New York. Richter Edgardo Ramos hat Gilbert Armenta zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er folgte dabei dem Vorschlag der Staatsanwälte. Sie hatten für den OneCoin Geldwäscher und Ex-Geliebten der OneCoin Gründerin und selbst ernannten Crypto-Queen Ruja Ignatova sieben Jahre, mindestens aber fünf Jahre gefordert. Sein Verteidiger hatte auf „Time served“ plädiert, das heißt, seine acht Monate in Haft in New York und gut zwei Jahre unter Hausarrest in Florida sollten als Strafe genügen.
Manhattan, Donnerstag 11 Uhr Ortszeit. Richter Edgardo Ramos betritt den Gerichtssaal. Ein Gerichtsdiener ruft: „All rise!“ Der Gerichtsreporter Matthew R. Lee twittert aus dem Gerichtssaal, Armentas Anwalt habe erklärt, es gebe keinen Beweis, dass Armenta mehr als 25 Personen geschädigt habe. Der Staatsanwalt berichtet von Zeugenaussagen im Scott Prozess: „Linda Cohen hat erklärt, sie könne sich nicht zur Ruhe setzen“ weil sie alle Ersparnisse an OneCoin verloren hatte. Außerdem habe Armenta ein Verhältnis mit Ruja Ignatova gehabt, „Er wusste, worum es ging.“
100 Jahre astronomisch
Den empfohlenen Strafrahmen von 100 Jahren nennt er „astronomisch“ und fordert für Armenta eine Strafe von sieben Jahren, fünf wären die Untergrenze. Armenta habe sich an einem vier Milliarden Dollar-Schwindel beteiligt und 300 Millionen gewaschen. Außerdem habe er ein Flugzeug gekauft. Richter Ramos fragt nach: „Ein Düsenflugzeug?“
Der Staatsanwalt erläutert die Geschichten mit der Bestechung in Mexiko und der Glücksspiel-Geldwäsche, von denen man erst im Laufe der Ermittlungen erfahren habe. Auch erwähnt er, dass Armenta zwei Mal gegen seine Auflagen verstoßen habe: Beim Verkauf des Flugzeugs und als er einen zweifelhaften Scheck über fünf Millionen Dollar zu Geld machte.
Armenta hat mit den Behörden zusammen gearbeitet
Armentas Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant mehr als 100 mal mit den Behörden zusammengearbeitet und Telefongespräche mit Ignatova aufgezeichnet worden seien. Sogar an dem Tag, an dem er wieder ins Gefängnis musste, sei er bereit gewesen, ein Treffen in einem Hotel mit jemandem zu arrangieren und aufzuzeichnen, der gerade zum Ziel von FBI-Ermittlungen geworden war.
Er habe erfahren, das Ruja Ignatova ihn hat abhören lassen und ein Pärchen auf ihn angesetzt hatte, um ihn auszuspionieren. Armenta sei nicht gewalttätig. Auch habe er eine Bank in Georgien gekauft und da sei Ignatova schon Kundin gewesen.
Nach dem Urteil, so berichtet es Matthew Russel Lee, werde sich Armenta innerhalb von sechs Wochen Miami in Florida freiwillig den Behörden stellen, um seine Strafe anzutreten. Armenta habe gebeten, im FCI Miami Satellite Camp seine Strafe verbüßen zu dürfen, so Lee. Dabei handelt es sich um eine Bundestrafeinrichtung der niedrigsten Sicherheitsstufe.
Lee wundert sich, dass die Staatsanwaltschaft nie wegen der Scheckgeschichte gegen Armenta ermittelt hat, das sei schließlich Bankbetrug gewesen.
Immerhin: Das Urteil gegen Gilbert Armenta ist das erste in den USA gegen eine der OneCoin Hauptfiguren. Mark Scott, der andere mutmaßliche Geldwäscher für Ruja Ignatova, ist zwar für schuldig befunden, ein Strafmaß für ihn steht aber noch aus.
Haftantritt am 1. Mai
Update 30. März 2023: Nachdem Richter Edgardo Ramos zunächst den 30. März als Haftantrittstermin festgelegt hatte, hat er am 29. März nun den 1. Mai als letzten Termin bestimmt. Armentas Anwälte hatten sich an Ramos mit der Bitte um Aufschub gewandt. Das Bureau of Prisons, die US Behörde für Gefängnisse, habe noch nicht bestimmt, wo Armenta seine 60 Monate verbüßen soll.
Bei der Urteilsverkündung am 16. Februar habe der Richter auch gesagt, zwischen Urteil und Haftantritt bestimme er üblicherweise sechs Wochen. Wenn das nicht ausreiche, könne man einen späteren Termin vereinbaren. Gestern bestimmte Ramos: „Herrn Armentas Datum des sich Ergebens (date of surrender) ist auf den 1. Mai verschoben.“
Was bedeutet das Urteil für die anderen in den USA angeklagten OneCoiner?
Konstantin Ignatov drohten die viel zitierten 40 Jahre. Wie im Fall Armenta ersichtlich, hat Richter Ramos aber großen Spielraum. Armenta hatte umfassend mit den Behörden zusammengearbeitet. Genauso hat sich auch Ignatov auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingelassen. Auch er saß im berüchtigten New Yorker Metropolitan Correctional Center ein und erduldete dort „unmenschliche Haftbedingungen“. Er hat umfangreich im Prozess gegen Mark Scott ausgesagt und entscheidend zur Verurteilung des Rechtsanwalts beigetragen.
Dumm nur: Auch „Konsti Keks“ hat gegen seine Auflagen verstoßen und zumindest zwei Mal unter Eid im Verfahren gegen Scott gelogen. Deshalb ist das Verfahren gegen Scott bis heute nicht abgeschlossen. Konstantins Verfahren wird immer weiter verzögert, weil seine Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen sei. Nimmt man das Armenta-Urteil als Maßstab, dürfte es für Ignatov ebenfalls auf eine überschaubare Strafe hinauslaufen.
Frank Schneider, der Mann, der für Ruja Ignatova dafür sorgte, dass sie ihren Geliebten Armenta abhören konnte, sitzt weiterhin in Nordfrankreich im Hausarrest. Die US-Behörden haben seine Auslieferung ebenfalls beantragt. Die Anklage wirft Schneider uner anderem vor, er habe geholfen „bei der Durchführung eines internationalen Betrugsprogramms, das den Verkauf einer angeblichen Kryptowährung namens ‚OneCoin‘ beinhaltete“.
Er beklagt, ihm drohten 40 Jahre Haft. In US-Gefängnissen bedeute das lebenslänglich. Er hat gegen seine Auslieferung geklagt, ist in Frankreich bisher aber gescheitert. Auch seine Hoffnung, Luxemburg werde ihn anklagen – und er könnte so der Auslieferung in die USA entgehen, hat bisher getrogen. Nach dem Armenta-Urteil kann Schneider wieder ein wenig Hoffnung fassen: 40 Jahre sind eher unwahrscheinlich.
Sebastian Greenwood, OneCoin-Mitbegründer und ebenfalls zeitweise Ruja Ignatovas Geliebter, wartet seit fünf Jahren in US-Haft auf sein Urteil. Mehrere Jahre saß auch er im MCC. Im Dezember hat er überraschend ein Geständnis abgelegt. Im April wird Richter Ramos sein Urteil verkünden. Inwieweit Greenwood mit den Behörden zusammengearbeitet hat, ist bisher nicht bekannt. Er gilt als der Erfinder des Verkaufssystems bei OneCoin und war als Mitgründer auch einer der Hauptprofiteure von OneCoin. Er stand an der Spitze der Pyramide, er selbst nannte sich ZeroZeroOne, Nullnulleins, war Rujas Top-Verkäufer.
Die Staatsanwaltschaft führt in einem Brief an Richter Ramos am 15. Februar aus, Greenwood habe fünf Prozent von allen OneCoin-Einnahmen weltweit kassiert und so 20 Millionen Dollar im Monat verdient. („As the top MLM distributor of OneCoin, Greenwood earned 5% of monthly OneCoin sales from anywhere in the world, which totaled more than €20 million each month.“)
Seine Strafe dürfte weitaus höher ausfallen.
Und Ruja Ignatova selbst? Die in Schramberg ausgewachsene OneCoin Gründerin mit deutschem Pass bleibt wie vom Erdboden verschwunden. Die Suche internationaler Polizeibehörden, selbst der FBI-Fahndungsaufruf vom vergangenen Jahr blieben bislang ohne Ergebnis. Ein Sprecherin des Landeskriminalamts in Düsseldorf berichtet der NRWZ, es seien „vermehrt Hinweise“ auf die Cryptoqueen eingegangen, nachdem etwa das ZDF in seiner Sendung „Aktenzeichen XY“ berichtet hatte, doch seit dem 25. Oktober 2017 fehlt weiterhin jede Spur von ihr. Aber die Düsseldorfer Ermittler geben nicht auf: „Wir sind weiter dran.“