Schramberger Burgenbeleuchtung: Zoff im Rat

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Schramberg. Ungewöhnlich emotional ging es am Donnerstag im Gemeinderat zur Sache, als Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr erneut das Thema Burgenbeleuchtung aufrief.

Schon „eine ganze Weile“ befasse sich das Gremium mit dem Thema, so Eisenlohr. Bekanntlich hatte die Fraktion SPD-Buntspecht im Herbst 2021 angefragt, ob die Beleuchtung der drei Schramberger Burgen mit den neuen Regeln im Naturschutzgesetz vereinbar sei. Nach einem Gutachten eines Experten für Lichttechnik, das die Stadt im Frühjahr vorstellte, sind die derzeitigen Strahler und Beleuchtungsdauern eigentlich nicht zulässig.

Kompromiss abgelehnt

Die Stadt hatte dann einen Vorschlag gemacht, wonach im Sommer und Winter die Burgenbeleuchtung deutlich eingeschränkt und teilweise umgebaut werden sollte, um eine Ausnahmegenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde erhalten zu können. Diesen Kompromiss hatte die CDU abgelehnt und einen Änderungsantrag gestellt, wonach alles mehr oder weniger wie bisher bleiben sollte. Dieser Antrag fand eine Mehrheit.

In einer der nächsten Sitzungen habe sie bekannt gegeben, dass laut eines Zwischenbescheids der Unteren Naturschutzbehörde diese der CDU-Forderung nicht zustimmen werde, erläuterte Eisenlohr. Der Abteilungsleiter Tiefbau, Konrad Ginter, berichtete, er habe bei der Unteren Naturschutzbehörde dem Wunsch der Ratsmehrheit entsprechend einen Antrag gestellt. Diese habe das Gutachten des Lichtingenieurs geprüft und der Stadtverwaltung mitgeteilt, es sei „nicht mit einem positiven Bescheid zu rechnen“. Eine Entscheidung sei kostenpflichtig.

Beleuchtung „problematisch“

Verwaltungsintern habe man sich abgestimmt, die Burgenbeleuchtung nur innerhalb der zulässigen Zeiten einzuschalten. Also nur im Winterhalbjahr bis 22 Uhr und morgens ab 6 Uhr. „Vom 1. April bis 30. September bleibt die Burgenbeleuchtung ausgeschaltet.“

Das Naturschutzgesetz sei da klar. „Die Burgenstrahler strahlen in geschützte Gebiete rein.“ Ginter zeigte dies anhand von Aufnahmen aus dem Gutachten. Dort stehe auch, die derzeitige Beleuchtung sei „problematisch“. Sie gefährde die Biodiversität. Die Verwaltung sei der Ansicht, man solle kein weiteres Geld für Planungen und Gutachten ausgeben. Auch Eisenlohr sah „wenig Chancen“, durch neue Gutachten eine Änderung zu erhalten.

Brantner: Vorwürfe der CDU

Für die CDU-Fraktion kritisierte Thomas Brantner das Vorgehen der Verwaltung. „Wenn der Gemeinderatsbeschluss gesetzwidrig war, hätte die Oberbürgermeisterin innerhalb einer Woche Widerspruch einlegen und innerhalb von drei Wochen eine Sondersitzung des Gemeinderats einberufen müssen.

Es liege auch kein endgültiger Beschluss der Unteren Naturschutzbehörde vor. Die Regeln des Naturschutzgesetzes würden sowieso nur für neue, nicht für bestehende Anlagen gelten. Ob es für bestehende Anlagen Bestandsschutz gebe, wollte Brantner wissen.

OB Eisenlohr verwahrte sich gegen den Vorwurf, sie habe versäumt, Widerspruch einzulegen. „Wir wollten erst das Naturschutzrecht prüfen.“ Dass das Gesetz nur für neue Anlagen gelte, habe er „nirgends gelesen“, ergänzte Ginter. Brantner schoss zurück: Das verwundere ihn, denn in anderen Kommunen gebe es Gutachten, die zu anderen Ergebnissen kämen. Auch aus dem Umweltministerium gebe es andere Hinweise. Er werde einen Vertagungsantrag stellen, „wenn wir das heute nicht wissen“.

Das Lichtgutachten von Mathias Volz zeigt, an der Hohenschramberg werden die Lichtgrenzwerte massiv überschritten. Ähnliches gilt für die Falkenstein und die Burg Schilteck. Grafik. Stadt

Reuter: „Wir brauchen juristisches Gutachten“

„Aktive-Bürger“-Sprecher Jürgen Reuter pflichtete Brantner bei. Das sei eine juristische Frage. „Wir brauchen das Gutachten eines Juristen, nicht eines Lichtberaters.“ Die Vorschriften würden nur „beim Aufstellen“ solcher Strahler gelten, also für neue Anlagen, nicht für bestehende, entnehme er dem Gesetz.

Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß widersprach: Sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium bestätigten die Haltung der Unteren Naturschutzbehörde. Das mit dem Aufstellen sei zwar richtig, im nächste Absatz aber heiße es, es sei verboten Fassaden zu beleuchten. „Und das gilt auch für Bestandanlagen.“ Rehfuß wies außerdem darauf hin, dass die Schramberger Burgenbeleuchtung „im Gegensatz zu anderen Kommunen bisher keine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde“ habe.

Bärbel Pröbstle (SPD-Buntspecht) war der Überzeugung, die Beleuchtung müsse laut Gesetz noch weiter beschränkt werden und sei nur zwischen 1. Dezember und 15. Februar zulässig. Das betreffe nur Himmelsstrahler, wie sie Diskotheken beispielsweise verwendeten, schränkte Rehfuß ein.

Witkowski: Verhalten der CDU befremdlich

Die Fraktionsvorsitzende von SPD-Buntspecht, Tanja Witkowski, erklärte die Mehrheit ihrer Fraktion könne mit dem Verwaltungsvorschlag mitgehen. Sie finde es „befremdlich“, dass die CDU nach ihrem überzogenen Antrag, das jetzt auf die Verwaltung abschieben wolle. „Der ursprüngliche Kompromissvorschlag wäre vielleicht durchgegangen.“

CDU-Stadtrat Dominik Dieterle ging nochmals auf die Geschichte ein. Nach dem Antrag 2021 habe sich die Verwaltung zügig geäußert. „Aber seit anderthalb Jahren kommt ständig was Neues.“ Es gebe ein Schreiben des Umweltministeriums aus dem Jahr 2021 an alle Kommunen und da stehe, Im Regelfall brauche es keine Gutachten und es seien aus touristischen und wirtschaftlichen Erwägungen Ausnahmen möglich. Für Landschaftsschutzgebiete seien die Vorgaben auch nicht so streng, da sei man „lockerer unterwegs“, meinte Dieterle.

Selbst der BUND habe darauf hingewiesen, dass die Kommunen das Problem doch leicht beheben könnten. Dieterle zitierte: „Wer mit bernsteinfarbenen LEDs und reduzierter Helligkeit beleuchtet, schont die Umwelt doppelt: Das spart Strom und schützt die heimischen Tiere und Pflanzen.“ Dieterle räumte ein, man könne über technische Verbesserungen reden. Er bedauerte, dass die Verwaltung den gefassten Beschluss nicht umgesetzt habe.

Eisenlohr: „Schaulaufen im Kommunalwahlkampf“

Eisenlohr war „befremdet“. Sie habe schon das letzte Mal darauf hingewiesen, dass der Antrag mit dem Gesetz nicht übereinstimme. Das Schreiben des Umweltministeriums ist mir unbekannt.“ Man habe doch in der Vergangenheit vertrauensvoll zusammengearbeitet und der Verwaltung ein solches Schreiben zukommen lassen, beklagte sie sich. Sie frage sich, ob das „ein Schaulaufen“ im bevorstehenden Kommunalwahlkampf werden soll.

Das jetzt nicht als ausreichend angesehenen Lichtgutachten habe 3000 Euro gekostet. „Das haben Sie mitgetragen“, so Eisenlohr. Sie nehme „mit Erstaunen zur Kenntnis“, dass nun weitere Gutachten gefordert würden, nachdem sonst immer kritisiert werde, die Verwaltung vergebe zu viele Gutachteraufträge.
Rehfuß versicherte, das Schreiben des Umweltministeriums sei ihm bekannt.

Das Problem, die Schramberger Anlagen würden bislang ganz ohne Genehmigung betrieben. Auch die Abwägung wirtschaftlicher und touristischer Argumente habe man vorgenommen. Wenn man die Anlagen insektenfreundlich umgestalte, könnte man eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Das sei aber ohne Planung und Gutachten abschließend nicht zu klären, so Eisenlohr. „Ich will keine weiteren Euros für Gutachten ausgeben.“
Dieterle widersprach dem Vorwurf des Schaulaufens, es handle sich um eine sachliche Diskussion.

Neudeck: „Thema treibt die Menschen um“

Udo Neudeck (Freie Liste) fand die Interpretation der OB „höchst zweifelhaft. Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun. Das Thema treibt die Menschen um.“ Er wollte wissen, weshalb die Antworten der Unteren und Oberen Naturschutzbehörden nicht in der Vorlage stünden. „Seit wann wissen Sie, dass es nicht geht? Wo steht, dass bestehende Anlagen nachträglich genehmigt werden müssen“, polterte Neudeck.

Das stehe im Gesetz, erwiderte Rehfuß. Eigentlich hätten sie schon beim Aufstellen genehmigt werden müssen.

Schließlich kam es zur Abstimmung zum Vertagungsantrag, den eine Mehrheit mit 13 Ja-Stimmen angenommen hat, acht stimmten mit nein, ein Ratsmitglied enthielt sich. (Wegen der weiterhin unzureichenden Präsentation der Abstimmungsergebnisse ist es nicht möglich zu sagen, wer wie abgestimmt hat.) Eisenlohr betonte, solange nicht entschieden sei, bleibe die Burgenbeleuchtung ausgeschaltet.

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Martin Himmelheber (him)
Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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