SCHRAMBERG
(him) – Nach wie vor beschäftigen
Windkraftanlagen die Menschen. Gegner wie Befürworter. In Artikeln und
Leserbriefspalten prallten im vergangenen Herbst die Meinungen aufeinander. Das
könnte nun wieder los gehen. Für den Bau von zwei weiteren Anlagen im Bereich
Falkenhöhe auf Lauterbacher und Schramberger Gemarkung hat das Landratsamt
nämlich eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, doch dagegen sind
Widersprüche eingegangen.
Für den Diplom-Ingenieur und leidenschaftlichen Verfechter des Ausbaus erneuerbarer Energien, Johannes Haug, ist die gegenwärtige Lage schlimm: „Zum Schaufenster raus wird Klimaschutz ausgelegt, und im Hinterzimmer werden die erneuerbaren Energien abgedreht“, empört sich der Rottweiler und belegt es mit Zahlen: Im ersten Halbjahr 2019 seien die Investitionen in Windkraft und Photovoltaik im Vergleich zum Vorjahr um 41 Prozent zurückgegangen. In Baden-Württemberg sei nur ein Windrad neu in Betrieb gegangen, das sei der niedrigste Stand seit 2000.
„Seit 2017 sind in der Windbranche 26.000 Arbeitsplätze verloren gegangen – und niemand redet darüber.“ Dagegen würden Milliarden aufgewandt, um den Abbau von 20.000 Arbeitsplätzen bei der Braunkohle über die nächsten zehn Jahre abzufedern.
Haug, einer der Mitbegründer des Arbeitskreises Klimaschutz der Lokalen Agenda in Rottweil, hatte sich in die Diskussion um die Windräder auf dem Höhenzug zwischen Hornberg, Lauterbach und Tennenbronn eingeschaltet. Er hatte eine Nacht im „Deutschen Jäger“ von Martin Staiger übernachtet. Dieser hatte Windkraftbefürworter eingeladen, bei ihm eine Nacht zu verbringen, wollte sie aber mit einem Spanngurt ans Bett schnallen, damit sie wegen der Windgeräusche nicht davon laufen. Er habe ruhig geschlafen, auch ohne Gurte, berichtete Haug später der NRWZ. Zwei wegfahrende Autos hätten ihn mehr gestört.
Windkraftgegner verweigert Gespräch
Stärker ärgerten ihn immer wieder auftauchende Zitate und Leserbriefe des ehemaligen Försters Christoph Leinß. Mit ihm versuchte Haug seit Herbst des vergangenen Jahres elfmal per Mail ins Gespräch zu kommen. Vergebens. Keine Antwort.
In einer längeren Mail vom vergangenen Freitag dann lehnt der promovierte Forstwissenschaftler Leinß ein Gespräch ab. „Ich habe es aufgegeben, Personen davon überzeugen zu wollen, dass unsere Gesellschaft von ideologisch-grünen Strömungen an die Wand gefahren wird. Dagegen setze ich mich ein, jeden Tag meist bis spät in die Nacht“, schreibt Leinß und behauptet, die Klimaerwärmung käme nicht vom CO2. „CO2 kann die Atmosphäre physikalisch nicht aufheizen“, so Leinß und fügt an, dazu gäbe es dutzende wissenschaftliche Untersuchungen, er nennt aber keine.
Photovoltaik Schuld an Klimaerwärmung?
Die Klimaerwärmung käme durch Bautätigkeit, vom Verkehr, der Waldrodung für Windkraftanlagen, der Heizung „und vielleicht sogar durch das Aufstellen von massenhaften Solarmodulen in der Landschaft“, heißt es weiter. Über seine Thesen diskutieren allerdings will Leinß nicht. Er könne sich nicht vorstellen, „dass dabei etwas sinnvolles herauskommt, da unsere Standpunkte zu weit auseinanderliegen“.
Dieses
Verhalten sei „symptomatisch für die Windkraftgegner“, glaubt Haug, „ihre
Argumente stehen auf hölzernen Füssen.“ Deshalb verweigerten sie sich der
Diskussion. Für ihn ist klar, dass die Energiewende nur mit Wind und
Photovoltaik zu schaffen sein wird. „Wenn das so ist, dann muss man eben auch
mit Windkraftanlagen auf Schwarzwaldhöhen wie dem Windkapf leben.“
OB: Tennenbronn hat signifikanten Beitrag geleistet
In Schramberg wird weiter an einer „Punktuellen Änderung“ des Flächennutzungsplans gearbeitet. Der Gemeinderat hatte mit knapper Mehrheit eine Planung der Stadtverwaltung abgelehnt, weil darin zwei weitere mögliche Standorte nicht vorgesehen waren: Eine Anlage, die die Stadt in Absprache mit Hornberg gestrichen hatte und eine zweite, die auf Wunsch des Tennenbronner Ortschaftsrats entfallen sollte.
Derzeit
erarbeite die Verwaltung einen neuen Vorschlag, so Oberbürgermeister Thomas
Herzog auf Nachfrage der NRWZ. „Dann muss der Gemeinderat entscheiden.“ Aus
seiner Sicht sollte es beim bisherigen Vorschlag bleiben und die beiden
Standorte aus der Planung genommen werden. „Das ist Stand heute.“ Wie seine
Nachfolgerin das sieht, wisse er nicht. Aber: „Ich finde, Tennenbronn hat in
Sachen Windkraft einen signifikanten Beitrag geleistet.“
Falkenhöhe: Kompromiss in Sicht?
Klar ist indessen, dass die beiden Anlagen, die die Firma Windkraft Schonach (WKS) errichten will, kommen werden. Das Landratsamt habe den sofortigen Vollzug angeordnet, die Firma könnte also loslegen. Sie riskiere dann aber Regressansprüche, sollte dem Widerspruch stattgegeben werden, so Andreas Bihl vom Landratsamt Rottweil. Es könnte aber einen Kompromiss geben: Möglicherweise würde ein Verzicht auf eine weitere bisher beantragte Anlage, die den Anliegern besonders missfällt, dazu führen, dass auch der Widerspruch zurück genommen wird, so Bihl.
Die NRWZ hat auch die Bauherrin WKS um eine Stellungnahme gebeten, die wir, sobald sie uns vorliegt, einfügen werden.