Großer Auftritt für Rottweiler „Narren“ in Berlin

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Der fulminante Dokumentarfilm „Narren“ hat bei der ersten große Retrospektive der Regisseurinnen im Berliner Zeughaus vorige Woche die Fasnet in die Bundeshauptstadt gebracht. Aktuell steht er auch im Rottweiler Central-Kino wieder auf dem Programm.

Schon der Ort ist spektakulär: Das Zeughaus, Sitz des Deutschen Historischen Museums (DHM), ist ein Hingucker an der Berliner Prachtstraße Unter den Linden – ein barockes Prunkstück, das vor etwa über 20 Jahren noch eine schicke Auffrischung bekam, als der chinesische Star-Architekt Ieoh Ming Pei die barocke Schnörkelfreude clever weiterdrehte.

Dieses Gebäudeensemble, das gelegentlich als Kulisse für Staatsbesuche dient, beherbergt auch das „Zeughaus-Kino“ – und ebendort stand jüngst das Schaffen der Filmemacherinnen Sigrun Köhler und Wiltrud Baier im Mittelpunkt. „Eine große Ehre“, sei das gewesen, sagte Wiltrud Baier im Gespräch mit der NRWZ – und klang immer noch ein wenig ehrfürchtig und verwundert, blickt man in der Sparte „dokumentarische Positionen“ doch oft auf ganze Lebenswerke zurück.

Eine Lebensbilanz scheint verfrüht, fehl am Platz war das Duo aber auch nicht. Denn seit 1999 haben Köhler und Baier unter dem Label „Böller & Brot“ immerhin sieben abendfüllende und einige kürzere Dokumentarfilme erarbeitet – ausgezeichnet sogar mit einem Grimme-Preis. Das alles wurde Ende Januar in Berlin präsentiert und als eine der interessantesten dokumentarischen Positionen in der deutschen Filmlandschaft gewürdigt – mit „Narren“ als krönendem Abschluss.

Von der Reaktion des Zeughaus-Publikums auf das eigentümliche Rottweiler Gewimmel waren die Filmemacherinnen, wie Baier erzählte, „sehr berührt“. Zwar meldete sich auf ihre Standard-Frage, ob jemand aus Rottweil anwesend sei, „ausnahmsweise dieses eine Mal niemand“ – normalerweise sei immer jemand mit Bezug zum Städtle zu finden. Aber das Auditorium sei bei der Vorführung „voll mitgegangen“.

„Das Thema Fasnet war den Leuten erkennbar eher fremd“, berichtete Baier. Aber die Berliner ließen sich auf das unbekannte Terrain ein. Als anknüpfungsfähig erwiesen sich dabei vor allem die allgemeinen Themen: Dass bei der Fasnet alle Altersschichten einbezogen sind etwa. Gefallen habe den Leuten besonders die Kinderperspektive: Dass jüngere Generationen schrittweise hineinwachsen und mitmachen. Aber auch die menschliche Hinwendung, wenn etwa der Bettelnarr ein Besüchle im Altenheim macht. Insgesamt habe „die Verbindung von Tragischem und Komischem“ das hauptstädtische Publikum angesprochen, ebenso wie die Mischung aus bürokratischer Steuerung und lebendigem Fest.

Aufs Ganze gesehen war das Tandem Baier-Köhler „glücklich, dass auch die Berliner, Freude und Erkenntnisgewinn an diesem Thema hatten“. Was zweifellos viel mit der Beobachtungs- und Erzählkunst der beiden zu tun hat: Ihrem zurückhaltenden Hinschauen, das ebenso respekt- wie humorvoll ist, der Montagetechnik – und der Unmittelbarkeit, die durch ihre dezente Art entsteht.

Übrigens sind Köhler und Baier am Überlegen, ob sie dieses Jahr wieder zur Rottweiler Fasnet kommen. Wenn, dann freilich ohne das Kamera-Equipment, mit dem sie drei Fasnets-Jahrgänge begleitet und Dutzende Stunden Material gesammelt haben. Ohne „Puschel“, den wolligen Windschutz am Mikro, werde man sie wohl nicht erkennen, scherzte Wiltrud Baier. Vielleicht bringen sie ihn ja als reines Deko-Utensil mit – dann wird ihnen sicher reichlich aufgesagt.

Info: Das Central Kino Rottweil zeigt „Narren“ wieder bis 26. Februar.




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