Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie habe der „Compagnie de Développement de l’Eau“ (CDE) die Freigabe zum Erwerb eines Mehrheitsanteils an der Heckler & Koch AG erteilt, berichtet Unternehmenssprecher Marco Seliger am Freitagabend in einer Pressemitteilung. Die CDE gehört zum Firmenkonglomerat des französischen Milliardärs Nicolas Walewski.
Der bisherige Mehrheitsaktionär Andreas Heeschen war lange Zeit mit Walewski gut befreundet und hatte diesem ein Gutteil seiner Aktien verpfändet, die Stimmrechte aber behalten. Wegen Walewskis Verbindungen auch zu Personen in Steuerparadiesen hatte das Bundeswirtschaftsministerium den Bundesnachrichtendienst beauftragt, die Vertrauenswürdigkeit des Franzosen zu prüfen. Im Interview mit der NRWZ hatte HK-Sprecher Seliger im April diese Überprüfung zwar für berechtigt gehalten, aber die lange Zeitdauer – mehr als 20 Monate – kritisiert.
Erleichterung beim Vorstand
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) habe der Aktionärin Compagnie de Développement de l’Eau Luxemburg die Freigabe zum Erwerb eines Mehrheitsanteils an der H&K AG am 15. Juli 2020 erteilt, berichtet Seliger. „Der Vorstand der H&K AG wurde heute unterrichtet, dass der CDE eine Mehrheitsbeteiligung an der H&K AG gehört.“
Der Vorstandsvorsitzende der H&K AG, Dr. Jens Bodo Koch, sagt dazu laut Pressemitteilung: „Wir haben ein großes Interesse an klaren und stabilen Eigentümerverhältnissen. Mit einem finanzstarken, langfristig orientierten Mehrheitseigner wie CDE ist die wirtschaftliche Stabilität von H&K nun nachhaltig garantiert.“ Der seit 2018 eingeschlagene Konsolidierungskurs könne jetzt konsequent fortgeführt werden.
Schon bei der Hauptversammlung war dem Vorstand deutlich anzumerken, wie sehr ihm an einem neuen Mehrheitsaktionär Walewski gelegen wäre. Der Vorstand beantwortete zahlreiche Fragen der Walewski-Vertreter zum Finanzgebahren von Heeschen sehr detailliert. Die versammelten Berichterstatter staunten über das Selbstbedienungsverhalten, das dabei zu Tage kam.
HK in der Gewinnzone
Nach verlustreichen Jahren habe H&K im zurückliegenden Jahr wieder einen Gewinn in Höhe von 1,6 Millionen Euro erzielt, so Seliger weiter. Mit Blick auf das erste Halbjahr 2020 erwarte der Vorstand eine weitere Umsatzsteigerung und Ergebnisverbesserung.
H&K begrüße ausdrücklich, dass für CDE „Kontinuität, Stabilität und Ausbau der Technologieführerschaft des Oberndorfer Unternehmens besondere Priorität“ genössen und dass der neue Mehrheitsaktionär in diesem Zusammenhang Investitionen in Produktions- und Entwicklungskapazitäten in Deutschland unterstütze. „Mit dem Engagement von CDE sind gut 900 zukunftsfeste und innovative Arbeitsplätze in Oberndorf gesichert“, sagt Vorstandschef Jens Bodo Koch.
„Grüne-Länder-Strategie“ bleibt
CDE begleite H&K seit fünf Jahren als Aktionär und unterstütze ausdrücklich die „Grüne-Länder-Strategie“ des Unternehmens. Danach beliefere das Unternehmen nur noch demokratische Staaten, die insbesondere der Nato und/oder der EU angehören sowie der Nato gleichgestellt sind. Es gehöre zu den unternehmerischen Grundsätzen von H&K, dass Waffen in die richtigen Hände gehören.
„Für H&K sind dies Soldaten und Polizisten in demokratischen Ländern, die für Sicherheit und Unversehrtheit der Bürger sorgen“, schreibt Seliger. Für ihre unverzichtbare und oft auch herausfordernd harte Arbeit gebühre ihnen die beste Ausrüstung.
Schulden bleiben unerwähnt
Mit dem neuen Mehrheitseigner könne H&K den vom Vorstand eingeschlagenen Wachstums- und Innovationskurs fortsetzen. Die Erfolge dieses Kurses sind bereits sichtbar. So lag im Jahr 2019 das operative Ergebnis vor Steuern (EBITDA) bei 30,3 Millionen Euro (12,6 Prozent vom Umsatz) und damit um 63 Prozent höher als 2018 (18,6 Millionen Euro beziehungsweise 8,4 Prozent vom Umsatz). Nach einem erfolgreichen ersten Halbjahr erwarte H&K wegen der nachhaltig orientierten Geschäftspolitik trotz der Corona-Pandemie auch 2020 ein profitables Wachstum.
Die Rückkehr von H&K in die Gewinnzone sei zum einen auf ein Kostensenkungsprogramm und eine deutliche Effizienzsteigerung in der Produktion zurückzuführen, zum anderen auf eine Vereinbarung mit der Belegschaft, durch Mehrarbeit bei gleichzeitigem Lohnverzicht zur Konsolidierung des Unternehmens beizutragen.
Die positive Entwicklung ermöglichte es H&K, ein Investitionspaket in Höhe von 25 Millionen Euro zu schnüren, mit dem seit Juli 2019 bis ins nächste Jahr hinein die Fertigung modernisiert und die Infrastruktur verbessert werde. Das Unternehmen sei inzwischen operativ wieder profitabel genug, um Investitionen wie diese aus dem eigenen Cashflow zu stemmen. Unerwähnt beibt in der Preseemitteilung allerdings der nach wie vor enorme Schuldenberg von an die 240 Millionen Euro, den HK abbauen muss.
Positiver Ausblick
Auch der Gesamtausblick für die nächsten Jahre sei positiv, versichert Unternehmenssprecher Seliger. So konnte H&K das zweite Jahr in Folge einen Rekordauftragseingang verzeichnen. „Im laufenden Jahr hat das Unternehmen mit der Auslieferung von 2000 Mitteldistanzwaffen an die hessische Polizei zum Schutz der Bürger bei Terror- und Amoklagen begonnen. Ebenfalls noch in diesem Jahr werden die Spezialkräfte der Bundeswehr das neue Sturmgewehr G95K (HK 416 A7) von H&K einführen.“
Diese Waffe löse das G36K ab, das ebenfalls aus Oberndorf stammt. Jüngster Erfolg von H&K sei der Beginn der Auslieferung von etwas mehr als 6000 Präzisionsgewehren M110A1 (Squad Designated Marksman Rifle/Zielfernrohrgewehr/SDMR) an die US Army, schreibt Seliger abschließend.
„Kritische Aktionäre“ fürchten „Heuschrecke Walewski“
In einer ersten Stellungnahme hat Jürgen Grässlin für die Kritischen Aktionäre bei Heckler und Koch eine andere Einschätzung als Firmensprecher Seliger. Grässlin glaubt, in der Oberndorfer Führungsriege sei man „über alle Maßen bemüht, die Kugel flach zu halten“. Er meint, die Übernahme durch Walewski werde weitaus gravierendere Folgen haben, „als die H&K-Führung der Öffentlichkeit und auch den Mitarbeitern in dieser ersten Stellungnahme weis machen will. Wer aus der Führungsebene gegangen werden wird und ob alle Mitarbeiter*innen weiterbeschäftigt werden, weist die Zukunft.“
Auch die Frage, ob die ehedem ausgehöhlte „Grüne-Länder-Strategie“ nur noch alibimäßig aufrecht erhalten bleibe, würden die kommenden Rüstungsexporte zeigen. Jedenfalls seien massive Zweifel an der Beruhigungstaktik des H&K-Vorsitzenden Jens Bodo Koch angebracht, so Grässlin.
- Jürgen Grässlin. Archiv-Foto: him
Denn die CDE sei Teil des Firmenkonglomerats des französischen Milliardärs Nicolas Walewski. „Dieser wird als neuer Mehrheitseigner in der Pressemitteilung namentlich nicht einmal erwähnt. Auch das mutet mehr als merkwürdig an. Zitate, an denen sich der neue H&K-Boss Walewski messen lassen könnte, fehlen völlig“, kritisiert Grässlin und fragt: „Was aber, wenn sich Walewski als kapitalistische Heuschrecke entpuppt? Wenn sich die CDE die Rosinen aus dem Unternehmen Heckler & Koch herauspickt und weniger lukrative Unternehmenssparten zerschlägt? Was, wenn die Waffenexporte in Krisen- und Kriegsgebete wieder in altbekannter Manier hemmungs- und skrupellos fortgesetzt werden?“
Die Kritische Aktionär*innen vermuteten: „Bodo Kochs Äußerungen sind erst einmal Barbiturat fürs Volk. Das Sagen aber hat fortan Nicolas Walewski von der Luxemburger Holdingsgesellschaft CDE.“