Udo Neudeck (Neue/Freie Liste): „Keine Tabuthemen“
Traditionell stellen die Sprecher der Gemeinderatsfraktionen im Schramberger Gemeinderat die großen Linien ihrer Politik anlässlich der Verabschiedung des Haushalts dar. Am Donnerstagabend war es so weit. Wir veröffentlichen Auszüge aus den Reden in der Reihenfolge, wie sie gehalten wurden.
Schramberg. Für die Freie/Neue Liste erklärte Udo Neudeck: „Uns fehlen Millionen. Es ist Selters statt Sekt angesagt.“ Er frage sich, ob die Stadt über ihre Verhältnisse gelebt habe, Unnötiges gebaut oder geplant habe und fand, dem sei nicht so?
„Wir sind in den letzten Jahren sparsam mit unseren Geldern umgegangen. Wir haben unser Sach nit verlottera lossa.“
Mehr als nur die Pflichtaufgaben
Die Stadt erfülle ihre Pflichtaufgaben und weit mehr noch darüber hinaus. Die Freiwilligkeitsleistungen seien enorm. Er meinte auch selbstkritisch, man habe bei Neubauten oft gesagt: „Gut, das ist zwar ganz schön teuer, aber die Isolierglasfenster machen sich bezahlt.“
Doch für Neudeck läuft es falsch: Er rechnete vor, dass Bei 65,9 Millionen Euro Einnahmen und 74,6 Millionen Ausgaben müsste man zwölf Prozent bei den Ausgaben einsparen, um auf ein ausgeglichenes Ergebnis zu kommen. Ohne Personalausgaben und Pflichtleistungen wären es gar 25 Prozent.
Nicht (nur) die Ampel ist schuld
„Das ist kurzfristig gar nicht zu schaffen.“ Schramberg sei da nicht allein, fast allen öffentlichen Haushalten fehle das Geld. Die schlechte Konjunktur sei nicht der Ampel allein anzulasten: „Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Corona Pandemie, Energiepreisschock, Fachkräftemangel, Inflation, Probleme in der Weltwirtschaft vor allem mit China und bald auch mit den USA zwingen die Unternehmen ihre Produktionsstrukturen zu überdenken und anzupassen.“
Eigentlich müsse man eine antizyklische Finanzpolitik betrieben, also Geldsparen in der Hochkonjunktur und Geld ausgeben in der Rezession. Das werde aber nicht umgesetzt.
Die Kommunen müssten ausbaden, was in Stuttgart und Berlin beschlossen werde. Das helfe aber nicht weiter.
Sparen, auch wenn es weh tut
Es gehe nun darum zu sparen, auch wenn es weh tut: „Da geht es um kleine Beträge. Aber auch an große Themen müssen wir uns ran wagen.“ Ernannte das Nicht-Bewilligen von zwei Stellen im Hochbau und bei Recht und Sicherheit als Beispiele. „Nicht, dass wir sie nicht brauchen. Wir können sie uns einfach nicht leisten.“ Er frage sich aber auch: „Braucht beispielsweise die Verwaltungsspitze drei Stabsstellen?“
Der Rat spare an mehreren Stellen auch bei der Aufhübschung des Rathausplatzes, die „erstmal vom Tisch“ sei.
„Hoffentlich bald“ werde der Rat über eine von der Verwaltung vorgeschlagene Haushaltskonsolidierung beraten und „alle Ausgaben und alle Einnahmen der Stadt auf den Prüfstand nehmen“. Neudeck betonte: „Es darf und es wird keine Tabuthemen geben.“
Es werde „und vor allem eine große Einigkeit unter den Gemeinderäten“ brauchen.
Schulcampus ersetzt drei Schulen
Zum Gymnasium und Schulcampus erklärte Neudeck, die Kosten, die die Stadt zwischenzeitlich ins Gymnasium investierten, seien ungefähr bekannt. Der Schulcampus ersetze drei Schulen: die Realschule, die Erhard-Junghans-Schule und die Peter-Meyer-Schule.
Wenn man alle drei Schulen renovieren müsste h wie das Gymnasium, dann koste das dreimal so viel wie das Gymnasium nämlich 60 Millionen Euro.
„Die Entscheidung, den Schulcampus zu bauen, fiel aber nicht wegen der Kosten. Sie war ganz bewusst eine pädagogische Entscheidung für einen attraktiven Schulstandort mit allen Möglichkeiten für zukünftige Entwicklungen zum Wohle von kommenden Schülergenerationen.“
Bei der Berneckschule findet Neudeck, die Entscheidung die Berneckschule zuerst einmal am alten Platz zu lassen, sei richtig. Für die Mensa werde sich eine Lösung finden, an einen Neubau an dieser Stelle sei aber derzeit nicht zu denken.
20 Millionen werden investiert
Neudeck lobte aber auch, dass ja weiterhin fast 20 Millionen Euro investiert werde, in Kindergärten und Schulen, die Sanierung von Straßen und Brücken. „Die Feuerwehren werden gut ausgestattet.“
Neudeck ging auf drei große Untersuchungen ein, „die allesamt Auswirkungen auf den Haushalt haben“. Der Feuerwehrbedarfsplan bedeute: „Wir brauchen kurzfristig ein Feuerwehrhaus in Schramberg Tal und längerfristig ein Feuerwehrhaus in Waldmössingen.“
Der Sportstättenbedarfsplan habe gezeigt, die Sportstätten seien soweit in Ordnung.
Die Erkenntnisse der Tourismuskonzeption seien „epochal und sensationell“, spottete er Wir sollen das Thema Zeit und Uhren größer bespielen und vielleicht auch die Fasnet. Wer hätte das gedacht?“
Lärmaktionsplan und Busprobleme sind Chefsache
Zum Lärmaktionsplan und Tempo 30 erklärte Neudeck, das sei keine Erfindung der Stadt Schramberg, sondern ein Bundesgesetz. „Wir Gemeinderäte mussten es umsetzten.“
Wegen der Busfahrpläne gebe es Ärger mit dem Landratsamt. „Wir Gemeinderäte werden aufgefordert, uns beim Landrat zu beschweren, wenn wir ihn zufälligerweise treffen. Entschuldigen sie bitte, das ist Chefsache und duldet auch keinen Aufschub mehr“, so Neudeck mit Blick auf Oberbürgermeisterin Eisenlohr.
In der Verwaltung knirscht es
An sie wandte er sich noch einmal: „Nicht nur ich nehme ein Knirschen innerhalb der Verwaltung wahr. Es ist wohl an manchen Stellen Sand im Getriebe.“ Das gebe es überall. „Wenn es aber zu viel wird, dann wird das zur Chefsache. Und wenn die Chefin es alleine nicht schafft, dann braucht man Hilfe von außen.“
Arbeitszeit, die wegen Grabenkämpfen und Heckenschützen verloren gehe, sei nicht effektiv eingesetzt, wurde Neudeck deutlich. Er appellierte an Eisenlohr: „Versuchen Sie diese Situation zu bereinigen. Das können wir uns auf Dauer nicht leisten.“
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