Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Donnerstag das Revisionsverfahren zum „Mexiko-Prozess“ in Stuttgart begonnen. Der Oberndorfer Waffenhersteller, zwei ehemalige Mitarbeiter und die Staatsanwaltschaft hatten Revision beantragt (wir haben berichtet.).
In Karlsruhe hatten die Verteidiger der beiden verurteilten Mitarbeiter Freisprüche für ihre Mandanten gefordert. Der Vertriebsleiter sei gar nicht in die Antragstellung für die Exportgenehmigungen eingebunden, die Sachbearbeiterin sei weisungsgebunden gewesen. Die Bundesanwaltschaft dagegen ist überzeugt, dass die beiden auch gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen haben. Ihnen könnten nun noch höhere Strafen drohen.
Gegen die Abtretung der 3,7 Millionen Euro aus dem Mexiko-Geschäft hat der Anwalt von Heckler und Koch argumentiert, die Firma habe gutgläubig gehandelt. Die Unternehmensführung habe nicht gewusst, welche Wege die Waffen in Mexiko nehmen würden. Dem widersprach die Bundesanwaltschaft. Erträge aus einer illegalen Tat könnten eingezogen werden, auch wenn andere für die Firma gehandelt hätten.
Grässlin hofft auf klare Entscheidung
Der Bundesgerichtshof möchte in einem Monat sein Urteil verkünden. Darauf wartet Jürgen Grässlin gespannt. Er hatte 2010 mit einer Anzeige das gesamte Verfahren ins Rollen gebracht. Er erhoffe sich vom BGH „ein klares Urteil mit Signalwirkung“ für die Opfer der Gewehrexporte in Mexiko: „HK muss die Millionenstrafe vollumfänglich bezahlen.“ Er kritisiert, dass in Stuttgart die drei mitangeklagten ehemaligen HK-Geschäftsführer rechtskräftig frei gesprochen worden waren: „Verantwortliche dieses unglaublichen Exportdeals saßen nicht einzig in der zweiten Reihe, sondern auch in der Geschäftsführung. Endverbleibserklärungen waren und sind rechtlich bindend.“
Grässlin lobt, dass der Generalbundesanwalt klar gemacht habe, „dass es sich bei den illegalen Lieferungen von G36-Sturmgewehren von Heckler und Koch in verbotene Unruheprovinzen Mexikos um einen Bruch des Kriegswaffenkontrollgesetzes gehandelt hat“. Der Bundesgerichtshof habe signalisiert, dass Endverbleibserklärungen rechtsverbindlicher Teil von Exportgenehmigungen seien. Das Landgericht Stuttgart hatte dies anders gesehen. Grässlin hofft, dass der BGH hier Klarheit schafft. Bisher gebe es „kein effektives Genehmigungs- und Kontrollverfahren seitens des Bundes bei Rüstungsexporten“, so Grässlin, Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros.
„Komplexe juristische Sachverhalte“
Auf Nachfrage der NRWZ erklärt Marco Seliger, Sprecher von Heckler und Koch: „Die Verhandlung hat gezeigt, dass es um höchst komplexe juristische Sachverhalte und Bewertungen geht, die mit guten Argumenten vor dem höchsten deutschen Strafgericht sehr kontrovers diskutiert werden können. Sie erlauben keine einfachen Antworten. Heckler und Koch wartet daher das Urteil ab, ehe wir uns weiter zum Verfahren äußern.“