Teilweise dramatische Umsatzeinbrüche, Kurzarbeit in einem nie da gewesenen Umfang und eine völlig unklare Zukunft: Für die Wirtschaft auch in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sieht es nicht gut aus. Oder eher: zappenduster. Ein entsprechendes Bild malte jedenfalls Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Der junge Mann sah aber auch schon Licht am Ende des Tunnels. Ein bisschen Licht am Ende eines sehr, sehr langen Tunnels, allerdings.
In März und April waren 4761 Betriebe mit 72.150 Beschäftigten in Kurzarbeit. So viele waren es noch nie im Bezirk der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, nicht einmal ansatzweise. Es trifft offenbar „den klassischen Mittelstand, die Substanz der regionalen Wirtschaft, quer über alle Branchen“, so IHK-Mann Hilsenbek in einem vom Landratsamt Rottweil anberaumten Pressegespräch am Freitag. Es sei ein Einbruch, „den wir so noch nie hatten“. Mehr als zwei Drittel der Betriebe in Kurzarbeit hätten weniger als zehn Beschäftigte. Die Arbeitslosenquote stieg ebenfalls an – um 0,6 Prozentpunkte auf 3,8 Prozent. Sie liegt noch knapp unter dem Landesschnitt von 4 Prozent.
Der Standortentwickler hatte weitere, eigentlich ganz furchtbare Zahlen dabei. Die Ergebnisse einer IHK-Blitzumfrage. Derzufolge erwartet etwa die Reisebranche in der Region einen Umsatzeinbruch um 95 Prozent für das Geschäftsjahr 2020. Also nur noch 5 Prozent des Vorjahres. Ein Desaster. Ähnlich schrecklich sehen Gastwirte und Hoteliers ihre Zukunft: ein Rückgang um 90 Prozent. Oder, wie Hilsenbek sagte: „Von zehn Essen verkaufen sie eines.“ Bei Verkehr und Lagerei sind es 85, bei der Industrie 80, bei den personenbezogenen Dienstleistungen 79 Prozent erwarteter Umsatzrückgang. Der Einzelhandel erwartet demnach ebenfalls einen Rückgang um 78 Prozent, wobei sich in dieser Branche die Zukunftsaussichten dank der erfolgten Wieder-Öffnung ein wenig verbessert haben. Am besten sieht sich aktuell noch das Baugewerbe aufgestellt – das aber ebenfalls mit einem Umsatzrückgang um mehr als die Hälfte rechnet. Fast 40 Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit einer Rückkehr zur normalen Geschäftstätigkeit erst ab 2021 oder später. 30 Prozent hoffen noch auf Quartal vier und fünf in diesem Jahr.
Und wie reagieren die Unternehmen? Mit Digitalisierung. Geschäftsprozesse werden verlagert, es geht um digitale Plattformen, Apps und Vetriebskanäle zum Aufbau digitaler Plattformkonzepte und des elektronischen Handels. Hier ergänzte Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel am Freitag, dass Kommunalpolitik und Wirtschaft zusammen gehörten – und dass es gerade erst einen Förderbescheid des Bundes für den schnellen Breitbandausbau gegeben hat. Um weitere Fördermittel wolle sich der Landkreis bemühen – und darum, dass das Glasfaserkabel möglichst bald bis zu jedem Unternehmen komme.
35 Prozent der befragten regionalen Unternehmen packen diesen Weg an. 34 Prozent, Mehrfachnennung war möglich, sehen ihre Chance in der Rationalisierung. 28 Prozent arbeiten an einer Umstellung ihres Geschäftskonzepts – sehen für das bisherige also keine oder schlechte Zukunftsaussichten. Nur 18 Prozent der befragten Unternehmen tun nach eigenen Angaben nichts.
Die IHK sieht sich in der Krise derweil als Partner der Unternehmen – und laut Hilsenbek haben die Telefone nicht stillgestanden. 8000 Telefonate seien in den vergangenen Wochen geführt worden. Er hat es nachgerechnet und glaubt: „Wir haben drei Stunden täglich mit IHK-Mitgliedern telefoniert.“ Die Fragen drehten sich immer darum, wo es Finanzmittel gibt, wo Fördermittel, wo einen Geldtopf. „Wo gibt es den Euro, den ich gerade brauche“, so Hilsenbek. Ein weiterer Schwerpunkt der Beratung: das Insolvenzrecht. Teils in Bezug auf das eigene Unternehmen, teils aber auch in Bezug auf Geschäftspartner im Sonne von: „Kann ich mich auf ein Geschäft mit dem einlassen?“
11.800 Anträge auf Soforthilfe habe die IHK bearbeitet, habe die Unternehmen bei Anträgen auf Kurzarbeit unterstützt, Finanzierungsberatung geboten und die jeweils aktuellen Verordnungen erklärt.
Hilsenbek hob hervor, dass die Unternehmen zugleich aber auch das wichtige Zeichen setzen, weiter ausbilden zu wollen. Dass die Jugend damit ein Signal bekomme, dass sie weiterhin gebraucht werde.
Und der Standortentwickler lobte auch ausdrücklich den Schritt der Stadt Rottweil, gemeinsam mit dem örtlichen Gewerbe- und Handelsverein einen City-Manager engagieren zu wollen.
Trotz dieser an sich schauerlichen Zahlen für ein Land und eine Region, die auf Wirtschaftswachstum setzt, wagte Hilsenbek auch ein sachte positive Prognose. Die Sache mit dem Licht am Ende des, zugegeben, sehr langen Tunnels, das er sehe. Jetzt sei es wichtig, notleidende Unternehmen und Branchen punktuell, „nicht mit der Gießkanne“ zu unterstützen. Auch sei eine Balance zu finden zwischen den weiterhin notwendigen Vorschriften zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und der Eigenverantwortung der Menschen. Es gelte, eine „bestmögliche Kombination von Infektionsschutz und wirtschaftlicher Tätigkeit zu finden. Dann sei es möglich, „dass wir stärker aus der Krise kommen, als wir hineingegangen sind.“