Ein Routinevorgang, nämlich die Vergabe der städtischen strom- und Gaslieferungen durch den Gemeinderat weitete sich dieses Mal zu einer Grundsatzdebatte aus. Clemens Maurer (CDU) bezweifelte die Sinnhaftigkeit des Bezugs von Ökostrom. Das sei „wider die ökonomische Rationalität“.
Schramberg. Zunächst hatte Oberbürgermeisterin die Vergabeentscheidung angekündigt, sie sei erforderlich, damit es auch im nächsten Jahr „hell und warm“ bleibe.
Fachbereichsleiter Bent Liebrich hatte erläutert, dass die Vergabe fürs neue Jahr anstehe, der bisherige Liefervertrag mit den Stadtwerken laufe zum Jahresende aus. Wegen des Umfangs habe die Stadt europaweit ausschreiben müssen und dazu einen Dienstleister hinzugezogen. Der Vertrag sei auf zwei Jahre befristet mit der Option, um zwei weitere Jahre zu verlängern.
Stadtwerke bieten an
Beim Strom habe man etwa 2,1 Millionen Kilowattstunden als Abnahmemenge geschätzt, die an 232 Abnahmestellen fließen. Beim Gas gehe man von etwa 6,9 Millionen Kilowattstunden an 47 Abnahmestellen aus. Beim Strom habe man 100 Prozent Ökostrom geordert, beim Gas bei 100.000 Kilowattstunden eine Beimischung von zehn Prozent Biomethanbeimischung, „um bei der Erneuerung von Heizungsanlagen einen Teil der Forderungen nach Nutzung regenerativer Energien bewerkstelligen zu können“, wie es in einer Vorlage heißt.
Sowohl beim Strom als auch beim Gas habe es nur einen Anbieter gegeben, so Liebrich, nämlich die Stadtwerke Schramberg. Diese würden den Strom für knapp 534.000 Euro, das Gas für 1,35 Millionen Euro liefern.
Jürgen Reuter (Aktive Bürger) erkundigte sich nach der Zukunft des Gases angesichts der politischen Debatten. Das werde man im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung diskutieren, sicherte Liebrich zu.
Wieso Ökostrom?
Maurer fragte, weshalb die Stadt ausschließlich Ökostrom ausgeschrieben habe. Das sei wegen der Nachhaltigkeitsziele der Stadt geschehen, entgegnete Liebrich. Der Umbau der Energiewirtschaft sei Fakt, bestätigte Maurer. Andererseits habe man bei uns die höchsten Strompreise. Die Verbraucher zahlten schon über die CO2- Abgabe „und wir satteln noch einen drauf“, schimpfte er. Das sei „wider die ökonomische Rationalität“.
Sein Fraktionskollege Jürgen Kaupp wollte wissen, was die Stadt bei einem „normalen“ Stromtarif zahlen müsse und welche Kosten durch die europaweite Ausschreibung entstanden seien. Beides konnte Liebrich nicht beantworten und versprach, die Zahlen nachzuliefern.
Susanne Andreae (SPD-Buntspecht) staunte über die Diskussion. Gerade habe man noch über Hitze in der Stadt und den Klimawandel gesprochen und nun werde die Lieferung von Ökostrom in Lrage gestellt. „Das ist nicht konsequent.“
Maurer beharrte, die Verbraucher würden so doppelt zu Kasse gebeten. Einmal über die CO2-Abgabe und dann über höhere Ausgaben der Stadt.
Oskar Rapp (Freie/Neue Liste) erkundigte sich, ob der Strom aus städtischen Solarparks ins Netz eingespeist oder selbst verbraucht werde. Denn dann müssten sich die Verbrauchszahlen der Stadt verringern. Bei der geplanten PV-Anlage am Wittumparkplatz werde der Strom die Grund- und Werkrealschule Sulgen versorgen, bestätigte Liebrich. Ähnlich werde es bei der Halle in Tennenbronn sein, ergänzte Eisenlohr. Dennoch müsse die Stadt noch ziemlich viel Strom zukaufen.
Nur ein Bieter
Hannes Steim (CDU) wunderte sich, dass es nur je ein Angebot gegeben habe. Ihn interessierte, ob es da kartellrechtliche Probleme geben könne. Auch Stadtwerkeleiter Peter Kälble war darüber überrascht, wie er berichtete. Bei der letzten Ausschreibung seien es noch drei Bewerber gewesen. Solche Verträge seien wegen der vielen Abnahmestellen nicht sonderlich attraktiv, höre er aus der Branche.
Jürgen Kaupp hatte auf die Schnelle mit Blick auf die Homepage der Stadtwerke ausgerechnet, im Vergleich zum Normaltarif sei der Ökostrom 60.000 Euro teurer. Das konnte Kälble so nicht bestätigen. Die Stadt zahle nicht den normalen Tarif, wie er auf der Homepage zu finden sei. Es handle sich um einen indexierten Preis, der mit den Privatkundenpreisen nicht vergleichbar sei.
Bei Enthaltungen von Maurer und Kaupp beschloss der Rat ansonsten einmütig, die Strom- und Gaslieferungen wie vorgeschlagen zu vergeben.