Umstritten: Tierhaltung im Meierhof
Verwaltungsausschuss beriet über neue Satzung / Entscheidung erst im Mai

„Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen“ so lautet die freundliche Umschreibung für Obdachlosenunterkunft. Und weil bekanntlich alles seine Ordnung haben muss, gibt es auch eine Satzung über die Nutzung solchen Wohnraums. Die bisherige Schramberger Satzung stammt aus dem Jahr 1992. Auch deshalb möchte die Stadtverwaltung sie überarbeiten. Insbesondere der Punkt Haltung von Tieren soll strenger gefasst werden. Bis auf Kleinsttiere soll es grundsätzlich verboten sein, Tiere zu halten. Doch das war im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats umstritten.
Schramberg. Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß hat zunächst erläutert, die Stadt habe „vermehr Probleme mit der Hundehaltung in der städtischen Unterkunft beim Meierhof. Dort seien zwei Hunde gewesen, die andere Personen gebissen haben. Die Stadt wollte die Hunde beschlagnahmen. Das Verwaltungsgericht habe aber entschieden, die Satzung sei „in diesem Punkt nicht konkret genug“. Deshalb wolle man das Halten von Tieren bis auf Kleinsttiere „grundsätzlich verbieten“.
Rehfuß hat auch die gesetzliche Zuständigkeit der Stadt erläutert: „Obdachlosigkeit ist eine Störung der öffentlichen Sicherheit“, so Rehfuß. Als Ortspolizeibehörde müsse die Stadt die Obdachlosigkeit abwenden, indem sie Betroffene in eine Unterkunft einweist. Dieses Zimmer könne die Person so lange bewohnen, bis sie auf dem ersten Wohnungsmarkt etwas gefunden hat. „Häufig klappt das, aber manche Leute bleiben auch lange in der Unterkunft.“

Betreten und Umsetzen erleichtern
Die Stadt wolle gemeinsam mit dem Landratsamt und dem JUKS mehr machen, um Menschen zu anderen Wohnungen zu verhelfen, so Rehfuß. Es müssten aber immer auch Sozialarbeiter, Hausmeister oder Reinigungskräfte die Wohnungen betreten könne.
Manchmal kämen die Personen, die in einer Wohnung zusammenleben, nicht miteinander aus. Deshalb soll die überarbeitete Satzung „das Umsetzen erleichtern“. Die Menschen lebten auf engem Raum, das funktioniere nicht immer. Deshalb möchte die Verwaltung einfacher, jemanden in eine andere Wohnung verlegen können.
Beklagenswerte Verhältnisse
Barbara Kunst (CDU) erkundigte sich, wie viele Menschen in Schramberg von Obdachlosigkeit betroffen sind. Laut Rehfuß seien dies 150 bis 180 Personen. Im Meierhof lebten etwa 30 Personen, hauptsächlich Männer. „Wir wollen dort keine Familien mit Kindern unterbringen.“
Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) hatte einen langen Fragenkatalog vorbereitet. Er habe schon zwei Mal beantragt, die Wohnungen im Meierhof nicht mehr zu belegen, dort könne man Menschen „nicht mehr angemessen unterbringen“. Rehfuß entgegnete, ein Teil der Wohnungen sei saniert, ein anderer Teil tatsächlich in schlechtem Zustand. „Die ganz schlechten sind nicht mehr belegt.“ Die Stadt müsse sich aber tatsächlich Gedanken machen. „Eine dezentrale Unterbringung ist erfolgsversprechender.“
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr versicherte, die Verwaltung mache sich „viele Gedanken“. Vor der russischen Invasion in die Ukraine habe man fest vorgehabt, das schlechteste Gebäude nicht mehr zu nutzen. Doch dann sei die Not groß gewesen. Sie meinte: „Zur Wahrheit gehört auch, dass manche Wohnungen anfangs gut sind, nach dem Auszug der Bewohner aber nicht mehr.“
Witkowski freute sich, zu hören, dass auch die Verwaltung die dezentrale Unterbringung vorziehe. Die Stigmatisierung „Meierhof“ sei schlimm. Er wollte wissen, welche Pflichten die Stadt gegenüber den Betroffenen übernehme und ob es sich bei der neuen Satzung um eine Mustersatzung handle.
Rechte und Pflichten
Letzteres bestätigte Rehfuß. Die Pflicht der Stadt sei die menschenwürdige Unterbringung. Wie das Betretungsrecht mit der Unverletzlichkeit der Wohnung zusammen gehe, fragte Witkowski weiter. Da es sich nicht um ein Mietverhältnis handle, würden die Vorgaben des Grundgesetzes nicht in diesem Sinne gelten. Die Verwaltung melde sich aber mindestens 24 Stunden vor einem Betreten entweder telefonisch oder schriftlich an.
Es gebe aber auch häufig Polizeieinsätze. Ein Anlass sei zum Beispiel, dass in einer Wohnung „ein Raum komplett zur Haltung von Hasen genutzt“ wurde. Deshalb brauche man das Betretungsrecht, so Rehfuß.
Hunde als Stütze
Eine längere Diskussion entspann sich um das generelle Verbot Tiere zu halten. Witkowski meinte, Hunde seien oft die einzigen Gefährten von Menschen in Obdachlosigkeit. „Hunde im Rathaus sind erlaubt, Obdachlose müssen sie abgeben?“ Er fürchte, das Verbot werde dazu führen, dass die Betroffenen lieber auf der Straße bleiben.
Rehfuß erwähnte das zitierte Verwaltungsgerichtsurteil. Mitarbeiter verschiedener Dienste könnten wegen mancher Hunde nicht in die Wohnungen kommen.

In der Diskussion ging es um die Frage, ob ein Wesenstest der Tiere etwas brächte und ob man nicht weniger strikt formulieren könne. Rehfuß berichtete von einem anderen Fall aus Schramberg: Vor Jahren habe die Stadt einen bissigen Hund beschlagnahmt und in einem Tierheim fünf Jahre unterbringen müssen. Das habe 1500 Euro pro Monat gekostet. Macht insgesamt also etwa 90.000 Euro
Was bringen Bußgelder?
Ein anderes Thema waren in der Satzung angedrohte Bußgelder. Diese könnten die Betroffenen doch kaum bezahlen, merkte Witkowski an. Ohne dass eine Sanktion hinter einer Vorschrift stünde, sei es schwierig, sie umzusetzen, entgegnete Rehfuß. Statt Bußgeldern würden auch Sozialstunden verhängt. Udo Neudeck (Freie/Neue Liste) fand Bußgelder richtig, das schrecke ab. „Ob wir das Geld bekommen, ist eine andere Sache.“ Auch er sah bei Hunden die Problematik, dass ein Hund auch sozialen Halt geben könne.
Jürgen Reuter (Aktive Bürger) wunderte sich über die Unterbringungskosten von 1500 Euro pro Monat. Es sei auch schwierig, nachzuweisen, wem ein Hund aktuell gehöre. „Ziel muss sein, die Obdachlosigkeit einzudämmen.“ Er ist überzeugt, dass eine Frau, die mit einem Hund auf der Straße lebe, niemals in eine Unterkunft gehe, wenn sie das Tier abgeben müsse.
Lara Kiolbassa (SPD-Buntspecht) fragte, ob man nicht eine Regel machen könne, dass das Tier dann weggenommen wird, wenn etwas vorfällt. Die Stadt könne ein Tier nur dann beschlagnahmen, wenn das Tier außerhalb der Wohnung auffällig sei, erwiderte Rehfuß.
Die Verwaltung versprach, bis zur nächsten Sitzung des Gemeinderats nach Lösungen zu suchen. Eine Entscheidung über die neue Satzung wird der Gemeinderat im Mai treffen.