Schramberg. Im November hatte der Ingenieur und Bahnfachmann Armin Fenske aus dem Karlsruher Raum mit seiner Idee, die Bahnstrecke Schiltach-Schramberg wieder zu beleben für Aufsehen gesorgt. Schon am 21. Dezember hatte der Kreistag beschlossen, eine Machbarkeitsstudie für das Projekt beim Land zu beantragen. Zuvor hatten die Städte Schiltach und Schramberg erklärt, sich an den Kosten beteiligen zu wollen.
Nun hat Fenske bei einer Onlineveranstaltung des Fahrgast-Verbandes Pro Bahn Baden-Württemberg am Freitagabend seine Idee vorgestellt. Dabei gab es erhebliche Zweifel an der Machbarkeit, aber auch der Sinnhaftigkeit des Plans.
Idee kam bei der Fahrt zur Bach-na-Fahrt
Zunächst hat Fenske berichtet, wie er überhaupt auf den Gedanken gekommen war. Er sei mit seiner Familie zur Bach-na-Fahrt gekommen und habe die alte Trasse neben der Bundesstraße vom Bus aus gesehen. Dann habe er erfahren, dass Schramberg das einzige Mittelzentrum ohne Bahnanschluss im Lande sei. Der Tourismus spiele eine bedeutende Rolle für Schramberg.
Außerdem fördere der Bund Reaktivierungen von Bahnlinien mit bis zu 90 Prozent. Das Land steuere Regionalisierungsmittel auch für reaktivierte Strecken bei. Anschließend hat Fenske die verschiedenen Möglichkeiten und Vorteil einer solchen (Straßen-) Bahnverbindung dargestellt.
Direkte Bahnverbindungen
Wenn man Neukunden für den ÖPNV gewinnen wolle, gelinge das weit besser mit Bahnen als Bussen. Die Züge sollten auch nicht nur bis Schiltach fahren, sondern in einem Flügelkonzept weiter bis Offenburg beziehungsweise Freudenstadt. Mit der Bahn wäre „die direkte Erreichbarkeit der Schramberger Innenstadt“ möglich.
Weiter könnten Busfahrten eingespart und auf andere Strecken umgeschichtet werden. „Das kostet zusätzliche Buskilometer, so Fenske, „wie viel, habe ich noch nicht berechnet.“ Der Zug solle „mitten durch die Fußgängerzone“ geführt werden. Platz ist da“, versichert Fenske, „ die Außengastronomie muss nicht verschwinden.“
Rechtliche und technische Probleme
In der Diskussion kam als erste Frage, ob denn die Strecke entwidmet sei. Das sei juristisch nicht klar, entgegnete Fenske. (Das Landesverkehrsministerium geht in einer Antwort an die NRWZ allerdings davon aus, dass die Stecke 1992 entwidmet wurde: „Eine Entwidmung schließt einen Wiederaufbau im Rahmen der landesweiten Reaktivierungsoffensive nicht aus, sofern erforderliche Fahrgastzahlen vorliegen und der volkswirtschaftliche Nutzen nachgewiesen werden kann.“) Die Entwidmung habe noch einen anderen Haken, so ein Pro-Bahn-Mitglied: „Bei einem Neubau ist ein neues Raumordnungsverfahren nötig.“
Gefragt, ob es sich die Strecke schon abgegangen sei, meint Fenske, er habe sich die ehemalige Bahnlinie “aus dem Bus heraus“ und „auf Google maps mal angeschaut“.
Die Kosten grob geschätzt
Ob seine Kostenschätzung von knapp 30 Millionen Euro realistisch sei, wollte ein anderer Teilnehmer wissen. Das Vorbild Hermann-Hesse-Bahn bei Calw weise doch andere Bedingungen auf. Das stimme, es sei eine grobe Schätzung, so Fenske. Vertiefende Untersuchungen müsse es noch geben. Er habe unter Zeitdruck gearbeitet, weil der Antrag noch Ende 2021 gestellt werde musste.
Die geforderten Fahrgastzahlen von 750 am Tag habe er anhand der Fahrgastzahlen des Regiobusses geschätzt. Da käme er auf 600 Fahrgäste pro Tag. Er gehe aber davon aus, dass es mit der Bahn besser werde. Pendler machten nur etwa 21 Prozent der Fahrgäste aus, die anderen führen zum Einkaufen, für andere Erledigungen, aus touristischen Gründen.
Lange und hohe Bahnsteige erforderlich
„Wasser in den Wein“ goss ein Diskutant mit seinem Hinweis, dass solche Flügelzüge eine Länge von 55 Metern hätten, also auch so lange Bahnsteige erforderlich würden. Wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Behindertengerechtigkeit müssten diese auch noch 55 Zentimeter hoch sein. Das stimme, so Fenske, und sei „nicht besonders schön“.
Im Nachgang zur Diskussion hat er vorgeschlagen, lediglich an der Haltestelle Lidl und Busbahnhof behindertengerechte Bahnsteige anzulegen. Aus städtebaulichen Gründen solle man es beim Schloss und Rathaus es bei 30 Zentimetern belassen.
Woher kommen die Fahrgäste?
Ein Teilnehmer verwies darauf, dass der Sulgen weitaus stärker gewachsen sei als die Talstadt. Man dürfe eine Bahnverlängerung dorthin nicht verbauen. Er fragte auch, wohin sich die Fahrgäste denn orientierten, eher Richtung Rottweil Villingen-Schwenningen oder Freudenstadt – Offenburg? Fenske meinte, die Menschen kämen aus Alpirsbach, Schiltach und Hausach nach Schramberg zum einkaufen.
Den Hinweis, dass gerade mal 19 Schülerinnen und Schüler von Schiltach nach Schramberg kommen, konterte Fenske damit, dass es eben nicht nur um die Schüler, sondern auch um den Freizeitverkehr gehe.
Wie werden die Züge angetrieben?
Wie denn die Straßenbahnen angetrieben werden sollten, fragte ein Mitdiskutant. Schließlich sei die Strecke ab Hausach bis Freudenstadt nicht elektrifiziert. Wegen der Tunnels sei dies wohl auch gar nicht möglich. Man bräuchte also teure spezielle Züge, die auch mit Batterie oder Wasserstoff führen.
Ein Schiltacher wies auf die vielen Übergänge in die Seitentäler hin, die alle gesichert werden müssten.
Was wird aus dem Radweg?
Das Thema Radweg sah Fenske nicht so problematisch. Den könne man nebendran bauen, meistens seien da Wiesen oder man baue parallel zur Straße. „Daran wird es nicht scheitern.“ Ortskundige wiesen darauf hin, dass es mehrere Stellen gebe, an denen schlicht kein Platz für Straße, Radweg und Gleise sei.
Im Nachgang hat auch dazu Fenske einen Vorschlag gemacht: „Rillenschienengleis auf der Bahntrasse. Die Rillen werden mit Gummiprofilen geschlossen, die von den Bahnrädern nach unten gedrückt werden können.“ Wenn ein Zug komme, müssten die Radfahrer per Ampelsicherung gestoppt werden und warten, bis der Zug durch sei.
Zum Problem der Engstelle bei der BBS in Hinterlehengericht weist Fenske im Nachgang zu seinem Vortrag in einer Mail an Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr darauf hin, dass die Firma von Hinterlehengericht nach Aichhalden umziehen wolle. „Damit wäre es an der Stadt Schramberg, einen ca. 6 m breiten Streifen für die Bahntrasse als Freihaltetrasse zu sichern“, schreibt Fenske und bittet Eisenlohr, sie möge „sich bitte darum bemühen“. Da Hinterlehengericht zu Schiltach gehört, wäre allerdings die Stadt Schiltach der richtige Ansprechpartner.
Damit nicht gelöst wäre allerdings ein anderes Problem, auf das Heinz Oswald hinwies: Nach der neuen Gesetzeslage müssen neu gebaute Radwege mindestens 4,50 Meter breit sein, innerorts 3,50 Meter.
Ortstermin nötig
Nach etwa anderthalb Stunden bedankte sich Mathias Beß von pro Bahn bei Fenske für dessen Arbeit und den Diskutanten für ihre Beiträge. Der Abend habe klar gemacht: „Wir brauchen einen Ortstermin. Da führt kein Weg dran vorbei.“
Ein-Satz-Kommentar
Vielleicht hätte man auf die Idee mit dem Ortstermin auch kommen können, bevor man ein solches Konzept vorträgt und beantragt, eine 100.000 Euro teure Studie in Auftrag zu geben.