„Vespa, komm‘ ein bisschen mit nach Italien“

Ausstellungseröffnung im Auto- und Uhrenmuseum

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Die italienische Tricolore grüßte die Besucherinnen und Besucher gleich am Eingang des Auto- und Uhrenmuseums. Davor ein Piaggio-Wägelchen mit Drinks und Antipasti. Und am Keyboard unterhielt am Freitagabend Paolo Fanelli mit italienischen Schlagern. Der Grund: Die Museumsleute eröffneten eine Sonderausstellung zur Vespa.

Schramberg. „Vespa, komm‘ ein bisschen mit nach Italien“ ist ab sofort im Auto- und Uhrenmuseum ErfinderZeiten zu erleben. Zur Eröffnung sprach Jürgen Winter als Vertreter der Oberbürgermeisterin. Der promovierte Philosoph und Mediziner bot einmal mehr einen tiefsinnigen Eröffnungsvortrag und spannte dabei den Bogen von Caterina Valente und dem blauen Meer über Friedrich Barbarossa bis Caspar David Friedrich und der Ostsee.

Aber natürlich stand die Vespa als  d e r  Begriff für Italien im Zentrum seiner Rede.
Jeder verbinde mit Italien etwas anderes: Fans der Italienischen Küche denken an Pizza und Pasta, Fußballfans an Juve, Inter und die Squadre Azzurra. Kunstfreunde an die Mailänder Scala, Verdi oder die Uffizien in Florenz. Doch allen gemeinsam sei, dass sie die Vespa mit Italien assoziierten. „Dabei ist die Vespa zunächst ein einfaches zweirädriges Fortbewegungsmittel mit Verbrennungsmotor.“

Vespa gleich Wespe

Winter erwähnte, dass der Name Vespa auf Lateinisch und Italienisch „Wespe“ bedeute. Dazu gebe es eine Legende: Als der Firmenchef Enrico Piaggio das neue Gefährt gesehen habe, habe er gerufen: „Er sieht aus wie eine Wespe.“ Das Motorengeräusch und die Form hätten ihn dazu veranlasst.

Jürgen Winter. Foto: him

Seither werde jeder Roller „ganz im platonischen Sinne“ an diesem „geistigen Urbild eines Motorrollers gemessen“. Der Gegenstand werde „zum Kultgegenstand,“ philosophierte Winter, „indem er im Bewusstsein des Betrachters deutlich mehr an Gefühlen und Assoziationen hervorruft als nur der reine Gebrauch im Alltag als Fortbewegungsmittel von A nach B auslösen würde.“

Kultstatus

Dass die Vespa diesen Kultstatus bei uns erlangt habe, sei wohl darauf zurückzuführen, dass Italien „das Sehnsuchtsland der Deutschen schlechthin“ sei – und zwar nicht erst seit Caterina Valente, sondern schon sein Kaiser Friedrich Barbarossa und dessen Sohn und Nachfolger Friedrich II.

Dem Kultgegenstand Vespa gelinge es, einen Zipfel des Gefühls von paradiesischem Lebensglück in Italien in unserem Bewusstsein zu wecken, ähnlich wie Caspar David Friedrichs Bildern dies mit der Landschaft an der Ostsee gelinge.
Winter wünschte den Ausstellungsbesuchern, dass die Vespas im Museum sie ein bisschen aus ihrem Alltag  herausreißen und  ins deutsche Sehnsuchtsland Italien entführen möge.

Dank an Leihgeberinnen und Leihgeber

In Vertretung von OB Eisenlohr dankte Winter allen Leihgeberinnen und Leihgebern, insbesondere vom Vespa Club 1950 aus Pforzheim. Auch den Ehrenpräsidenten des Vespa Clubs Deutschland Uwe Bödicker hieß er in Schramberg willkommen.

Er dankte dem Musiker Paolo Fanelli, dem Museumsteam um Helmut Banholzer und Anneliese Müller und ganz besonders dem Hauptleihgeber des Museum Martin Sauter, der mit seiner Tochter Ulrike Nester gekommen war.

Paolo Fanelli singt. Foto: him

Zwei Merkmale

Weniger philosophisch, mehr technisch werde sein Vortag, so Michael Klingel, Vorsitzender des Pforzheimer Vespa Clubs. Unzählige Vespamodelle seien seit 1946 gebaut worden.

Die Vespa zeichne zwei Merkmale aus: Die selbstragende Karosserie aus Blech und die Triebsatzschwinge am Hinterrad, die sowohl den Motor, die Bremse, der Auspuff als auch die Hinterradaufhängung beinhalte.

Michael Klingel. Foto: him

Günstig und praktisch

Enrico Piaggio wollte ein günstiges Transportmittel für die Menschen in den Nachkriegsjahren produzieren. Er beauftragte Corradino D‘Ascanio, einen Ingenieur und Flugzeugkonstrukteur, dieses neue Gefährt zu entwickeln. D’Ascanio mochte Motorräder eigentlich nicht, weil schmutzig und schwer zu handhaben. Er entwarf deshalb etwas völlig Neues, eben die Vespa.

Die beiden Vespa-Merkmale, so Klingel, seien eben auch dem Sparzwang geschuldet gewesen. Aber durch die Verkapselung des Motors kann man sich nicht verbrennen und schmutzig machen. Die Bedienung ist einfach, fast alles geht vom Lenker aus bis auf die Hinterradbremse per Pedal. “Man kann einfach draufsitzen und losfahren.“ Am 23. April 1946 meldete Piaggio die „Vespa“ zum Patent an.

Modell der Triebsatzschwinge. Foto: him

Schon bald entstanden Vespa-Clubs

Dass die Vespa tatsächlich bald etwas besonderes war, könne man daran ablesen, dass schon bald die ersten Vespa-Clubs entstanden. Schon 1951 seien die Pforzheimer Clubmitglieder zu weit entfernten Clubtreffen gefahren.

Vespa-Club-Andenken. Foto: him

Beim Rundgang durch die Ausstellung erläuterte Klingel weitere Details zur Entwicklungsgeschichte der Vespa. Auf großen Schautafeln können sich die Besucherinnen und Besucher auch selbst informieren.

Michael Klingel (rechts) berichtet über die Vespa-Geschichte. Foto: him

Im Anschluss an den Rundgang gab es unter anderem „Hugo-Cocktails“ . Auch stärkten sich die Gäste an kleinen typischen italienischen Leckereien, die Kirsten Moosmann von der Café-Bar Majolika beigesteuert hatte.

Foto: him
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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.