Sie ist schon etwas ganz Besonderes: Die Harmonium-Celesta-Orgel auf Gut Berneck in Schramberg. Ein Instrument aus einer Epoche, in der die Instrumentenbauer etwas Neues erfinden wollten und aus einer Epoche, in der viele Menschen gerne ihr eigenes Hausorchester haben beziehungsweise ihre Hausandacht begleiten wollten. Die, die nicht so betucht waren, konnten sich ein Harmonium gönnen. Mal ein Kleineres, mal ein Größeres. Man geht davon aus, dass um 1920 ein Harmonium verbreiteter war als ein Klavier. Betuchtere Menschen leisteten sich eine Hausorgel mit Pfeifen.
Schramberg. Auf Gut Berneck aber steht ein Instrument, das weltweit seinesgleichen sucht. Im Jahre 1920 wünschte sich der damalige Direktor der Bethesda-Klinik in Stuttgart so etwas Besonderes.
Einmaliges Instrument
Also beauftragte er zwei der berühmtesten Firmen seinerzeit, ein besonderes Instrument für ihn zu bauen. Die Firma Schiedmayer aus Stuttgart war damals die Adresse in Deutschland, wenn es um Druckwind-Harmoniums ging.
Sie hatte damals schon aus Frankreich das Patent für ein Tastenglockenspiel namens Celesta aus Frankreich erworben. Wohl zusammen mit der Firma Weigle und einer noch unbekannten Firma, die Spielautomaten herstellte, wurde dieses einzigartige musikalische Wunderwerk geschaffen.
Erstmals wird auf diesem Instrument nun ein Weihnachtskonzert gegeben. Hierfür konnte Hausherr Hans-Jochem Steim einen besonderen Spezialisten engagieren.
Spezialist für Harmonium-Musik gastiert
Kantor Matthias Müller aus Ostfriesland ist seit 1986 Inhaber der einzigen Firma in Deutschland, die sich mit der Restaurierung historischer Harmoniums mit Originalmaterialien beschäftigt. Seit mehr als 40 Jahren gibt er weltweit Harmoniumkonzerte und ist zudem auch im Auftrag der Firma Schiedmayer tätig.
Seit etwa zehn Jahren erlebt das Harmonium eine Renaissance. Große Orchester erinnern sich daran, dass in den Partituren von Tschaikowsky, Mahler oder Schumann eigentlich ein Harmonium vorgesehen ist. Müller, der selbst mehr als 600 Originalbände für Harmonium besitzt, hat schon in vielen Schlössern, Burgen und Museen weltweit restauriert oder als Musiker gastiert, 2023 sogar auf Schloss Windsor.
Das Publikum ist stets überrascht, welch ungewöhnliche und lustige Musik es für Orgel, Harmonium oder Celesta gibt.
Celesta? Meist fragen sich die Zuhörer, was ist denn das? Wie klingt die? Doch spätestens seit Harry Potter kennen viele ihren Klang. Oder zumindest, wenn sie die Nussknacker-Suite von Tschaikowsky hören, der als erster eine Celesta in einem Orchester verwendete.
Unbekannte Werke
Das Repertoire seiner Konzerte hat Müller aus zahllosen Archiven, Bibliotheken, Flohmärkten weltweit zusammengesucht. Stets schöne, melodiöse Werke meist unbekannter Komponisten. Müller selber leitet vier internationale Festivals, unter anderem auch auf dem Jakobsweg in Spanien oder den Schlössern des Burgund.
Für das Konzert, das am 15. Dezember um 16.30 Uhr auf Gut Berneck stattfindet, hat er interessante Werke zur Weihnachtszeit herausgesucht, so, dass alle Instrumente der Harmonium-Celesta-Orgel erklingen werden.
Als Hauptwerk will Müller zum Schluss die wunderschöne „Szene pastorale“ von Louis-James-Alfred Lefebure-Wély spielen, eine humorvoll, meditativ vertonte Hirtenszene aus dem 19. Jahrhundert.
Info: Karten zu diesem einzigartigen Klangerlebnis gibt es unter info@gut-berneck.de oder 0160 2775549 oder falls das Konzert nicht ausverkauft sein sollte auch an der Abendkasse.