Vor der – virtuellen – Aktionärsversammlung von Heckler und Koch (HK) am Dienstagvormittag haben die „kritischen Aktionärinnen und Aktionäre“ des Oberndorfer Waffenherstellers scharfe Kritik am Vorstand geübt. Sie werfen ihm eine „verantwortungslose Umsetzung der Rüstungsexportgrundsätze durch Heckler & Koch“ vor. Sie fordern das Unternehmen auf, seine selbst entwickelte „Grüne-Länder-Strategie“ endlich glaubwürdig und konsequent umzusetzen.
Diese 2016 beschlossene Strategie besagt, dass Heckler und Koch Waffen nur noch an demokratische und nicht-korrupte Staaten in der EU und NATO beziehungsweise NATO-gleichgestellte Staaten liefern werde. Doch in der Praxis weiche der Kleinwaffenhersteller diese Richtlinie inzwischen auf, so die kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Es würden mittlerweile beispielsweise auch Südkorea, Indonesien, Malaysia oder Oman als „Grüne Länder“ gelten, die beliefert werden könnten.
„Grüne-Länder-Strategie“ auch bei Altverträgen umsetzen
Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei Ohne Rüstung Leben und Sprecherin der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ hatte im Juli in einem Brief an den Vorstand gefordert, auch für Altverträge müsse diese Strategie gelten. HK hatte bislang damit argumentiert, man erfülle bei Lieferungen in diese Staaten lediglich alte Verträge. Der Umfang sei minimal.
Ruth Rohde, Vorstandsmitglied beim RüstungsInformationsBüro (RIB), hält auch Lieferungen an „grüne Länder“ für problematisch und nennt als Beispiel die USA. 2020 habe HK gut ein Drittel seines Umsatzes in den USA erzielt. Dort seien im selben Jahr 41.000 Menschen durch Schusswaffengewalt ums Leben gekommen. „Dieses Geschäft mit dem Tod sogar noch weiter auszubauen, ist unverantwortlich.“
Viele Fragen auch zu Schulden, Anteilseignern und Edmund Heckler
Im Namen der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat Jürgen Grässlin, der Vorsitzende des RüstungsInformationsBüros, Bundessprecher der DFG-VK und der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ zwei Gegenanträge gestellt, wonach Vorstand und Aufsichtsrat nicht entlastet werden sollen. Die HK-Führung habe „die eigene ‚Grüne-Länder-Strategie‘ massiv verletzt und Rüstungsexporte in Krisengebiete durchgesetzt“.
Schließlich kritisiert Grässlin, dass das Unternehmen weiterhin den Namen des „todbringenden NS-Schergen Edmund Heckler im Firmennamen“ führe, ein Personalchaos im Aufsichtsrat herrsche, die Eigentümerstruktur intransparent und das Unternehmen nach wie vor hoch verschuldet sei. Die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hätten 103 Fragen zur Beantwortung auf der virtuellen Hauptversammlung eingereicht.
Auf Nachfrage der NRWZ erklärte HK-Sprecher Marco Seliger, dass das Unternehmen im Zusammenhang mit der HV am Dienstag sich auch zu Aspekten, die in den Fragen Jürgen Grässlins aufgeworfen würden, äußern werde.