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Schramberg –  Blau-gelbe Fahnen der Ukraine, kyrillische und lateinische Buchstaben an der Tafel, ein deutsch-ukrainisches Wörterbuch im Klassenzimmer: Die „Willkommensklasse“ an der Berneckgrundschule beschäftigt sich mit dem Heimatland eines Großteils der Schülerinnen und Schüler dieser Klasse. „Wir bereiten uns grade auf das Schulfest am Samstag vor“, erläutert Schulleiter Karsten Krawczyk Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und der Vorsitzenden des Kinderfonds Dorothee Golm.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sind etwa 160 Geflüchtete nach Schramberg gekommen. Unter ihnen auch viele Kinder und Jugendliche. Die Kinder im Grundschulalter betreut die Berneckschule in der Willkommensklasse.

Die Ukraine als Thema. Foto: him

Neben den ukrainischen Kindern unterrichten Julia Borho, die Klassenlehrerin und Maryana Valovenko weitere Kinder aus sieben anderen Nationen, so Konrektorin Regine Dimmerling. Insgesamt 22 Kinder besuchen diese Klasse. In dieser Klasse sollen sie so gut Deutsch lernen, dass sie in der Regelklasse dem Unterricht folgen können.

Ukrainische Grundschullehrerin dabei

„Ein Glücksfall“ sei Maryana Valovenko für die Schule, so Krawczyk. Sie sei aus der Ukraine geflohen und habe sich in gutem Deutsch vorgestellt als „Grundschullehrerin mit dem Schwerpunkt Vorbereitungsklassen“. Klar, sie hatte sofort Arbeit. Aus dem eigenen Schuletat finanziere die Schule ihre Arbeit, bis sie eine reguläre Anstellung erhalte. Hätte man auf die offizielle Anstellung gewartet, wäre es wohl September geworden, fürchtet Krawczyk.

Maryana Valovenko mit einem ihrer Schüler. Foto: him

Für die Berneckschule sei es eine Herausforderung gewesen. Seit Kriegsbeginn seien 45 Kinder neu an die Schule gekommen. Die Schule betrachte sich als Schwerpunktschule. Alle Grundschüler aus den Schramberger Stadtteilen aber auch aus Hardt und Lauterbach, die kein Deutsch können, würden hier unterrichtet. „Das entlastet die anderen Grundschulen – und wir haben hier die Fachkompetenz gebündelt“, so Krawczyk.

Drei Sprachförderinnen unterstützen

Um die Lehrkräfte beim Spracherwerb zu unterstützen, arbeiten an der Berneckschule drei Sprachförderinnen. Kerstin Kny, Birgit Hentschlofski und Anita Schneider. „Sie machen Wortschatzarbeit, Sprachspiele und kümmern sich ganz individuell um einzelne Kinder“, berichtet Dimmerling.

Die Lehrkräfte im Regelunterricht können ebenfalls die Sprachförderinnen um Unterstützung bitten, wenn sie bei ihren Schülerinnen und Schülern Defizite feststellen.

Kinderfonds hilft

Die Arbeit dieser Sprachförderinnen finanziert der Schramberger Kinderfonds. Solche Förderung habe inzwischen schon Tradition, so Golm. Nach 2015 habe der Kinderfonds ebenfalls Sprachförderung bei Flüchtlingskindern unterstützt. Seit seiner Gründung 2009 seien Vorhaben und Wünsche für mehr als 100.000 Euro über den Kinderfonds finanziert worden.

Neben Sprachförderung hilft der Fonds auch beim Kauf von Schulsachen, unterstützt das Mensaessen oder finanziert Ausflugsfahrten. Für sieben Kinder aus der Ukraine bezahlt der Fonds auch den Unterricht an der Musikschule.

Zweite Willkommensklasse

Maryana Valovenko im Gespräch mit OB Dorothee Eisenlohr dahinter Karsten Krawczyk, Regine Dimmerling, Dorothee Golm und Klassenlehrerin Julia Borho (von links). Foto: him

Derzeit leben laut OB Eisenlohr 160 Geflüchtete aus der Ukraine in Schramberg. „Die meisten sind schon in eigenständigen Mietverhältnissen angekommen.“ Die Mütter und (wenigen) Väter bemühten sich sehr um Arbeit, hat Schulleiter Krawczyk beobachtet. Oftmals leider nicht entsprechend ihrer Qualifikation, manche würden auch ausgenutzt. „Aber die Leute wollen nicht von der Sozialhilfe abhängig sein.“

Eisenlohr lobt die gute Zusammenarbeit der Schulen bei der Betreuung der Kinder: „Das ist sehr wertvoll.“ Weil der Zustrom nicht nachlässt, habe das Schulamt für das kommende Jahr der Berneckschule eine zweite Willkommensklasse bewilligt, freut sich Krawczyk.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.