Es war die Krönung der Protestwoche: Gut über 600 Teilnehmer fand die Kundgebung des Kreisbauernverbands am heutigen Nachmittag. 300 Traktoren aus dem Kreis Rottweil und angrenzenden Gebieten, 15 Laster und 70 sonstige Fahrzeuge sammelten sich auf den Parkplätzen am Stadion und beim Freibad.
Rottweil – „Das Fass ist jetzt übergelaufen“, rief Eugen Haberer, Kreisobmann des Bauernverbandes, den versammelten Landwirten, Handwerkern, Spediteuren und Neugierigen zu. Er betonte, dass es nicht nur um den „Agrardiesel“ gehe, also die Streichung der Vergütung für den Treibstoff. Vieles mehr habe den Zorn der Landwirte erregt – Vorgaben für Tierwohl, Umweltschutz, die Verkleinerung der Anbaufläche und vieles mehr, was mit Einschränkungen und Mehrkosten für die Erzeuger verbunden sei. Die so produzierten Lebensmittel müssten dann mit importierten konkurrieren, die ohne Beachtung solcher Auflagen in andern Ländern erzeugt worden seien.
Außerdem seien die Landwirte auf Dieseltreibstoff angewiesen – denn entsprechende Elektrofahrzeuge gebe es nicht. Nach aktuellem Stand müsste ein solches alle drei Stunden aufgeladen werden. Die einzige denkbare Alternative, nämlich Treibstoffe aus nachwachsenden Quellen wie Rapsöl, „will man ja nicht“.
Er teilte auch in Richtung Politik aus: Bei uns gebe es Fachkräftemangel; „in Berlin gibt’s schon lange keine Fachkräfte.“
„Wer 366 Tage im Jahr aufsteht, muss davon auch gut leben können“, forderte Maria-Lana Weiss, die CDU-Bundestagsabgeordnete – „mehr als diejenigen, die nicht aufstehen.“ „Der Agrardiesel muss bleiben!“, rief sie aus.
Marc Berger, der zweite Vorsitzende des Vereins LSV (Land schafft Verbindung, Interessensvertretung der Landwirtschaft), mahnte: „Der Agrardiesel rettet uns auch nicht.“ Viel größeres Problem sei, „dass wir unsere Kosten nicht weitergeben können.“ Alles werde teurer, aber die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte seine seit 40 Jahren gleich geblieben. So gelte immer mehr das „wachse oder weiche“, und die Bauern seien zu Subventionsempfängern gemacht worden. Er forderte klare Herkunftsbezeichnungen, damit der Verbraucher sehe, wo die Produkte herkommen. „Deutsche Butter mit tschechischer Milch“, führte er an. Und generell: „So kann’s nicht weitergehen!“
Viel Beifall erntete auch Diana Stierle, Vorsitzende der Landjugend Rottweil/Tuttlingen, für ihre engagierte Wortmeldung. „Auf welcher Grundlage sollen die Jungbäuerinnen und Jungbauern ihre Zukunft planen?“, fragte sie. Sie geißelte unter anderem die Bürokratie, der die Bauern unterworfen sind, und forderte die Politik auf, sie solle „endlich aufwachen und die Landwirtschaft nicht länger verraten.“
Einen schweren Stand hatte der FDP-Landtagsabgeordnete Daniel Karrais, einziger Vertreter einer der Ampel-Parteien. Obwohl er die Versammelten zum weiteren Vertreten ihrer Interessen ermunterte, gab es Buh-Rufe. „Lieber nicht regieren als schlecht regieren“, rief ein Zuhörer, den FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner zitierend.
Grußworte kamen auch von CDU-Landtagsabgeordneten Stefan Teufel und den Innungs-Obermeistern Matthias Traub (Metzger) und Daniel Link (Bäcker).