Die Lage des Einzelhandels wird wegen des Lockdowns von Tag zu Tag verzweifelter. Bei einer Pressekonferenz der Industrie- und Handelskammer klagten drei Vertreter von Handels- und Gewerbevereinen am Dienstag ihr Leid.
Nach Ansicht von IHK-Vertreter Philipp Hilsenbek ist es bereits „Fünf nach zwölf“. Die Innenstädte stünden vor immensen Herausforderungen. „Die Gastronomie ist geschlossen, der Einzelhandel nur einschränkt erlaubt, der Dienstleistungs- und Gesundheitssektor stark beeinträchtigt“, so die IHK
Zwei Themen beschäftigten die Unternehmen: zum einen die aufgezehrte Liquidität. Reicht das Geld für die Miete und die laufenden Kosten? Und zum anderen die minimale Kundenfrequenz. Trotz staatlicher Programme sei die Finanzsituation von inhabergeführten Betrieben an vielen Orten existenzgefährdend.
Erfolgsmodell Jobkarte
Am Pressegespräch nahm für den Handels- und Gewerbeverein Schramberg dessen zweiter Vorsitzender Jens Krön teil. Er hatte, und das ist in diesen Tagen erstaunlich, zunächst eine positive Botschaft: Die Schramberger Jobkarte kommt weiterhin sehr gut an. In den kommenden Wochen würden sogar weitere Unternehmen ihren Mitarbeitern die Jobkarte anbieten. Während der Krise hätten nur ganz wenige Betriebe kurzfristig unterbrochen.
Bei der Schramberger Jobkarte erhalten die Beschäftigten die erlaubten steuerfreien 44 Euro pro Mohnat als Sachleistung auf die Karte gebucht und können damit bei den Schramberger HGV-Mitgliedern einkaufen: „Das Geld bleibt vor Ort und geht nicht zu Amazon“, erläuterte Krön.
Zur Lage der Geschäfte hatte Krön als Inhaber eines Lederwarengeschäfts in Schramberg nur ein Wort: „Desaströs.“ Die Kundenfrequenz sei „im Keller“. Man biete zwar Click and Collect, das sei aber nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Allerdings wolle er auch nicht nur zu Hause sitzen und mache deshalb mit. Krön beklagte, die schleppende Auszahlung der versprochenen Hilfsgelder. „Wir haben keinerlei Perspektive.“
Einzelhändler, die Modeartikel führten, hätten das Problem, nicht zu wissen, ob es sich überhaupt lohne, für den Herbst Ware zu bestellen: „Kommt dann der nächste Lockdown?“ Als HGV plane man in Schramberg derzeit keine Aktionen. „Wir fahren auf Sicht und machen höchstens kurzfristig etwas.“ Auf Unverständnis bei den Kollegen, aber auch bei den Kunden stoße auch die Ungleichbehandlung der verschiedenen Branchen.
Kommunen sollen unterstützen
Hilsenbek appellierte an die Kommunen, Signale“ für den Einzelhandel zu setzen. Gesundheitsschutz und Einzelhandel ließen sich in Einklang bringen, ist er überzeugt. „Das Thema Öffnung muss kommen.“ Auf die Frage, ob nicht auch die Vermieter in der Pflicht seien, ihren Mietern entgegen zu kommen, verwies Hilsenbek auf die Städte und Gemeinden. Diese könnten über ihre Wirtschaftsförderer sich an die Vermieter wenden und für ein Miteinander werben.
Ob nach der Pandemie die Kunden wieder zurückkämen, wurde Krön gefragt. Er ist überzeugt, „dass die Kunden wieder kommen, weil für sie das Persönliche im Vordergrund steht“. Damit aber Leben in die Städte komme, müssten auch Cafés und Restaurants wieder öffnen. „Dann kehrt wieder ein Hauch von Normalität zurück“, hofft Krön. „Bummeln, Spaß am Einkaufen haben, sich etwas gönnen“, das gehöre einfach dazu.
Ähnliche Einschätzungen lieferten Benedikt Wagner, Inhaber von Traumform und Vorstand der Werbegemeinschaft Trossingen sowie Claudius Fichter, Inhaber von Optik Fichter und Vorsitzender des Handels- und Gewerbevereins St. Georgen.