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    Von wegen „Windräder dröhnen“

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    Schramberg (him) –  Am Freitag, 4. März  erschien in der Lokalzeitung „Schwarzwälder Bote“ ein Artikel zum Windpark Falkenhöhe: „Wie am Rollfeld: Windräder dröhnen“. Darin beschweren sich einige Anwohner über die seit dem vergangenen Sommer laufenden drei großen Windkrafträder. Sie erheben  erhebliche Vorwürfe gegen die Anlagenbauer, die Windkraft Schonach (WKS) und die Anlagenbetreiber, die Teckwerke Energiegenossenschaft. Eine Anfrage bei den beiden kritisierten Unternehmen vor Veröffentlichung, damit diese zu den Vorwürfen Stellung nehmen könnten, hat es laut Teckwerke-Vorstand Olaf Essig nicht gegeben.

    Zeitungsartikel (Ausriss)

    Leider habe auch keine der in der Zeitung befragten Parteien das Gesprächsangebot der Teckwerke oder der WKS  genutzt und sie wegen der im Artikel beschriebenen Beschwerden kontaktiert. Sowohl die Windkraft Schonach, die den Windpark entwickelt hat, als auch die RES Deutschland, verantwortlich für die technische Betriebsführung und die Windpark Falkenhöhe, vertreten durch die Teckwerke als Gesellschafter, stünden „jederzeit gerne für Fragen und weitere Anliegen zur Verfügung“, versichert Essig.

    Die NRWZ  hat Essig und Gerhard Kienzler von der Windkraft Schonach gebeten, die Vorwürfe der Anwohner zu kommentieren.

    NRWZ: Die Anwohner klagen, die Ruhe sei weg, die zugesagten höchsten 35 dB würden nicht eingehalten. Es sei zeitweise laut „wie auf einem Rollfeld“. Wenn die Rotorblätter vereist seien, sei es noch lauter. Der Lärm sei für das menschliche Ohr unerträglich. Welche Lärmmessungen gibt es? Was waren bisher die höchsten Lärmwerte? Was war den Anwohnern zugesagt?

    Olaf Essig (Betreiber): Gesetzlich und auch gemäß der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Windpark Falkenhöhe gilt der Grenzwert von maximal 45 dB(A) zur Nachtzeit an Wohngebäuden im Außenbereich. Dies entspricht zum Beispiel in etwa dem Schallpegel einer verkehrsberuhigten Straße. Dieser Grenzwert wird in allen Gutachten und offengelegten Unterlagen zum Windpark ausgewiesen. Dessen Einhaltung ist zwischenzeitlich durch Nachmessungen vor Ort im Betrieb bestätigt worden.

    Abschaltungen wegen Schattenwurf und Feldermäusen

    Olaf Essig. Archivfoto: him

    Die Anlagen seien immer wieder abgeschaltet, wenn die Sonne scheine und zu viel PV-Strom im Netz sei. Weshalb schalten die Anlagen ab?

    Olaf Essig: Die beobachteten Stillstände im Sommer und Herbst wurden überwiegend durch Schatten-  oder Fledermausabschaltungen verursacht. Zudem wurden im ersten Halbjahr noch Restarbeiten abgearbeitet, welche zwischenzeitliche Stillstände bedingt haben. Eine netzseitige Abschaltung wegen zu viel PV-Strom hat es in diesem Windpark nicht gegeben.

    Der Schattenwurf stelle eine optische Belastung dar. Er daure länger als die Teckwerke zugesagt hätten. Wie lange dauert der Schattenwurf? Was war zugesagt? Gibt es eine Abschaltautomatik bei Schattenwurf?

    Olaf Essig: Eine automatische Schattenabschaltvorrichtung ist installiert und von Beginn an aktiv. Die meisten Stillstände über den Tag sind auf die Schattenabschaltung zurückzuführen. Die Positionen aller Gebäude in der Umgebung des Windparks sind in der Anlagensteuerung hinterlegt und werden mit dem Sonnenstand über das Jahr abgeglichen. Entsprechend der Wetterbedingungen werden die Anlagen automatisch abgeschaltet.

    Strenge Vorgaben beim Bau eingehalten

    Der Betreiber arbeite immer am Rande der Legalität und hielte Zusagen nicht ein, lautet ein weiterer Vorwurf. So habe man eine Schneise in den Wald gehauen. Für 20 Bäume habe man 1000 Euro geboten. Die Firmen hätten sich auf fremden Grundstücken bewegt. Trifft das zu?

    Gerhard Kienzler (Geschäftsführer Windkraft Schonach und RES Deutschland): Für die Errichtung und den Betrieb des Windparks gibt es sehr strenge Vorgaben, deren Einhaltung deutliche Restriktionen beinhalten. Wir achten streng drauf, alle Auflagen und Nebenbestimmungen der Genehmigung einzuhalten. Die Umsetzung in der Bauphase ist dabei ebenso entsprechend der genehmigten Planungsunterlagen realisiert worden wie der Betrieb an sich. Eingriffe in den Forst für Wege- oder Stellflächenbau sind innerhalb der genehmigten Bereiche erfolgt. Um den Eingriff so gering wie möglich zu halten, wurde bereits in der Planungsphase viel Wert auf die Nutzung der vorhandenen Wege et cetera gelegt. War dies jedoch aufgrund der Eigentumsverhältnisse oder aus technischer Sicht nicht möglich, musste ein neuer Weg gebaut werden. Die Entschädigung für den Eingriff ist dabei über das entsprechende Vertragsverhältnis geregelt.

    Gerhard Kienzler. Archiv-Foto: him

    Wassergraben schon früher ein Problem

    Es gebe einen Graben, der ständig überlaufe, weil der Boden um die Windräder großflächig versiegelt sei. Wie viel Fläche ist „versiegelt“? Gerhard Kienzler: Neben der Fundamentfläche von etwa 25 Metern im Durchmesser müssen Kran- und Hilfskranstellflächen geschottert und für mehrere Tonnen Achslast dauerhaft befestigt werden. Pro Windenergieanlage (WEA) werden daher zusammen mit dem Fundament etwa 0,2 Hektar Fläche dauerhaft befestigt.

    Wann werden Sie die übrigen Flächen rückbauen?

    Gerhard Kienzler: Die weiteren für die Errichtungsphase notwendigen befestigenden Flächen, wurden nach Abschluss der Errichtungsarbeiten bereits zurückgebaut, tiefengelockert und teilweise aufgeforstet.

    Der tiefengelockerte Boden bei einer der Anlagen. Foto: him

    Was hat es mit dem Graben auf sich?

    Gerhard Kienzler: Durch die Verkleinerung und Bepflanzung der Flächen wurde das anfallende Oberflächenwasser deutlich verringert. Der genannte Graben ist nachweislich schon vor der Errichtung des Windparks des Öfteren übergelaufen.

    Wir führten ferner während der gesamten Bauphase ein hydrologisches Monitoring durch, das bis zu neun Monate nach dem Bau weitergeführt wird, um Spätfolgen abzudecken. Dabei wurden vom Fachgutachter keine erheblichen Veränderungen festgestellt.

    Es gibt keine pauschalen Abstandsregeln im Land

    Die Häuser hätten teilweise nur 500 Meter Abstand, theoretisch müsste der Abstand 1000 Meter betragen. Da es keinen Bebauungsplan gebe, gelten die 500 Meter, kritisieren die zitierten Anwohner. Stimmt das?

    Gerhard Kienzler: Es gibt keine pauschalen Mindestabstände zwischen Wohnbebauung und Windenergieanlagen in Baden-Württemberg. Zusätzlich befinden sich alle WEA in von den Kommunen gezielt für die Windenergie ausgewiesenen Flächen der Flächennutzungsplanung. Die Ausweisung der Flächen für Windenergie wird in Baden-Württemberg in der Regel über die Flächennutzungsplanung gesteuert, nicht über Bebauungspläne.

    Eine der Windkraftanlagen. Gut zu erkennen, die im vergangenen August aufgelockerten Bereiche um die Anlage und die erforderlichen Wege. Foto: Teckwerke

    Es gebe keinen Bestandsschutz für die Höfe. Was soll das bedeuten?

    Gerhard Kienzler: Diese Frage können wir nicht mit vollständiger Gewissheit beantworten. Die Wohngebäude wurden vermutlich nach Paragraf 35 Abs. 1 Nr. 1 Bau-Gesetzbuch genehmigt, da sie vermutlich einen landwirtschaftlichen Betrieb beinhalten oder dieser in der Vergangenheit vorlag. Falls die landwirtschaftliche Nutzung zwischenzeitlich niedergelegt wurde, haben die Höfe baurechtlich Bestandsschutz.

    Die Regelung der Unterscheidung von Innen- und Außenbereich dient explizit dazu, dass dem Wohnen dienende Gebäude im ruhigen, unter strengerem Immissionsschutz stehenden Ort (also Innenbereich) errichtet werden sollen. Alle anderen Bebauungen, die der Wohnqualität schaden könnten, sollten im Außenbereich errichtet werden. Wer sich also dazu entscheidet, im Außenbereich zu wohnen, nimmt im Außenbereich vorgesehene Bebauungen in Kauf.

    Dennoch gibt es strenge Auflagen zum Immissionsschutz, auch für Wohngebäude im Außenbereich, die von den WEA eingehalten werden müssen. Die Auflagen sind gesetzlich festgelegt und werden von der zuständigen Behörde sowohl während des Genehmigungsverfahrens als auch im Betrieb kontrolliert.

    Wegerückbau nur teilweise möglich

    Der für nach dem Ende der Bauarbeiten zugesagte Wegerückbau solle nun erst nach dem Rückbau der Windräder erfolgen, also in 25 bis 30 Jahren, habe die Windkraft Schonach nun erklärt. Trifft das zu? Wann werden Sie die Wege rückbauen? Wie viel ist bereits rückgebaut? Was muss bleiben?

    Gerhard Kienzler: Der Ausbau der Wege wurde von Beginn an als dauerhaft geplant. Grund hierfür ist, dass die Zuwegung für Wartungsarbeiten für die gesamte Betriebszeit zur Verfügung stehen muss. Die gesicherte, ausreichende Erschließung, zum Beispiel für Rettungsfahrzeuge, ist unbedingt notwendig. Lediglich Kurvenbereiche, die für den Antransport größerer Teile großzügiger benötigt wurden, sind nur temporär vorgesehen.

    Wegerückbau in einer Kurve. Foto: him

    Verträge hätten die Erbauer im Vorfeld immer wieder geändert, um den Anwohnern „so einiges unterzujubeln“. Trifft das zu? Weshalb hat man Verträge geändert?

    Gerhard Kienzler: Während der Planung eines Projekts gehen wir mit Vertragsentwürfen auf die beteiligten Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümer zu. Während der weiteren Gespräche und Planungsfortschritte wird der Vertragsinhalt angepasst und kommuniziert. Auch ist in den meisten Fällen eine Anpassung der Inhalte an Vorgaben der Behörde notwendig. Die Verträge können von den Anwälten und Steuerberatern der Eigentümerinnen und Eigentümer ausführlich geprüft werden.

    Ein viertes Windrad wäre vorteilhaft

    Ein viertes Windrad hätten die Behörden aus optischen Gründen abgelehnt. Nun planten Sie, dieses „auf der Gemarkung des Kreises Offenburg“ 150 Meter weiter zu bauen. Trifft das zu?

    Gerhard Kienzler:  Die vierte WEA ist nicht abgelehnt worden, sondern wir haben den Antrag nach Gesprächen mit der Genehmigungsbehörde freiwillig zurückgezogen und sie auf den nach unserer Einschätzung besseren Standort verschoben. Dass der Anlagenstandort dadurch über eine Kreisgrenze verlegt wurde, ist Zufall und war nicht beabsichtigt.

    Wie weit ist das Verfahren inzwischen gediehen?

    Gerhard Kienzler: Das Verfahren ist bereits weit fortgeschritten. Eine finale Entscheidung liegt noch nicht vor. Die gesamte Infrastruktur für die drei Windräder ist bereits errichtet und berücksichtigt eine mögliche vierte Windenergieanlage. Dadurch kann durch einen vergleichsweisen sehr geringen, zusätzlichen Eingriff ein Drittel mehr sauberer Strom erzeugt werden. Das Verhältnis von Auswirkungen auf die Umgebung zu zusätzlichem Stromertrag ist für die vierte WEA daher sehr vorteilhaft.

    Eine Million Ökopunkte Überschuss

    Für die Windräder hätten die Erbauer „viel Wald“ abgeholzt. Das sei „ein gesunder Bestand“ gewesen. Stimmt das?

    Gerhard Kienzler: Bereits vor Antragsstellung wurden sehr umfangreiche Untersuchungen der Flora und Fauna durch Gutachterinnen und Gutachter durchgeführt. Auch wurden verschiedene Gutachten zum Natur- und Artenschutz erstellt. Bei dem vorliegenden Wald handelt es sich bei den Anlagenstandorten laut Fachgutachterin durchweg um Nadelbaumbestände, die von Fichte dominiert werden. Daher handelt es sich vor allem um strukturarmen Fichtenforst zur forstwirtschaftlichen Nutzung mit geringer ökologischer Wertigkeit.

    Neu angepflanzter Laubwald auf einer Waldwiese beim Windpark. Foto: him

    Welche Ausgleichsmaßnahmen haben die Teckwerke machen müssen?

    Gerhard Kienzler: Die lediglich temporär benötigten Flächen wurden nach Abschluss der Bauarbeiten mit ökologisch höherwertigem, standortgerechtem Laubmischwald aufgeforstet, der bereits in einigen Jahren mehr Strukturvielfalt aufweisen wird. Zusätzlich wurden für die dauerhaft von Wald in Offenbereiche umgewandelten Bereiche andere Offenlandbereiche aufgeforstet.

    Welche weiteren Ausgleichsmaßnahmen gibt es?

    Gerhard Kienzler: Neben dem Ausgleich für die dauerhaft gerodeten Flächen wurden im Umland mehrere Flächen für Auerhuhn, Waldschnepfe, Rotmilan und Wespenbussard ökologisch aufgewertet, sodass die Vögel sich dort besser entwickeln können und mehr Nahrung finden. Außerdem wurden mehrere Nestplattformen in einer Entfernung von mehr als 1,5 Kilometern angebracht, um Rotmilanen Brutmöglichkeiten abseits des Windparks anzubieten. Ein Hektar Wald wird für die Fledermaus attraktiver gestaltet und eine Waldwiese mit heimischem Laubmischwald aufgeforstet. Durch die umfangreichen Maßnahmen wird die Region ökologisch hochwertiger sein als vorher. Das zeigt auch die Ökobilanz: Nach Eingriff in die Natur und nach Umsetzung aller Ausgleichsmaßnahmen besteht ein Überschuss in Höhe von über einer Million Ökopunkten.

    Die Fragen stellte NRWZ-Redakteur Martin Himmelheber

    (Hinweis: Martin Himmelheber ist Mitglied der Teckwerke Bürgerenergie-Genossenschaft.)

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    Hermann Lauterbach
    Hermann Lauterbach
    2 Jahre her

    (Hinweis: Martin Himmelheber ist Mitglied der Teckwerke Bürgerenergie-Genossenschaft.)
    „Wes Brot ich ess , des Lied ich sing“ oder „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“.

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    Martin Himmelheber (him)
    Martin Himmelheber (him)
    ... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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    Abschaltungen wegen Schattenwurf und Feldermäusen

    Olaf Essig. Archivfoto: him

    Die Anlagen seien immer wieder abgeschaltet, wenn die Sonne scheine und zu viel PV-Strom im Netz sei. Weshalb schalten die Anlagen ab?

    Olaf Essig: Die beobachteten Stillstände im Sommer und Herbst wurden überwiegend durch Schatten-  oder Fledermausabschaltungen verursacht. Zudem wurden im ersten Halbjahr noch Restarbeiten abgearbeitet, welche zwischenzeitliche Stillstände bedingt haben. Eine netzseitige Abschaltung wegen zu viel PV-Strom hat es in diesem Windpark nicht gegeben.

    Der Schattenwurf stelle eine optische Belastung dar. Er daure länger als die Teckwerke zugesagt hätten. Wie lange dauert der Schattenwurf? Was war zugesagt? Gibt es eine Abschaltautomatik bei Schattenwurf?

    Olaf Essig: Eine automatische Schattenabschaltvorrichtung ist installiert und von Beginn an aktiv. Die meisten Stillstände über den Tag sind auf die Schattenabschaltung zurückzuführen. Die Positionen aller Gebäude in der Umgebung des Windparks sind in der Anlagensteuerung hinterlegt und werden mit dem Sonnenstand über das Jahr abgeglichen. Entsprechend der Wetterbedingungen werden die Anlagen automatisch abgeschaltet.

    Strenge Vorgaben beim Bau eingehalten

    Der Betreiber arbeite immer am Rande der Legalität und hielte Zusagen nicht ein, lautet ein weiterer Vorwurf. So habe man eine Schneise in den Wald gehauen. Für 20 Bäume habe man 1000 Euro geboten. Die Firmen hätten sich auf fremden Grundstücken bewegt. Trifft das zu?

    Gerhard Kienzler (Geschäftsführer Windkraft Schonach und RES Deutschland): Für die Errichtung und den Betrieb des Windparks gibt es sehr strenge Vorgaben, deren Einhaltung deutliche Restriktionen beinhalten. Wir achten streng drauf, alle Auflagen und Nebenbestimmungen der Genehmigung einzuhalten. Die Umsetzung in der Bauphase ist dabei ebenso entsprechend der genehmigten Planungsunterlagen realisiert worden wie der Betrieb an sich. Eingriffe in den Forst für Wege- oder Stellflächenbau sind innerhalb der genehmigten Bereiche erfolgt. Um den Eingriff so gering wie möglich zu halten, wurde bereits in der Planungsphase viel Wert auf die Nutzung der vorhandenen Wege et cetera gelegt. War dies jedoch aufgrund der Eigentumsverhältnisse oder aus technischer Sicht nicht möglich, musste ein neuer Weg gebaut werden. Die Entschädigung für den Eingriff ist dabei über das entsprechende Vertragsverhältnis geregelt.

    Gerhard Kienzler. Archiv-Foto: him

    Wassergraben schon früher ein Problem

    Es gebe einen Graben, der ständig überlaufe, weil der Boden um die Windräder großflächig versiegelt sei. Wie viel Fläche ist „versiegelt“? Gerhard Kienzler: Neben der Fundamentfläche von etwa 25 Metern im Durchmesser müssen Kran- und Hilfskranstellflächen geschottert und für mehrere Tonnen Achslast dauerhaft befestigt werden. Pro Windenergieanlage (WEA) werden daher zusammen mit dem Fundament etwa 0,2 Hektar Fläche dauerhaft befestigt.

    Wann werden Sie die übrigen Flächen rückbauen?

    Gerhard Kienzler: Die weiteren für die Errichtungsphase notwendigen befestigenden Flächen, wurden nach Abschluss der Errichtungsarbeiten bereits zurückgebaut, tiefengelockert und teilweise aufgeforstet.

    Der tiefengelockerte Boden bei einer der Anlagen. Foto: him

    Was hat es mit dem Graben auf sich?

    Gerhard Kienzler: Durch die Verkleinerung und Bepflanzung der Flächen wurde das anfallende Oberflächenwasser deutlich verringert. Der genannte Graben ist nachweislich schon vor der Errichtung des Windparks des Öfteren übergelaufen.

    Wir führten ferner während der gesamten Bauphase ein hydrologisches Monitoring durch, das bis zu neun Monate nach dem Bau weitergeführt wird, um Spätfolgen abzudecken. Dabei wurden vom Fachgutachter keine erheblichen Veränderungen festgestellt.

    Es gibt keine pauschalen Abstandsregeln im Land

    Die Häuser hätten teilweise nur 500 Meter Abstand, theoretisch müsste der Abstand 1000 Meter betragen. Da es keinen Bebauungsplan gebe, gelten die 500 Meter, kritisieren die zitierten Anwohner. Stimmt das?

    Gerhard Kienzler: Es gibt keine pauschalen Mindestabstände zwischen Wohnbebauung und Windenergieanlagen in Baden-Württemberg. Zusätzlich befinden sich alle WEA in von den Kommunen gezielt für die Windenergie ausgewiesenen Flächen der Flächennutzungsplanung. Die Ausweisung der Flächen für Windenergie wird in Baden-Württemberg in der Regel über die Flächennutzungsplanung gesteuert, nicht über Bebauungspläne.

    Eine der Windkraftanlagen. Gut zu erkennen, die im vergangenen August aufgelockerten Bereiche um die Anlage und die erforderlichen Wege. Foto: Teckwerke

    Es gebe keinen Bestandsschutz für die Höfe. Was soll das bedeuten?

    Gerhard Kienzler: Diese Frage können wir nicht mit vollständiger Gewissheit beantworten. Die Wohngebäude wurden vermutlich nach Paragraf 35 Abs. 1 Nr. 1 Bau-Gesetzbuch genehmigt, da sie vermutlich einen landwirtschaftlichen Betrieb beinhalten oder dieser in der Vergangenheit vorlag. Falls die landwirtschaftliche Nutzung zwischenzeitlich niedergelegt wurde, haben die Höfe baurechtlich Bestandsschutz.

    Die Regelung der Unterscheidung von Innen- und Außenbereich dient explizit dazu, dass dem Wohnen dienende Gebäude im ruhigen, unter strengerem Immissionsschutz stehenden Ort (also Innenbereich) errichtet werden sollen. Alle anderen Bebauungen, die der Wohnqualität schaden könnten, sollten im Außenbereich errichtet werden. Wer sich also dazu entscheidet, im Außenbereich zu wohnen, nimmt im Außenbereich vorgesehene Bebauungen in Kauf.

    Dennoch gibt es strenge Auflagen zum Immissionsschutz, auch für Wohngebäude im Außenbereich, die von den WEA eingehalten werden müssen. Die Auflagen sind gesetzlich festgelegt und werden von der zuständigen Behörde sowohl während des Genehmigungsverfahrens als auch im Betrieb kontrolliert.

    Wegerückbau nur teilweise möglich

    Der für nach dem Ende der Bauarbeiten zugesagte Wegerückbau solle nun erst nach dem Rückbau der Windräder erfolgen, also in 25 bis 30 Jahren, habe die Windkraft Schonach nun erklärt. Trifft das zu? Wann werden Sie die Wege rückbauen? Wie viel ist bereits rückgebaut? Was muss bleiben?

    Gerhard Kienzler: Der Ausbau der Wege wurde von Beginn an als dauerhaft geplant. Grund hierfür ist, dass die Zuwegung für Wartungsarbeiten für die gesamte Betriebszeit zur Verfügung stehen muss. Die gesicherte, ausreichende Erschließung, zum Beispiel für Rettungsfahrzeuge, ist unbedingt notwendig. Lediglich Kurvenbereiche, die für den Antransport größerer Teile großzügiger benötigt wurden, sind nur temporär vorgesehen.

    Wegerückbau in einer Kurve. Foto: him

    Verträge hätten die Erbauer im Vorfeld immer wieder geändert, um den Anwohnern „so einiges unterzujubeln“. Trifft das zu? Weshalb hat man Verträge geändert?

    Gerhard Kienzler: Während der Planung eines Projekts gehen wir mit Vertragsentwürfen auf die beteiligten Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümer zu. Während der weiteren Gespräche und Planungsfortschritte wird der Vertragsinhalt angepasst und kommuniziert. Auch ist in den meisten Fällen eine Anpassung der Inhalte an Vorgaben der Behörde notwendig. Die Verträge können von den Anwälten und Steuerberatern der Eigentümerinnen und Eigentümer ausführlich geprüft werden.

    Ein viertes Windrad wäre vorteilhaft

    Ein viertes Windrad hätten die Behörden aus optischen Gründen abgelehnt. Nun planten Sie, dieses „auf der Gemarkung des Kreises Offenburg“ 150 Meter weiter zu bauen. Trifft das zu?

    Gerhard Kienzler:  Die vierte WEA ist nicht abgelehnt worden, sondern wir haben den Antrag nach Gesprächen mit der Genehmigungsbehörde freiwillig zurückgezogen und sie auf den nach unserer Einschätzung besseren Standort verschoben. Dass der Anlagenstandort dadurch über eine Kreisgrenze verlegt wurde, ist Zufall und war nicht beabsichtigt.

    Wie weit ist das Verfahren inzwischen gediehen?

    Gerhard Kienzler: Das Verfahren ist bereits weit fortgeschritten. Eine finale Entscheidung liegt noch nicht vor. Die gesamte Infrastruktur für die drei Windräder ist bereits errichtet und berücksichtigt eine mögliche vierte Windenergieanlage. Dadurch kann durch einen vergleichsweisen sehr geringen, zusätzlichen Eingriff ein Drittel mehr sauberer Strom erzeugt werden. Das Verhältnis von Auswirkungen auf die Umgebung zu zusätzlichem Stromertrag ist für die vierte WEA daher sehr vorteilhaft.

    Eine Million Ökopunkte Überschuss

    Für die Windräder hätten die Erbauer „viel Wald“ abgeholzt. Das sei „ein gesunder Bestand“ gewesen. Stimmt das?

    Gerhard Kienzler: Bereits vor Antragsstellung wurden sehr umfangreiche Untersuchungen der Flora und Fauna durch Gutachterinnen und Gutachter durchgeführt. Auch wurden verschiedene Gutachten zum Natur- und Artenschutz erstellt. Bei dem vorliegenden Wald handelt es sich bei den Anlagenstandorten laut Fachgutachterin durchweg um Nadelbaumbestände, die von Fichte dominiert werden. Daher handelt es sich vor allem um strukturarmen Fichtenforst zur forstwirtschaftlichen Nutzung mit geringer ökologischer Wertigkeit.

    Neu angepflanzter Laubwald auf einer Waldwiese beim Windpark. Foto: him

    Welche Ausgleichsmaßnahmen haben die Teckwerke machen müssen?

    Gerhard Kienzler: Die lediglich temporär benötigten Flächen wurden nach Abschluss der Bauarbeiten mit ökologisch höherwertigem, standortgerechtem Laubmischwald aufgeforstet, der bereits in einigen Jahren mehr Strukturvielfalt aufweisen wird. Zusätzlich wurden für die dauerhaft von Wald in Offenbereiche umgewandelten Bereiche andere Offenlandbereiche aufgeforstet.

    Welche weiteren Ausgleichsmaßnahmen gibt es?

    Gerhard Kienzler: Neben dem Ausgleich für die dauerhaft gerodeten Flächen wurden im Umland mehrere Flächen für Auerhuhn, Waldschnepfe, Rotmilan und Wespenbussard ökologisch aufgewertet, sodass die Vögel sich dort besser entwickeln können und mehr Nahrung finden. Außerdem wurden mehrere Nestplattformen in einer Entfernung von mehr als 1,5 Kilometern angebracht, um Rotmilanen Brutmöglichkeiten abseits des Windparks anzubieten. Ein Hektar Wald wird für die Fledermaus attraktiver gestaltet und eine Waldwiese mit heimischem Laubmischwald aufgeforstet. Durch die umfangreichen Maßnahmen wird die Region ökologisch hochwertiger sein als vorher. Das zeigt auch die Ökobilanz: Nach Eingriff in die Natur und nach Umsetzung aller Ausgleichsmaßnahmen besteht ein Überschuss in Höhe von über einer Million Ökopunkten.

    Die Fragen stellte NRWZ-Redakteur Martin Himmelheber

    (Hinweis: Martin Himmelheber ist Mitglied der Teckwerke Bürgerenergie-Genossenschaft.)

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