„Zwei Sachen bleiben: Die fünf Täler und die Fasnet.“

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Der guten Tradition folgend haben sich pünktlich um 10 Uhr Elfer und Obernarren der Schramberger Narrenzunft am Morgen von Drei-König in des Zunftmeisters guter Stube versammelt, um anschließend in zahlreiche Narrenfamilien zum Narrenkleidle und Larven  abstauben auszuschwärmen.

Sowohl der Ehrenzunftmeister Hubert Dold  auch Oberbürgermeister Thomas Herzog waren verhindert, der eine noch in Konstanz, der andere mit einer schweren Erkältung im Bett. Zunftmeister Michael Melvin wünschte Herzog gute Besserung und pickte sich bei seiner folgenden Rede eben die anwesenden OB-Stellvertreter und Stadträte als Opfer seiner Anmerkungen aus.

Zunftmeister Michael Melvin (zweiter von rechts) bei seiner Ansprache.

Er freute sich, dass einer der Elfer einen tragbaren Lautsprecher mit dem Schramberger Narrenmarsch mitgebracht hatte, den dieser von seinem „besten Freund“, dem Oberndorfer Amtsgerichtsdirektor geschenkt bekommen hatte. Er dankte Stadtarchivar Carsten Kohlmann für dessen Vortrag abends zuvor über die Fasnet in den 50er Jahren.

Die Fasnet sei ein kulturübergreifendes Event für alle Bürger unserer Stadt“, so der Zunftmeister, “mit und ohne Migrationshintergrund“. Vieles sei gekommen und gegangen, das Krankenhaus, das Freibad, die vielen Gaststätten von früher, Metzgereien, „Gemeinderäte in Fraktionen, die kamen und wieder gegangen worden sind“,  Stadtplaner, Autowerkstätten, Müllunternehmen. „Sogar Ortsvorsteher kommen und gehen. Nur zwei Sachen bleiben: Die fünf Täler und die Fasnet.“

Dass gerade viele Gaststätten geschlossen haben, sei eine Aufforderung an die Kommunalpolitik, etwas zur Wirtschaftsförderung zu tun. „Downtown Schramberg“ veröde „zu einem Slum für Senioren und Wirtschaftslose“.

Kindermach- statt Radbeauftragter

Die Kommunalpolitik solle dafür sorgen, dass 300 bis 500 junge Familien sich in der Talstadt ansiedeln. Statt eines Radbeauftragten bräuchte Schramberg einen Kindermachbeauftragten. Dieses Amt trug Melvin sogleich einem im Rentenalter befindlichen OB-Stellvertreter an. Der allerdings winkte dankend ab, weil er für diese Aufgabe völlig ungeeignet sei.

Der Zunftmeister mahnte den Rat der Stadt und die Verwaltung weniger zu planen und mehr zu machen, „solange noch Geld da ist“.

Melvins Fazit unter anderem: Die Fasnet werde auch noch in 100 Jahren Bestand haben. Schulen seien wichtig, es brauche aber auch die Kinder, die diese dann besuchen. Der Radbeauftragte könne wegen der topografischen Lage Schrambergs wieder abgeschafft werden, stattdessen solle ein Gastrobeauftragter für Spätzle, Soß‘ und kühles Bier sorgen. „Die Tennenbronner brauchen eine neue Halle, die Schramberger brauchen überhaupt einmal eine Halle.“

Originalkarikatur vom Rat gefälscht

Schließlich überreichte er einem der OB-Vertreter die „Original-Karikatur“, die im Schwabo vor Weihnachten erschienen war und für Unmut im Gemeinderat gesorgt hatte.

So sah die Karikatur angeblich wirklich aus, bevor sie vom Rat gefälscht wurde.

In Wirklichkeit habe der Gemeinderat das Original „gefälscht, um sich mit einer gemeinsamen Erklärung wieder auf Schmusekurs mit dem OB zu begeben.“ Über welche neue Verbindung Melvin an das Original der Karikatur gekommen war, war für die Anwesenden auch ohne langes Halsrecken unschwer zu erraten.

In Vertretung von Hubert Dold  hat Uli Bauknecht das Abstaubersprüchle aufgesagt und wedelte dann gemeinsam mit allen Elferräten die Masken und Kleidle der Melvins staubfrei.

Lässig, einhändig: Uli Bauknecht am Werk. Fotos: him

Motto: Großes Kino

Achim Schaub verkündete das diesjährige Motto, das sich an das Zunftballmotto „Großes Kino Lichtspielhaus“ anlehne: „Im Lichtspielhaus, do isch was los, für d‘ hoorig Katz isch des grandios. Sie will Euch heut‘ die Ehre geben, in Schramberg KINO zu erleben.“

Melvin und sein Stellvertreter Udo Neudeck teilten die Abstaubergruppen ein und schickten sie auf die Reise mit dem Wunsch, pünktlich um 19 Uhr im Café Hirschbrunnen, dem diesjährigen Ausweichquartier, einzulaufen.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.