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    Glaskunst aus Rottweil für die Welt

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    Rottweil – Vis-à-vis mit den Propheten und Aposteln des Kapellenturms sind sie derzeit in der Lorenzkapelle zu sehen: Exzellente Glaskunstwerke, die bei der Rottweiler Firma Derix entstanden sind. Anlässlich der Ausstellung hat Gertrud Derix-Kessler im Firmenarchiv geforscht – und der NRWZ davon erzählt.

     

    Es muss eine faszinierend vitale Zeit gewesen sein, dynamisch und voller Möglichkeiten. Herausragende Künstler gingen in den Nachkriegsjahrzehnten, besonders in den bewegten Sechzigern in den Werkstätten der Firma Derix in der Mittelstadtstraße ein und aus. Gertrud Derix-Kessler, Jahrgang 1948, kommt ins Schwärmen, wenn sie sich daran erinnert. Ihr Vater, Ludwig Derix, Jahrgang 1912, hat 1946 die bald hoch angesehene und international tätige Rottweiler Glasmalerei W. Derix begründet – oder vielmehr: erfolgreich weiterentwickelt.

    Gertrud Derix-Kessler im Firmenarchiv, das zu einem Gutteil als Glasobjekten besteht. Foto: al

    Denn bereits 1890 hatten der Glasmaler Ludwig Wilhelm und sein Bruder Theodor in Rottweil in der Hauptstraße 65 eine Kunstglaser-Werkstätte angesiedelt. Zuvor waren sie, von ihren Meistern her in einer Traditionslinie seit dem frühen 19. Jahrhundert stehend, vor allem im Stuttgarter und Calwer Raum tätig gewesen.

    „In der an alten Baudenkmälern reichen Stadt, mit ihren durch originelle Erker geschmückten Patrizierhäusern“, hofften die Brüder auf zahlreiche Aufträge, wie die Firmenchronik zum 25jährigen Jubiläum aus dem Jahr 1915 notiert.

    Der Start in den dynamischen Jahren des Kaiserreichs gelang. Davon zeugen bis heute etwa Werbeannoncen. Die zeigen, wie die Rottweiler Kunstglaser den Schwung der Jugenstil-Ära mit eleganten Fenstern in Privathäuser brachten. Die gedeihliche Entwicklung belegt aber vor allem der wirtschaftliche Erfolg der Firma, zu dem maßgeblich auch Aufträge im kirchlichen Bereich beitrugen.

    Die Firma arbeitete viel für Kirchen, aber ebenso im privaten Bereich: Muster aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Foto: Archiv Derix-Kessler

    1944 wurde das mittlerweile als „Glasmalerei Ludwig und Theo Wilhelm“ firmierende Unternehmen an die Glasmaler-Familie Derix veräußert. Deren Firmentradition reichte bereits ins Jahr 1866 zurück. Damals hatte der Sohn eines niederländischen Malermeisters im niederrheinischen Goch die „Kunstglaserei und Glasmalerei Wilhelm Derix“ ins Leben gerufen.

    Am markanten Erker des Firmensitzes in der Dammstraße sind die Etappen der Firmengeschichte verewigt – bis zur ältesten Wurzel am Niederrhein 1866. Foto: al

    Nach dem Tod des älteren Bruders Wilhelm übernahm 1946 Ludwig Derix die Leitung der Rottweiler Glasmalerei-Werkstätte. Ihm gelang es, sie zu einem international tätigen Unternehmen zu entfalten – zunächst noch in enger Gemeinschaft mit den anderen Strängen der Derix-Firmen in Düsseldorf und Köln, ab den 1960er Jahren dann als selbständiger Betrieb.

    Nun entwickelte sich eine Phase enormer Produktivität und Strahlkraft. Mit den Derix-Werkstätten in Rottweil arbeiteten so renommierte Künstler wie Ludwig Schaffrath, Johannes Schreiter, Jochen Poensgen, Otto Herbert Hajek, Otto Dix und HAP Grieshaber zusammen. Sie zählen zur ersten Garnitur jener, die mit dem Material Glas in schöpferisch-innovativer Weise umgingen – wozu ihnen das Rottweiler Derix-Team die technischen Mittel bereitstellte.

    Werke aus Rottweil gingen damals bis in die USA und nach Asien. Der Bezug zu Rottweil und zur Region ging dabei freilich nie verloren. Davon zeugt das Firmenarchiv. Dort finden sich Arbeiten, die mittlerweile als historische Dokumente gelten können – etwa eine „Schweizerscheibe“, die Romuald Hengstler 1969 zur 450-Jahr-Feier des „ewigen Bundes“ zwischen Rottweil und der Eidgenossenschaft entwarf.

    Das Rottweiler Wappen in der Mitte: Die „Schweizerscheibe“, entworfen für Romuald Hengstler 1969 zur 450-Jahr-Feier des „ewigen Bundes“ mit der Eidgenossenschaft. Foto: al

    Daneben entdeckt man Spuren von Künstlern, die in der und für die Region Glaskunst geschaffen haben. Etwa von Emil Kiess (Trossingen) und Albert Birkle. Dieser hat unter anderem die Fenster in St. Laurentius auf dem Sulgen und der Kirchen in Göllsdorf und Wilflingen entworfen. Ferner verwahrt das Archiv Scheiben von Romuald Hengstler – auch auf Glas mit seinen zur Perfektion gebrachten dichten Mustern unverwechselbar. Auch Arbeiten von Tobias Kammerer beherbergt das materielle Firmen-Gedächtnis. Viele seiner Glaskunst-Objekte sind in den Rottweiler Derix-Werkstätten entstanden – etwa die Fenster für St. Peter und Paul in Neukirch oder für die Dunninger St. Christopherus-Kapelle.

    Aber die Firmengeschichte blieb nicht stehen. In Rottweil führen aktuell „Die Kunstglaser“ in den Räumen der Firma Derix die Tradition fort. Und aus einer Filiale in Wiesbaden, die 1973 nach Taunusstein umzog, entwickelte sich ein weiterer Strang der mittlerweile über 150jährigen Firmengeschichte: eine weltweit gefragte Werkstätte für zeitgenössische Glaskunst.

    Ebenfalls Teil der langen Derix-Historie: Das Südquerhausfenster von Gerhard Richter im Kölner Dom mit 11267 Quadraten in 72 Farben, das 2007 fertiggestellt wurde. Foto: Archiv Derix-Kessler

    Dort wurde das berühmte Südquerhausfenster von Gerhard Richter im Kölner Dom ebenso gefertigt wie das zentrale Fenster in der Gedächtnis-Kapelle, mit der im Herzen von New York an die Opfer der Terroranschläge des 11. September 2001 erinnert wird. Die mit Rottweil eng verbundene Derix-Glaskunst findet sich also in der ganzen Welt.

    Info: Die Lorenzkapelle ist jeweils am ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Diesen Sonntag führt Gertrud Derix-Kessler durch die Ausstellung. Die Expertin für Glaskunst, gewährt spannende Einblicke in diese traditionsreichen Kunstform. 

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    Es muss eine faszinierend vitale Zeit gewesen sein, dynamisch und voller Möglichkeiten. Herausragende Künstler gingen in den Nachkriegsjahrzehnten, besonders in den bewegten Sechzigern in den Werkstätten der Firma Derix in der Mittelstadtstraße ein und aus. Gertrud Derix-Kessler, Jahrgang 1948, kommt ins Schwärmen, wenn sie sich daran erinnert. Ihr Vater, Ludwig Derix, Jahrgang 1912, hat 1946 die bald hoch angesehene und international tätige Rottweiler Glasmalerei W. Derix begründet – oder vielmehr: erfolgreich weiterentwickelt.

    Gertrud Derix-Kessler im Firmenarchiv, das zu einem Gutteil als Glasobjekten besteht. Foto: al

    Denn bereits 1890 hatten der Glasmaler Ludwig Wilhelm und sein Bruder Theodor in Rottweil in der Hauptstraße 65 eine Kunstglaser-Werkstätte angesiedelt. Zuvor waren sie, von ihren Meistern her in einer Traditionslinie seit dem frühen 19. Jahrhundert stehend, vor allem im Stuttgarter und Calwer Raum tätig gewesen.

    „In der an alten Baudenkmälern reichen Stadt, mit ihren durch originelle Erker geschmückten Patrizierhäusern“, hofften die Brüder auf zahlreiche Aufträge, wie die Firmenchronik zum 25jährigen Jubiläum aus dem Jahr 1915 notiert.

    Der Start in den dynamischen Jahren des Kaiserreichs gelang. Davon zeugen bis heute etwa Werbeannoncen. Die zeigen, wie die Rottweiler Kunstglaser den Schwung der Jugenstil-Ära mit eleganten Fenstern in Privathäuser brachten. Die gedeihliche Entwicklung belegt aber vor allem der wirtschaftliche Erfolg der Firma, zu dem maßgeblich auch Aufträge im kirchlichen Bereich beitrugen.

    Die Firma arbeitete viel für Kirchen, aber ebenso im privaten Bereich: Muster aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Foto: Archiv Derix-Kessler

    1944 wurde das mittlerweile als „Glasmalerei Ludwig und Theo Wilhelm“ firmierende Unternehmen an die Glasmaler-Familie Derix veräußert. Deren Firmentradition reichte bereits ins Jahr 1866 zurück. Damals hatte der Sohn eines niederländischen Malermeisters im niederrheinischen Goch die „Kunstglaserei und Glasmalerei Wilhelm Derix“ ins Leben gerufen.

    Am markanten Erker des Firmensitzes in der Dammstraße sind die Etappen der Firmengeschichte verewigt – bis zur ältesten Wurzel am Niederrhein 1866. Foto: al

    Nach dem Tod des älteren Bruders Wilhelm übernahm 1946 Ludwig Derix die Leitung der Rottweiler Glasmalerei-Werkstätte. Ihm gelang es, sie zu einem international tätigen Unternehmen zu entfalten – zunächst noch in enger Gemeinschaft mit den anderen Strängen der Derix-Firmen in Düsseldorf und Köln, ab den 1960er Jahren dann als selbständiger Betrieb.

    Nun entwickelte sich eine Phase enormer Produktivität und Strahlkraft. Mit den Derix-Werkstätten in Rottweil arbeiteten so renommierte Künstler wie Ludwig Schaffrath, Johannes Schreiter, Jochen Poensgen, Otto Herbert Hajek, Otto Dix und HAP Grieshaber zusammen. Sie zählen zur ersten Garnitur jener, die mit dem Material Glas in schöpferisch-innovativer Weise umgingen – wozu ihnen das Rottweiler Derix-Team die technischen Mittel bereitstellte.

    Werke aus Rottweil gingen damals bis in die USA und nach Asien. Der Bezug zu Rottweil und zur Region ging dabei freilich nie verloren. Davon zeugt das Firmenarchiv. Dort finden sich Arbeiten, die mittlerweile als historische Dokumente gelten können – etwa eine „Schweizerscheibe“, die Romuald Hengstler 1969 zur 450-Jahr-Feier des „ewigen Bundes“ zwischen Rottweil und der Eidgenossenschaft entwarf.

    Das Rottweiler Wappen in der Mitte: Die „Schweizerscheibe“, entworfen für Romuald Hengstler 1969 zur 450-Jahr-Feier des „ewigen Bundes“ mit der Eidgenossenschaft. Foto: al

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