Schramberg. Die Digitalisierung der Stadt sei „eine große Herausforderung, der wir uns stellen müssen“, erklärte Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, bevor Fachbereichsleiter Uwe Weisser dem Gemeinderat Ende Mai den Stand der Dinge erläuterte.
Lange vor anderen Kommunen habe Schramberg mit der Digitalisierung begonnen und beispielsweise die „E-Akte“ 2006 eingeführt, so Weisser. Nun sei man an einem Punkt angelangt, um die weiteren Strategien, Maßnahmen und Pläne fest zu legen. „Wir haben keine übergestülpte Strategie, sondern ‘Bottom up‘ entwickelt.“ Verlangt werde bekanntlich, dass künftig 575 Dienstleistungen der Kommune online angeboten werden.
Strategie und Roadmap erarbeitet
Als Beraterin hatte die Stadt Marie- Christin Süß von Bechtle, einem Systemhaus aus Regensburg und München, hinzugezogen. Süß hatte das städtische Digitalisierungsprojekt begleitet, das mit einem Workshop im Oktober 2022 begonnen hatte.
Im Januar folgte eine Strategiefindung mit den Fach- und Abteilungsleitungen: „Wo stehen wir, welche Problemfelder gibt es? Welchen Handlungsbedarf haben wir?“ In mehreren Workshops seien Ziele und Prioritäten festgelegt worden. Nach Interviews mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern folgten im März eine „Roadmap“ und Handlungsempfehlungen.
Diese beziehen sich sowohl auf die Hard- als auf die Software. Ganz wichtig seien aber die Menschen, die eingebunden werden müssten, so Süß: „Wir müssen ihnen Zeit zur Umstellung geben.“
In Schramberg sei schon viel geleistet, etwa die Home-Office-Möglichkeiten, der Rechnungsflow oder die E-Akte. Aber es gebe auch noch etliche Baustellen. Die internen Prozesse müssten digitalisiert und standardisiert werden. Bürgerservices auch digital angeboten werden. Es sei wichtig, digitale Kompetenzen bei den Beschäftigten über online Schulungen zu ermöglichen.
Noch Baustellen
Innerhalb der Verwaltung bestünden noch zu viele unterschiedliche Fachanwendungen. Aufgaben müssten klar definiert und abgegrenzt, Ressourcen und Kompetenzen aufgebaut werden.
„Ein digitaler Postkorb und eine digitale Signatur wären eine große Erleichterung“, findet Süß. Wichtig wären auch einheitliche Arbeitsplätze mit mobiler Hardware.
Die vorgeschlagene Roadmap sei „nicht in Stein gemeißelt“, versichert die IT-Expertin. „Man muss sie anpassen, wenn einzelne Schritte nicht gleich klappen.“
Aus ihrer Sicht wären die wichtigsten Maßnahmen die Klärung von Zuständigkeiten und der Aufbau einer Wissensdatenbank. Verantwortlichkeiten müssten festgelegt werden, Verfahren standardisiert und das elektronische Bezahlen ermöglicht werden. Digitale Postfächer und mobile Hardwareausstattungen standen ebenfalls auf Süß‘ Liste.
Etliche Fragen im Gremium
Für den „super Vortrag“ bedankte sich CDU-Fraktionssprecher Thomas Brantner und versicherte, auch Industriebetriebe hätten solche Probleme. „Wieso soll es uns anders gehen?“ Brantner wollte wissen, wo Schramberg im Vergleich zu anderen Städten stehe und was auf die Stadt noch zukomme. Außerdem fragte er nach Schutzeinrichtungen, den „Firewalls“.
Da jede Stadt andere Anforderung habe, sei ein Vergleich schwierig. Aber die E-Akte hätten viele Kommunen noch nicht. Bei den Dienstleistungen gebe es bei den meisten noch Probleme. Bei IT-Schnittstellen und klaren Zuständigkeiten seien andere schon weiter. Digitalisierung bedeute immer zunächst Mehraufwand, im Vergleich zu anderen Kommunen müsse Schramberg mehr Ressourcen schaffen.
Ulrich Greilinger, der die städtische IT leitet, meinte, man filtere sämtlichen „Content“, das sei „state of the art“. Im nächsten Jahr werde die EU die Anforderungen noch verschärfen.
Weitere Stelle für die IT
Uwe Weisser möchte die Fachabteilungen entlasten. Dort werde noch viel Software selbst verwaltet. „Das bindet Arbeitskraft.“ Beim Aufbau von Ressourcen in der IT würden die anderen Abteilungen entlastet. Die Verwaltung wolle deshalb eine weitere Stelle für die IT beantragen. Bei der Hardware sei Schramberg „auf einem guten Weg“, so Weisser.
OB Eisenlohr betonte, es sei wichtig, die Kolleginnen und Kollegen beim Digitalisierungsprozess mitzunehmen, „um Akzeptanz zu erreichen“.
Für die Sprecherin von SPD-Buntspecht Tanja Witkowski ist der Plan „sehr ambitioniert“. Sie frage sich, ob das Projekt bis Ende 2024 umgesetzt werden könne. Sie fragte nach den Kosten und Fördermöglichkeiten und betonte, „der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger muss im Vordergrund stehen“. Viel geschehe schon intern. Als Schulleiterin erlebe sie die Verwaltung als Partner, aber die Schulen kämen in den Plänen nicht vor.
Süß bestätigte, der Plan sei „sportlich“. Man habe den Fokus auf die Verwaltung gelegt, deshalb seien die Schulen nicht im Plan. Man solle nicht alles auf einmal machen. Und es sei klar, das Ganze müsse einen Mehrwert für die Bürger haben. Das bedeute, dass die Homepage der Stadt beispielsweise so gestaltet werde, dass man Formulare von dort direkt abschicken kann. Die Kosten ließen sich noch nicht beziffern, das hänge von der Strategie ab. Eisenlohr versprach, für den Haushalt 2024 werde man Zahlen vorlegen.
Ralf Rückert: „Weit hinten dran“
Ralf Rückert (Freie Liste) meinte, die Stadt sei „in fast allen Schritten weit hinten dran, wenn man schaut, wie schnell die Entwicklung geht“. Er fragte nach Paketen, die das Systemhaus anbiete. Auch schlug er vor, von den eigenen Servern wegzukommen und Rechenzentren stärker zu nutzen. Er forderte, den digitalen Bürger-Service so schnell als möglich anzubieten.
Greilinger entgegnete, die Stadt nutze bereits jetzt „zwei Systemhäuser, die 24/7 überwachen bei Themen, die wir nicht abvespern“. Auch lagere die Stadt schon jetzt viel an Rechenzentren aus. Er wies aber auch darauf hin, dass viele Fachverfahren nicht digitalisierbar seien.
Zum digitalen Bürgerservice beklagte Süß den Föderalismus, weil jede Kommune selbst entscheide, mit welchem System sie arbeite. Es gebe verschiedene Anbieter, Schramberg solle nicht mehr allzu lange warten, riet sie.
Clemens Maurer (CDU) sprach von „ehrgeizigen inhaltlichen Plänen“ und schlug vor, dass die Verwaltung alle halbe Jahre über den Stand berichten möge und zeige, „was schon funktioniert“.
Uwe Weisser betonte, die Verwaltung wolle loslegen. Schön wäre eine bundeseinheitliche Plattform mit einem Zugang für die Bürger. Da sei der Föderalismus „nicht förderlich“. Eisenlohr sagte die halbjährlichen Berichte im Verwaltungsausschuss zu, und der Rat nahm den Bericht zur Kenntnis.