Im Lehengericht werden wohl nie wieder Felgen produziert werden. Das Ende der BBS ist aller Wahrscheinlichkeit nach besiegelt. „Ich werde dem Gericht vorschlagen, das Insolvenzverfahren zum 1. Oktober zu eröffnen“, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Dirk Pehl im Gespräch mit der NRWZ. “Im Anschluss werde ich die Kündigungen aussprechen müssen.“ Anschließend gehe es um die Verwertung der Anlagen. Bis in etwa einem halben Jahr könnten die Hallen leer sein.
Schiltach. Noch stehen auf dem Fabrikhof Felgenstapel im Nieselregen. Auch im Bürogebäude sind einige Fenster erleuchtet, vor dem Gebäude stehen ein paar Autos mit teilweise auswärtigen Kennzeichen. Doch in den Fabrikhallen des früheren „Junghans Stahl“ tut sich nichts. Seit Ende letztes Jahr kam hier keine Felge mehr aus der Gießerei.
Dass sich das nochmal ändert, ist für Pehl ausgeschlossen: „Wir hatten zum Insolvenzantrag keinen Geschäftsbetrieb, keine Aufträge und kein Geld auf dem Konto. Und selbst wenn das anders wäre: Ohne die Markenrechte könnten wir auch keine BBS-Räder auf den Markt bringen.“
Kündigungen nach dem 1. Oktober
Die Markenrechte liegen nach wie vor bei einer Firma des Vorbesitzers Klaus Wohlfarth. Weil die Lage also aussichtslos ist, verhandelt Pehl derzeit mit Gewerkschaft und Betriebsrat über einen Sozialplan und einen Interessenausgleich.
Nach der Insolvenzeröffnung werden die meisten der noch etwa 240 Beschäftigten in Schiltach und Herbolzheim ihre Kündigung erhalten mit einer maximalen Kündigungsfrist von drei Monaten. Das ist im Insolvenzrecht so geregelt.
IG-Metallsekretär Stefan Prutscher bestätigt die Gespräche. Allerdings gebe es beim Sozialplan und Interessenausgleich nicht viel zu verhandeln, wenn praktisch alle gehen müssten. Auch bei möglichen Abfindungen erwarte er „nichts, und wenn, erst in ein paar Jahren“. Das sei der BBS-Belegschaft auch klar. Nun gebe es leider „ein Ende mit Schrecken“.
BBS als „Resterampe“
Nach der Insolvenzanmeldung geht es noch um das Verwerten des Anlagevermögens. „Es wird nicht ganz einfach sein“, schätzt Pehl, „viele Maschinen sind schon etwas älter.“ Außerdem seien die Öfen und Gießereianlagen recht groß und schwer, ob er dafür die passenden Käufer findet, könne er noch nicht sagen.
Das Verwerten und Ausräumen der Hallen werde etwa vier bis sechs Monate dauern, schätzt er. „Wir wollen die Hallen an die Vermieter übergeben.“ Das Gelände in Schiltach gehöre einem belgischen Investmentfonds, das in Herbolzheim einem Unternehmer aus der dortigen Gegend. Nach einer der früheren Insolvenzen hatte BBS bekanntlich zu einem belgischen Unternehmen gehört.
Ob für die BBS-Gläubiger am Ende überhaupt noch eine Quote herauskommt? Das lässt sich derzeit noch nicht sagen. Allein für die Auslauflöhne werde er allerdings „einen ordentlichen Betrag“ brauchen, so Pehl.
Sahin ist abgetaucht
Mit dem letzten Gesellschafter und Geschäftsführer Ilkem Sahin habe er gegenwärtig keinen Kontakt mehr. „Wir haben unmittelbar nach dem Insolvenzantrag Kontakt gehabt und dann zwei drei Wochen später, als es um die Unterschrift für die Vorfinanzierung des Insolvenzausfallgelds für Juli ging.“
Dass Gesellschafter sich nach einer Insolvenz heraushalten, das geschehe häufig. Bei Geschäftsführern sei das doch eher die Ausnahme. „Warum Herr Sahin das macht, kann ich nicht sagen.“
IG Metall: Der Realität ins Auge sehen
IG-Metallsekretär Prutscher bestätigt den Insolvenzverwalter: „BBS ist nicht fortführungsfähig.“ Die Firma habe keine Aufträge, keine Markenrechte. „Wir müssen der Realität ins Auge sehen.“
Er ist überzeugt, dass die Weichen schon vor Jahren falsch gestellt wurden. Sich allein auf das Tuning-Geschäft zu beschränken und die Autohersteller nicht mehr zu beliefern, habe sich als Fehler erwiesen. Das habe der Vorbesitzer zu spät oder gar nicht erkannt. Er hätte viel früher gegensteuern müssen und doch wieder die Autobauer um Aufträge angehen sollen, meint Prutscher.
ISH-Firmenkäufe rätselhaft
Welche Geschäftspolitik hinter den verschiedenen Firmenkäufen der ISH von Ilkem Sahin in Deutschland steckt, ist auch für Pehl unerklärlich.
Bei BBS hat die ISH mehr als ein halbes Jahr die Löhne für etwa 250 Leute bezahlt – und dann wenige Tage, nachdem die ausstehenden Löhne für Mai und Juni ausgezahlt waren, den Gang zum Insolvenzgericht angetreten. Alle von der NRWZ befragten Fachleute schütteln den Kopf und wundern sich über das Verhalten der Investoren.
Interkommunales Gewerbegebiet Koppengässle
Vom Aus der BBS sind noch etwa 240 Mitarbeiter und ihre Familien betroffen. Aber auch Schiltach und Aichhalden sind berührt. Die beiden Kommunen hatten ein sechs Hektar großes interkommunales Gewerbegebiet „Koppengässle“ in Aichhalden entwickelt.
Vor knapp drei Jahren hatte der damalige Eigentümer Klaus Wohlfarth noch den Umzug auf die Höhe für das Jahr 2024 angekündigt. Aichhaldens Bürgermeister Michael Lehrer ist natürlich enttäuscht, dass das Projekt nicht zustande kommt. Man werde das Vorhaben nun „nicht forcieren, aber wenn etwas Passendes kommt, können wir etwas anbieten“, sagt er der NRWZ.