Von den Erfahrungen anderer Kommunen kann man viel lernen. Das dachte sich die Politische Vereinigung „Buntspecht“ und lud für ihren Themennachmittag zur Landesgartenschaubewerbung drei Stadträtinnen und -räte aus Nagold und Villingen-Schwenningen ein.
Etwa 15 Interessierte, darunter auch Schrambergs Oberbürgermeister Thomas Herzog, die Buntspecht-Stadträte und ÖDP-Stadtrat Bernd Richter, ließen sich zunächst von Karl Pröbstle auf dem Sulgen das Gartenschaugelände zeigen. Der städtische Gartenbaufachmann schilderte die Möglichkeiten auf dem gut 15 Hektar großen Gelände zwischen der alten Rottweiler Straße mit der Kreissporthalle und dem Feuerwehrgerätehaus auf der einen und dem Wittumhügel auf der anderen Seite.
„Ein großer Teil des Geländes ist städtisch, wir können also realitätsbezogen planen“, so Pröbstle.
Eine Herausforderung werde die Verbindung vom Sulgen ins Tal per Shuttlebus, per E-Bike oder über autonomes Fahren auf der alten Steige. Die Gäste würden aber alle zunächst auf dem Sulgen auf dem künftigen Industriegelände Schießäcker ankommen. „In der Talstadt wären keine Parkierungsflächen vorhanden.“
Retentions- und Freizeitsee
Pröbstle zeigte auch, wo der Landschaftssee entstehen soll. Dieser 15.000 Quadratmeter große See soll das Oberflächenwasser aus dem neuen Industrie- und Gewerbegebiet, aber auch aus anderen Bereichen des Sulgens aufnehmen und als Retentionsspeicher und gleichzeitig als Freizeitfläche dienen. In einigen Bereichen soll der See bis zu vier Meter tief werden.
Hier entspann sich schon die erste Diskussion: Welcher Art werde das Industriegebiet werden, fragte Joachim von Mirbach, grüner Stadt- und Kreisrat aus Villingen-Schwenningen. Richtung Seedorfer Straße seien Betriebe angedacht, die im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten, Richtung Landesgartenschaugelände eher kleinere Gewerbebetriebe, erwiderte OB Herzog. Der ökologische Ausgleich werde im Gebiet erfolgen, betonte Pröbstle auf eine entsprechende Frage. Die Industriebetriebe hätten da sehr moderne Ideen von der Dachbegrünung bis zu Innenhöfen.
Bernd Gorenflo, grüner Stadtrat aus Nagold, riet, den Unternehmen auch bei der regenerativen Energiegewinnung Vorgaben zu machen, um so für eine „ökologische Eigenständigkeit“ zu sorgen. Was denn mit dem möglicherweise von Natur aus arsenblasteten Aushub für den See geschehen soll, wollte von Mirbach wissen. Der dürfe in der Nachbarschaft abgeladen werden, also für Dämme ums Gelände und um den Wittumhügel noch zu erhöhen, so Pröbstle.
Anreise per Reisebus
Zur Anreiseproblematik berichteten die Nagolder und der Villinger Kommunalpolitiker, die meisten Gäste kämen mit Reisebussen: „Die bringen die Masse der Besucher.“ Die anderen kämen mit dem eigenen Auto, wenige per Bahn oder Linienbus.
Bei der anschließenden Besprechung im Atelier der Grund- und Werkrealschule bat der Buntspecht-Vorsitzende Peter Schimak die Gäste zu berichten, wie nachhaltig die Landesgartenschau in ihrer Kommune gewirkt habe.
Von Mirbach erinnerte an die „gigantischen Altlasten“ beim Schwenninger Bahnhof, die nur dank der Landesgartenschau abgeräumt werden konnten. Auch dass die Brigach in Villingen zugänglich wurde, sei der LGS zu verdanken. Viele Aktionen hätten Schulen, Kindergärten und Vereine zusätzlich als LGS Plus-Projekte gestaltet. Am Ende habe die LGS sogar etwa eine Million Euro Gewinn abgeworfen.
Viele Vorteile durch die Landesgartenschau
In Nagold, so Bernd Gorenflo und Charlotte Michel-Biegel, habe es entgegen den Erwartungen kein Verkehrschaos gegeben. Umstritten waren die geplanten 683 Stufen zur Burg Nagold. Ein Bürgerentscheid habe diese Idee zu Fall gebracht. Zum Glück, wie Gorenflo einräumte, denn die Treppe wäre wohl die halbe Zeit nicht nutzbar gewesen. „Planer haben manchmal tolle Ideen…“ Im Rahmen der Landesgartenschau entstanden auch Flächen für Wohnbebauung. Die dort entstandenen Wohnungen seien allerdings sehr teuer, bedauerten beide. „Der Soziale Wohnungsbau ist bei uns komplett untergegangen.“
Michel-Biegel wies auf den gesellschaftlichen Aspekt hin. Fast alle Nagolder hätten eine LGS-Dauerkarte gekauft. „Die Leute waren darauf stolz.“ In der Stadt sei Leben entstanden, „fast wie im Süden“. Anders als das Image es besagt, seien in Villingen-Schwenningen „Unmengen Kinder und Jugendliche“ unterwegs gewesen, erinnert sich von Mirbach. Eine sehr günstige Dauerkarte und drei außergewöhnliche Spielplätze hätten das bewirkt.
Auch die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer seien ein Faktor für das Gelingen gewesen und hätten zur hohen Zufriedenheit mit der LGS geführt, so Gorenflo. Was denn so richtig danebengegangen sei, wollte ein Buntspecht-Stadtrat wissen. In Villingen-Schwenningen habe man den Jugendlichen eine Skaterbahn versprochen und dann gestrichen. „Da haben wir die Jugend besch…“ In Nagold ist den beiden Räten außer dem Wohnungsbau und der Treppe kein gravierender Fehler eingefallen.
OB Herzog bekannte zum Schluss, eine LGS werde „ein Kraftakt für die Verwaltung“, weshalb man beim Personal möglicherweise „temporär nachsteuern“ müsse. Insgesamt waren sich aber alle einig, dass die LGS für Schramberg eine große Chance bedeuten würde, um Probleme anzugehen. Denn so von Mirbach: „Bei einer Landesgartenschau kann man alle Töpfe anzapfen, die es nur gibt.“