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Schramberg drohen magere Jahre

Eine Haushaltseinbringung ohne Haushaltsrede – das geschieht äußerst selten. Die Haushaltsrede des Oberbürgermeisters oder der Oberbürgermeisterin ist eigentlich der Kern der Haushaltsberatungen. Darin legt die Verwaltungsspitze dem Rat dar, wohin im kommenden Jahr die Reise gehen soll. Nun ist Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr krank. Auch ihre Vertreterin Barbara Kunst konnte am Donnerstag keine Haushaltsrede vortragen, da sie nicht vorlag.

Schramberg. Stattdessen hat CDU-Fraktionssprecher Thomas Brantner auch im Namen seiner Sprecherkollegen Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) und Udo Neudeck (Freie/Neue Liste) einige grundlegende Anmerkungen gemacht.

Er bedauere, dass die Haushaltsrede fehlt, in der die Oberbürgermeisterin dargelegt hätte, „wohin es geht“. Kämmerer Klemens Walter habe den Haushalt mit Optimismus dargestellt, so Brantner zu Beginn der Aussprache.  „Wir als Fraktionen sehen die Entwicklung kritisch.“

Vernünftig handeln

Er würden in den kommenden Jahren Verluste auflaufen. Deshalb sei es wichtig, dass die Verwaltung den Haushalt im nächsten Jahr genauer analysiert. Der Rat werde möglicherweise in einer Klausur über eine Haushaltskonsolidierung beraten.

Den Fraktionen sei es wichtig, festzustellen, „dass wir vorsichtig sein und vernünftig handeln müssen“. Es gehe jetzt nicht um „Klein-Klein, und hier mal 5000 Euro einsparen“, betonte Brantner.

Später erklärte er, es gebe für 2025 keine Änderungen bei den Vereinszuschüssen. „Aber wir sollten uns einig sein, dass es bei der derzeitigen finanziellen Lage zu Kürzungen kommen kann.“ Die Verwaltung möge dies frühzeitig kommunizieren, damit die Vereine sich rechtzeitig darauf einstellen können.

Barbara Kunst leitete die Sitzung in Vertretung von Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr. Am Ende erhielt sie großen Beifall vom gesamten Gremium und den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Foto: him

Tiefrote Zahlen drohen

Unter der souveränen Leitung von Stadträtin Barbara Kunst als erste OB-Stellvertreterin hatte zu Beginn der Debatte Kämmerer Klemens Walter den Haushalt in zwei Teilen vorgestellt. Zunächst den Ergebnishaushalt, dann den Finanzhaushalt mit den geplanten Investitionen.

In beiden wird ein tiefes Loch klaffen, fürchtet Walter. Beim Ergebnishaushalt rechnet er mit 71 Millionen Euro an Erträgen und 75,5 Millionen an Aufwendungen. Beim Finanzhaushalt könnte sogar ein Minus von etwa 20,8 Millionen Euro drohen. Geld, das die Stadt Schramberg Ende 2025 weniger in der Kasse haben könnte.

Die Einnahmen (gelb) rutschen unter die Ausgaben. Foto: him

Rücklagen helfen

Derzeit könne man noch auf Rücklagen zurückgreifen und komme ohne Neuverschuldung aus. Nach 2025 werde die Verschuldung aber „enorm ansteigen“, fürchtet Walter. Hauptgrund sind die zurückgehenden Gewerbesteuereinnahmen bei gleichzeitig „exorbitant“ steigenden Kreisumlagen wegen der sehr guten Gewerbesteuereinnahmen in den vergangenen Jahren.

Der Kämmerer rechnet mit etwa 22,5 Millionen Euro, knapp vier Millionen Euro weniger als 2024, bei der Gewerbesteuer.

Hoffen auf Gewerbesteuernachzahlungen

Beim Ergebnishaushalt, der die Abschreibung in Höhe von jährlich etwa 3,5 Millionen Euro erwirtschaften sollte, landet die Stadt im Minus. Andererseits gebe es bei der Gewerbesteuer „sehr große Schwankungen“ und es kämen immer wieder Nachzahlungen in Millionenhöhe. Daher sei er nicht zu pessimistisch, so Walter.

Bei den Investitionen habe man in der Vergangenheit meist sehr hoch angesetzt und dann vieles nicht umgesetzt. Deshalb wollte er in diesem Jahr die geplanten Investitionen unter die 20-Millionen-Euro-Grenze drücken, was auch gelungen sei. Beim Personal stiegen die Ausgaben um gut eine Millionen Euro wegen der Tariferhöhungen und neuer Stellen. Sechs Millionen Euro entfielen auf “priorisierte Projekte“.

Kämmerer Klemens Walter. Foto: him

Einsparpotenziale

In seiner Vorlage hat Walter betont, die Stadtverwaltung habe auf das sich abzeichnende Ergebnis reagiert und alle 180 Budgets im Haushalt ausgewertet und Einsparpotenziale geprüft. „So konnte das Ergebnis gegenüber der Hochrechnung um circa drei Millionen Euro verbessert werden“, schreibt Walter.

In einer kurzen Aussprache bat Dominik Dieterle (CDU), Informationen über geplante Umbaumaßnahmen im Cityhochhaus im Ausschuss für Umwelt und Technik zu geben.

Oskar Rapp (Freie Liste) fragte, weshalb die Ausgaben für den Theaterring stiegen. Das liege an den gestiegenen Honoraren für die Künstlerinnen und Künstler, aber auch die Technik und die Reinigungskosten seien teurer geworden, so Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch.

Gwosch stellte anschließend die Vereinszuschüsse vor. Beim erbetenen Zuschuss von gut 50.000 Euro des Szene-64-Vereins für den Kauf des Bau 10 auf dem Junghansgelände wünschte Udo Neudeck einen Sperrvermerk. Gwosch hatte zuvor berichtet, der Verein gehe von gut 820.000 Euro Umbaukosten aus. Dafür erwarte er einen städtischen Zuschuss von 30 Prozent.

Sperrvermerk für Zuschuss zum Kauf von Bau 10. Foto: him

Der Kauf sei ok, fand Neudeck. Aber dass die Stadt in den nächsten Jahren 240.000 für den Ausbau haben werde, sehe er nicht. Tanja Witkowski sah es ähnlich. Bei einer Gegenstimme von Dominik Dieterle beschloss der Rat den Sperrvermerk.

Eine lange Debatte gab es um das Kleinspielfeld der Tennenbronner Fußballer. 550.000 Euro sind hierfür vorgesehen. Schließlich einigte man sich auf einen Sperrvermerk. Strittig ist die Zukunft einer Zufahrtsstraße beim Schächle. Im Januar soll über den Sperrvermerk entschieden werden.

Stellenplan fehlt

Personalchefin Ute Vogel hatte eine Reihe neuer Stellen beantragt, über die noch in den Ausschüssen weiter beraten werden soll. Offen sei dabei, inwieweit die Stadt Fördermittel aus dem Start-Chancenprogramm für die Berneckschule erhalte.

Tanja Witkowski (SPD-Buntspecht) schlug vor, insgesamt drei statt nur einer FSJ-Stelle für die kleineren Grundschulen einzurichten. Da das Gymnasium nicht alle Mittel brauche, ließen sich diese jeweils nur für ein Jahr laufenden Stellen gegenfinanzieren. „Wir können jedes Jahr neu entscheiden“, warb Witkowski. Der Verwaltungsausschuss wird darüber beraten.

Die Gewerbesteuer bricht ein. Foto: him

„Nein“ sagen lernen

Clemens Maurer, CDU, mahnte angesichts der Haushaltslage müsse der Rat auch einmal „Nein“ sagen. Es gelte Ruhe zu bewahren und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Beim Personal stiegen die Ausgaben um mehr als eine Million Euro. Man könne auch bei den konsumptiven Ausgaben sparen. Beim „Ein-Euro-Ticket“ habe die Politik nicht Nein gesagt, bedauerte Maurer.

Dafür fing er sich einen Konter von Tanja Witkowski ein. Es wäre schön, wenn Maurer nicht nur ein Premiumprojekt der anderen, sondern auch eines seiner eigenen Fraktion benennen würde, bei dem man hätte Nein sagen können.

Auch sie sehe die Personalausgaben kritisch, versicherte Witkowski.  Man könne durchaus überlegen, ob wirklich alle Stellen nachbesetzt werden müssen, wenn jemand in den Ruhestand geht.

Kontinuierlich aufwärts: Die Personalausgaben. Foto: him

Haushaltsdisziplin angemahnt

Thomas Brugger (CDU) erinnerte an Sparmöglichkeiten durch Digitalisierung und hoffte auf eine Effizienzsteigerung in der Verwaltung, um so Kosten zu sparen.

Barbara Kunst mahnte ebenfalls zu Haushaltsdisziplin: „Unsere Einnahmen wachsen nicht wie die Ausgaben.“ Sie appellierte an die höhere Politik, die Kommunen bei der Kinderbetreuung stärker zu unterstützen.

Komplexes Investprogramm

Bei der Vorstellung des Finanzhaushalts betonte Kämmerer Walter, das Investprogamm der Stadt sei „komplex“. Verwaltungsintern habe man die Pläne unter 20 Millionen Euro gedrückt, um einen realistischen Plan vorzulegen. Die Liquidität der Stadt schmelze zusammen, die Neuverschuldung steige.

Beim Durchsehen der Posten beantragte Udo Neudeck, die Anschaffung eines Blitzeranhängers für 300.000 Euro zu streichen, was der Rat mit großer Mehrheit auch beschloss. Ähnlich ging es der Burgenbeleuchtung an der Hohenschramberg. Auf Wunsch von Dominik Dieterle (CDU) werden die geplanten 90.000 Euro weiter nach hinten geschoben.

Foto: him

Zur geplanten Photovoltaikanlage auf dem Wittumparkplatz wollte Ralf Rückert (Freie/Neue Liste) erfahren, ob diese wirklich nötig sei. Tiefbau-Chef Konrad Ginter erklärte, da die Anlage in der Baugenehmigung stehe, müsse sie auch gebaut werden. „Wir wollen die Grund- und Werkrealschule mit der Anlage mit Strom versorgen“, so Ginter. Dann werde sich die Investition auch rechnen.

Einstimmig

Der Rat hat schließlich einstimmig den Haushaltsplanentwurf zugestimmt. Einige Themen sollen in den Ausschüssen weiter beraten werden. Am 12. Dezember kann der Gemeinderat den Haushalt dann beschließen. Bei der Gelegenheit wird Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr ihre Haushaltsrede nachholen können.

 

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