Die Stadtverwaltung? Lügt natürlich. Die Lokalpresse? Gekauft, ohne Zweifel. Und der Bürger, der das behauptet? Auf der Palme, seit Monaten schon. Das alles wegen einer Hecke. Dies ist eine Geschichte aus einem Wohngebiet in Rottweil. Wir möchten sie hier aufdröseln, da es ja doch nicht nur um eine Hecke geht.
Für Klaus W. steht fest: Fachbereichsleiter Rudolf Mager muss weg. Und die örtliche Presse soll den Mann erledigen. Und wenn sie das nicht binnen ein paar Wochen tut, dann ist sie feige. Ach was, gekauft! Denn eins ist ja wohl klar: Die Stadt veranstaltet mit seiner Hecke einen Irrsinn sondergleichen. Und Mager leiste sich „Untreue im Amt“. Außerdem sage der Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung die Unwahrheit, verhalte sich „unterirdisch“ und „unverschämt“.
Harter Tobak. Also schalten wir mal besser einen Gang zurück und versuchen, etwas weiter vorn anzufangen. Es geht um eine Hecke, die es unter dem Schlagwort „Heckenstreit“ schon zweimal in die örtliche Tageszeitung geschafft hat. Das ausladende Gewächs steht teils auf einem Privatgrundstück, teils auf städtischem Grund und ragt in einen Verbindungsweg samt Treppe hinein. So sehr, dass eine Rampe etwa für Kinderwagen, Fahrrad- und Rollstuhlfahrer an dem Verbindungsweg nun nicht mehr nutzbar ist. Ein Zustand, den die Stadtverwaltung seit Langem abstellen will. Sie fordert seit Jahren den massiven Rückschnitt. Weil das am Ende bedeutete, dass er seine Hecke abrasieren müsste, wehrt sich Klaus W. dagegen. Auch seit Langem. Seiner Ansicht nach müsste die Stadt die ohnehin dringend sanierungsbedürftige Treppe an dem Verbindungsweg eben so richten, dass die Kinderwagenrampe woanders hinkommt. Dann könne beides fortbestehen, Rampe und Hecke. Einfach, oder? Er sieht sich in Bezug auf die Hecke ohnehin im Recht, im Gewohnheitsrecht, nämlich. So stehe das Gewächs seit bald 50 Jahren da, es gebe zudem eine mündliche Pflegevereinbarung zwischen Stadt und W. Jetzt aber will die Stadt sie weg haben.
Für Klaus W. „ein Unding“, ein „Unsinn“, ein „Irrsinn“. Denn 2026 würde die Treppe an dem Verbindungsweg, in den seine Hecke ragt, nach seinen Informationen ohnehin neu gemacht (inzwischen soll es schon das Frühjahr 2025 sein). Was er offenbar glaubt: Dann könne die Stadt doch die Treppe an seine Hecke anpassen. Und bis dahin könne sie doch Aluschienen anbringen als Ersatz für die zugewachsenen Rampen. Was die Stadt aber möchte: dass die Hecke zurückgeschnitten oder ganz entfernt wird, damit der Weg jetzt frei wird und damit in einigen Monaten die Bauarbeiten an der Treppe überhaupt erst stattfinden können.
Das sind zwei miteinander unvereinbare Positionen. Und so holte sich W. im April 2024 die Hilfe der örtlichen Tageszeitung, die zunächst auch seine Sicht der Dinge darstellte, ohne die Stadtverwaltung dazu zu befragen. Und die Stadt? Sie droht inzwischen mit „Ersatzvornahme“ – dem vom Amt veranlassten Rückschnitt der Hecke auf Kosten des Grundstückseigentümers W. Um mindestens 3500 Euro soll es hier laut W. gehen. Und, nicht zu vergessen: um die Heimat für Vögel und anderes Getier.
Der Streit spitzt sich in den vergangenen Monaten zwischen den beiden Kontrahenten Stadt und Bürger zu. Ein Besuch von Fachbereichsleiter Rudolf Mager Ende Oktober 2024 bewirkt das Gegenteil dessen, was sich dieser nach eigenen Angaben erhofft hat – er trägt zur Verschärfung des Konflikts bei, nicht zu einer Lösung. W. wendet sich nun Hilfe suchend an Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf und an die NRWZ. Und er macht dem „Schwarzwälder Boten“ Dampf. Behauptet, Mager habe dafür gesorgt, dass das Blatt nicht mehr über seine Hecke berichten wolle, dass er „mit keiner weiteren Unterstützung mehr rechnen“ könne.
W. will also sagen: Um sich gegen ihn durchzusetzen, scheut der Rottweiler Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung auch nicht vor der Manipulation der Presse zurück. Holla, die Waldfee. Wiederum ganz schön harter Tobak. Der NRWZ gegenüber behauptet W. das schriftlich. Und als der Autor dieser Zeilen ankündigt, sich bei der Stadt zur Sache erkundigen zu wollen, schreibt W.: „Was Sie mit der Anfrage bei der Stadtverwaltung erreichen wollen, verstehe ich nicht. Es wurde alles gesagt, insbesondere beim großen Auftritt des Herrn Mager. Er wird nun kuschen, mit gelogenen Richtigstellungen.“
Jedenfalls sind die beiden, Mager und W., im Streit auseinandergegangen. Im Vor-Ort-Gespräch ging es um Themen wie Lichtraumprofil und Feuerwehrzufahrt und Präzedenzfälle an anderer Stelle in der Stadt. Und W. hat sich, das gibt seine schriftliche Zusammenfassung der Auseinandersetzung mit Mager wieder, konfrontativ verhalten. Damit endete es im Dissens: „Bei der Verabschiedung hat mir Herr Mager nicht abschließend seine Hand gereicht“, erinnert sich W. Und ergänzt in einer an OB Ruf gerichteten Beschwerde, das habe er als „einen Affront“ empfunden. Ohnehin habe er Mager und einen weiteren städtischen Mitarbeiter, der dabei war, als unvorbereitet erlebt.
Und nun auch die NRWZ, die seine „brisante Story“, diesen „Kracher“ einfach nicht bringen wolle. Es kann für ihn nur einen Grund geben: Der Redakteur wurde gekauft. Er habe, wörtlich, „keinen Arsch in der Hose“. Der Redakteur hat nachgeschaut, W. irrt.
Aufgedröselt: sachliches und emotionales rund um die Hecke und darüber hinaus
Natürlich könnte man rasch in einem überschaubaren Beitrag über die Hecke berichten und über den Streit. Aber es geht ja um mehr. Es geht um eine Geschichte, bei der Stadtverwaltung und Bürger massiv aneinander geraten sind, weshalb der Bürger die Presse einschaltet und inzwischen nach eigenen Angaben auch einen Anwalt. Ein Vorgang, der gar nicht so selten ist. Da muss man sich doch fragen: Wie geht die Stadt vor, wenn alle auf der Palme sind?
Ein paar Vorbemerkungen
Die Stadtverwaltung, der die NRWZ einige Fragen zu diesem Streit und darüber hinaus vorgelegt hat, möchte zunächst einmal Grundsätzliches festhalten. Dass Grundstückseigentümer verkehrssicherungspflichtig seien, beispielsweise, und für Unfälle und Schäden haften, die durch Überwuchs ihrer Begrünung auf öffentlichen Verkehrsflächen entstehen können. Hecken, Bäume und Sträucher sind daher von den Grundstückseigentümern soweit zurückzuschneiden, dass sie keine Verkehrsteilnehmer gefährden. Mal so als Vorbemerkung.
Hierbei gelten folgende Regeln, wie die Stadt ausführt: Über Straßen muss der Freiraum (das sogenannte Lichtraumprofil) mindestens 4,50 Meter betragen, über Geh- und Radwegen 2,50 Meter. Hecken, die direkt am Rand von Geh- und Radwege angrenzen, sind stets bis auf die Grundstücksgrenze zurückzuschneiden. Im Bereich von Straßenlaternen und Verkehrszeichen ist der Bewuchs so weit zurückzuschneiden, dass die Lampen ihre Beleuchtungsfunktion erfüllen und die Verkehrszeichen rechtzeitig wahrgenommen werden können. An Straßeneinmündungen und Kreuzungen müssen Hecken, Sträucher und andere Anpflanzungen so niedrig gehalten werden, dass eine ausreichende Übersicht, sogenannte Sichtdreiecke, für die Verkehrsteilnehmer gewährleistet ist. Diese Anpflanzungen dürfen im Allgemeinen nicht höher als 0,80 Meter sein.
Hier kurz zum konkreten Fall der Hecke: Klaus W. erklärt, dass das Lichtraumprofil am Verbindungsweg schon von einem darüber hinweg geführten Stromkabel nicht eingehalten werde, das eine benachbarte Baustelle versorgt. Da sei nicht seine Hecke schuld. Würde er diese dort zurückschneiden, drohe Lebensgefahr durch einen Stromschlag. Beim Vor-Ort-Termin soll Bau-Fachbereichsleiter Mager ihn bei Schilderung dieses Umstands ausgelacht haben.
Weiter in der Argumentation der Stadt: Sofern ein Heckenschnitt notwendig ist, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, ist dieser auch während des allgemeingültigen Schnittverbots zwischen März und September vorzunehmen.
Diese Regeln sind bundes- beziehungsweise landesweit weitgehend einheitlich geregelt und ergeben sich für Rottweil etwa aus der Straßenverkehrsordnung und dem Landesstraßengesetz. Es finden sich dazu auf verschiedenen Webseiten von Kommunen auch schematische Darstellungen, etwa hier.
Ebene 1: Die sachliche.
Die folgenden, eher inhaltlichen Fragen richtete die NRWZ an Tobias Hermann als Pressereferent der Stadt Rottweil und an Rudolf Mager, der als Fachbereichsleiter Bauen & Wohnen in dieser Sache namentlich in der Kritik steht. Die Bitte war, so knapp wie möglich und so ausführlich wie nötig zu antworten.
NRWZ: Die Hecke zwischen Kampitsch- und Zollernstraße steht teils auf städtischem, größtenteils auf privatem Grund, ist das richtig? Der städtische Anteil erstreckt sich von der Zollernstraße etwa sieben Meter bis zur unteren Plattform der Treppe, korrekt?
Mager / Hermann: Richtig. Anzumerken ist noch, dass die Hecke ohne Abstand unmittelbar an der Grundstücksgrenze gepflanzt wurde.
Die Hecke soll seit 46 Jahren dort wachsen, nun will die Stadt einen umfangreichen Rückschnitt durchsetzen, richtig? Oder die Beseitigung? Im oberen Bereich oder auf voller Länge?
Wann die Hecke gepflanzt wurde, ist der Stadt nicht bekannt. In jedem Fall ist der Heckenabschnitt entlang der Garage (Ecke Kampitschstraße) deutlich später gepflanzt worden als der andere Teil; aber ebenfalls wieder direkt an der Grenze; heute schon ebenfalls deutlich auf den Fahrweg einwachsend. Die Hecke ist auf das notwendige Lichtraumprofil zurückzuschneiden.
Ist es richtig, dass der Weg entlang der Hecke eine Feuerwehrzufahrt sein soll? Weist er denn die Voraussetzungen auf (etwa Wegbreite)?
Dieser Weg von der Kampitschstraße zur Rückseite des Gebäudes in der Zollernstraße und zum neuen Gebäude in der Kampitschstraße wird im Einsatzfall von der Feuerwehr mit der Drehleiter genutzt. Das Lichtraumprofil nach oben ist derzeit leider zu gering, um das Fahrzeug im Einsatzfall sinnvoll positionieren zu können. Dieser Fahrweg ist als öffentlicher Weg im Bebauungsplan ausgewiesen. Er dient auch als Zufahrt für private Garagen.
Stimmt es, dass die Eigentümer der Hecke (deren größeren Teils), die W.s, seit 2019 seitens der Stadt aufgefordert werden, sie zurückzuschneiden? Wie oft und auf welche Weise? Warum beginnt die Stadt nicht auf ihrem Grundstück? Und kann die Stadt einen Rückschnitt als Ersatzvornahme durchsetzen? Wird sie das, und wenn ja: wann? Sind die rechtlichen Grundlagen aus Ihrer Sicht gegeben oder droht ein längeres juristisches Verfahren? Was ist mit einem möglichen Gewohnheitsrecht?
Diese Fragen betreffen weit überwiegend ein laufendes Verfahren, deshalb können hierzu keine Auskünfte erfolgen. Zum städtischen Grundstück ist zu sagen, dass dieses eben auch privat genutzt wird und wir hier eine einheitliche Lösung mit dem benachbarten Grundstück anstreben.
Ist es richtig, dass der Weg entlang der Hecke in der Zukunft ohnehin instandgesetzt werden muss – und wird das in aus heutiger Sicht bereits gut einem Jahr sein? Lohnt sich dann ein Rückschnitt oder eine Beseitigung der Hecke noch?
Die Treppe wird im kommenden Jahr erneuert. Zur Vorbereitung der Baumaßnahmen muss die Hecke dann entsprechend zurückgeschnitten oder gegebenenfalls auch entfernt werden.
Stimmt es, dass die Stadtverwaltung die Bepflanzung nicht mehr als Hecke, sondern als Bäume sieht? Wenn ja, mit welchen Argumenten?
Eine Unterscheidung zwischen Baum oder Hecke ist hinsichtlich Lichtraumprofil nicht notwendig.
Stimmt es, dass die Stadtverwaltung keinen vergleichbaren Fall im Stadtgebiet kennt, in dem eine privat angelegte Hecke die Nutzung eines öffentlichen Weges einschränkt oder verhindert? Falls nein: Wie gehen Sie andernorts vor oder sind dort vorgegangen?
Dass privates Grün auf öffentliche Straßen und Wege ragt, kommt in Rottweil, wie in vielen anderen Gemeinden auch, immer wieder vor. Unsere Aufgabe ist es dann, auf die jeweiligen Eigentümer zuzugehen und den gesetzlich vorgegebenen Rückschnitt einzufordern.
Ebene 2: die menschliche
Diese persönlichen Fragen sind direkt an Rudolf Mager gerichtet.
NRWZ: Sie waren bereits vor Ort und haben das Gespräch mit dem Eigentümer eines Großteils der Hecke, Herrn W., gesucht. Das Gespräch muss auch aus Ihrer Sicht unbefriedigend gelaufen sein. Stimmt es, dass Sie und ein weiterer städtischer Mitarbeiter, der mit Ihnen vor Ort war, nicht mit den Gegebenheiten vertraut gewesen sind? Haben Sie den Termin unvorbereitet wahrgenommen? Auch, obwohl klar sein musste, dass Sie eine Konfrontation erleben könnten? Vertrauen Sie bei solchen Terminen auf spontane Eingaben?
Rudolf Mager: Bei dem Termin waren zwei Kollegen mit dabei, die bereits mit der Angelegenheit vertraut waren; entsprechend war ich informiert und wollte mir ergänzend ein eigenes Bild vom Sachverhalt machen.
Sind Sie Herrn W. gegenüber beim Vor-Ort-Termin laut geworden? Es steht auch die Behauptung im Raum, Sie hätten ihm gegenüber erklärt, der „Schwarzwälder Bote‘ werde in der Sache nicht mehr berichten. Das lässt den Verdacht zu, dass Sie die lokale Presse zu manipulieren versuchten, wenigstens den Gedanken hegten? Was ist da dran?
In diesem Termin gab es über den notwendigen Rückschnitt leider keine Verständigung. Die Behauptung einer Manipulation der Presse weise ich zurück; das Gespräch war von beiden Seiten nicht laut geführt.
Bei allem gebotenen Respekt: Man sagt über Sie, Sie seien, ich schildere es auf meine Weise, entzündlich. Sie würden äußerst ungehalten reagieren, wenn man nicht Ihrer Meinung sei. Ist das ein Gerücht ohne Fundament?
Mir wird vermittelt, dass ich ausgleichend und lösungsorientiert unterwegs bin.
Ich kann mir vorstellen, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen nerven, Leser tun das mitunter auch. Ist es klug oder auch nur ratsam, als Amtsleiter mit diesen Menschen in die direkte Konfrontation zu gehen? Zumal, wenn man möglicherweise zu Impulsreaktionen neigt? Kann man da niemanden aus dem Mitarbeiterstab als Puffer schicken? Ihm oder ihr den Auftrag geben, mit einer Lösung zurückzukommen?
Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen der Stadtverwaltung haben in den letzten Monaten viele Gespräche vor Ort geführt, leider ohne einen Konsens zu erreichen. Daher hielt ich es für geboten, auch persönlich vor Ort zu gehen, um vielleicht doch noch eine einvernehmliche Lösung vermitteln zu können.
Sie werden jetzt seitens Herrn W.s verschiedener Dinge bezichtigt, von denen einige mit U anfangen: die Unwahrheit gesagt zu haben, sich unterirdisch verhalten zu haben, unverschämt gewesen zu sein. Wie sehen Sie das? Haben Sie mit dem persönlichen Besuch einen Fehler gemacht?
Da verschiedene Kollegen in den Ortsterminen keine einvernehmliche Lösung erzielen konnten und das Ordnungsamt entsprechend eine Ersatzvornahme angezeigt hat, war für mich ein persönlicher Gesprächstermin davor sinnvoll und notwendig. Es gab daraus verschiedene Erkenntnisse:
- Die Einschätzung der Kollegen, dass seitens der Grundstückseigentümers ein Freischneiden des öffentlichen Grundes nicht für notwendig erachtet wird, hat sich leider bestätigt.
- Angesichts des Zustands der Treppe ist die notwendige Sanierung vorzuziehen und soll bereits im Frühjahr 2025 erfolgen.
- Im Übrigen weise ich die Vorwürfe als haltlos zurück. Die Rechtslage ist eindeutig, der Bewuchs ragt weit in den öffentlichen Raum hinein und ist daher zurückzuschneiden (siehe unsere Vorbemerkungen, die wir den Antworten vorangestellt haben).
Ebene 2a.
Diese Fragen sind an Bürgermeisterin Ines Gaehn gerichtet, die sich in den Konflikt eingeschaltet hat, nachdem W. sich an den Oberbürgermeister gewandt hatte. Gaehn schrieb eine E-Mail, die W. der NRWZ zur Verfügung stellte; auch seine Replik hat er uns zugesandt:
„Wir nehmen Ihre Beschwerde zur Kenntnis und möchten hierzu Folgendes klarstellen: Bereits in der Vergangenheit haben wir mehrfach darauf hingewiesen, dass die angesprochene Hecke auf öffentlichem Grund wächst und dadurch die Nutzbarkeit der angrenzenden Treppe massiv beeinträchtigt wird. Trotz Ihrer Schilderungen bleibt der Sachverhalt eindeutig, und eine Einsicht Ihrerseits konnten wir bisher nicht erkennen. Daher bleibt der Stadt keine andere Wahl, als die angekündigte Ersatzvornahme durchzuführen, um die Verkehrssicherheit und den ordnungsgemäßen Zustand der öffentlichen Flächen zu gewährleisten.
Ein weiterer Vor-Ort-Termin ist aus unserer Sicht nicht erforderlich, da der Sachverhalt eindeutig geklärt ist.
Wir bedauern, dass es zu dieser Situation gekommen ist, und hoffen dennoch auf Ihr Verständnis.
Bitte sehen Sie unsere E-Mail als Angebot, den Dialog auf einer sachlichen Ebene weiterzuführen.“
Rottweils Bürgermeisterin Ines Gaehn in einer E-Mail vom 4. November 2024, 7.07 Uhr, an Klaus W.
„Was soll dieses völlig unsinnige Mail? Ein Dialog? Zum Thema Sachlichkeit, hierzu fassen Sie sich besser selbst an die eigene Nase. Gegen Ihren Sachbereichsleiter wird ermittelt. Sie nehmen ihn auch noch in Schutz. Der Sachverhalt ist unsererseits ganz eindeutig: Mutwillige Zerstörung einer Hecke! Es gibt abschließend hierzu seit Jahren eine ganz einfache Lösung, die Ihnen mehrfach übermittelt wurde.
Die Antwort von Klaus W.
NRWZ: Laut einer uns vorliegenden Mail an Herrn W. vom frühen Morgen des 4. Novembers haben Sie sich inzwischen eingeschaltet. Sie kündigen darin die Ersatzvornahme an und nehmen von einem weiteren Vor-Ort-Termin Abstand. Sie gehen den konfrontativen Weg, den Herr Mager mutmaßlich zunächst eingeschlagen hat, damit weiter. Sie gehen auch nicht auf die Vorwürfe W.s gegen Mager ein. Ist das Standardvorgehen gegenüber, so nenne ich das mal, bockigen Bürgern? Oder hätten Sie einen Gang zurückschalten und einen anderen Lösungsvorschlag unterbreiten können? Etwa die Versetzung der Rampe auf die gegenüberliegende Seite der Treppe?
Ines Gaehn: Die Ihnen vorliegende E-Mail ist nur eine von mehreren E-Mails. Hier haben wir immer wieder ausführlich den Sachverhalt erläutert und die gestellten Fragen beantwortet. Dabei sind wir auch auf die Vorschläge und Vorwürfe eingegangen. Wenn man sich die Situation vor Ort anschaut, wird der Handlungsbedarf aber offensichtlich. Bürgerinnen und Bürger sind verpflichtet, Hecken wie eingangs dargestellt zurückzuschneiden. Auch das Versetzen der Rampe löst nicht die Situation, dass eine privat gepflanzte Hecke über mehrere Meter in Breite & Höhe in den öffentlichen Straßenraum einwächst. Darüber hinaus steht nun die Sanierung der Treppenanlage ohnehin schon im nächsten Jahr an, ein Umbau ist auch deshalb nicht mehr sinnvoll.
Stimmen Sie sich intern vor Versand einer solchen Mail ab? Aus meiner Sicht sorgte sie für eine weitere kleine Eskalation, indem Herr W. nun versucht, die Presse (erneut) auf seine Seite zu bekommen. Ist das ratsam?
Mir war es wichtig, zeitnah Rückmeldung zu geben, dass aus unserer Sicht auch dieser erneute Ortstermin nichts am Sachverhalt geändert hat und mir ein sachlicher Dialog wichtig ist.
Würden Sie den Satz unterstreichen: Bei all den Aufgaben, die täglich auf mich warten, wie kann ich mich da mit einer blöden Hecke befassen?
Meine Aufgaben sind vielfältig und natürlich gehören dazu auch individuelle Anfragen einzelner Bürger und Bürgerinnen. Wir versuchen innerhalb der Stadtverwaltung auf allen Ebenen so zeitnah wie möglich alle Rückfragen zu beantworten.
Ebene 3: Die allgemeine.
Diese Fragen sind an den städtischen Medienreferenten Tobias Hermann gerichtet.
NRWZ: Wie geht die Stadtverwaltung vor, wenn sich Streitigkeiten zwischen Vertretern der Verwaltung und Bürgern anbahnen? Wenn es menschelt und die beiden Seiten beginnen, mit den Hufen zu scharren? Gibt es eine Instanz, die vermittelt? Oder wäre eine solche wünschenswert? Oder läuft es zwangsläufig auf eine Konfrontation heraus, die dann juristisch geklärt wird?
Tobias Hermann: Die allermeisten Anfragen und Anliegen können durch Gespräche gelöst werden. Wir setzen daher in der Regel auf den direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern und häufig gelingt es, auf diesem Weg eine Lösung zu finden. Entsprechend dieser Vorgehensweise haben sich auch die Kollegen verhalten und um eine Lösung bemüht.
Trifft es zu, dass das Vorgehen in solchen Fällen oft eine hierarchische Eskalation ist, dass zunächst der Amtsleiter aktiv wird, dann der Fachbereichsleiter oder die Bürgermeisterin, schließlich der OB? Ich hörte davon, dass es manche Menschen ohnehin nicht unter dem Oberbürgermeister machen würden. Ist das oft der Fall?
Die Stadtverwaltung ist auf allen Ebenen im Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern. Häufig lassen sich Probleme tatsächlich schon im direkten Kontakt mit der jeweiligen Abteilung lösen. Selbstverständlich stehen aber auch die Fachbereichsleiter sowie Bürgermeisterin und Oberbürgermeister zu Gesprächen zur Verfügung, um etwaige Konflikte zu lösen. Aber auch für einen Oberbürgermeister oder eine Bürgermeisterin hat der Tag nur 24 Stunden, wir bitten um Verständnis, dass das Zeitbudget eben endlich ist.
Wie läuft es in Rottweil so – gibt es oft Streitereien zwischen Bürgern und Verwaltung? Nimmt die Zahl der Auseinandersetzungen zu, ist eine steigende Streitbereitschaft zu erkennen? Auf beiden Seiten?
Eine Zunahme können wir nicht verzeichnen. Jedoch ist der Ton seit der Corona-Zeit deutlich rauer geworden.
Gibt es Fälle, in denen eine Schlichtung funktioniert hat, bevor ein Streit öffentlich wurde? Ist das oft der Fall? Oder gehen die Verfahren vermehrt den juristischen Weg?
Auseinandersetzungen vor Gericht stellen die absolute Ausnahme dar. In der Regel wird im gemeinsamen Austausch und Gespräch eine Lösung gefunden.
Wenn Sie mal die Plattform hätten: Worum würde die Stadtverwaltung die Bürgerinnen und Bürger bitten, wenn sie anfangen, sich über die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Maßnahmen aufzuregen?
Es ist verständlich, dass Maßnahmen der öffentlichen Hand bisweilen Emotionen wecken. Dennoch wäre gelegentlich etwas mehr Gelassenheit wünschenswert. Denn: Soweit wir Ermessensspielräume haben, nutzen wir diese gern. Häufig führen wir aber bundesweit einheitlich gültige Regeln aus. Beispielsweise zu nennen ist hier der Bußgeldkatalog bei Verkehrsdelikten, und auch beim Heckenschnitt gibt es klare Vorgaben, an die wir uns halten müssen.
Insgesamt würden wir uns mehr Verständnis dafür wünschen, dass wir uns bei der Anwendung von rechtlichen Vorgaben nicht ausschließlich auf die Berücksichtigung einzelner Interesse beschränken dürfen, sondern eben stets auch das Allgemeinwohl und die Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen müssen.