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Haenel contra Heckler und Koch: Kampf mit allen juristischen Mitteln +++ aktualisiert

Im Vergabeverfahren um ein neues Sturmgewehr der Bundeswehr dauert der Streit zwischen Heckler und Koch und C.G.Haenel aus Thüringen an. Bekanntlich hatte Haenel ein Vergabeverfahren mit seinem Gewehr MK 556 gewonnen. Gegen die Entscheidung des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hatte Heckler und Koch protestiert und Haenel Patentrechtsverletzungen vorgeworfen. Später hatte das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) das Vergabeverfahren gestoppt und die urspüngliche Enscheidung für das Haenelgewehr aufgehoben. Ein Gutachter des Bundesamtes hat im Dezember dann  erklärt, es könnte tatsächlich Patentrechtsverletzungen geben.

Dagegen hat nun seinerseits Haenel Juristen in Stellung gebracht. In einer undatierten „Stellungnahme zu den behaupteten Patentrechtsverletzungen durch C.G. Haenel im Ausschreibungsverfahren ‚Projekt System Sturmgewehr‘“ wehrt sich das Unternehmen gegen diesen Vorwurf: „C.G. Haenel hat zu keinem Zeitpunkt eine schwere berufliche Verfehlung begangen, die Zweifel an der Integrität des Unternehmens hervorrufen könnte“, heißt es dort. Dem durch das BMVg in Auftrag gegebenen Gutachten fehlten gutachterliche Inhalte, die zum Nachweis einer schweren Verfehlung zwingend erforderlich gewesen wären.

Haenel:  Kein Patentstreit ums MK 556

Auch weist das Unternehmen darauf hin, dass zwischen C.G. Haenel und Heckler und Koch „derzeit kein Rechtsstreit bezüglich des von C.G. Haenel angebotenen Gewehrs MK556 anhängig ist“. Haenel erklärt, im Patentstreit gehe es um  die zivile Version des MK 556, das Gewehr CR 223. Dieses Gewehr sei aber  „hinsichtlich der relevanten technischen Merkmale gänzlich anders konstruiert“, heißt es in der Erklärung.

…und das zivile CR 223 von C.G.Haenel. Foto: Homepage Haenel.

Die vom Gutachten des BMVg betrachteten patentrechtlichen Verfahren bezögen sich entweder auf das CR 223 oder auf den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 20. November 2020. Das LG Düsseldorf habe hinsichtlich des MK556 ausdrücklich festgestellt, „dass ‚ein Rechtsstreit im Hinblick auf die streitgegenständliche Form noch nicht anhängig ist‘“, schreibt das Unternehmen. Auf Nachfrage der NRWZ erklärt allerdings die Sprecherin des Landgerichts Düsseldorf, Dr. Elisabeth Stöve: „Das MK 556 spielt in dem Verfahren eine Rolle.“

Hintertür Vergaberecht?

Weshalb betont nun Haenel, dass das Unternehmen keine schwere berufliche Verfehlung begangen hat und dass es angeblich keinen Rechtstreit wegen Patenten mit Heckler und Koch gebe? Das hängt wohl mit dem Vergaberecht zusammen. Wenn ein Unternehmen in einem Vergabeverfahren unrichtige Angaben macht, kann das ein Ausschlussgrund sein. Sollte Haenel etwa nicht erwähnt haben, dass es Patentrechtsprobleme beim MK 556 gab oder geben könnte, könnte das Verteidigungsministerium kurzerhand Haenel von der Vergabe ausschließen und der Millionenauftrag ginge nach Oberndorf.

Eine andere Möglichkeit wäre, dass das Verteidigungsministerium auch das Düsseldorfer Urteil abwartet, bevor es über die Vergabe entscheidet. Das Urteil allerdings wird erst für das zweite Halbjahr 2021 erwartet. Und  die unterlegene Firma könnte die nächste Instanz anrufen. Patentverfahren dauern oft viele Jahre. Die Bundeswehr aber wartet seit Jahren auf eine Entscheidung – und das neue Sturmgewehr. Ein Ausschluss wegen eines Verstoßes gegen die Vergaberichtlinien wäre für das Ministerium  also ein eleganter Ausweg.

In letzter Zeit verdichten sich Anzeichen, dass Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) auf eine Entscheidung drängt. Entscheiden kann das Bundesamt aber nur, wenn man sich seiner Sache juristisch sehr sicher ist. Der Patentstreit ist noch lange nicht geklärt. Sticht also die Karte mit dem Vergabeverstoß?

Kritik an der Bundesverteidigungsministerin

Der Verteidigungsausschuss des Bundestags hat sich am Mittwoch mit dem Verfahren befasst. Im Vorfeld haben Oppositionspolitiker das Beschaffungsamt und das Ministerium scharf kritisiert. Die Grünen stellten die Beschaffung eines neuen Sturmgewehrs komplett in Frage, berichtet das Internetportal „Bayrisch-Schwaben aktuell“ und beruft sich auf den Bundestagsabgeordneten Tobias Lindner von den Grünen.

Dieser habe dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) gegenüber gesagt: „Gleichzeitig muss man anerkennen, dass das G36 nach wie vor in der Truppe einen guten Ruf hat und mit Ersatzteilen versorgt werden kann.“ Andere Vorhaben der Bundeswehr seien dringlicher. Lindner kritisierte, im Beschaffungsamt seien „einfachste Fehler im Vergabeverfahren“ gemacht worden. So sei den „offenkundigen Hinweisen auf Patentverletzungen“ nicht nachgegangen worden.

Tut’s doch noch: Das G 36 auf einem Werbeplakat der Bundeswehr.

Bundesverteidigungsministerium: „Entscheidung in den kommenden Wochen“

Eine Anfrage der NRWZ beim Bundesverteidigungsministerium zum Stand des Verfahrens hat am späten Freitagnachmittag eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums beantwortet. Demnach werte die Vergabestelle des BAAINBw  die vorgelegten Gutachten aktuell aus. „Aufgrund der Vergabevertraulichkeit kann ich Ihnen zu den Inhalten der Gutachten keine Angaben machen. Das betroffene Unternehmen hatte die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme.“

Diese Stellungnahme sei fristgerecht beim zuständigen Rechtsanwalt des BAAINBw eingegangen. „Diese Inhalte werden in die Gesamtbewertung mit einfließen“, versichert die Sprecherin, und: „Mit einer Entscheidung ist in den kommenden Wochen zu rechnen.“ Also vor einer Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf zur Patenstreitigkeit.

 

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