„Zahnärzte dürfen wieder uneingeschränkt praktizieren.“ Dieser zentrale Satz in der neuesten Verränderungsverordnung zum Corona-Erlass der Landesregierung war von der Branche herbeigesehnt worden. Seit dem heutigen Montag gilt also: Zahnärztliche Behandlungen gibt es ab sofort wieder ohne Einschränkung.
Die Landesregierung hat Paragraf 6a der Corona-Verordnung – drei Wochen nach dessen Inkrafttreten – mit Wirkung zum heutigen Tage aufgehoben. Am 9. April veröffentlichte die Landesregierung, dass bei der zahnärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten nur noch akute Erkrankungen und Notfälle behandelt werden dürfen und alle anderen Behandlungen zu verschieben seien. Das ist nun passé.
Die zahnärztlichen Körperschaften konnten in einvernehmlichen Gesprächen mit der Führung des Sozialministeriums über die Osterfeiertage erreichen, dass die Vorgaben der Corona-Verordnung für Zahnärzte vom 9. April durch ministerielle Auslegungshinweise konkretisiert wurden. Danach konnten medizinisch notwendige zahnärztliche Behandlungen, insbesondere solche zur Vermeidung einer Verschlechterung des Gesundheitszustands im Falle chronischer Zahnerkrankungen, weiterhin durchgeführt werden. „Dieses Ergebnis wäre weder konfliktär noch durch irgendein Rechtsmittel in so kurzer Zeit erreicht worden“, so Cornelia Schwarz, Leiterin des Informationszentrums Zahngesundheit, in einer Pressemitteilung.
„Unabhängig davon war es primär unser standespolitisches Ziel, eine Aufhebung von Paragraf 6a der Corona-Verordnung zu bewirken“, betont der Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Dr. Torsten Tomppert.
„Wir unterstrichen, dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte in Baden-Württemberg zu den systemrelevanten Gesundheitsberufen zählen. Gerade in Zahnarztpraxen werden schon immer strenge Hygienevorschriften angewandt, die zu einem hohen Schutzniveau bei der zahnärztlichen Behandlung beitragen, und zwar unabhängig von der derzeitigen Situation“, erklärt die Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Dr. Ute Maier.
„Nachdem auch die ausreichende Ausstattung der Zahnarztpraxen mit der in der Corona-Krise unverzichtbaren persönlichen Schutzausrüstung mittlerweile sichergestellt ist, können wir die Einschränkungen für zahnärztliche Behandlungen wieder aufheben. Ich bedanke mich bei allen Akteuren für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha.
Die Zahnärzte hatten sich auch direkt zu Wort gemeldet. Der NRWZ liegt ein Schreiben zweier Rottweiler Zahnärzte vor – die namentlich nun, da ihre Wünsche erhört worden sind, nicht mehr genannt werden wollen. Darin wird betont, dass das allgemein hohe Hygieneniveau der Zahnarztpraxen in Baden-Württemberg seit Beginn der Pandemie sukzessive weiter erhöht worden sei.
So seien individuelle Maßnahmen innerhalb der Praxen getroffen worden wie
- starke Reduzierung der Patientenzahl pro Tag
- leere Wartezimmer
- wenig Patienten gleichzeitig in der Praxis
- Eingangskontrollen an Rezeption mit individueller Händedesinfektion
- Gesichtsschutz-Schilder für Praxispersonal
- Eingangs-Spezialanamnese (Rückkehr aus Risikogebiet, Krankheitssymptome, Kontakt mit Infizierten)
- Patientenselektion nach Risikogruppen (Alter, Grunderkrankungen, individuelle zahnmedizinische Dringlichkeit)
- praxisindividuelle Anpassung/Erhöhung von Schutzausrüstung (Desinfektionsmittel/Handschuhe/Mund-Nasenschutz, Schutzbrille)
Diese Maßnahmen hätten schon im April bei deutlich reduziertem Patientenaufkommen für eine gute zahnmedizinische Kernversorgung der Bevölkerung gesorgt. Verschiebbare und nicht dringliche Behandlungsmaßnahmen – immer ganz individuell auf den Patientenfall bezogen seien, zum Schutz des Praxispersonals und der Patienten gleichermaßen, nicht durchgeführt worden.
Die Unterbrechung einer laufenden medizinischen Langzeitbehandlung (etwa kieferorthopädische Behandlung, prothetische Versorgung, Parodontalbehandlung, Wurzelbehandlung) sei zudem medizinrechtlich nicht erlaubt, erklärten die Rottweiler Zahnärzte. Ihre Fortführung sei deshalb medizinisch und rechtlich geboten gewesen.
Dennoch unterlagen auch Zahnarztpraxen zwischenzeitlich massiven Einschränkungen. Diese sind aber nun Geschichte.
Aus welchem Sachgrund wurden die Zahnärzte in Ihrer Arbeit eingeschränkt und andere Fachärzte nicht, z.B. HNO oder Augen (Lobbyismus?). Warum hätte mich bei Beschwerden ein Orthopäde zwar untersuchen, die von ihm verordnete Physiotherapie dann aber nicht stattfinden können, weil man denen auch die Bude geschlossen hat.
Warum überließ man die Dinge nicht der Eigenverantwortung der Zahnärzte und der Patienten? Die Gefährdung in der Zahnarztpraxis betrifft hauptsächlich die dort Arbeitenden (Aerosolbildung schon bei einer Zahnreinigung, man schaue mal auf die Spritzer auf der Schutzbrille!). Je nach individueller Gefährdungslage nach Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder durch das Zusammenleben mit einem Angehörigen einer Risikogruppe in häuslicher Gemeinschaft kann vor Ort selbständig entschieden werden, ob man weiter geöffnet hat bzw. einzelne Mitarbeiter vorläufig zu Hause bleiben. Umgekehrt muß ich als Patient mein persönliches Risiko selbst kennen bzw. beim Hausarzt ggf. erfragen.
Zu den Erfahrungen der Coronakrise gehört auch, daß wir jetzt mal lernen, was „durchregieren“ heißt: Wenige Menschen entscheiden ohne jede parlamentarische Kontrolle, ohne nennenswerte Anhörung von Fachleuten, teilweise von Angst getrieben und in Zeitdruck. Formulierungen sind juristisch nicht fehlerfrei – ich verzichte jetzt auf ein delikates Detail, das man eher im Playboy posten könnte. Teilweise entbehren die Dinge jeder Logik: Warum blieb der Baumarkt geöffnet, während die Kirchen geschlossen wurden? Bei den wenige Kirchgängern läßt sich das Abstandsgebot leichter einhalten als im Baumarkt.
Dabei genügen bei dieser Art Virus eigentlich drei Maßnahmen: Abstand wo immer möglich, Hände waschen, Reduktion sozialer Kontakte wo immer möglich.
Zudem Aufklärung der Menschen statt Gängelung, hierzu ein Erlebnis aus einem Supermarkt in Zimmern: Die Kassiererin trägt Handschuhe, nimmt das Geld der Kundin in Empfang, anschließend reibt sie sich die Augen. Auf meinem Hinweis hin hat sie es dann verstanden.