Die Entscheidung des Verteidigungsministeriums, dem Bundestag zu empfehlen, eine Waffe aus Suhl und nicht aus Oberndorf zum künftigen Standardgewehr der Bundeswehr zu machen, hat für großes Erstaunen geführt. Wie berichtet, hatte das Ministerium dieser Tage bekannt gegeben, die Firma C.G. Haenel und nicht Heckler und Koch habe beim Bieterwettbewerb am besten abgeschnitten.
Die 120.000 Gewehre im Gesamtwert von 250 Millionen Euro soll nun ein Thüringer Neun-Mann-Betrieb herstellen, der im Jahr 2018 einen Umsatz von gerade mal sieben Millionen Euro erwirtschaftet hat.
Deutsche Militärtechnik in fremden Händen?
Gut, Haenel gehört zur Merkel-Gruppe und diese hat 130 Beschäftigte. Dennoch, die Entscheidung wirft etliche Fragen auf. Unter anderem nach den Finanziers, die wiederum hinter Hanel stehen. Merkel gehört nämlich zum Caracal Konzern aus Abu Dhabi. Und Caracal wiederum ist Teil des staatlichen Rüstungsunternehmens Edge aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).
Pikant dabei: Auch Heckler und Koch besaß zwischen 2003 und 2006 Merkel und damit auch Haenel. Der heutige Haenel-Geschäftsführer Olaf Sauer wurde damals von Heckler und Koch nach Suhl entsandt.
Die NRWZ hat sich ans Bundesverteidigungsministerium mit einer Vielzahl von Fragen gewandt und auch einige Antworten erhalten. Die wichtigsten aber blieben unbeantwortet.
Viele Fragen – keine Antwort
So wollten wir wissen, nach welchen Kriterien die Sturmgewehre bewertet wurden? Wie wurde gewichtet? Trifft es zu, dass bei der technischen Wertung/Präzision die beiden Gewehre von Heckler und Koch HK 416 und HK 433 auf den Plätzen 1 und 2 lagen? Wie groß war der Abstand zum Haenel-Gewehr auf Rang 3? Um wie viel günstiger war das Haenel-Angebot? Trifft die Aussage zu, dass Haenel über den gesamten Lebenszyklus betrachtet etwa 51 Millionen Euro günstiger sei als HK?
Dazu teilt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums lediglich mit: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu Details eines laufenden Vergabeverfahrens nicht äußern können.“
Wer baut das billigere Gewehr?
Nach unseren Informationen hat das Haenel-Gewehr beim entscheidenden Kriterium Präzision schlechter abgeschnitten als die HK-Konkurrenz. Dass Haenel gut 50 Millionen Euro günstiger sei, hatten Bundestagsabgeordnete laut „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Wie ein solcher Batzen zu schaffen ist, bei einem 250-Millionen-Auftrag, fragen sich Rüstungsexperten.
Entweder versuchten die Eigner, die hinter Haenel/Merkel stecken, mit Dumpingpreisen in den europäischen Markt einzudringen, wird spekuliert. Oder die Fertigung wird in ein Niedrigpreisland ausgelagert.
Wo wird das neue Gewehr produziert?
Eine entsprechende Frage der NRWZ beantwortet der Ministeriums-Sprecher so: „Die Firma C.G. Haenel GmbH soll als Auftragnehmerin unter Beachtung der üblichen vertraglichen Vorgaben (unter anderem Mitteilungspflicht an den Auftraggeber) berechtigt werden, Leistungen an Unterauftragnehmer zu vergeben.“ Welche Unterauftragnehmer das sein werden, könne er nicht sagen, da ein entsprechender Vertrag noch nicht geschlossen sei.
Auf „insuedthueringen.de“ wird spekuliert, dass Haenel etliche Teile zukaufen und vor Ort die Gewehre nur montieren werde. Zugeliefert werden könnte vom Sitz der Haupteigner Edge beziehungsweise Caracal. In den Vereinigten Arabischen Emiraten lebten tausende Niedriglöhner aus Pakistan und Indien.
Suhl bildet junge Leute aus VAE aus
Außerdem: “In einem eigens aufgelegten Gast-Programm hatten junge Männer aus den Emiraten an der Suhler Büchsenmacherschule ihre Ausbildung absolviert.“ Seit zwölf Jahren unterhält eine private Ausbildungsstätte, die „Simson Private Akademie“ in Suhl, intensive Beziehungen mit Firmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und bildet junge Leute von dort aus: „Die kulturellen Besonderheiten der Auszubildenden und Studenten aus der arabischen Welt werden durch unsere geschulten und kulturell sensibilisierten Mentoren und Ausbilder stets berücksichtigt“, heißt es auf der Homepage der SPA-Gesellschaft.
Umsatzquote für Haenel niedrig angesetzt?
Sehr eigentümlich erscheint es Fachleuten, dass ein so kleines Unternehmen wie Haenel einen so großen Auftrag abarbeiten soll. Bei Ausschreibungen werden deshalb Kriterien vorgegeben, dazu gehören beispielsweise Umsatzzahlen. Beim 250-Millionen-Euro-Auftrag, ist zu hören, sei bei der Ausschreibung ein Mindest-Jahresumsatz von fünf Millionen Euro gefordert worden – was extrem niedrig wäre, aber von Haenel erreicht wurde.
Dazu teilt der Sprecher mit: „Grundsätzlich mussten sich alle Bieter für die Teilnahme am Vergabeverfahren bewerben. Im Rahmen dieser Bewerbung mussten alle Bieter die sogenannten Eignungskriterien nachweisen.“ Dazu gehörten unter anderem die fachliche Qualifikation sowie die sachliche und finanzielle Leistungsfähigkeit. Bewerbern, die diese Kriterien nicht erfüllen konnten, sei bereits zu diesem frühen Zeitpunkt des Verfahrens mitgeteilt worden, dass sie mangels Eignung vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden. „Nur hinreichend fachlich qualifizierte und finanziell leistungsfähige Bewerber wurden zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert.“ Wie diese Anforderungen aussahen, teilt der Sprecher nicht mit.
Kein Problem mit VAE
Kein Problem hat das Ministerium mit den Eigentumsverhältnissen, auch nicht damit, dass die Vereinigten Arabischen Emirate aktiv in Bürgerkriegen in Jemen und Libyen beteiligt sind: „Die Eigentumsverhältnisse der Firma C.G. Haenel sind bei der Auswertung der eingegangenen Angebote berücksichtigt worden so weit dies im Rahmen des Vergaberechts zulässig ist.“ Aus Ministeriumssicht stellten sie wegen der im Vergaberecht vorgesehenen Gleichbehandlung von Bietern „keine Hinderungsgründe bei der Auftragsvergabe dar.“
Gefragt, wie die Bundesregierung verhindern will, dass Waffentechnologien auf diesem Weg in die falschen Hände gelangen, verweist der Sprecher auf einen noch zu schließenden Vertrag. Wenn der Bundestag den Deal gebilligt habe, werde man mit Haenel darüber verhandeln: „Auch mögliche Fragen zu Lizenzrechten und Technologietransfers (wären) Bestandteil eines solchen Vertrages“. Da der Vertrag aber noch nicht geschlossen sei, könne er dazu noch nichts sagen.
HK-Kritiker: „Entscheidung ist Katastrophe für die Menschenrechte“
Scharfe Kritik an der Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums hat ausgerechnet ein langjähriger Kritiker von Heckler und Koch geübt. Der „Deutschen Welle” sagte Jürgen Grässlin, die Entscheidung sei “eine Katastrophe aus dem Blickwinkel der Menschenrechte betrachtet”.
Er hätte nicht gedacht, dass die Bundesregierung einen Deal gutheißen würde, bei dem die Eigentümer nicht aus Europa stammen, sondern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. „Die VAE sind nach unseren Kriterien kein Land wie jedes andere, sie befinden sich in einer Krisenzone und sind seit Jahren im Bürgerkrieg im Jemen an der Seite Saudi-Arabiens beteiligt.”
Kann jemand sagen, wer die tatsächlichen Hintermänner auf Barbados sind, die HK besitzen?