BBS-Abwicklung läuft – aber Räder rollen weiterhin
Alle 220 BBSler mussten zur Agentur für Arbeit / BBS Motorsport boomt / Ilkem Sahin weiter glücklos
Bis auf 17 Mitarbeiter bei BBS im Hinterlehengericht sind inzwischen alle anderen bei der Agentur für Arbeit gelandet. Wie viele eine neue Stelle gefunden haben, „ist uns nicht bekannt“, teilt der Sprecher des Insolvenzverwalters mit. Ebenfalls unklar ist derzeit, was mit dem bald leerstehenden Gebäude werden soll. Die Markenrechte an BBS liegen weiterhin bei Klaus Wohlfarth und dessen KW-Gruppe. Ilkem Sahin ist abgetaucht.
Schiltach/Haslach. Seit Oktober 2024 ist Dirk Pehl bekanntlich Insolvenzverwalter. „Bis heute unterstützt ein Abwicklungsteam aus 17 Beschäftigten den Insolvenzverwalter bei BBS“, so der Spreche Ingo Schorlemmer. Mit diesem Team räumt er die Hallen leer und versucht, zu verkaufen, was zu verkaufen ist.
Da die Fabrikhallen nur gemietet sind, will der Insolvenzverwalter sie so rasch als möglich an die Eigentümer zurückgeben. Schiltach möchte nicht, dass eine „Industrieruine“ entsteht, zitiert der Schwarzwälder Bote Bürgermeister Thomas Haas. Es gebe bereits verschiedene Interessenten.
Gang zum Arbeitsamt
Die damals noch etwa 220 Beschäftigten erhielten Insolvenzgeld von Juli bis September 2024. „Aufgrund der Kündigungen und Freistellungen sowie der schwierigen Liquiditätslage bei BBS haben alle betroffenen Mitarbeitenden anstelle der Auslauflöhne zunächst direkt Arbeitslosengeld erhalten“, teilt Ingo Schorlemmer für den Insolvenzverwalter der NRWZ mit. Daher hätten alle den Gang zur Agentur für Arbeit antreten müssen.
„Wie viele Mitarbeitende bereits in ein neues Arbeitsverhältnis, gegebenenfalls zu BBS nach Hausach, gewechselt sind, ist uns nicht bekannt“, schreibt Schorlemmer auf Nachfrage der NRWZ.
BBS Motorsport im Aufschwung
In Haslach arbeitet bekanntlich eine BBS-Ausgründung, die BBS-Motorsport. Das Unternehmen ist eine 100 Prozent-Tochter von BBS Japan. In einer Art Manufaktur produzieren die dort Beschäftigten Felgen im „High Premium-Segment“, wie der Geschäftsführer Roman Müller in einem Interview erklärte. In dieser Klasse seien „die Kunden trotz Krisen weiterhin bereit zu investieren“.
Nach Informationen der NRWZ sind etliche der Schiltacher BBS-Beschäftigten zu diesem Hersteller gewechselt. Müller kündigte ein Wachstum um 60 Prozent bis 2025 an. Im Oktober 2024 sprach das Unternehmen von einer „sehr hohen Auftragslage“, meldete die Neue Reifenzeitung (NRZ).
Klaus Wohlfarths BBS-Pläne
Dort ist auch zu lesen, dass der frühere Besitzer Klaus Wohlfarth nach wie vor die Markenrechte besitzt. Insolvenzverwalter Pehl bestätigt: „Die Markenrechte liegen unverändert nicht bei der BBS Autotechnik GmbH.“
Wohlfarth erklärt der NRZ, er habe neben den Markenrechten aber auch „die Produkte, die Kunden und eine emotionale Bindung zu der Marke“. BBS-Räder hatte Wohlfarths Unternehmen bei zwei Messen in Essen und Salzburg an eigenen Ständen gezeigt. Sie stammen vermutlich aus einem Lager, das Wohlfarth vor seiner BBS-Insolvenz aus dem Unternehmen herausgekauft und angelegt hatte.
„Rädermanufaktur Herbolzheim“
Im Fachblatt NRZ kündigte er an: „Mein Ziel ist es, die Marke weiter hochleben zu lassen. Und auch wenn es nicht im ersten Anlauf geklappt hat, dann sollte es im zweiten oder dritten Anlauf funktionieren.“ Er werde dafür „alle Optionen“ prüfen.
Eine könnte sein, im ehemaligen BBS-Zweigwerk Herbolzheim eine neue Fertigung aufzuziehen. Dazu hat Wohlfarth im vergangenen Oktober eine Firma ins Handelsregister eintragen lassen: „Rädermanufaktur Herbolzheim“ (Amtsgericht Stuttgart HRB 795304), wie der Schwarzwälder Bote zuerst berichtete.
Gegenstand der Firma mit Sitz in Fichtenberg bei der KW Group ist laut Handelsregister die „Herstellung, der Vertrieb und die Logistik von Rädern…“ Geschäftsführer ist Klaus Wohlfarth.
Ilkem Sahin abgetaucht
Während also der Unternehmer, der der BBS die vierte Insolvenz beschert hat, nach wie vor an den Markenrechten festhält und wohl gerne etwas Neues aufziehen würde, ist der letzte Eigentümer inzwischen völlig abgetaucht: Ilkem Sahin und seine ISH-Holding. „Es gibt derzeit keine Kontakte zu ISH“, betont der Sprecher des BBS-Insolvenzverwalters auf Nachfrage der NRWZ.
Der türkische Multiunternehmer hat genügend andere Sorgen. Er hat die Lizenzen der amerikanischen Fastfood-Ketten Pizza Hut und Kentucky Fried Chicken nun auch in der Türkei verloren.
Dort mussten mehr als 500 Restaurants vorübergehend schließen, weil die Standards der Zentrale nicht eingehalten worden seien. Schon im Dezember hatte die Konzernmutter Yumm in den USA Sahin die Deutschlandlizenzen gekündigt, meldete die WirtschaftsWoche
Auch seine jüngste Erwerbung, Rhein-Main-TV in Frankfurt, ist inzwischen wieder insolvent, berichtet der Branchendienst DWDL Die Kollegen bilanzieren nach all den Pleiten Sahins: „Eine erfolgreiche Bilanz sieht definitiv anders aus.“
NRWZ.de Newsletter - hier direkt bestellen