Alljährlich um diese Zeit fühlt man sich im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats an „Dinner for one“ erinnert. Dann steht die Erhöhung der Elternbeiträge zu den Kitakosten auf der Tagesordnung. SPD-Buntspecht lehnt aus grundsätzlichen Erwägungen ab, die anderen Fraktionen teilen die grundsätzlichen Bedenken im Prinzip, stimmen aber dennoch zu. Auch am Donnerstag also „Same procedure as every year?“ Nicht ganz.
Schramberg: Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr wies zunächst darauf hin, dass die Gebühren angehoben werden müssten, weil „auch die Kosten stetig steigen“.
Abteilungsleiterin Kerstin Flaig erinnerte daran, dass jede Kommune sich mit dem Thema befassen müsse. Dieses Mal allerdings hätten Städte- und Gemeindetag, Kirchenleitungen und die kirchlichen Fachverbände in Baden-Württemberg sich auf eine Erhöhung der Elternbeiträge gleich für zwei Jahre verständigt.
Sie empfehlen für das Kindergartenjahr 2024/2025 eine Erhöhung der Elternbeiträge um 7,5 Prozent und für 2025/2026 eine Erhöhung um weitere 7,3 Prozent. Die Tariferhöhungen für die Erzieherinnen seien neben anderen Kostensteigerungen der Hauptgrund, so Flaig.
Stadt zahlt am meisten
Sie machte klar, dass nach wie vor die Kommune den Löwenanteil an den Kita-Kosten trage, nämlich 43 Prozent. Das Land zahlt etwa 34 Prozent, der Elternbeitrag liegt bei gut 13 Prozent. Die übrigen Kosten verteilen sich auf „sonstige Einnahmen“ mit knapp sechs Prozent. 2,5 Prozent steuern die Träger bei.
Vom Ziel, 20 Prozent über die Elternbeiträge zu decken, werde man auch nach einer Erhöhung weit entfernt bleiben: Im Jahr 2024 käme man bei durchgehender Auslastung und einem zugrunde gelegten Gebührensatz einer Familie mit zwei Kindern auf 13,77 Prozent und im Jahr 2025 auf 14,67 Prozent, rechnete Flaig vor.
Sie hat im Ausschuss auch darauf hingewiesen, dass es mehrere Möglichkeiten der Kostenübernahme für Familien mit geringeren Einkommen gibt. Die vollständige oder auch nur teilweise Kostenübernahme könnten die Eltern beim Jugend- und Versorgungsamt des Landkreises Rottweil beantragen. Wer für Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag berechtigt sei, könne ebenfalls die Übernahme der Elternbeiträge beantragen.
OB Eisenlohr fragte nach, ob es dazu Zahlen gebe. Flaig konnte für die Talstadt berichten, dass hier etwa ein Drittel der Kita-Beiträge vom Landratsamt übernommen werde. Genauere Zahlen habe sie aber nicht. In den anderen Stadtteilen sei der Anteil wahrscheinlich niedriger, so Flaig.
Bedenken von allen Seiten
Traditionell meldete sich die Sprecherin von SPD-Buntspecht zu Wort: Sie sehe die Probleme der Kinder, die ohne vorherigen Kindergartenbesuch in die Schule kommen, so Tanja Witkowski, die die Grundschule in Tennenbronn leitet. „Die frühkindliche Bildung ist so wichtig, wir sollten die Gebühren endlich abschaffen.“
Anders als bei den Kindergartengebühren würden andere Gebühren nicht alljährlich erhöht. „Wir muten den Familien immer mehr als andren Gruppen zu.“ Andererseits würden die Leistungen bei den Öffnungszeiten und der Qualität der Betreuung eingeschränkt. „Es ärgert mich jedes Jahr mehr, und ich lehne den Verwaltungsvorschlag ab“.
Systemprobleme
Jürgen Winter (CDU) wies auf einen anderen Aspekt hin: „Wir haben ein Systemproblem.“ Die Gesellschaft wünsche, dass die Eltern berufstätig seien, dann seien sie aber „zwingend auf eine zuverlässige Kita angewiesen“. Man müsse das als Staat garantieren, sonst drohten „erhebliche Verwerfungen“, fürchtet Winter.
Er appellierte, die Arbeit in den Kitas aufzuwerten, auch durch höhere Gehälter. Eisenlohr erinnerte an einige Verbesserungen wie die Leiterinnenfreistellung und Hauswirtschaftskräfte in den Kitas.
Ralf Rückert (Freie Liste) nannte die Kinderbetreuung eine „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Er ist überzeugt, dass, wenn man hier frühzeitig investiert, man später weniger Probleme in den Schulen haben werde. Auch er mahnte, die Politik müsse das Thema „endlich in den Blick nehmen“. Für seine Fraktion erklärte Rückert, man sehe die Erhöhung „kritisch, werden aber mitgehen“.
Patrick Fleig (CDU) mahnte, bei den Kosten im Kitabereich zu Zurückhaltung. „Wir sollten nicht alles immer noch mehr aufblasen“. Er fand auch die Hilfsmöglichkeiten für Familien mit niedrigerem Einkommen seien „in Ordnung“.
Witkowski erinnerte daran, dass es durchaus Städte gebe, die die Kita-Gebühren streichen. „Wir hätten da Spielraum.“
Zusammen mit Gertrud Nöhre (SPD/Buntspecht) und Hilmar Bühler („Aktive Bürger“) stimmte sie denn auch gegen den Verwaltungsvorschlag. Am 24. Juli wird der Gemeinderat beschließen.
Und nächstes Jahr? Da fällt die Prozedur dann aus, denn für 2025/26 ist der Beschluss ja schon gefasst. Eigentlich schade. Die Diskussion ist jedes Mal inspirierend.
Info: Wer die Tabellen mit den künftigen Kita-Gebühren anschauen will, findet sie hier. Anlage 1 unter Tagesordnungspunkt 2