Sind dieTauben in der Stadt ein Problem in Schramberg? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Donnerstagabend der Ausschuss für Umwelt und Technik eingehend. Oberbürgermeisterin dorothee Eisenlohr berichtete, es gebe immer wieder Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern. Zum einen Beschwerden wegen Taubenkot, zum anderen die Sorge, die Tiere müssten verhungern, weil die Stadt ein Fütterungsverbot erlassen hatte.
Menschengemachtes Problem
„Wir haben deshalb einen Experten eingeladen“, so Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr. Frank Wilm habe sich auch schon in der Stadt umgesehen. Wilm beschäftigt sich professionell mit der artgerechten Umsiedelung von Stadttauben. In seiner Präsentation erläuterte er, dass der Mensch seit Jahrtausenden die Taube domestiziert habe. Eier, Fleisch und Federn habe der Mensch genutzt und sie entsprechend gezüchtet.
Nun seien die Tier aber wild und ihre Lege- und Brutfreudigkeit ein Problem. Ihre Population vermehre sich sehr rasch, da sie bis zu sieben Mal im Jahr brüteten. Entscheidend sei das Angebot an Futter und Nistplätzen. „Diese abzuschaffen, ist nicht realistisch“, so Wilm. Bekämpfe oder vergräme man die Tauben, reagierten sie mit vermehrtem brüten oder siedelten sich eben etwas entfernt an.
Zu viele Tauben schaden
Klar sei, dass Tauben Schäden anrichten. Ihr Kot sei nicht nur unschön an Hausfassaden, sondern könne auch Gesundheitsgefahren mit sich bringen. Taubenabwehr sei problematisch, denn Tauben seien intelligente Tiere.
Fütterungsverbote seien zwar grundsätzlich richtig, aber die sprichwörtliche „alte Dame im Park“ werde sich nicht abschrecken lassen. Außerdem: „Tauben gehören zum Stadtbild.“
Mit den Tauben arbeiten
Wilm propagiert eine andere Methode: Nicht gegen sondern mit den Tauben. Nach dem Regensburger Modell bietet man den Tauben komfortable Nistplätze und Futter an. Allerdings in einer geschlossenen Voliere, aus der sie regelmäßig ausfliegen können. „Die kommen zurück, weil sie es da bequem haben“, so die Erfahrung.
Das Entscheidende: In den Nestern tauschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die gelegten Eier gegen Gipseier aus. So bleibe die Population weitgehend stabil. Wichtig sei, dass man mindestens 90 Prozent der Tauben in der Stadt in eine solche Taubeneinrichtung locke.
Dass die Tauben unbedingt frei fliegen können müssen, wie es einige Tierschützer forderten, sieht Wilm anders: „Mit Futter und Nistplätzen wollen die gar nicht mehr raus“, so seine Beobachtung. Das Taubenhaus nach dem Regensburger Modell ist nicht ganz billig. Die laufenden Kosten für Personal, Wartung und Futter schätzt er auf 20 Euro je Taube pro Jahr.
Haben wir Handlungsbedarf? Eher nicht.
In der Diskussion fragte OB Eisenlohr, ob aus seiner Sicht in Schramberg Handlungsbedarf bestehe. Beim Gang durch die Stadt habe er in der Fußgängerzone etwa 40 Tauben gezählt, weitere 40 seien es im Be4reich der ST Mariakirche gewesen. Wilm: „Ich schätze, Sie haben 150 Tauben in der Stadt.“
Durch den Klimawandel verbesserten sich die Bedingungen für die Tauben. „Je früher man handelt, desto günstiger ist es.“ Dann seien auch die Kosten überschaubar.
ÖDP-Rat Volker Liebermann, selbst Tierschützer, wollte wissen, wie man die Tauben anlockt und was eine Taubenanlage kostet. Man müsse die Tiere einfangen und umsiedeln, antwortete Wilm. Zu den Anschaffungskosten wollte Wilm sich nicht äußern, dazu gebe es zu viele unterschiedliche Faktoren je nach Stadt.
Emil Rode (Freie Liste) fragte, ob es in der Stadt Brennpunkte gebe. „Ein massives Taubenproblem haben Sie nicht“, bestätigte Wilm. Er empfahl einen Taubenschutzbeauftragten zu benennen, der sich bei Beschwerden kümmern könne. Man könne auch mit einem ehemaligen Taubenzüchter zusammen arbeiten, schlug Rohde vor.
Reuter: „Habe keine Taube gesehen“
Jürgen Reuter („Aktive Bürger“) berichtete, er habe aus dem Ratssaal geschaut und keine Taube gesehen. Der Taubendreck werde weggespült, wenn es wieder regnet. Er sprach von einem „Horrorszenario“, das Wilm gezeichnet habe und riet, „nicht allzu viel“ zu unternehmen.
Jürgen Kaupp (CDU) fragte nach den Beschwerden. Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß berichtete von monatlich fünf bis sechs Anrufen von Gastwirten oder Einzelhändlern, die sich beklagten. „Das ist kein von der Verwaltung erfundenes Thema“, ergänzte Eisenlohr. Auch der Handels- und Gewerbeverein habe es angesprochen.
Füttern verboten – aber keine Konsequenzen
Oskar Rapp (Freie Liste) berichtete von Turm- und Wanderfalken, aber auch Mardern, die auf natürlichem Weg in Schramberg die Taubenpopulation stabil hielten. Er wollte wissen, wie das Fütterungsverbot kontrolliert werde.
Der Gemeindevollzugsdienst sei angewiesen, darauf zu achten, dass nicht gefüttert werde, so Rehfuß: „Aber die Fütterer sind nachts oder frühmorgens unterwegs und ziehen ihre Futterspur durch die Hauptstraße.“
Die Stadt habe bisher davon abgesehen, jemanden wegen des Fütterns zu ahnden, wenn jemand ein Stück Brot den Enten zuwerfe. Auch Eisenlohr versicherte: „Wir wollen die Kirche im Dorf oder die Taube auf dem Dach lassen. Wir wollen niemanden behelligen.“
Taubenexperte Wilm riet, aufzuklären. Wenn man die Tauben regelmäßig füttere, vermehrten sie sich. „Wenn man dann aufhört, sterben sie.“
Am Ende der gut einstündigen Runde fasste Eisenlohr zusammen: Der Ausschuss habe viel über die Tauben gelernt, werde aber auf weitere Untersuchungen verzichten. So sahen es auch die Ausschussmitglieder und stimmten einmütig zu.