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    „Nach den Kindern fragt keiner“

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    Die Verhältnisse am Heiligenbronner Kindergarten haben einige Eltern stark bewegt, so sehr, dass sie unserer Bitte gefolgt sind und sich bei einem Pressegespräch zu den Vorgängen dort zu Wort gemeldet haben. Wie berichtet, hatten um Weihnachten vier Erzieherinnen ihre Kündigung zum Ende März eingereicht. Die Leiterin der Einrichtung hat derzeit ein Betretungsverbot wegen eines möglichen Falles der Kindeswohlgefährdung.

    Am Freitag hatte Pfarrer Christian Albrecht als Chef des Trägers, der katholischen Seelsorgeeinheit Aichhalden Stellung genommen (wir haben berichtet). Die Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn betreibt ebenfalls Kindergärten in Heiligenbronn, hat mit dem St. Gallus Kindergarten aber nicht direkt zu tun.

    Am Sonntag haben dann fünf Eltern, darunter zwei amtierende Elternvertreterinnen und ein Vater ihre Sicht der Dinge dargelegt. Sie baten allerdings, namentlich nicht erwähnt zu werden.

    Strenge Sitten

    Sie berichten davon, dass insbesondere die Leiterin der Einrichtung einen sehr strikten Erziehungsstil verfolgt. „Wenn ein Kind sich nicht rasch genug anzieht, dann wird es in der Garderobe angeschrien“, erzählt eine Mutter. Strenge Sitten herrschen laut Eltern beim Vesper und beim Mitttagessen: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Auch wenn Kinder und ihre Eltern sagen, sie würden bestimmte Dinge nicht essen wollen, würden die Kinder dazu gezwungen.

    Beim Mittagessen müssten die Kinder den Teller leer essen, obwohl sie nicht bestimmen dürfen, was ihnen aufgetischt wird. „Wer nicht leer isst, muss so lange sitzen bleiben, bis der Teller leer ist“, erzählt eine Mutter. Außerdem herrsche während der Mahlzeiten Sprechverbot: Wer beim Vesper oder Mittagessen dennoch spreche oder gegen eine andere Regel verstoße, müsse zur Strafe an der Theke stehen.

    Kinder verängstigt

    Eine Mutter berichtet, dass ihr Kind verhaltensauffällig geworden sei: “Es wollte nicht mehr alleine sein, und wenn ich ein bisschen strenger war, ist es zusammengezuckt.“ Es habe sich herausgestellt, dass die Leiterin des Kindergartens  häufiger sehr laut wurde. Der Vater berichtet von seinem Kind, das erzähle, „die schreit so laut, dass ich mir die Ohren zu halten muss“. Die Elternbeirätinnen berichten von Eltern, deren Kinder wieder einnässen.  In der Eingewöhnungszeit, wenn ein Kind neu in Krippe oder Kindergarten kommt, herrscht ebenfalls ein striktes Reglement. Während in anderen Kindergärten die Eingewöhnungszeit individuell gehandhabt wird,  dürfen in Heiligenbronn die Mütter nur von acht bis neun Uhr in der Einrichtung bleiben. Das erzählen die Eltern übereinstimmend. So haben die Eltern keinen Einblick in den weiteren Kindergartenablauf.

    Der Eindruck der Eltern: „Die Kinder unterliegen hier einem Drill. Sie werden behandelt wie kleine Erwachsene, wenn sie nicht spuren, kriegen sie ein Problem.“

    Gesprächsbereitschaft mangelhaft

    Was allen fünf Eltern sauer aufstößt, ist, dass ihre Wünsche und Bitten ungehört verhallen. Bitten um Gespräche würden ignoriert oder erst nach langem Warten erfüllt. Und wenn, dann gebe es keine Einsichtsbereitschaft: „Das Gespräch war für die Wand.“ Von den Vorgängen im Erzieherinnenteam erführe man wenig. Dass seit vergangenem April eine Supervisorin mit dem Kindergartenteam gearbeitet habe, hätten sie erst kürzlich erfahren, so eine Elternbeirätin. Und dann auch, dass die Supervisorin im November den Prozess erfolglos abgebrochen habe.

    Bei dem Informationsabend Ende Januar sei es keineswegs hochemotional zugegangen, wie Pfarrer Albrecht  schilderte. Die fünf Eltern versichern, es sei angespannt gewesen, aber ruhig und sachlich: „Niemand hat gebrüllt.“ Aber die Eltern hätten wissen wollen, weshalb denn alle vier Erzieherinnen auf einmal kündigen. Eine Antwort seien die Verantwortlichen schuldig geblieben. Auch zum Fall der angeblichen Kindeswohlgefährdung, die ein Großvater gemeldet habe, keine Auskunft. Stattdessen habe eine Moderatorin ständig gefordert: „Schauen wir nach vorn.“

    Doch es sei schwierig, sich vorzustellen, wie der Kindergarten in Heiligenbronn ab April mit vier ganz neuen Kräften funktionieren soll: „Keine Einarbeitungszeit, die kennen kein einziges Kind…“

    Seelische Gewalt ernst nehmen

    Was den fünf Eltern ebenfalls missfällt, ist, dass sie nun als die Schuldigen hingestellt werden.  Die Stimmung sei inzwischen so, dass sich mehrere Eltern nach Alternativen umschauen. Derzeit seien bei weitem nicht alle Krippen- und Kindergartenplätze in Heiligenbronn besetzt. Eine Mutter, die den Wechselschritt bereits vollzogen hat, berichtet, ihr Kind sei „wie ausgewechselt, erzählt vom Kindi und ist fröhlich“.

    Die Eltern wundern sich auch, dass wegen der Beschwerde des Großvaters wegen eines möglichen Schlags die ganze Maschinerie mit Jugendamt und Betretungsverbot angelaufen sei. Seelische Gewalt sei  „mindestens genauso ernst zu nehmen wie körperliche“.

    Für die Zukunft wünschen sich die Eltern, Aufklärung darüber, was passiert ist, und dass die Erziehungsmethoden sich ändern. Sie finden, das Wohlergehen der Kinder müsse Priorität haben. Ihr Eindruck: „Nach den Kindern fragt keiner.“

    Kommentar

    „Wir haben Sorge, dass unsere Kinder Nachteile erleiden könnten.“ Eine solche Aussage lässt aufhorchen: Ob berechtigt oder nicht, wenn Eltern das Gefühl haben, ihre Kritik an Verantwortlichen könnte zu Lasten ihrer Kinder gehen, dann stimmt etwas nicht. Und wenn man den Berichten der vier Mütter und des Vaters aufmerksam zuhört, dann verfestigt sich dieser Eindruck.

    Im Interesse der Kinder ist der Träger jetzt gefordert: Nicht weiter mauern und die Schuld bei anderen suchen, sondern klar Schiff machen und mit neuem Personal – auch an der Spitze – neu starten. Auch der Heiligenbronner Kindergarten hat sich verpflichtet, nach dem in allen Schramberger Kindergärten angewandten „infans-Konzept“ zu arbeiten. Darin wird hervorgehoben, „wie wichtig eine gute Beziehung zwischen Kind und Erzieher, aber auch zwischen Erzieher und Eltern“ sei. Das gilt – auch in Heiligenbronn.  

    Martin Himmelheber 

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    Martin Himmelheber (him)
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    ... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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    Die Verhältnisse am Heiligenbronner Kindergarten haben einige Eltern stark bewegt, so sehr, dass sie unserer Bitte gefolgt sind und sich bei einem Pressegespräch zu den Vorgängen dort zu Wort gemeldet haben. Wie berichtet, hatten um Weihnachten vier Erzieherinnen ihre Kündigung zum Ende März eingereicht. Die Leiterin der Einrichtung hat derzeit ein Betretungsverbot wegen eines möglichen Falles der Kindeswohlgefährdung.

    Am Freitag hatte Pfarrer Christian Albrecht als Chef des Trägers, der katholischen Seelsorgeeinheit Aichhalden Stellung genommen (wir haben berichtet). Die Stiftung St. Franziskus in Heiligenbronn betreibt ebenfalls Kindergärten in Heiligenbronn, hat mit dem St. Gallus Kindergarten aber nicht direkt zu tun.

    Am Sonntag haben dann fünf Eltern, darunter zwei amtierende Elternvertreterinnen und ein Vater ihre Sicht der Dinge dargelegt. Sie baten allerdings, namentlich nicht erwähnt zu werden.

    Strenge Sitten

    Sie berichten davon, dass insbesondere die Leiterin der Einrichtung einen sehr strikten Erziehungsstil verfolgt. „Wenn ein Kind sich nicht rasch genug anzieht, dann wird es in der Garderobe angeschrien“, erzählt eine Mutter. Strenge Sitten herrschen laut Eltern beim Vesper und beim Mitttagessen: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Auch wenn Kinder und ihre Eltern sagen, sie würden bestimmte Dinge nicht essen wollen, würden die Kinder dazu gezwungen.

    Beim Mittagessen müssten die Kinder den Teller leer essen, obwohl sie nicht bestimmen dürfen, was ihnen aufgetischt wird. „Wer nicht leer isst, muss so lange sitzen bleiben, bis der Teller leer ist“, erzählt eine Mutter. Außerdem herrsche während der Mahlzeiten Sprechverbot: Wer beim Vesper oder Mittagessen dennoch spreche oder gegen eine andere Regel verstoße, müsse zur Strafe an der Theke stehen.

    Kinder verängstigt

    Eine Mutter berichtet, dass ihr Kind verhaltensauffällig geworden sei: “Es wollte nicht mehr alleine sein, und wenn ich ein bisschen strenger war, ist es zusammengezuckt.“ Es habe sich herausgestellt, dass die Leiterin des Kindergartens  häufiger sehr laut wurde. Der Vater berichtet von seinem Kind, das erzähle, „die schreit so laut, dass ich mir die Ohren zu halten muss“. Die Elternbeirätinnen berichten von Eltern, deren Kinder wieder einnässen.  In der Eingewöhnungszeit, wenn ein Kind neu in Krippe oder Kindergarten kommt, herrscht ebenfalls ein striktes Reglement. Während in anderen Kindergärten die Eingewöhnungszeit individuell gehandhabt wird,  dürfen in Heiligenbronn die Mütter nur von acht bis neun Uhr in der Einrichtung bleiben. Das erzählen die Eltern übereinstimmend. So haben die Eltern keinen Einblick in den weiteren Kindergartenablauf.

    Der Eindruck der Eltern: „Die Kinder unterliegen hier einem Drill. Sie werden behandelt wie kleine Erwachsene, wenn sie nicht spuren, kriegen sie ein Problem.“

    Gesprächsbereitschaft mangelhaft

    Was allen fünf Eltern sauer aufstößt, ist, dass ihre Wünsche und Bitten ungehört verhallen. Bitten um Gespräche würden ignoriert oder erst nach langem Warten erfüllt. Und wenn, dann gebe es keine Einsichtsbereitschaft: „Das Gespräch war für die Wand.“ Von den Vorgängen im Erzieherinnenteam erführe man wenig. Dass seit vergangenem April eine Supervisorin mit dem Kindergartenteam gearbeitet habe, hätten sie erst kürzlich erfahren, so eine Elternbeirätin. Und dann auch, dass die Supervisorin im November den Prozess erfolglos abgebrochen habe.

    Bei dem Informationsabend Ende Januar sei es keineswegs hochemotional zugegangen, wie Pfarrer Albrecht  schilderte. Die fünf Eltern versichern, es sei angespannt gewesen, aber ruhig und sachlich: „Niemand hat gebrüllt.“ Aber die Eltern hätten wissen wollen, weshalb denn alle vier Erzieherinnen auf einmal kündigen. Eine Antwort seien die Verantwortlichen schuldig geblieben. Auch zum Fall der angeblichen Kindeswohlgefährdung, die ein Großvater gemeldet habe, keine Auskunft. Stattdessen habe eine Moderatorin ständig gefordert: „Schauen wir nach vorn.“

    Doch es sei schwierig, sich vorzustellen, wie der Kindergarten in Heiligenbronn ab April mit vier ganz neuen Kräften funktionieren soll: „Keine Einarbeitungszeit, die kennen kein einziges Kind…“

    Seelische Gewalt ernst nehmen

    Was den fünf Eltern ebenfalls missfällt, ist, dass sie nun als die Schuldigen hingestellt werden.  Die Stimmung sei inzwischen so, dass sich mehrere Eltern nach Alternativen umschauen. Derzeit seien bei weitem nicht alle Krippen- und Kindergartenplätze in Heiligenbronn besetzt. Eine Mutter, die den Wechselschritt bereits vollzogen hat, berichtet, ihr Kind sei „wie ausgewechselt, erzählt vom Kindi und ist fröhlich“.

    Die Eltern wundern sich auch, dass wegen der Beschwerde des Großvaters wegen eines möglichen Schlags die ganze Maschinerie mit Jugendamt und Betretungsverbot angelaufen sei. Seelische Gewalt sei  „mindestens genauso ernst zu nehmen wie körperliche“.

    Für die Zukunft wünschen sich die Eltern, Aufklärung darüber, was passiert ist, und dass die Erziehungsmethoden sich ändern. Sie finden, das Wohlergehen der Kinder müsse Priorität haben. Ihr Eindruck: „Nach den Kindern fragt keiner.“

    Kommentar

    „Wir haben Sorge, dass unsere Kinder Nachteile erleiden könnten.“ Eine solche Aussage lässt aufhorchen: Ob berechtigt oder nicht, wenn Eltern das Gefühl haben, ihre Kritik an Verantwortlichen könnte zu Lasten ihrer Kinder gehen, dann stimmt etwas nicht. Und wenn man den Berichten der vier Mütter und des Vaters aufmerksam zuhört, dann verfestigt sich dieser Eindruck.

    Im Interesse der Kinder ist der Träger jetzt gefordert: Nicht weiter mauern und die Schuld bei anderen suchen, sondern klar Schiff machen und mit neuem Personal – auch an der Spitze – neu starten. Auch der Heiligenbronner Kindergarten hat sich verpflichtet, nach dem in allen Schramberger Kindergärten angewandten „infans-Konzept“ zu arbeiten. Darin wird hervorgehoben, „wie wichtig eine gute Beziehung zwischen Kind und Erzieher, aber auch zwischen Erzieher und Eltern“ sei. Das gilt – auch in Heiligenbronn.  

    Martin Himmelheber 

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