Heftige Debatte über den Sinn einer Rücklage für den Schulcampus

Schramberger Finanzen: Abschluss 2023 gebilligt

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Gleich zum Start ihrer neuen Amtszeit erhielten die Gemeinderätinnen und Räte im Schramberger Gemeinderat einen Einblick in die Finanzsituation der Stadt. Und die „Neuen“ konnten erleben, wie heftig es gelegentlich im Ratssaal zur Sache geht, wenn‘s ums Geld geht.

Schramberg. Die Hoffnung von Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, es werde „hoffentlich weniger turbulent“ zugehen als beim Tagesordnungspunkt „Krankenhausareal“ erfüllte sich nicht. Und dabei stand eigentlich ein eher furztrockenes Thema an: Der Rechenschafts- und Prüfbericht zum Jahresabschluss 2023.

Kämmerer Klemens Walter hatte zunächst positive Zahlen für das Gremium. Die Gewerbesteuer brachte 6,5 Millionen mehr als geplant und stieg auf ein Rekordergebnis von 31 Millionen Euro. Die Rücklage für den Finanzausgleich (FAG) lag bei etwa acht Millionen Euro. Die Personalausgaben lagen um 680.000 Euro unter dem Plan.

Zum Jahreswechsel hatte Schramberg laut Walter einen „Cashpool von 35 Millionen Euro“. Das habe auch daran gelegen, dass von den geplanten 20 Millionen Euro für Investitionen nur 13 Millionen tatsächlich umgesetzt werden konnten.

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Stadtkämmerer Klemens Walter. Foto: him

Zur Verschuldung erläuterte der Kämmerer, dass die Stadt an sich mit gerade mal einer Million praktisch schuldenfrei sei. Nicht aber der “Konzern Stadt“. Dazu gehören die Eigenbetriebe und insbesondere die Stadtwerke mit insgesamt 42 Millionen Schulden.

Personalleiterin Ute Vogel erklärte, die Minderausgaben beim Personal hingen damit zusammen, dass die Stadt Menschen erst Später habe einstellen können. Hinzu kämen Vakanzen, die weitere 200.000 Euro weniger Lohnkosten bedeuteten. Von diesen Zahlen ausgenommen sei der Kita-Bereich.

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Personalleiterin Ute Vogel. Foto: him

In ihrem Prüfbericht hat Andrea Lepsch vom Rechnungsprüfungsamt dem Kämmerer und seinem Team bestätigt, dass alles ordentlich verbucht sei. Sie berichtete von einer Reinvestitionsquote vom zweieinhalbfachen der Abschreibung, das sei ein sehr guter Wert, „weit über dem Landesdurchschnitt“.

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Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr (links) beim Bericht der Rechnungsprüferin Andrea Lepsch. Foto: him

So glaubte der Berichterstatter: alles paletti, Tagesordnungspunkt abgehakt. Doch weit gefehlt. Stadträtin Barbara Kunst (CDU) erkundigte sich nach einer „zweckgebundenen Rücklage für das Schulcampusprojekt“.

Wo bleibt die Schulcampusrücklage?

Das mache aus seiner Sicht jetzt noch keinen Sinn, entgegnete Kämmerer Walter. Eine solche Rücklage, also anzusparen, sei erst dann sinnvoll, wenn das Projekt konkreter werde. Er werde die Anregung aufgreifen und „zu gegebener Zeit“ die Rücklage empfehlen.

„Wann ist der richtige Zeitpunkt, um einen solchen Antrag zu stellen“, hakte Kunst nach. Ihr Fraktionskollege Jürgen Winter, sah den Grund für die noch nicht gestartete Rücklage darin, dass die politische Gewichtung noch nicht so stark sei. Er forderte „ein politisches Signal“ für den Schulcampus.

Er sei doch auf ihrer Seite, erwiderte der Kämmerer. Bei den anstehenden Premiumprojekten wie Halle Tennenbronn und Kirchplatzschule wolle er nur “keine Liquidität rausnehmen müssen“. Für Winter allerdings ist der Schulcampus „d a s Premiumprojekt“.

Das Sieger-Modell des Wettbewerbs für den Schulcampus aus dem Jahr 2020. Immerhin, der Don-Bosco-Kindergarten (vorne links) wird demnächst fertig. Archiv-Foto: him

CDU kontra Verwaltung

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr versuchte zu vermitteln. Andere Premiumprojekte seien eben zeitlich früher gesetzt. Die Kirchplatzschule wird bereits umgebaut. Bei der Halle Tennenbronn soll 2025 der erste Spatenstich erfolgen. „Ich will uns ersparen, auf dem Sonderkonto Geld anzulegen, und dann müssen wir es da wieder runterholen.“

CDU-Stadtrat Clemens Maurer zürnte. Der Campus sei seit Jahren Priorität, das habe mit anderen Projekten nichts zu tun. Er drohte, man könne die Verabschiedung des Abschlusses ja auch verschieben, und der Kämmerer sollte die Rücklage noch aufnehmen. „Es ist nicht statthaft, dass die Verwaltung entscheidet, wann die Rücklage gebildet wird.“

Ins selbe Horn stieß Dominik Dieterle aus der CDU-Fraktion: Seine Fraktion habe schon 2022 die Bildung der Rücklage vorgeschlagen. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, diese zu bilden. Das sei eine politische Entscheidung, konterte Klemens Walter: „Sie können das so beschließen. Sie müssten dann auch die Höhe festlegen.“

Günter: Wir machen es 2024

Reinhard Günter (SPD-Buntspecht) versuchte zu beruhigen. Heute etwas anzuhängen an den fertigen Jahresabschluss, hielt er für nicht sinnvoll. „Wir haben dieses Jahr Zeit, wir können dieses Jahr beschließen, dass es in 2024 umgesetzt wird.“

Eisenlohr versprach, die Verwaltung werde nach den Sommerferien das Thema aufgearbeitet erneut in den Rat bringen.

Kunst betonte, es sei ihr immer um eine Ergebnisrücklage gegangen. Dafür sei ein positives Jahresergebnis erforderlich. Sie sei mit dem Vorschlag einverstanden. „Wenn es 2024 klappt, ist es gut.“ So sah es schließlich auch der Sprecher der Freien Liste/Neuen Liste Udo Neudeck. Ein solcher Beschluss habe Signalwirkung und zeige, „wir nehmen es ernst“.

Bei zwei Enthaltungen von Clemens Maurer und Thomas Brantner (beide CDU) beschloss der Rat, den Jahresabschluss 2023 festzustellen.

Kurve gekriegt.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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Gleich zum Start ihrer neuen Amtszeit erhielten die Gemeinderätinnen und Räte im Schramberger Gemeinderat einen Einblick in die Finanzsituation der Stadt. Und die „Neuen“ konnten erleben, wie heftig es gelegentlich im Ratssaal zur Sache geht, wenn‘s ums Geld geht.

Schramberg. Die Hoffnung von Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, es werde „hoffentlich weniger turbulent“ zugehen als beim Tagesordnungspunkt „Krankenhausareal“ erfüllte sich nicht. Und dabei stand eigentlich ein eher furztrockenes Thema an: Der Rechenschafts- und Prüfbericht zum Jahresabschluss 2023.

Kämmerer Klemens Walter hatte zunächst positive Zahlen für das Gremium. Die Gewerbesteuer brachte 6,5 Millionen mehr als geplant und stieg auf ein Rekordergebnis von 31 Millionen Euro. Die Rücklage für den Finanzausgleich (FAG) lag bei etwa acht Millionen Euro. Die Personalausgaben lagen um 680.000 Euro unter dem Plan.

Zum Jahreswechsel hatte Schramberg laut Walter einen „Cashpool von 35 Millionen Euro“. Das habe auch daran gelegen, dass von den geplanten 20 Millionen Euro für Investitionen nur 13 Millionen tatsächlich umgesetzt werden konnten.

gr klamens walter 180724 (45)
Stadtkämmerer Klemens Walter. Foto: him

Zur Verschuldung erläuterte der Kämmerer, dass die Stadt an sich mit gerade mal einer Million praktisch schuldenfrei sei. Nicht aber der “Konzern Stadt“. Dazu gehören die Eigenbetriebe und insbesondere die Stadtwerke mit insgesamt 42 Millionen Schulden.

Personalleiterin Ute Vogel erklärte, die Minderausgaben beim Personal hingen damit zusammen, dass die Stadt Menschen erst Später habe einstellen können. Hinzu kämen Vakanzen, die weitere 200.000 Euro weniger Lohnkosten bedeuteten. Von diesen Zahlen ausgenommen sei der Kita-Bereich.

gr vogel ute 180724 (51)
Personalleiterin Ute Vogel. Foto: him

In ihrem Prüfbericht hat Andrea Lepsch vom Rechnungsprüfungsamt dem Kämmerer und seinem Team bestätigt, dass alles ordentlich verbucht sei. Sie berichtete von einer Reinvestitionsquote vom zweieinhalbfachen der Abschreibung, das sei ein sehr guter Wert, „weit über dem Landesdurchschnitt“.

gr dk 180724 (53)
Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr (links) beim Bericht der Rechnungsprüferin Andrea Lepsch. Foto: him

So glaubte der Berichterstatter: alles paletti, Tagesordnungspunkt abgehakt. Doch weit gefehlt. Stadträtin Barbara Kunst (CDU) erkundigte sich nach einer „zweckgebundenen Rücklage für das Schulcampusprojekt“.

Wo bleibt die Schulcampusrücklage?

Das mache aus seiner Sicht jetzt noch keinen Sinn, entgegnete Kämmerer Walter. Eine solche Rücklage, also anzusparen, sei erst dann sinnvoll, wenn das Projekt konkreter werde. Er werde die Anregung aufgreifen und „zu gegebener Zeit“ die Rücklage empfehlen.

„Wann ist der richtige Zeitpunkt, um einen solchen Antrag zu stellen“, hakte Kunst nach. Ihr Fraktionskollege Jürgen Winter, sah den Grund für die noch nicht gestartete Rücklage darin, dass die politische Gewichtung noch nicht so stark sei. Er forderte „ein politisches Signal“ für den Schulcampus.

Er sei doch auf ihrer Seite, erwiderte der Kämmerer. Bei den anstehenden Premiumprojekten wie Halle Tennenbronn und Kirchplatzschule wolle er nur “keine Liquidität rausnehmen müssen“. Für Winter allerdings ist der Schulcampus „d a s Premiumprojekt“.

Das Sieger-Modell des Wettbewerbs für den Schulcampus aus dem Jahr 2020. Immerhin, der Don-Bosco-Kindergarten (vorne links) wird demnächst fertig. Archiv-Foto: him

CDU kontra Verwaltung

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr versuchte zu vermitteln. Andere Premiumprojekte seien eben zeitlich früher gesetzt. Die Kirchplatzschule wird bereits umgebaut. Bei der Halle Tennenbronn soll 2025 der erste Spatenstich erfolgen. „Ich will uns ersparen, auf dem Sonderkonto Geld anzulegen, und dann müssen wir es da wieder runterholen.“

CDU-Stadtrat Clemens Maurer zürnte. Der Campus sei seit Jahren Priorität, das habe mit anderen Projekten nichts zu tun. Er drohte, man könne die Verabschiedung des Abschlusses ja auch verschieben, und der Kämmerer sollte die Rücklage noch aufnehmen. „Es ist nicht statthaft, dass die Verwaltung entscheidet, wann die Rücklage gebildet wird.“

Ins selbe Horn stieß Dominik Dieterle aus der CDU-Fraktion: Seine Fraktion habe schon 2022 die Bildung der Rücklage vorgeschlagen. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, diese zu bilden. Das sei eine politische Entscheidung, konterte Klemens Walter: „Sie können das so beschließen. Sie müssten dann auch die Höhe festlegen.“

Günter: Wir machen es 2024

Reinhard Günter (SPD-Buntspecht) versuchte zu beruhigen. Heute etwas anzuhängen an den fertigen Jahresabschluss, hielt er für nicht sinnvoll. „Wir haben dieses Jahr Zeit, wir können dieses Jahr beschließen, dass es in 2024 umgesetzt wird.“

Eisenlohr versprach, die Verwaltung werde nach den Sommerferien das Thema aufgearbeitet erneut in den Rat bringen.

Kunst betonte, es sei ihr immer um eine Ergebnisrücklage gegangen. Dafür sei ein positives Jahresergebnis erforderlich. Sie sei mit dem Vorschlag einverstanden. „Wenn es 2024 klappt, ist es gut.“ So sah es schließlich auch der Sprecher der Freien Liste/Neuen Liste Udo Neudeck. Ein solcher Beschluss habe Signalwirkung und zeige, „wir nehmen es ernst“.

Bei zwei Enthaltungen von Clemens Maurer und Thomas Brantner (beide CDU) beschloss der Rat, den Jahresabschluss 2023 festzustellen.

Kurve gekriegt.

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