Wer schon länger im kommunalpolitischen Geschäft unterwegs ist, der hat sich am vergangenen Donnerstag im Gemeinderat vermutlich die Augen gerieben. Was in früheren Jahren und Jahrzehnten sich über viele Stunden hinzog, das war diesmal in Windeseile abgewickelt: „Das bisschen Haushalt…“
Schramberg. Schuld daran sind die neue Haushaltsstruktur, die die alte Kameralistik abgelöst hat. Nicht mehr der tiefe Einblick in jedes Detail der Geldausgaben ist geblieben, sondern die großen Linien bestimmen die Beratungen.
Zum anderen hat Corona dazu geführt, dass die Fraktionen schon vor den öffentlichen Beratungen ihre Fragen per E-Mail an die Verwaltung einreichen und beantwortet erhalten, wie der Sprecher der CDU-Fraktion Thomas Brantner im Lauf der Diskussion berichtete. Er bedankte sich auch für die „gute und prompte Beantwortung der Fragen“ durch die Verwaltung.
(Das ist sitzungsökonomisch in Pandemiezeiten sicher richtig und sinnvoll gewesen. In „normalen“ Zeiten aber wäre es für die Öffentlichkeit im Sinne von Transparenz gut, zu wissen, welche Fragen denn da aufgekommen sind, kommentiere ich ausnahmsweise mal in meiner Berichterstattung.)
Nach der Haushaltsrede der Oberbürgermeisterin, die das Gremium mit Beifall entgegennahm,
berichtete Stadtkämmerer Klemens Walter von den rathausinternen Haushalsberatungen, die traditionell schon Mitte des Jahres beginnen. Im November sei dann der Rat am Zug, der im Dezember den Haushalt feststelle und im Januar endgültig beschließe. So auch in diesem Jahr.
Ergebnishaushalt
Im Ergebnishaushalt rechnet Walter mit Erträgen von gut 74 Millionen und Aufwendungen von 72,5 Millionen, sodass am Ende ein Überschuss von 1,6 Millionen Euro bleibe.
Der Kämmerer erwartet 26 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer, die Zuweisungen und Zuwendungen dagegen würden sich fast halbieren. Bei Zinsen und Erträgen kämen von den Oberrheinischen Elektrizitätswerken 600.000 Euro mehr als in den Vorjahren. Auch die Zinserträge kletterten auf diese Summe.
In diesem Jahr geht der Kämmerer von einer Rekordsumme von 31 Millionen Euro bei der Gewerbesteuer aus. Das hänge mit Nachzahlungen aus den Coronajahren zusammen.
CDU-Stadtrat Jürgen Kaupp staunte, denn vor vier Wochen habe Walter noch von 29 Millionen gesprochen. Monika Kaltenbacher (SPD-Buntspecht) fand, die Gewerbesteuerschätzung sei „zu optimistisch“ und berichtete von Problemen in den Betrieben und Einstellungsstopps.
Vielleicht noch mehr Gewerbesteuer
Walter entgegnete, es gebe die Systematik der Voraus- und der Nachzahlungen. Bei den Vorauszahlungen für 2024 liege man schon jetzt bei 25 Millionen plus. „In den letzten Jahren waren wir zu pessimistisch.“ Vielleicht müsse man im kommenden Sommer „sogar nach oben nachsteuern“.
Dominik Dieterle (CDU) fragte nach der Organisationsuntersuchung, die nächstes Jahr geplant sei und die sich auch die Fachbereiche 1 und 2 beschränke. Weshalb nicht auch die beiden anderen Fachbereiche untersucht würden, wollte er wissen.
Oberbürgermeisterin Eisenlohr erläuterte, eine gesamte Untersuchung wäre sehr teuer. Sie sprach von einer Summe „im sechsstelligen Bereich“. Deshalb sollten nur einzelne Arbeitsgebiete für 30.000 Euro unter die Lupe genommen werden.
Zuschüsse
Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch stellte die geplanten Zuschüsse für Vereine und Organisationen vor. Da ging es um das Essen auf Rädern, einen Posten für ein Freiwilliges Soziales Jahr mit der DLRG, das JUKs und den Tagesmütter- und Elternverein, der umziehen möchte. Deshalb soll der Zuschuss für diesen Verein von 1200 auf 6000 Euro erhöht werden.
Für den Öffentlichen Personennahverkehr werde der Zuschuss von knapp 45.000 Euro auf 165.000 Euro steigen. Gründe seien der neue Bürgerbus, der Ab-ins-Bad-Bus im Sommer und das ab 1. Januar in Schramberg gültige Ein-Euro-Ticket.
Personal
Für die erkrankte Personalleitern Ute Vogel stellte Fachbereichsleiter Uwe Weisser den Personalhaushalt vor. Die Verwaltung rechne mit 22 Millionen Ausgaben fürs Personal und kalkuliere bereits mit einer globalen Minderausgabe von einer Million. Die Tariferhöhungen kosteten die Stadt gut 1,3 Millionen Euro.
Vergaben nach außen
Tanja Witkowski, Sprecherin von SPD-Buntspecht, war mit der geplanten zusätzlichen Architektenstelle einverstanden und fragte nach den Kosten für externe Projektsteuerer. Diese sollten sich um das Gymnasium und den Schulcampus kümmern, erwiderte Fachbereichsleiter Bent Liebrich.
Thomas Brantner betonte, solche Projektsteuerer seien wichtig, da sie die Bauverwaltung entlasteten. Er nannte als weitere Objekte die Halle in Tennenbronn und die Villa Junghans.
Finanzhaushalt: Liquidität sinkt
Zum Finanzhaushalt sagte Kämmerer Walter, er erwarte am Jahresende eine Liquidität von 30 Millionen Euro, Ende 2024 aber nur noch etwa 12 Millionen. „Ende 2025 wird es eine Neuverschuldung geben.“ Grund dafür seien die geplanten großen Investitionen. Er wies aber auch darauf hin, dass die Stadt solche Kredite bisher nie gebraucht habe.
Thomas Brantner hatte nachgerechnet und kam bis 2027 auf andere Werte bei der Liquidität. Er ist überzeugt, die Stadt habe dann genug Geld, „um mit dem Schulcampus zu starten“. Deshalb sollten für dieses Projekt Summen vorgezogen werden. Das wäre „ein starkes Zeichen, dass wir dort anfangen“.
Walter sprach von zwei unterschiedlichen Sichtweisen, sagte aber zu, nochmals zu schauen und im Schulcampusausschuss zu berichten.
Brantner fragte auch nach der Villa Junghans und bat, 400.000 oder 500.0000 Euro für eine Küchensanierung in den Haushalt aufzunehmen.
Nochmal Vergabe nach außen
Jürgen Kaupp (CDU) fragte nach der Mensa für die Berneckschule. Da gebe es noch keine weiteren Maßnahmen, so Hochbau-Abteilungsleiter Andreas Krause. Er verwies auf den Personalmangel in seiner Abteilung.
Weshalb die Verwaltung die Planung nicht nach außen vergebe, bohrte Kaupp nach. Auch eine solche Vergabe sei sehr zeitaufwändig, bat Krause um Verständnis: „Wir schaffen es nicht.“
OB Eisenlohr ergänzte, die beiden Kolleginnen in der Abteilung seien in Elternzeit. Für die Nachfolge von Krause habe man schon jetzt die Stelle ausgeschrieben, damit sich die Zeiten überlappen und es eine Entlastung gebe.
Kaupp forderte, die Stadt solle nach außen vergeben, was möglich ist. Fachbereichsleiter Liebrich betonte, man wisse um die Dringlichkeit der Mensa. Man versuche nach außen zu vergeben. Dennoch brauche es auch dafür hausinterne Projektsteuerung.
Udo Neudeck (Freie Liste) war grundsätzlich auch für Vergaben nach außen. Allerdings sollten die Projekte im Rathaus geplant und erst die Ausführung vergeben werden. Bei einer Vergabe von Anfang an habe er „Bauchweh“.
Dominik Dieterle fragte nach den Schultoiletten an der Grund- und Werkrealschule Sulgen. Da stünden für 2024 nochmals 300.000 Euro im Haushaltsplan. Krause entgegnete, die Sanierung laufe, werde aber bis 2024 weiter dauern, weil die Handwerker fehlten.
Dieterles Fraktionskollegin Barbara Kunst wollte wissen, wie der Stand bei den E-Ladesäulen sei. Stadtwerkeleiter Peter Kälble berichtete, beim Schlossparkplatz sei eine Schnelladesäule geplant. Auch im Parkhaus sei man dran.
Haushaltsrisiken
Zu den Haushaltsrisiken im kommenden Jahr führte Kämmerer Walter aus, er sehe Schwankungen bei der Gewerbesteuer. Auch stiegen die Verlustausgleiche bei den Eigenbetrieben wegen der Sanierung des Tennenbronner Freibades und des Brandschutzes an der H.A.U..
Wegen der Inflation stiegen auch für die Stadt die Kosten. Auch bestehe „die Gefahr, dass wir Zuschüsse zurückgeben müssen, weil wir nicht vorankommen“.
Das machte Clemens Maurer (CDU) hellhörig, er wollte wissen, wo diese Gefahr bestünde. Walter erwiderte, etwa bei der Sanierung des Schülerhorts oder beim Umbau der Kirchplatzschule.
Weitere Risiken sah Walter bei der „etwas depressiven Herbststeuerschätzung“ und der Kreisumlage. Da sei er von 24 Prozentpunkten ausgegangen. Nun rede der Kreis von 29 Punkten. Das würde Mehrausgaben von zwei Millionen Euro bedeuten. Er gehe aber davon aus, dass das noch sinken werde.
Mit einigen Verweisungen in die Ausschüsse hat der Rat mit 24 Ja-Stimmen den Haushaltsplan beschlossen.
Dazu noch ein Schmankerl: OB Eisenlohr sah bei der Abstimmung auf ihrem Display, dass Stadtrat Jürgen Reuter noch nicht abgestimmt hatte. Zuruf aus der Fraktion „Aktive Bürger“: „Herr Reuter ist nicht im Saal.“ OB Eisenlohr: „Ach deshalb. Es war so ruhig.“