Das Thema Villa Junghans beschäftigte den Schramberger Gemeinderat am vergangenen Donnerstag intensiv. Nach einem aufschlussreichen Vortrag von Ingo Wessel über mögliche Nutzungen des Gebäudes (wir haben berichtet), debattierte das Gremium ausführlich.
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr betonte, es gehe an deisem Abend lediglich um Kenntnisnahme. „Heut werden keine Entscheidungen getroffen. Sie sprach vom „Start eines Entscheidungsprozesses“, der „Relevanz für die Bevölkerung“ und versicherte, ihr Herz würde für eine Lösung schlagen, „bei der auch die Schramberger etwas davon haben“.
Drei Eckpfeiler
Für die CDU wurde Clemens Maurer grundsätzlich. Er sprach von drei Eckpfeilern: So müsse das „einmalige Kulturdenkmalm für die Bevölkerung offen bleiben. Es sei zudem „von Anfang an“ klar gewesen, „ein Verkauf kommt nicht in Frage“ und ein Gastro-Angebot müsse bleiben.
Und schließlich: „Wir müssen in dieses Haus investieren.“ Maurer erinnerte aber auch daran, dass die Stadt in den letzten Jahren 800.000 Euro investiert habe. Der Gemeinderat habe diese Gelder immer frei gegeben.
Villa nicht schlecht reden
Den bisherigen Pächtern, die nach 16 Jahren gekündigt haben, zolle er „großen Respekt vor der unternehmerischen Leistung“. Nun müsse die Stadt eine kurzfristige Lösung finden. Das Wort Vertrag habe auch etwas mit „vertragen“ zu tun, so Maurer. Und da sei es in der Vergangenheit „beidseitig nicht immer ideal gelaufen“. Er riet aber auch, das Haus nicht schlecht zu reden. „Das hat die Villa nicht verdient.“
OB Eisenlohr versicherte, auch der Verwaltung sei es wichtig, dass das Haus ab Januar nicht leer stehe. Es habe auch schon einzelne Anfragen gegeben.
Neukonzession wird schwierig
Dann nannte Eisenlohr ein gewichtiges Problem: Die Konzessionsbehörde gehe wie die Verwaltung davon aus, dass eine neue, vollumfängliche Konzession nur erteilt werden kann, wenn „einige Dinge“ gelöst seien. Dazu gehöre die Barrierefreiheit. Die allerdings ist nur durch den Ein- oder Anbau eines Aufzugs zu erreichen.
Freie-Liste-Sprecher Udo Neudeck bat ebenfalls darum, nicht „in kollektiven Schlechtrede-Modus“ zu verfallen: “Wir verpachten keine Ruine.“ Die Stadt habe viel Geld in die Hand genommen, wenn auch in den letzten Jahren etwas schleppender.
Die Stadt brauche die Villa. „Das ist unsere gute Stube“, so Neudeck. „Wo sonst kann man mit 160 Leuten feiern?“ Klar sei, dass die Grundsanierung über die Einnahmen nicht zu refinanzieren sei. Er wollte wissen, was ein Erbpachtvertrag daran ändere.
Erbpacht hat Vorteile
Wessel erläuterte, dass bei den zusätzlichen Investitionen ein Erbpächter andere Konditionen erreichen könnte. Ein Bettenhaus beispilsweise könnte er möglicherweise effizienter bauen als die Stadt. Eisenlohr erinnerte daran, dass in Rottweil das Modell ebenfalls „bei eine Villa“ erfolgreich angewendet werde.
Für die SPD-Buntspecht-Fraktion versicherte Tanja Witkowski, „über alle Fraktionen hinweg“, stehe der Rat zur Villa. Klar sei auch, dass die bisher investierten 800.000 Euro nicht reichten. Sie wollte wissen, welche Investitionen für eine Übergangsnutzung erforderlich wären. Alles andere sei mittelfristig anzugehen.
Fachmann Wessel sah das ähnlich. Kurzfristig brauche man keine neue Küche. An der Infrastruktur müsse etwas getan werden, Wessel sprach von „Schönheitsreparaturen“. Wenn man an die Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser gehe, bekomme man Probleme.
Potenzial für Außengastro
Dominik Dieterle (CDU) erkundigte sich nach dem Café mit Außengastronomie-Konzept. Er wollte wissen, was da noch möglich wäre. Wessel erläuterte, eine Abgabestation draußen mit Strom, Wasser und Abwasser sei wichtig, um unabhängig vom Restaurant die Gäste bedienen zu können. „Ich sehe großes Potenzial für die Außengastronomie, der Park ist prädestiniert dafür.“
Jürgen Reuter (Sprecher der „Aktiven Bürger“) sprach von dem denkmalgeschützten Gebäude als „identitätsstiftender Unternehmervilla“. Ihr Erhalt sei eine Pflichtaufgabe der Stadt. “Aber was passiert dann? Was passiert, wenn es nicht läuft?“ Er sah bei der Verpachtung mehr Möglichkeiten der Stadt Einfluss zu nehmen.
Das sei richtig, so Wessel. Für die Erbpacht spreche, dass ein Investor das Gebäude nicht nur für eine Nutzung ausstatten könne, sondern multifunktional. Wenn ein Konzept nicht läuft, müsse man es ändern können.
Denkmalschutz
Reuter erinnerte an den Denkmalschutz und meinte, die Villa sei möglicherweise das wertvollste Gebäude in Baden-Württemberg. Der Denkmalschutz erlaube bauliche Veränderungen nur sehr eingeschränkt. Die Verwaltung solle die Denkmalsschützer bei allen Planungen „ins Boot holen“.
Thomas Koch (ÖDP) lobte Wessels Vortrag, der viele neue Aspekte angesprochen habe. Er fragte, ob Wessel den weiteren Prozess begleiten werde. Er habe noch keine Zahlen, entgegnete Wessel, und versprach, er werde unterstützend dabei bleiben.
Auf Nachfrage von Witkowski versicherte Eisenlohr schon in der nächsten oder übernächsten Sitzung wolle sie das Thema erneut beraten. Und im nichtöffentlichen Teil werde über den bestehenden Pachtvertrag gesprochen. Vor einem Monat hatte Eisenlohr im Gespräch mit der NRWZ von „zarten Signalen“ der Pächterfamilie gesprochen, ihren Pachtvertrag doch noch zu verlängern.
Kommentar
Nimmt man die Aufregung in Leserbriefen und Social-Mediakanälen beim Thema „Villa Junghans“ zum Maßstab, war der Besuch der Gemeinderatssitzung am Donnerstag bescheiden. Vielleicht zehn Zuhörerinnen und Zuhörer hatten den Weg in die Aula gefunden. Der Vortrag des Gastro-Experten Ingo Wessel und die anschließende Debatte im Ratsgremium hätten beim ein oder anderen sicher zum reflektierteren Nachdenken geführt, als es in so manchen Äußerungen im Internet zum Ausdruck kam.