Pfaff und Schlauder: Kanzlei HSG möchte verkaufen
Nach dem Scheitern der Flüchtlingsheimpläne verhandeln die Schikorrs mit der Stadt

Müll breitet sich hinter dem Zaun aus, eine Scheibe ist zerbrochen, ein Fenster steht offen. Der vor Monaten notdürftig geflickte Zaun ist wieder löchrig. Die Backsteinwände entlang des Seilerwegles „zieren“ rote und schwarze Graffiti-Schmierereien. Die ehemalige Pfaff-und-Schlauder-Fabrik an der Berneckstraße kommt mehr und mehr herunter. Die Stadt könnte sie kaufen.
Schramberg. Die Eigentümer, die Singener Wirtschaftskanzlei HSG Schikorr hat ganz offensichtlich das Interesse an dem Gebäude verloren, seit sie ihre Pläne für eine Flüchtlingsunterkunft dort in die Tonne treten konnten. Wie berichtet, hatte das Landratsamt im Herbst einen im Jahr zuvor geschlossenen Mietvertrag gekündigt.

Aus der Flüchtlingsunterkunft ist nichts geworden
Schikorrs hatten ab Januar 2023 ihre Pläne für eine Flüchtlingsunterkunft für etwa 200 Geflüchtete mit dem Landratsamt verhandelt. Die Stadt, genauer Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, war zwar informiert, hat aber nicht reagiert. Erst als im Mai ein Mietvertrag geschlossen war, berichtete sie im Juni im Rat und dann in der Öffentlichkeit.
Daraufhin regte sich Widerstand gegen das Projekt. Anwohner und Gemeinderat fürchteten eine soziale Überlastung der Talstadt, in der schon damals ein sehr hoher Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund lebte.
Im Oktober 2023 beschloss der Gemeinderat eine Satzungsänderung für das Sanierungsgebiet Bühle, in dem die ehemalige Fabrik liegt. Danach sei eine Flüchtlingsunterkunft mit den Zielen des Sanierungsgebiets unvereinbar.
Genehmigungen verweigert
Die Baurechtsbehörde hat deshalb der HSG-Kanzlei sowohl die sanierungsrechtliche Genehmigung als auch die Baugenehmigung verweigert. Gegen beide Bescheide hatte HSG Schikorr Widerspruch eingelegt. Ob über diese inzwischen entschieden ist, ist offen. Erst danach könnte HSG dagegen mit einem Widerspruch beim Regierungspräsidium vorgehen und dann beim Verwaltungsgericht klagen.
Dort in Freiburg jedenfalls ist „eine Klage die zu Ihrer Beschreibung passen würde, … bislang nicht beim Verwaltungsgericht Freiburg eingegangen“, wie der Pressesprecher des Gerichts Klaus Döll auf Nachfrage erklärt. Möglicherweise sei die Klagefrist noch nicht abgelaufen, so Döll. Möglicherweise aber ist auch noch gar kein Widerspruchsbescheid ergangen. Die Baurechtsbehörde hält sich bisher bedeckt.


Klagen angekündigt
Die Schikorrs hatten bei einem Pressegespräch vor knapp zwei Jahren angekündigt, sie würden gegen eine Ablehnung der Baugenehmigung und der Sanierungsrechtlichen Genehmigung klagen. Auch eine Klage auf Schadensersatz in siebenstelliger Höhe gegen die Stadt Schramberg haben sie damals angedroht.
Verkauf an die Stadt?
Nun kommt die Wende: Die HSG ist an die Stadt Schramberg herangetreten und möchte der Stadt das Gebäude an der Berneckstraße verkaufen. Das hat die NRWZ aus zwei gut informierten Quellen erfahren. Eine entsprechende Anfrage bei HSG Schikorr wurde dort zwar gelesen, aber nicht beantwortet. Der Sprecher der Stadt, Hannes Herrmann, schreibt lediglich: „Leider können wir zum jetzigen Zeitpunkt dazu nichts sagen.“ Ein Dementi würde anders lauten.

Aus Sicht der Singener macht ein solcher Wunsch natürlich Sinn: Statt jahrelanger Schadensersatz-Klagen mit ungewissem Ausgang, hätte man die ungeliebte Immobile in Schramberg mit all ihren Problemen vom Hals.
Aus Sicht der Stadt macht es hingegen weniger Sinn, die Fabrik zu kaufen. Man käme zwar um die Prozessiererei herum und sparte sich eine mögliche Schadensersatzzahlung. Andererseits hätte die Stadt eine weitere denkmalgeschützte und kaum nutzbare Immobilie an der Backe. Schließlich ist die Haushaltslage der Stadt gerade nicht so, dass der Kämmerer mal eben ein paar Millionen für das Gelände und Gebäude springen lassen kann.
So gesehen werden die Schikorrs aus Singen noch eine ganze Weile für die Pfaff-und-Schlauder-Fabrik – und ihren immer schäbiger werdenden Zustand -verantwortlich sein. Steht ja so im Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet.“