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Strobel sieht sich als Opfer

SCHRAMBERG/TENNENBRONN – Der Ortschaftsrat Tennenbronn hat den bisherigen Ortsvorsteher Lutz Strobel – wie berichtet – nicht wieder gewählt. In, wie bei Personalangelegenheiten üblicher, geheimer Abstimmung hatten nur zwei von zehn Ortschaftsrätinnen und Räten Strobel dem Gemeinderat zur Wiederwahl empfehlen wollen, die andren waren dagegen. Strobel ist städtischer Beamter, die  Stadt muss ihm deshalb eine angemessene andere Stelle innerhalb der Verwaltung anbieten.

Nach der
Entscheidung hat sich Strobel zwei Mal geäußert, zunächst in einem Brief an die
Ortschaftsräte und dann in einer Erklärung, die er allerdings nur einer
örtlichen Tageszeitung, nicht aber der NRWZ oder anderen Medien zukommen ließ.

In seinem Brief an die Ortschafträte schreibt Strobel davon, er sei „wie ein Hund vom Hof gejagt“ worden. Auch kündigt er an, sich „viel Zeit nehmen“ zu müssen, um von seiner Krankheit wieder gesund zu werden. (Die NRWZ hat den Brief im Wortlaut veröffentlicht.) Strobel beklagt darin, dass der Ortschaftsrat in seiner Abwesenheit gegen ihn entschieden habe. (Strobel ist seit Mitte Mai durchgängig krankgeschrieben.)  Er sei durch die Entscheidung „gebrandmarkt“.

Einstimmig gewählt

Strobel erinnert daran, dass er im Herbst 2017 vom Ortschaftsrat und Gemeinderat jeweils einstimmig zum Ortsvorsteher gewählt worden sei und der Start  sehr schwer gewesen sei. „Mühsam musste ich alles mir selber erarbeiten, Abläufe, Ortskenntnis usw.“

Er habe
schon bald „eine große Unsicherheit und eine gewisse Ablehnung zur Stadt und
zur Ortschaft“ in der Bevölkerung gespürt und sei deshalb im Ort und bei den
Menschen unterwegs gewesen, „um sehr mühsam das Vertrauen in ihren Ort, in ihre
Stadt aufzubauen.“ Er habe „die Anliegen der Bürger und der Ortschaft mit den Fachbereichen
der Stadt Schramberg erörtert und auch, vielleicht lästig, ständig nachgebohrt
und mich dadurch unbeliebt gemacht.“ Von einem schlechten Verhältnis zwischen
der Ortsverwaltung und der Stadtverwaltung könne nicht die Rede sein.

Er  habe auch immer an den Sitzungen und Terminen
teilgenommen. „Keine Sitzung, kein Termin wurde von mir einfach so nicht
wahrgenommen.“

„Vom Hof gejagt“

Strobel
beklagt: „Der Ortsvorsteher und Mensch Lutz Strobel, der sein Leben der
Ortschaft Tennenbronn und der Stadt Schramberg komplett unterordnete, wurde vom
Hof gejagt.“ Er habe Fehler gemacht, für die er sich entschuldigt habe.
Schließlich kündigt er an: „Ich werde mir nun viel Zeit nehmen müssen, um von
meiner Erkrankung gesund zu werden und wieder Lebensmut und Freude zu bekommen.“

Eiermann rückt gerade

Zu vielen der angeführten Punkte können die Stadtverwaltung und die Ortschaftsräte keine Stellung beziehen, da Personalangelegenheiten der Verschwiegenheit unterliegen. Die ehemalige Ortschaftsrätin Susanne Eiermann hat aber in einem Leserbrief darauf hingewiesen, dass bereits im Mai 2018 im Ortschaftsrat das Verhalten Strobels diskutiert wurde: „Immer wieder verstieß der Ortsvorsteher gegen Anweisungen, die er von der Verwaltung erhielt. Trotz mehrerer Personalgespräche mit der Verwaltung änderte er sein Verhalten nicht.“

Er habe so die Verwaltung in Schramberg und den Gemeinderat gegen sich aufgebracht.  Möglicherweise würden die Tennenbronner diesen Konfrontationskurs ja gut finden, so Eiermann weiter, „aber in der Sache hat dieser Kurs Tennenbronn geschadet. Statt unsere Beschlüsse in den Schramberger Gremien zu vertreten, stellte er in unzähligen E-Mails an die Verwaltung Forderung über Forderung, von denen viele nicht mit dem Ortschaftsrat abgestimmt waren.“

Strobel: „Nie Probleme mit dem Ortschaftsrat“

Nach diesem Leserbrief hat sich Strobel noch einmal gemeldet, seine Stellungnahme aber wohl nur dem „Schwarzwälder Boten“ geschickt, aus dessen Artikel wir folglich zitieren müssen. Strobel behauptet darin: „Ich hatte nie Probleme mit dem Ortschaftsrat.“  Er sei „zuverlässig und ehrlich mit den Anliegen der Bürger und der Ortschaft umgegangen“.

Er zählt auf, was er alles angepackt habe, und dass er sogar für das Kroneareal einen Projektentwickler gewonnen habe: „Das Thema Straßenunterhaltung habe ich mit dem Fachbereich 4 neu strukturiert, indem eine mittelfristige Planung erstellt wurde und weitere Straßenabschnitte in den Investhaushalt aufgenommen werden.“

Er habe viele Grundstücksangelegenheiten erfolgreich abgewickelt: in der Talstraße, ein Waldkauf beim Ferienpark, beim Neubaugebiet Bergacker IV und eine Waldwegevereinbarung Mittelberg.

„Ich habe viel getan, um die Zusammenarbeit und die Atmosphäre zwischen Tennenbronn und Schramberg zu stärken.“ Er habe Vertrauen aufgebaut, Kontakte zu Ämtern und Behörden aufgenommen und sei Mittler gewesen, zitiert die Zeitung aus Strobels Erklärung. Susanne Eiermann habe seine Person „in einem schlechten Licht stehen gelassen. Das tut weh.“

MItarbeiter sehen es anders

Hört man sich allerdings in der Stadt- und Ortsverwaltung um, so scheinen Eiermanns Schilderungen noch sehr zurückhaltend. Strobels Ton  gegenüber seinen Mitarbeiterinnen sei gelegentlich unangemessen gewesen. Eindeutige Anweisungen habe er häufig schlicht ignoriert. Man könne sich nicht erinnern, dass jemand in so kurzer Zeit so viele Leute in der Verwaltung gegen sich aufgebracht habe.

Strobel prozessiert gegen die Stadt

Auch seine Bemerkung, von einem schlechten Verhältnis zwischen der Ortsverwaltung und der Stadtverwaltung könne nicht die Rede sein, trifft wohl nicht zu. Wäre das Verhältnis gut, würde Strobel die Stadt wohl nicht vor dem Verwaltungsgericht verklagen. Hat er aber.  

Lena Fischer, Richterin am Verwaltungsgericht Freiburg bestätigt auf Nachfrage der NRWZ, „dass Herr Lutz Strobel bei dem Verwaltungsgericht Freiburg eine Klage gegen die Stadt Schramberg anlässlich einer von dieser gegen ihn als Ortvorsteher von Tennenbronn ausgesprochenen Missbilligung anhängig gemacht hat.“

Die Klage stamme aus dem September 2018. Eine Missbilligung ist eine beamtenrechtliche Beanstandung eines Fehlverhaltens und entspricht im „normalen“ Arbeitsleben einer Abmahnung.

Die Beanstandung
sei „im Hinblick auf Verlautbarungen, die Herr Strobel gegenüber der Presse
ohne Freigabe getätigt habe“ erfolgt, so Richterin Fischer weiter. Und
schließlich: „Wann es zur mündlichen Verhandlung der Sache vor dem
Verwaltungsgericht Freiburg kommen wird, ist noch nicht abzusehen.“

Wer „krank machen“ ankündigt, riskiert seinen Job

Strobels Ankündigung, er werde sich „viel Zeit nehmen“ müssen, um „von seiner Krankheit wieder gesund“ zu werden, ist problematisch: „Die Ankündigung, krank zu machen, kann ein Grund für eine fristlose Entlassung sein“, so der Schramberger Fachanwalt  für Arbeitsrecht Markus Kohler. Dies gelte auch für Beamte.

Info: Zum diesem Thema hat die NRWZ in ihrer Online-Ausgabe Strobels erste Stellungnahme  (nrwz.de/ 235408) im Wortlaut  und mehrere Leserbriefe unter anderem auch vom Personalratsvorsitzenden der Stadt Achim Ringwald veröffentlicht.

 

https://www.nrwz.de/schramberg/strobel-sieht-sich-als-opfer/236244