Spiel mit dem Feuer

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Schramberg – Erstaunlich: In Schramberg gab es einst Rauchklubs mit so passenden Namen wie Qualm. Die luden zu Waldfesten oder Weihnachtsfeiern und pflegten die „Gemütlichkeit“. Dass die Qualmerei bis vor wenigen Jahrzehnten als durchaus gesellschaftsfähig galt und welche auch kulturgeschichtliche Bedeutung das Rauchen hatte, daran erinnert seit Freitag eine Ausstellung im Schramberger Stadtmuseum.

Schramberger Rauchklubs. Foto: him

In Vertretung von Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr eröffnete ihr ehrenamtlicher Stellvertreter Stadtrat Jürgen Winter die Ausstellung. Der jüngst auch zum Dr. phil. promovierte Arzt und Philosoph wies daraufhin, dass hinter den Objekten oft noch eine zweite Bedeutung verborgen sei. Feuer und Rauch hätten Jahrtausende die Menschen beschäftigt. Das Rauchen sei „ein kontrolliertes Spiel mit dem Feuer“.

Mythos Feuer und Rauch

Prometheus brachte den Menschen in der griechischen Mythologie das Feuer und habe sich über die Götter erhoben. „Seine Strafe war fürchterlich.“ Das Feuer ermöglichte die Esskultur: „Es wird geräuchert, gekocht, gegart, gedämpft, gegrillt“, so Winter. Mit dem Abbrennen des Tabaks genieße der Raucher subtiler, nämlich über den Atem.

Jürgen Winter. Foto: him

Er erinnerte aber auch an die Symbolik des brennenden Buschs,des ewigen Lichts und des Fegefeuers. Werbung und Medien hätten das Rauchen sozial akzeptabel gemacht, „die potenziell zerstörerische Wirkung wurde verdeckt“. Die magische Anziehungskraft des Feuers auf den Menschen sei möglicherweise auch ein Grund, weshalb es Rauchern so schwer falle, aufzuhören.

Winter dankte den Gästen vom Oberrheinischen Tabakmuseum aus Mahlberg Patrik Benz und Ulrich Hehr, die zahlreiche Gegenstände zur Ausstellung beigetragen hätten.

Raucherutelsilien aus Mahlberg und Schramberg. Foto: him

Familienbande

Annette Hehr vom Stadtmuseum hatte die Ausstellung mit ihrem Team gestaltet und gleich verraten, dass sie  persönliche Verbindungen zu Mahlberg und dem Museum dort habe. Sie sei dort aufgewachsen und ihre Eltern Ruth und Ulrich hätten das Museum mit aufgebaut.

Die Idee zur Ausstellung sei ihr im Zusammenhang mit der großen Jubiläumsausstellung „Alle Tassen im Schrank“ gekommen. „Wir haben unglaublich viele Aschenbecher von der Majolika im Depot“, erinnerte sie sich. „Zum Rauche könne mer was mache.“

Gemeinsam mit Patrik Benz durchstöberte sie das Magazin in Mahlberg und fand viele Wunschobjekte für die Schramberger Schau – die möglicherweise auch noch in Mahlberg gezeigt werden wird.

In der Ausstellung ist zu sehen, wie der Tabak nach Christopher Columbus Entdeckung Amerikas nach Europa und später nach Deutschland kam. Die Entwicklung des Tabakgenusses vom Pfeife rauchen bis zur E-Zigarette und  Shishas ist zu sehen – und natürlich, wie die Majolika mit  Aschenbechern aber auch allerlei anderem Zubehör am Tabakkonsum partizipieren wollte.

Gut besuchte Ausstellungseröffnung mit Annette Hehr am Mikrofon. Foto: him

Zeitgeist und Wandel

Nachdem das Rauchen früher Statussymbol war, sei es heute stigmatisiert und weitgehend aus der Öffentlichkeit verbannt, so Hehr. Die Museumsgegenstände zeigten die unterschiedlichen Trends und erlaubten Rückschlüsse auf den jeweiligen Zeitgeist. So gibt es ganz große Aschenbecher für Zigarren. Andere speziell für Pfeifenraucher.

Ein besonderes Raucherset mit drei zierlichen kleinen Aschenbechern weise auf die bürgerliche Gastlichkeit im vergangenen Jahrhundert hin. Da konnte jeder Gast bequem seinen eigenen Aschenbecher in der Hand halten.“Die Besucher rauchten selbstverständlich in der Wohnung, niemand verdrückte sich auf den Balkon.“

„Gästeascher“ aus der Majolika. Foto: him

Ganz mutige Gäste lud Hehr schließlich dazu ein, vor dem Museum „das Abenteuer zu wagen“ und eine Zigarre zu probieren. Nicht alle wie der Berichterstatter hatten nach dem ersten Zug schon genug.

Die Abenteurerrunde. Foto: him

Info:  Die Ausstellung im Stadtmuseum Schramberg ist bis zum 13. November zu sehen. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Samstag jeweils von 13 bis 17 Uhr. An Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr.

 

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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Schramberg – Erstaunlich: In Schramberg gab es einst Rauchklubs mit so passenden Namen wie Qualm. Die luden zu Waldfesten oder Weihnachtsfeiern und pflegten die „Gemütlichkeit“. Dass die Qualmerei bis vor wenigen Jahrzehnten als durchaus gesellschaftsfähig galt und welche auch kulturgeschichtliche Bedeutung das Rauchen hatte, daran erinnert seit Freitag eine Ausstellung im Schramberger Stadtmuseum.

Schramberger Rauchklubs. Foto: him

In Vertretung von Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr eröffnete ihr ehrenamtlicher Stellvertreter Stadtrat Jürgen Winter die Ausstellung. Der jüngst auch zum Dr. phil. promovierte Arzt und Philosoph wies daraufhin, dass hinter den Objekten oft noch eine zweite Bedeutung verborgen sei. Feuer und Rauch hätten Jahrtausende die Menschen beschäftigt. Das Rauchen sei „ein kontrolliertes Spiel mit dem Feuer“.

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Jürgen Winter. Foto: him

Er erinnerte aber auch an die Symbolik des brennenden Buschs,des ewigen Lichts und des Fegefeuers. Werbung und Medien hätten das Rauchen sozial akzeptabel gemacht, „die potenziell zerstörerische Wirkung wurde verdeckt“. Die magische Anziehungskraft des Feuers auf den Menschen sei möglicherweise auch ein Grund, weshalb es Rauchern so schwer falle, aufzuhören.

Winter dankte den Gästen vom Oberrheinischen Tabakmuseum aus Mahlberg Patrik Benz und Ulrich Hehr, die zahlreiche Gegenstände zur Ausstellung beigetragen hätten.

Raucherutelsilien aus Mahlberg und Schramberg. Foto: him

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Annette Hehr vom Stadtmuseum hatte die Ausstellung mit ihrem Team gestaltet und gleich verraten, dass sie  persönliche Verbindungen zu Mahlberg und dem Museum dort habe. Sie sei dort aufgewachsen und ihre Eltern Ruth und Ulrich hätten das Museum mit aufgebaut.

Die Idee zur Ausstellung sei ihr im Zusammenhang mit der großen Jubiläumsausstellung „Alle Tassen im Schrank“ gekommen. „Wir haben unglaublich viele Aschenbecher von der Majolika im Depot“, erinnerte sie sich. „Zum Rauche könne mer was mache.“

Gemeinsam mit Patrik Benz durchstöberte sie das Magazin in Mahlberg und fand viele Wunschobjekte für die Schramberger Schau – die möglicherweise auch noch in Mahlberg gezeigt werden wird.

In der Ausstellung ist zu sehen, wie der Tabak nach Christopher Columbus Entdeckung Amerikas nach Europa und später nach Deutschland kam. Die Entwicklung des Tabakgenusses vom Pfeife rauchen bis zur E-Zigarette und  Shishas ist zu sehen – und natürlich, wie die Majolika mit  Aschenbechern aber auch allerlei anderem Zubehör am Tabakkonsum partizipieren wollte.

Gut besuchte Ausstellungseröffnung mit Annette Hehr am Mikrofon. Foto: him

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Ein besonderes Raucherset mit drei zierlichen kleinen Aschenbechern weise auf die bürgerliche Gastlichkeit im vergangenen Jahrhundert hin. Da konnte jeder Gast bequem seinen eigenen Aschenbecher in der Hand halten.“Die Besucher rauchten selbstverständlich in der Wohnung, niemand verdrückte sich auf den Balkon.“

„Gästeascher“ aus der Majolika. Foto: him

Ganz mutige Gäste lud Hehr schließlich dazu ein, vor dem Museum „das Abenteuer zu wagen“ und eine Zigarre zu probieren. Nicht alle wie der Berichterstatter hatten nach dem ersten Zug schon genug.

Die Abenteurerrunde. Foto: him

Info:  Die Ausstellung im Stadtmuseum Schramberg ist bis zum 13. November zu sehen. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Samstag jeweils von 13 bis 17 Uhr. An Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr.

 

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