Was ist das für ein Unternehmen, diese IS Holding (ISH)? Erst kauft der türkische Mischkonzern eine kränkelnde Firma nach der anderen in Deutschland auf – um sie dann insolvent gehen zu lassen. Nach BBS in Schiltach und dem Reifenhersteller Superior in Werdohl ist nun auch die Spezialpapierfabrik Oberschmitten (SPO) in der Insolvenz.
Vor etwa einem Jahr hatten die ISH-Eigner die damals insolvente SPO einem US-Unternehmen laut Wirtschaftswoche für einen Euro abgekauft und der Belegschaft große Versprechungen gemacht.
Ich will keine Schokolade …
Das Vorgehen der ISH scheint Methode zu haben. Auch in Oderwitz in Sachsen planten die beiden den Kauf einer Schokoladenfabrik Ende 2023. Auch diese Firma – Kathleen – war ein Jahr zuvor stillgelegt worden. Gut 160 Menschen verloren ihren Job.
Und auch dort hatten die Investoren versprochen, es werde wieder produziert. Die Sächsische Zeitung berichtet im Juli, es sei um den angeblichen Deal in Oderwitz still geworden.
Eiskalt abserviert
Im Januar 2024 haben die Cousins einen weiteren insolventen Betrieb gekauft: Pure Food, ein Start-up aus der Bio-Lebensmittelszene, berichtete die Lebensmittelzeitung. Pure food verkaufte etwa veganes Eis und Tees.
Sieben Arbeitsplätze habe ISH in Hamburg gerettet. „Mit dem neuen Investor soll es nun rasch wieder bergauf gehen“, verkündete ISH damals in einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters. Murat Hergüner von der ISH-Gruppe: „Es war uns sehr wichtig, die Marken von Purefood in die ISH-Gruppe zu integrieren.“
Wie es heute um das Unternehmen steht? Die Homepage jedenfalls funktioniert derzeit nicht. Auch telefonisch ist das Unternehmen nicht erreichbar.
Große Sprüche
Zurück zur jüngsten ISH-Pleite in Oberschmitten: Am Mittwoch haben die Geschäftsführer des Betriebs mit 200 Beschäftigten beim Amtsgericht Friedberg vorläufigen Insolvenzantrag gestellt, wie die Frankfurter Neue Presse berichtet.
„Noch im April dieses Jahres präsentierten die Geschäftsführer Ilkem Sahin und Karani Gülec große Pläne. Sie kündigten eine fünfte Papiermaschine für 500 Millionen Euro an“, schreibt das Blatt. Doch aus dieser fünften Maschine ist nichts geworden.
Genauso wenig wie aus den großen Plänen für Kathleen, Pure Food, Superior und BBS. Auch da hatten die beiden Cousins große Investitionen versprochen, wollten die Arbeitsplätze erhalten. BBS sei „zu wertvoll und zu bedeutend, um vom Markt zu verschwinden“, erklärte Sahin noch im Juli. Wochen später kam die Insolvenzanmeldung.
Ganz ähnlich lief es nun in Oberschmitten bei Frankfurt: Dort stellten die neuen Chefs Mitarbeiter ein, fünf Azubis begannen Anfang August ihre Ausbildung, meldet die Frankfurter Rundschau. Lohn gabs allerdings im August nicht, heißt es.
Auch bei SPO gab es zuvor große Töne: „Ilkem Sahin sprach von Wertschätzung und seinem Respekt vor der Arbeitsauffassung der Deutschen“, berichtet die FNP.
BBS-Markenrechte immer noch bei Klaus Wohlfarth
Und was gibt es zu BBS und dem Streit um die Namensrechte Neues? Bekanntlich gehören der BBS und ihren ISH-Eigentümern die Markenrechte nicht. Sie sind nach wie vor im Eigentum des Vorbesitzers Klaus Wohlfarth.
Christian Schmidt von KW-Automotive, Wohlfarths Firma, erklärt auf Nachfrage der NRWZ: „Leider kann ich Ihnen noch gar keine Infos geben, wie weit das Thema ist.“ Ende August sollte eigentlich alles geklärt sein.
Rätselhaftes Unternehmen
Was treibt die Herren von ISH an? Warum haben sie all diese insolventen Firmen – und vielleicht noch weitere – aufgekauft und dann doch wieder in die Pleite rutschen lassen? Es bleibt ein Rätsel.
Die ISH ist ein großer türkischer Konzern mit etwa 20.000 Beschäftigten. Zu ihm gehören Marken wie Kentucky Fried Chicken (KFC) oder Pizza Hut, Logistikunternehmen, IT-Firmen, Energieerzeuger, Textilbetriebe.
Im Mai kündigte Ilkem Sahin, Chairman der IS Holding (ISH), an, er wolle mit KFC und Pizza Hut in Deutschland „stark expandieren und zwei neue Marken etablieren“, meldet Foodservice. Die zwei neuen Marken sind Krispy Kreme und Taco Bell. Gleich hundert neue Läden seien geplant. Der Frankfurter Rundschau erzählte Sahin im Mai, die ersten zehn Restaurants sollten in Berlin und weitere zehn in Frankfurt am Main entstehen.
Ilkem Sahin als Medienunternehmer im Rhein-Main-Gebiet
Nachtrag: Seit dem 22. April ist Ilkem Sahin auch als Geschäftsführer der rheinmain Media im Handelsregister eingetragen. Diese Firma betreibt den Regionalfernsehsender „rheinmaintv“. Am 8. Juli hatte die hessische Medienanstalt den Weiterbetrieb genehmigt.
Am 19. Januar hatte die FAZ berichtet, dass der Sender nach fast 20 Jahren insolvent sei. Die Rettung des Senders hatte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein zur Chefsache erklärt
Im April meldete „Digitalfernsehen“, der Käufer sei Ilkem Sahin: „Sahin ist ein Filmproduzent, der in dem hessischen TV-Sender nach wie vor einiges an Marktpotential sieht.“
Krispy Kreme: Eröffnung in Ankara – und Rhein-MainTV ist dabei
Gestern noch habe ich mich gewundert, weshalb ich bei meiner Recherche auf einen LinkedIn-Beitrag von Saskia Winkelmann gestoßen bin, in dem die „Geschäftsführerin bei RheinMain TV“ über die Eröffnung eines Krispy Kreme-Stores in Ankara vor zwei Monaten berichtet.
Dort habe der US-Botschafter mit Ilkem Sahin das Band durchgeschnitten. Heute ist mir klar, weshalb die RheinMain-TV-Chefin das berichtenswert findet.
(Ich danke unserem Leser Siegfried Spengler für den Hinweis auf Rhein-Main TV.)
Die Herren scheinen ja recht umtriebig zu sein:
https://www.northdata.de/Karani+Gülec
https://www.northdata.de/Sahin,+Ilkem,+Beykoz/c7y
Selbst im TV mischen sie mit!
Vielleicht reicht es in einigen Jahren mal zu einem ZDF-Mehrteiler à la Bellheim oder Schattenmann!