Um den beiden auch Betrug nachzuweisen, müsste die Staatsanwaltschaft beweisen, dass die beiden von vornherein gewusst haben, dass es sich bei OneCoin nicht um eine echte Kryptowährung gehandelt hat, sondern ein Schwindel war.
Und der Münchner Rechtsanwalt
Dem Anwalt wirft die Staatsanwaltschaft zwei Fälle von Geldwäsche vor. Einmal soll er 20 Millionen nach London und einmal 75 Millionen auf die Cayman Inseln verschoben haben. Dieser Anwalt war immer wieder für Ruja Ignatova als Anwalt aufgetreten. Er soll auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten gemeinsam mit ihr Verträge unterzeichnet haben und sein Name taucht in etlichen Dokumenten dort auf.
Insgesamt 50 Verhandlungstage bis zum Mai 2022 hat der Vorsitzende Richter in Münster für das Verfahren angesetzt. Zum Prozessauftakt waren etliche Medienvertreter angereist. Über den ersten Prozesstag berichten wir noch.
Was wird aus Konstantin Ignatov?
Unterdessen muss Konstantin Ignatov in New York tatsächlich um seine Teilfreiheit zittern. Seit Jahresbeginn befindet er sich bekanntlich nicht mehr im Gefängnis sondern gegen eine Kaution von 500.000 Dollar unter Hausarrest in New York. Der jüngere Bruder der „Kryptoqueen“ war nach deren Untertauchen im Oktober 2017 in der OneCoin-Hierarchie an die Spitze aufgestiegen und vertrat seine Schwester bei großen Veranstaltungen weltweit.
Anfang Februar 2019 allerdings verhaftet ihn das FBI in Los Angeles, als er nach Sofia zurückfliegen wollte. Im Herbst 2019 schloss er mit der Staatsanwaltschaft einen Deal. Umfassende Aussage zu OneCoin in Verfahren gegen andere OneCoiner. Dafür sollte er eine mildere Strafe erhalten. Im Prozess wegen Geldwäsche gegen den Anwalt Mark Scott packte Konstantin Ignatov im November 2019 umfassend aus. Seine teilweise Freilassung im Januar war an Bedingungen geknüpft. Unter anderem, dass er sich keine Straftaten zu schulden kommen lassen darf.
Falschaussage unter Eid?
Das Verfahren gegen Scott ist mit einem Schuldspruch zu Ende gegangen. Aber der Richter hat bis heute das Strafmaß nicht verkündet. Scotts Anwälte haben immer wieder verzögert. Nun hat die Gegenseite wohl einen schweren Fehler gemacht. Die Staatsanwaltschaft, so schreibt Scott-Anwalt Devlin-Brown in einem heute veröffentlichten Brief an Richter Ramos, habe im Juni einen „glaubwürdigen Bericht“ erhalten, wonach Konstantin Ignatov einen Meineid im Verfahren gegen Scott geschworen habe. Die Staatsanwaltschaft habe es versäumt, die Verteidigung über diese Tatsache zu informieren.
Wegen dieses Fehlers verlangt Scott, dass sein Verfahren neu aufgerollt werden soll. An welchem Punkt Ignatov die Unwahrheit gesagt hat, steht allerdings nicht in dem Brief. Ein solcher Meineid wäre aber eine Straftat – und könnte dazu führen, dass Ignatov sein New Yorker Appartment wieder mit einer Gefängniszelle eintauschen muss.
Nix Neues
Dass es Ignatov mit der Wahrheit schon mal nicht so genau nimmt, zeigt ein Video: Bei einer OneCoin-Großveranstaltung am 2. Dezember 2017 in Bangkok kommt Ignatov auf die Bühne und berichtet, er möchte die „wärmsten Grüße“ dieser Dame ausrichten. Auf einer Riesenleinwand erscheint die Kryptoqueen, Arm in Arm mit ihm. Zu sehen ab 1 Stunde 1 Minute 17 Sekunden.
Das sei seine geliebte Schwester, die Gründerin und Visionärin hinter OneCoin. Da sie nicht anwesend sein könne, wolle er aus seiner Jugend erzählen. Erst gestern habe er mit Ruja Dinner gehabt und da habe sie zu ihm gesagt….In der Verhandlung gegen Scott allerdings hat er gestanden, er habe bei solchen Events behauptet, er stünde mit Ruja im Kontakt, damit alle meinten, alles sei ok und Ruja weiterhin am Ruder. Das habe er allen erzählt – „außer meinen Eltern“.