Windkraft und Regionalplan: Gemeinderäte bohren nach

Regionalverband informierte / Stellungnahme kommt

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Das Thema Windkraftanlagen beschäftige die Stadt schon seit Jahren, so Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr im Gemeinderat. Doch nun übernehme der Regionalverband die Planung. Die Stadtplaner begleiteten dabei. Im Gemeinderat begrüßte Eisenlohr den Direktor des Regionalverbands Marcel Herzberg.

Schramberg. Bis vor einem Jahr habe sich die Stadt Schramberg im Rahmen des Flächennutzungsplans mit der Ausweisung von Flächen für die Windkraftnutzung beschäftigt, so Stadtplaner Joschka Joos. Letztes Jahr sei die Planung dann auf „Regionalverbandsebene“ verschoben worden.

Der Regionalverband habe einen Entwurf eines Teilplans zu “regionalbedeutsamen Windkraftanlagen“ erarbeitet. Die Stadt habe die Möglichkeit, bis zum 8. April sich zum Planentwurf zu äußern. „Wenn wir keine planungsrechtlichen Einwände haben, haben wir keine großen Einflussmöglichkeiten“, meinte Joos.

Regionalverband entscheidet demokratisch

Herzberg versicherte, auch beim Regionalverband entscheide ein „demokratisch legitimiertes Gremium“, die Verbandsversammlung. Er verwies auf die Klima- und Energiepolitik, die einen „massiven Ausbau der regenerativen Energien“ erforderlich machten. Aber auch für die heimische Industrie sei Strom enorm wichtig.

Ausbauziele des Bundes

Die Bundespolitik habe festgelegt, dass zwei Prozent der bundesweiten Flächen für Windkraft zur Verfügung stehen sollen; im Süden, weil hier weniger Wind weht, nur 1,8 Prozent. Diese Flächen sollen die Regionalverbände ausweisen. Dafür habe das Land eine Frist bis September 2025 eingeräumt. „Der Bund hätte uns bis 2032 Zeit gegeben“, so Herzberg.

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Foto: him

Der Bund habe zudem beschlossen, der Ausbau der erneuerbaren Energien und damit auch der Bau von Windkraftanlagen sei „im überragenden öffentlichen Interesse“ und diene der nationalen Sicherheit. Damit soll der Ausbau ein höheres Gewicht bekommen.

Bezogen auf die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg bedeuteten die 1,8 Prozent, es müssten etwa 4500 Hektar ausgewiesen werden. Bisher sind in den Flächennutzungsplänen 450 Hektar ausgewiesen. „Wir müssen also die Fläche verzehnfachen“, betont Herzberg.

Drei Kriterien

Um die Flächen festzulegen, hat der Regionalverband drei Kriterien über die Landschaft gelegt: Windhöffigkeit, Besiedlung und Natur- und Artenschutz.

Herausgekommen sind etwa 2,3 Prozent der Fläche. Das Problem: In unserer Region weht unterdurchschnittlich wenig Wind. So fallen große Flächen auf der Baar weg. 46 Prozent der Fläche sind bewaldet, ohne Wald gehe es nicht. „Wald ist aber nicht per se wertvoller als die offene Landschaft“, betont Herzberg. Die Abstandsflächen von 750 Metern schränkten die Möglichkeiten weiter ein.

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Marcel Herzberg. Foto: him

Mit den 2,3 Prozent gehe man ins Verfahren, um nicht unter die 1,8 Grenze zu rutschen, falls Flächen entfallen. „Wenn wir das schaffen, sind auch nur in diesen Flächen Windkraftanlagen zulässig.“ Andernfalls gelte, dass jeder im Außenbereich eine Anlage errichten könnte, und man keine Steuerungsmöglichkeit habe.

OB Eisenlohr warf ein: „Vorausgesetzt der Eigentümer macht mit.“ Genau so sei es, bestätigte Herzberg. Der Regionalplan habe „keine enteignende Wirkung“. Herzberg betonte: „Wir planen die Flächen, keine Anlagen. Das machen die Investoren.“ Und diese müssen für ihre möglichen Anlagen das normale Genehmigungsverfahren mit allen Gutachten durchlaufen.

Regionales Ungleichgewicht

Das Ergebnis der Planungen sei geprägt von einem starken Ungleichgewicht, bedauerte er. Der Schwarzwald-Baar-Kreis sei deutlich weniger betroffen als der Kreis Rottweil. Das liege eben an der unterschiedlichen Windhöffigkeit.

Für Schramberg sehe der Plan die Bereiche Falkenhöhe, Windkapf und Brogenwald vor. Dort stünden bereits Anlagen. Neu sei das Feurenmoos. Da sei die Windhöffigkeit ausreichend, es gebe kein Artenschutzproblem und die Siedlungsabstände ließen sich einhalten.

Herzberg berichtete, er sei in fast 20 Gemeinderäte eingeladen. Der Regionalverband habe zu mehreren Info-Veranstaltungen eingeladen. Bei den Bürgereinwendungen gebe es große Unterschiede. Aus Schramberg sei kaum etwas eingegangen. Aus dem Norden des Kreises erwarte er hunderte oder tausende Einwände.

Jede Mopsfledermaus geprüft?

Udo Neudeck (Freie Liste) wollte wissen, ob in den Gutachten zum Natur- und Artenschutz wirklich „jeder Vogel und jede Mopsfledermaus“ berücksichtigt sei. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei der Vielzahl der möglichen Standorte schon wirklich detaillierte Gutachten gibt.“ Neudeck verwies dabei aufs Feurenmoos.

Herzberg entgegnete, ähnlich wie bei einem Bebauungsplan würden alle Kriterien erneut geprüft. Allerdings gebe es gewisse Erleichterungen beim Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSch). Lärm und Schattenwurf würden „explizit“ nochmal geprüft. Sie seien wie die Abstandsregeln 750 Meter beim Feurenmoos aber beherrschbar.

Das heiße, die Ausweisung bedeute nicht, dass im Feurenmoos tatsächlich gebaut werde, hakte Neudeck nach. Herzberg erläuterte, wenn jemand dort bauen wolle, müsse er mit allen Unterlagen den Bau beim Landratsamt beantragen und genehmigen lassen. Er betonte erneut: „Wir planen Flächen, nicht Anlagen.“

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Gebiete auf Schramberger Gemqarkung.

Unzulänglich

Clemens Maurer (CDU) war sauer. „Vor zehn Jahren hatten wir eine ähnliche Diskussion zur Ausweisung von Vorrangflächen für die Windkraft gehabt.“ Jetzt mit der Energiewende mache man „die ganze Chose“ noch mal. Die Kommunen hätten „wenig bis nichts“ zu sagen.

Die Unterlagen für den Rat nannte Maurer „dürftig“. Nur ein paar Grafiken zu den ausgewiesenen Flächen habe man bekommen. Die Bürger und der Rat wollten wissen, wie viele Anlagen auf einer Fläche gebaut werden können. „Aus Bürgerperspektive ist das unzulänglich.“

Schließlich bemerkte Maurer, dass Schramberg sich in einer Randlage befinde. Man wisse nicht, was die anderen Regionalverbände planten. Auch dass man am 29. Februar diskutiere und am 1. März die Frist der Bürgereinwendungen ende, monierte er. Das sei „kein gutes Beispiel für Transparenz und Einbeziehung der Bürgerschaft“.

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Neu aufgenommen werden soll das Feurenmoos als möglicher Standort für Windkraftanlagen. Grafik: Stadt

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Herzberg antwortete, seine Aufgabe sei, das Bundesgesetz umzusetzen. Für die Energiewende brauche es den „massiven Zubau“ von Windkraftanlagen. Bei den Bürgereinsprüchen habe der Regionalverband die gesetzliche Mindestfrist von vier auf acht Wochen verdoppelt.

Um bis zum September 2025 abzuschließen, müsse man die Fristen so setzen. Im Gebiet Feurenmoos seien nach seiner Schätzung vier bis fünf Anlagen möglich. Alle von Maurer erbetenen Unterlagen seien auf der Homepage des Verbands nachlesbar.

Stadtplaner Joos nahm die Schuld für die „dürftigen“ Unterlagen auf sich. „Wir dachten, wegen der der Kürze der Zeit reicht die Übersicht.“ Zum Flächennutzungsplan meinte er, auch für die Stadt sei das neue Verfahren ärgerlich: „Wir waren kurz davor, das abzuschließen. Jetzt bleiben wir auf den Planungskosten sitzen.“

PV spielt für den Plan auf Schramberger Gemarkung keine Rolle

Patrick Flaig (CDU) erkundigte sich nach den Freiflächen für PV-Anlagen. Da diese entlang von Autobahnen und zweigleisigen Bahnstrecken privilegiert seien – und es weder das eine noch das andere in Schramberg gebe- , habe er darüber nichts gesagt, so Herzberg. Die Kommunen seien aber frei, weitere Flächen anzubieten und über Bebauungspläne zu regeln.

Jürgen Kaupp interessierte, weshalb die von der Windhöffigkeit her geeigneten Flächen Benzebene und Öhle nicht mehr auftauchen. Das liege an der Abstandsregel 750 Meter, so Herzberg. Die gelte einheitlich. „Würden wir das ändern und erweitern, gäbe es Streit und würden wir die 1,8 Prozent nicht schaffen.“

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) fragte, welche Auswirkungen für die Schramberger Pläne mit Schießacker und Ortsumfahrung Sulgen die Ausweisung des Feurenmoos habe. „Wir werden das in unserer Stellungnahme reinschreiben“, so Joos.  Bei der Osttangente sieht er keine Problem. Etliche Windkraftanlagen stünden nahe an Straßen.

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Im Vergleich zum aktuellen Flächennutzungsplan wird die Fläche für Windkraftanlagen am Falken reduziert. Grafik: Stadt

Ballung zur Ortenau?

Thomas Brantner (CDU) wünschte, dass die Stellungnahme der Stadt vorher noch einmal im Gemeinderat vorgelegt wird. Das sagte Joos für die Märzsitzung zu. Jürgen Kaupp (CDU) schlug vor, auch die Ortschaftsräte zumindest unter Bekanntgaben zu informieren.

Oskar Rapp (Freie Liste) wollte wissen, ob es an der Grenze zum Ortenaukreis „eine massive Zusammenballung von Windkraftanlagen“ geben könnte. Der dortige Regionalverband sei etwa ein halbes Jahr später dran als der hiesige, so Herzberg. OB Eisenlohr versprach, sie werde Kontakt mit dem dortigen Regionalverband aufnehmen. Mit freundlichem Beifall verabschiedete der Rat Verbandsdirektor Herzberg.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.