Die Bundesregierung hat angekündigt, die Zahl der Wohngeldberechtigten von derzeit etwa 600.000 auf zwei Millionen zu erhöhen. Klingt gut, doch wer soll diese Anträge bearbeiten. Die NRWZ hat nachgefragt.
Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von der „größten Wohngeldreform“ seit fast 60 Jahren. Damit reagiere die Bundesregierung „auf die gestiegenen Kosten für Heizen und Klimaschutz“, sagt von Bundesbauministerin Klara Geywitz dazu. Die Wohngeldreform ist Teil der Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 3. September zum dritten Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger.
Die Regierung möchte mit einer dauerhaften Heizkostenkomponente pro Quadratmeter auch künftig Energiekostensteigerungen auffangen. „Wohngeld ist eine einfache und unbürokratische Maßnahme“, so die Ministerin. Bezieher und Bezieherinnen müssten, anders als bei Transferleistungen, nur wenige Informationen an das Wohngeldamt geben.
Entlastung für Geringverdienende
Durch die Reform würden „noch mehr Rentnerinnen und Rentner, Familien und Geringverdienende Wohngeld erhalten können“, verspricht Geywitz. Ihr Ziel sei, dass die Bürgerinnen und Bürger ab dem 1. Januar 2023 das neue Wohngeld Plus beantragen können.
Das klingt sehr positiv. Unklar ist allerdings, wie die Kommunen, die für die Wohngeldanträge zuständig sind, die künftigen zusätzlichen Anträge bearbeiten sollen. Wenn ab 2023 mehr als drei Mal so viele Menschen antragsberechtigt sind, müsste man auch drei Mal so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Bearbeiten haben.
In Schramberg beziehen derzeit fast 200 Haushalte Wohngeld
Die NRWZ hat nachgefragt. Im August bezogen in Schramberg 194 Haushalte Wohngeld. Eine Mitarbeiterin im Rathaus ist für diese Aufgabe zuständig, teilt die Sprecherin der Stadt Susanne Gorgs-Mager mit. Welche Auswirkungen es haben wird, wenn drei Mal so viele Haushalte Wohngeld beziehen können, ist unklar.
„Momentan ist leider noch nicht genau geklärt, wie die Wohngeldreform konkret aussehen soll“ so Gorgs-Mager. So sei auch noch offen, inwieweit das künftige Bürgergeld eine Rolle spielen wird.“Wir gehen in jedem Fall von einer deutlichen Zunahme der Wohngeldanträge aus.“
Auch die Sprecherin des Bundeswohnungsbauministeriums weist in ihrer Antwort darauf hin, es gebe noch keine Details zur ganz konkreten Ausgestaltung der Wohngeldreform beziehungsweise des neuen Wohngeld Plus. „Derzeit wird mit Hochdruck an diesen Details gearbeitet, die zunächst innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und dann im Kabinett beschlossen werden.“ Entscheiden werde dann der Bundestag.
Die Sprecherin macht außerdem deutlich, dass es sich bei den Zahlen um wohngeldbeziehende Haushalte handle. Profitieren würden also deutlich mehr Menschen vom Wohngeld. Die Reform bedeute „einen Kraftakt sowohl für den Bund als natürlich auch für die Länder beziehungsweise die Kommunen“, so die Ministeriumssprecherin.
Herausforderung für die Wohngeldstellen
Es sei richtig, dass die Pläne „insbesondere die lokalen Wohngeldämter vor Herausforderungen in Bezug auf das Personal und die Finanzierung stellen“ werde. Die Erweiterung der Wohngeldhaushalte sei aber von Anfang an ein gemeinsames politisches Anliegen von Bund und Ländern gewesen. Bund und Länder würden die Wohngeldkosten denn auch teilen. Den zweiten Heizkostenzuschuss für Wohngeldberechtigte werde, wie den ersten, allein der Bund bezahlen.
Um die Ämter zu entlasten, könnte man die Anträge vereinfachen. Ein Gedanke, den das Ministerium offenbar ähnlich sieht: „Wir sind derzeit ebenfalls mit Hochdruck dabei, die Vereinfachungsvorschläge der Länder für das Wohngeldgesetz zu bewerten und aufzugreifen.“
Umorganisation bei der Abteilung Soziales
In Schramberg werden sich die Aufgaben der Abteilung Soziales durch die Rückdelegation der Sozialhilfe an den Landkreis verändern. Die organisatorischen Veränderungen würden bereits jetzt schrittweise umgesetzt. Die Verwaltung gehe „diese Herausforderung offen und pragmatisch an“, schreibt Gorgs-Mager.
So nehme eine erfahrene Kollegin aus dem Sozialhilfebereich in diesen Tagen nach ihrer Elternzeit ihre Arbeit bei der Abteilung Soziales wieder auf. Sie werde „auch in diesem Bereich unterstützend tätig sein“. Nicht nur, weil mehr Anträge zu erwarten seien, werde die Wohngeldgewährung auf mehrere Schultern verteilt, so Gorgs-Mager, es gehe auch darum, die Vertretung in Urlaubs- und Krankheitsfällen zu gewährleisten.
Die Sprecherin der Bauministeriums versichert abschließend: „Wir werden den Ländern und Kommunen, wo es nur geht, bei diesem Prozess beratend zur Seite stehen.“
Informationen über die Voraussetzungen für den Wohngeldbezug finden Sie hier: