Die Generalversammlung der Narrenzunft Rottweil hat in der Nacht zu Samstag deren geplante Satzungsänderung genehmigt – fast, jedenfalls. Einen Punkt hat die Versammlung kassiert: Eine von der Zunftführung gewollte Änderung des Vorstands-Wahlmodus‘ scheiterte an der nötigen Zweidrittel-Mehrheit. Dennoch kann die Zunft jetzt ein normaler Verein werden, kann die Mitgliedschaft darin von der Teilnahme an den Narrensprüngen trennen. Ab der Fasnet 2020 soll das geschehen.
Nach knapp vier Stunden und kurz vor Mitternacht war es klar: Die Narrenzunft Rottweil wird ab der Fasnet 2020 ihre Mitglieder nicht mehr jährlich rekrutieren. Nicht mehr wie bisher, per Mitgliedskarte, die zugleich die Teilnahmeberechtigung für die Narrensprünge der jeweils kommenden Fasnet war. Sondern sie wird aktive Mitglieder haben können. Mit Vereinsbeitrag und auf Lebenszeit. Sie wird ihnen ein Gremium innerhalb der Vereinsführung schaffen können, den Mitgliederausschuss. Sieben Leute sollen das sein.
Notwendig mache das die Datenschutzgrundverordnung, die DSGVO, die seit 25. Mai 2018 gültig ist. Nur diese sieben Personen innerhalb des neuen Ausschusses sollen künftig die Mitgliederdaten einsehen dürfen. Nicht mehr jeder Kartenverkäufer an jeder Ausgabestelle. „Das verschlankt die Schulung und die Dokumentation“, begründete Narrenmeister Christoph Bechtold den Schritt, über den die NRWZ im Vorfeld ausführlich informiert hat. Einleuchtend: Waren bisher alle Mitgliedskartenverkäufer datenschutzrechtlich zu schulen – weil persönliche Daten der Käufer auf den Karten vermerkt worden waren – sind es bald nur noch die sieben. Die Zunft könne dann auch auf den externen Datenschutzbeauftragten verzichten, den sie sich habe an Bord holen müssen, so Bechtold weiter.
Das machte die Versammlung mit. Problemlos, möchte man meinen. Mehr als 80 Prozent der anwesenden gut 250 Zunftmitglieder – der Sonnensaal im Kapuziner war damit voll, es ging zwischenzeitlich sogar das Weizenbier aus, ziemlich früh, sogar – stimmten diesem Teil der Satzungsänderung zu.
Doch ein weiterer Punkt, eine weitere geplante Änderung wurde abgelehnt. Nicht einmal mehrheitlich, so aber doch von genügend Mitgliedern. Anders herum: Es stimmten deutlich zu wenige dafür, die Zweidrittel-Mehrheit wurde verfehlt.
So plante die Vorstandschaft um Bechtold auch, sich künftig nicht mehr von der Mitgliederversammlung, sondern vom Ausschuss – hier: nicht der neue Mitgliederausschuss, sondern gleichsam der Gesamtausschuss des Vereins – wählen lassen zu wollen. Das Argument, dass die Versammlung doch schon den Ausschuss wähle, damit auch die möglichen Kandidaten für die Vorstandschaft bestimme, das wollte nicht ausreichend verfangen.
Auch die Erklärung Bechtolds, dass die Zunftleitung bei der zeitlich arg komprimierten Saisonarbeit Fasnet – vor allem im Hinblick auf Narrentage mit ihren vielen tausend ehrenamtlichen Arbeitsstunden während der jahrelangen Vorbereitung – ein geschlossenes, funktionierendes Team sein müsse, überzeugte die Mehrheit, rechnerisch aber eben nur eine einfache Mehrheit. 131 Mitglieder waren dafür, 118 dagegen. Abgelehnt. Der Vorstand wird weiterhin direkt vom Volk, von der Versammlung gewählt.
Vetternwirtschaft! Kungelei! Geheimbund! Begriffe, die Redner im Saal aufgeworfen hatten. Die Fasnet, eben eine sehr emotionale Sache. Und so sehr sich die Redner auch nach eigener Aussage anstrengten, sachlich bleiben und keinesfalls Kritik an der Vereinsführung verlauten lassen zu wollen – so sehr kamen ihre Wortmeldungen doch genau so an. Christoph Bechtold drohte zwischenzeitlich: „Wenn ihr uns das Vertrauen nicht schenkt, dass wir das, was wir tun, in eurem Sinne und im Sinne der Fasnet tun, dann muss ich die Vertrauensfrage stellen“, sagte er. „Alles gut“ – diese zwei Worte werden an diesem Abend zu seinem Mantra.
Thomas Pahl hatte da etwa einen anders besetzten Mitgliederausschuss gewünscht. Einen, der drei Sitze für Leute aus dem Ausschuss habe und drei für Leute aus der Mitgliederversammlung. Er äußerte Befürchtungen, der Mitgliederausschuss könne ein zu mächtiges Gremium werden, das nach Gutdünken Mitglieder aus der Zunft werfe. An Christoph Wiest war es da, die Versammlung zur Vernunft zu rufen: „Was macht ihr au für a G’schiss?!“ Und an Jörg Englerth war es, daran zu erinnern, dass in der vergangenen Jahren immer jener Vorstand gewählt worden sei, den zuvor der Ausschuss vorgeschlagen hatte.
Das ging eine ganze Weile hin und her. Es gab zudem geheime Abstimmungen, weil jeweils ein Einzelner das wünschte (was sein gutes Recht ist, was aber natürlich für unliebsame Verzögerungen sorgte. Und für Gemurre.). Erst nach Null Uhr, inzwischen hatte das Bewirtungsteam um Volksbankchef und Kapuzinervorstand Henry Rauner irgendwoher wieder Weizenbier organisiert, konnte Bechtold die Versammlung schließen.
Dass der Vorstand nun eben doch aus der Versammlung gewählt werden wird? „Das tut uns innerlich nicht weh“, sagte der Narrenmeister der NRWZ. Hätte die Satzungsänderung insgesamt keine ausreichende Mehrheit gefunden, „das hätte uns sehr weh getan.“
Der neue Mitgliedsbeitrag ist auch festgelegt worden. In nicht-geheimer Abstimmung und mit großer Mehrheit. 15 Euro soll er betragen, fünf für passive Mitglieder. Einzelne hatten mehr gefordert, Bechtold rechnete vor, was auf eine Familie etwa mit zwei Kindern so schon zukomme. Plus Sprungteilnahme (15 Euro für Erwachsene, fünf Euro für Kinder). Hier wurde er von fast allen im Saal erhört.
Hinweis: Die NRWZ wird noch tiefergehend von der Versammlung berichten. Vier Stunden zu den Themen Fasnet, Basisdemokratie und Finanzamt, umrahmt mit Narrenmärschen, bieten noch eine ganze Menge Stoff für Geschichten.